Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Die vorgesehene Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab dem Jahr 2020 muss daher zu einer spürbaren Entlastung für Hessen führen. Es ist sicherlich eine schwere Untertreibung, wenn ich die Verhandlungen zu dieser Reform als komplex bezeichne. Während der vielen Gespräche habe ich mich immer dafür eingesetzt, möglichst sachlich und lösungsorientiert an die Reformüberle

gungen heranzugehen. Dazu gehört es letztlich auch, im Wege eines Kompromisses zu einer gemeinsamen Lösung zu finden. Nach unzähligen Verhandlungsrunden bin ich der festen Überzeugung, dass das von allen Bundesländern einvernehmlich beschlossene Reformmodell eine gute Grundlage für die zukünftige Ausgestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen darstellt. Es liegt jetzt am Bund, sich auf die Länder zuzubewegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Haushaltsplanentwurf hat die schwarz-grüne Landesregierung wieder einmal wichtige Weichen auf den Weg zur schwarzen Null gestellt. Die guten Rahmenbedingungen werden konsequent zur Konsolidierung des Haushalts genutzt. Wir haben alle – hoffentlich alle – endlich begriffen, dass mehr Schulden nicht die Lösung, sondern vielfach die Ursache unserer Probleme sind. Am Ende der mittelfristigen Finanzplanung ist sogar die Tilgung von alten Schulden vorgesehen. Wir greifen damit ein Motto von Theodor Fontane auf. Danach sind die Geizhälse die Plage ihrer Zeitgenossen, aber das Entzücken ihrer Erben. Unsere Kinder und Enkel werden es uns danken.

Gegenwärtige Herausforderungen meistern, ohne die Zukunft nachfolgender Generationen zu belasten, das ist und bleibt unser Leitbild, und genau das spiegeln unser Haushalt und unsere Finanzplanung wider. Hessen wird dadurch sicherer, schlauer und gerechter.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, herzlichen Dank für die Einbringung des Landeshaushalts 2017 in erster Lesung.

Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich den neuen Botschafter der Sozialistischen Republik Vietnam, Seine Exzellenz Herrn Xuan Hung Doan. Seien Sie uns herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich begrüße mit Ihnen – er sitzt bei unserem Präsidenten – Herrn Generalkonsul Hong Linh Nguyen, der heute ebenfalls dem Hessischen Landtag einen Antrittsbesuch abstattet. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich hoffe, Sie haben viel Freude an der Debatte.

Ich eröffne diese. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Norbert Schmitt von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, du hast das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat unverdientes Glück.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja! – Günter Rudolph (SPD): Stimmt!)

Sie schwimmt im Geld, weil die Konjunktur gut läuft und der Bund Hessen Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Im Vergleich zur Vorgängerregierung hat Hessen sage und schreibe 4,7 Milliarden € mehr zur Verfügung. Wenn man dann noch hinzurechnet, dass im Vergleich zu 2014 die Zinsausgaben um 300 Millionen € zurückgegangen sind, kann und darf man feststellen, dass diese Landesregierung im Vergleich zu ihrer schwarz-gelben Vorgängerregierung einen um 5 Milliarden € höheren finanziellen Spielraum hat.

(Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Ich will herausstellen, was der Bund und damit die Große Koalition für das Land Hessen leisten. Ich will nur die Zahlen auflisten. Seit 2014 hat der Bund seine Leistungen an Hessen, die insgesamt mittlerweile 3 Milliarden € betragen, um 1,2 Milliarden € aufgestockt.

(Günter Rudolph (SPD): Interessant!)

So gibt es vom Bund 150 Millionen € mehr für kommunale Investitionen. Für den Wohnungs- und Städtebau gibt es 70 Millionen € mehr. Es gibt mehr Geld für den Hochschulbau und für Krankenhäuser. Es gibt 52 Millionen € mehr Regionalisierungsmittel für den ÖPNV. Es gibt fast 200 Millionen € mehr Wohngeld. Es gibt 43 Millionen € mehr für die Hochschulen. Es gibt 58 Millionen € mehr für BAföG-Ersatz. Es gibt 15 Millionen € mehr für die Wissenschaftsförderung, und es gibt 450 Millionen € mehr für die Grundsicherung von Arbeitslosen.

Meine Damen und Herren, das zeigt: Den Dank sollte diese Regierung vor allem an die Große Koalition unter Führung von Frau Merkel und Herrn Schäuble, aber auch des Wirtschaftsministers Gabriel, und auch an Bundesumweltministerin Hendricks weiterreichen.

(Beifall bei der SPD – Ministerpräsident Volker Bouffier: Vergessen wir den Bundesfinanzminister nicht!)

Doch, Herrn Schäuble habe ich genannt.

(Ministerpräsident Volker Bouffier: Wir danken al- len, die uns etwas geben!)

Wir danken allen, die uns etwas geben.

Hinzu kommen 3,2 Milliarden € Steuermehreinnahmen nach Länderfinanzausgleich, der 2017 übrigens niedriger sein wird als in diesem Jahr. 3,2 Milliarden € Steuermehreinnahmen nach Finanzausgleich 2017 – bei diesen Steigerungen hätte selbst die Linkspartei diesen Haushalt hingekriegt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP – Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), zu Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) gewandt: Da musst du schon zustimmen!)

Vor diesem Hintergrund relativieren sich alle Superlative des Ministers und alle Leistungen, die in Einzelplänen erbracht werden. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Einzelleistungen ist auf Zuweisungen des Bundes zurückzuführen, der deswegen Dank verdient. Ich sage noch einmal: Diese schwarz-grüne Regierung sollte vor allem Dank an die Bundesregierung senden, statt sich in selbstverliebtem Eigenlob zu ergötzen, wie es die Rede des Finanzministers eben war.

(Beifall bei der SPD – Dr. Walter Arnold (CDU): Na, na, na!)

Meine Damen und Herren, trotz dieser Milliarden Euro mehr innerhalb von drei Jahren werden in Hessen die Investitionen abgesenkt, und das ist der eigentliche Pferdefuß dieses Haushalts 2017 und auch schon der Haushalte vorher. 2013, im letzten Haushalt von Schwarz-Gelb, lagen die Investitionsausgaben noch bei 2,15 Milliarden €. Jetzt sollen sie um weitere 150 Millionen € heruntergefahren werden.

Meine Damen und Herren, es gibt eine nüchterne Feststellung: Der Finanzminister schwimmt im Geld, aber die Investitionen werden in Hessen ausgetrocknet, und das ist kein guter Zustand.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der Anteil öffentlicher Investitionen in Hessen hat im Jahr 2015 und auch in diesem Jahr historische Tiefstände erreicht. Ein Umsteuern – jetzt wird es interessant, und das ist das eigentlich Verheerende für eine Koalition wie diese schwarz-grüne – ist überhaupt nicht vorgesehen. Das macht der Finanzplan, den wir heute auch beraten, deutlich. Obwohl es hohen Investitionsstau im Straßenbau und im öffentlichen Personennahverkehr gibt, obwohl bezahlbare Wohnungen fehlen, obwohl auch die kommunalen Investitionen historische Tiefstände erreicht haben und Milliarden im Schulbau fehlen, obwohl Investitionen in Sportstätten ausstehen – Stichwort: Schwimmbäder; das war ein interessanter Bericht vom hr in dieser Woche –, obwohl bei Gebäuden eine umweltgerechte Sanierung nötig wäre und obwohl Breitband insbesondere im ländlichen Raum weiter fehlt, sieht der Finanzplan 2016 bis 2020 sogar eine weitere Absenkung der Investitionen vor.

Meine Damen und Herren, historische Tiefstände bei den Investitionen, und die sollen nach der Sichtplanung der Landesregierung für die nächsten Jahre noch weiter abgesenkt werden. Das ist ein unguter Zustand, und damit verspielen Sie die Substanz des Landes Hessen. Sie werden mit dieser Politik auch dazu beitragen, dass Hessen wirtschaftlich weiter nach unten geht.

(Beifall bei der SPD – Dr. Walter Arnold (CDU): Na, na, na! Wo sind wir wirtschaftlich unten?)

Herr Dr. Arnold, die Zeiten, in denen Hessen Platz 1 bis 3 beim Wirtschaftswachstum eingenommen hat, sind längst vorbei. Das waren die rot-grünen Zeiten.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Schauen Sie sich an, wo Sie mittlerweile beim Wirtschaftswachstum gelandet sind.

(Minister Dr. Thomas Schäfer: Wir sind das finanz- stärkste Land!)

Ja, das finanzstärkste Land pro Einwohner. Aber in der Relation geht es immer weiter zurück. Wenn Sie das noch verspielen würden, dass wir nicht einmal mehr pro Einwohner das finanzstärkste Land wären, dann wäre es wirklich am Ende.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Diese Sprüche kann ich wirklich nicht mehr hören: Zukunftsgeneration, wir müssen Vorsorge treffen, der Schuldenabbau muss jetzt endlich stattfinden. – Meine Damen und Herren, Sie, diese CDU-Regierung, hat, seit Sie regieren, die Schulden in Hessen mehr als verdoppelt, um 24

Milliarden € erhöht. Jetzt wollen Sie in den Jahren 2019 und 2020 gerade einmal 200 Millionen € abbauen. Das ist doch lächerlich. Machen Sie nicht solche Sprüche.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Noch ein Blick in den Finanzplan, Herr Dr. Arnold. Der Finanzplan sieht bis 2019 vor, dass die Investitionen noch einmal um 100 Millionen € abgesenkt werden. Meine Damen und Herren, allein dafür lohnt es sich, eine neue Landesregierung zu wählen, die genau dies verhindert. Das wäre die einzige Konsequenz.

(Beifall bei der SPD)

Hinzu kommt, dass die Haushaltsansätze für Investitionen im Haushaltsvollzug nochmals deutlich heruntergefahren werden. 2015, im letzten Jahr, wurden 200 Millionen € an Investitionen überhaupt nicht geleistet, obwohl sie im Haushalt stehen. Für dieses Jahr ist das Gleiche wieder zu erwarten. Die Haushaltsansätze bei den Investitionen werden also überhaupt nicht ausgenutzt. Eine ähnliche Entwicklung ist, wie gesagt, auch dieses Jahr zu erwarten.

Ja, meine Damen und Herren, die Investitionen sind ein Stiefkind dieser Regierung. Die GRÜNEN kümmert es nicht, wie unsere Straßen aussehen, und die CDU scheut den Konflikt. Kuscheln statt kuschen – nein: kuscheln und kuschen statt verhandeln und handeln, das ist Ihre Haltung bei der CDU. Das ist das Motto einer weichgespülten CDU.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Lächerliche 7 Millionen € mehr soll es im Jahr 2017 für den Straßenbau geben – 7 Millionen €. Hessen als Bundesland in der Mitte Deutschlands braucht eine gute Infrastruktur. Das ist Rückgrat einer positiven, einer guten wirtschaftlichen Entwicklung. Aber genau dieser Zukunftsaufgabe wird die Landesregierung unzureichend gerecht.