Protokoll der Sitzung vom 12.10.2016

Schön ist immer noch, dass nach drei Gesetzen zur Qualitätssicherung an hessischen Schulen von der CDU auch endlich einmal die Qualitätssicherung im Schulgesetz vorkommt. Das ist endlich ein Fortschritt.

Ich komme zum Schluss.

Lieber Kollege Degen, du musst zum Schluss kommen.

Das Ganze ist am Ende mehr Show und Schauspiel statt Evolution und ein Vorankommen. Die Landesregierung ist handlungsunfähig. Das Motto lautet: Wer nichts macht, kann auch nichts falsch machen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Degen. – Das Wort hat der Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einbringungsrede des Kollegen Wagner hat in Ihrer engagierten und lautstarken Art und Weise klargemacht, welche Überschrift man über diesen Gesetzentwurf hätte schreiben können: viel Lärm um ziemlich wenig.

(Beifall bei der FDP)

Grundsätzlich enthält dieser Gesetzentwurf nichts Neues. Das ist auch gut so. Das nimmt manche Befürchtung weg, die man haben musste, als die GRÜNEN in die Regierung eingetreten sind. Verschiedene Lieblingsprojekte dieser Koalition werden jetzt festgeschrieben, da ist nichts Neues dabei. Darüber hinaus gibt es ein paar redaktionelle und rechtliche Anpassungen, die erfolgen mussten.

Eines schätze ich etwas anders ein als Kollege Degen. Man redet zwar von Qualität und Qualitätssicherung. Wenn man sich aber das Gesetz anschaut, findet man eine echte Qualitätsoffensive, von der in der Begründung die Rede ist, überhaupt nicht. Die kann man dort vergeblich suchen. Davon ist nichts zentral.

(Beifall bei der FDP)

Feststellbar ist, das wurde schon erwähnt, dass die gesetzlichen Regelungen zum großen Teil erst nach einem gewissen Zeitraum umgesetzt werden, wenn die Verantwortung für die Ergebnisse und die Beseitigung von Problemen bei anderen liegt.

Was fehlt, das will ich ausdrücklich erwähnen, ist der Mut, die Schulen in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen und ihnen Entwicklungspotenziale einzuräumen. Das sucht man vergeblich. Man kann froh sein, dass das, was erreicht worden ist, beibehalten wird. Das ist durchgängig in diesem Gesetzentwurf so.

Positiv kann man festhalten: Man kann froh sein, dass wenigstens nicht das zurückgedreht wird, was wir in der letzten Wahlperiode erreicht haben. Der zweite positive Punkt ist: Es gibt eben keine großen Eingriffe in die Schulstruktur. Wenn man den Bildungsgipfel und die Diskussionen darum verfolgt hat, konnte man die Hinweise aus der linken Seite des Hauses feststellen, dass man sich etwas anderes wünsche: die Gemeinschaftsschule, die sechsjährige Grundschule.

Herr Kollege Schwarz, der Hinweis sollte Sie nachdenklich machen, wenn die Kollegin Cárdenas Sie dafür lobt, dass jetzt die Hauptschule abgeschafft wird, weil genau das der erste Ansatz dafür ist, die Schulvielfalt in Hessen einzuschränken. Davor sollten Sie sich bewahren.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man dann feststellt, dass man die eigenständigen gymnasialen Oberstufenschulen wieder zulassen will, ist das eine gute Sache. Das hätten wir längst haben können.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das stimmt!)

Insofern haben wir auch hier wieder viel Lärm um ziemlich wenig.

Das Gleiche gilt für das Thema Inklusionsbündnisse. Inklusion muss vom Wohl der Kinder aus gedacht werden. Da sind wir uns hoffentlich einig. Wenn dieser Grundsatz weiterverfolgt wird, dann kann inklusive Beschulung gelingen. Herr Kollege Wagner, den angekündigten großen Sprung, den insbesondere die GRÜNEN immer verlangt haben, sucht man bei diesen Inklusionsbündnissen vergeblich.

(Beifall bei der FDP)

Sie sind wie so oft als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.

Ich nehme ein anderes Beispiel: Die Abschaffung der Schulinspektion. Was machen Sie denn da? Sie schaffen die Schulinspektion in der bisherigen Form, die einen guten Ansatz hatte, aber deren Existenzberechtigung nach der zweiten Runde durchaus überprüft werden musste, einfach ab. Was machen Sie stattdessen? – Nichts machen Sie. Nach der Qualitätsoffensive, die wir brauchen, sucht man vergeblich. Im Gegenteil: Der Staatssekretär reist dann noch durch die Lande, stellt sich beim Philologenverband hin und rühmt sich für die Abschaffung der Schulinspektion.

Das ist der eine Schritt, aber man muss auch einmal etwas dagegensetzen. Man muss dann sagen, wie es weitergehen soll. Was Sie machen, ist alleine, dass Sie die Verantwortung für die Qualitätskontrolle an die Schulleiter zurückgeben, die das alleine stemmen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Zum Pakt für den Nachmittag. Sie schreiben ihn jetzt ins Gesetz – über das Bekannte hinaus kommt nichts. Viel Lärm um ziemlich wenig, kann man auch hier wieder sagen.

(Beifall des Abg. Gerhard Merz (SPD) – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Zur Berufsorientierung. Ein Thema, bei dem sich ausnahmsweise einmal alle auf diesem wunderbaren Bildungsgipfel einig waren. Immerhin steht es jetzt einmal im Gesetz. Aber was ist dabei neu? Was leisten Sie denn zur Berufsorientierung? – Nichts. Viel Lärm um ziemlich wenig.

Zur Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung. Das ist Ihre Antwort auf die große Diskussion über die Reform der Übergangssysteme. Ein Schulversuch für die – wie nennt sich das – BÜA, eine wunderschöne Abkürzung; das ist ja immer eine feine Sache. Aber was fehlt, ist der Mut zur Qualitätsoffensive. Auch in diesem Punkt: viel Lärm um ziemlich wenig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will einen letzten Punkt ansprechen, der hier noch keine Rolle gespielt hat. Es handelt sich um eine vermeintlich kleine Änderung, die aber große Wirkung zeigen kann, und zwar eine negative Wirkung. Ich will das sehr deutlich sagen. Das ist die gleich am Anfang des Schulgesetzes zu findende Verschärfung der Vorschriften zu Werbung in den Schulen. So verwundert schon, dass das jetzt an so prägnanter Stelle aufgenommen wird, bei den Grundsätzen für die Verwirklichung des Bildungs- und Erziehungsauftrags. Für die, die es noch nicht gelesen haben, will ich es einmal zitieren. Dort steht in § 3 im neuen Abs. 15:

Werbung ist in der Schule unzulässig.

Daran mache ich einen großen Haken. Das ist, glaube ich, unstreitig. Dann wird es aber spannend. Dann heißt es nämlich:

Ausnahmen für Sponsoring kann das Kultusministerium im Rahmen geltender Vorschriften dann zulassen, wenn eine Beeinflussung sowie der Anschein einer Einflussnahme auf Schule und Unterricht ausgeschlossen ist und das Sponsoring nicht im Widerspruch zu den Bildungs- und Erziehungszielen nach diesem Gesetz steht.

Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, wird das sehr deutlich: Die Schranken, die mit diesem Paragrafen gezogen werden, sind recht eng. Es wird im Übrigen deutlich, dass sich wieder einmal bewahrheitet, was wir immer befürchtet haben: Das Kultusministerium zieht Entscheidungskompetenzen an sich, die bisher noch beim Schulleiter lagen. Die Schulleitungen konnten entscheiden, welche Lehrbücher benutzt werden. Jetzt macht das alles der große Überwacher im Kultusministerium. Da drängt sich schon die Frage auf, warum die Entscheidung so hochgezogen wird und der Ermessensspielraum so eng gefasst wird.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wo werden denn dann die Grenzen gezogen? Was heißt, „wenn eine Beeinflussung sowie der Anschein“ – nur der Anschein – „einer Einflussnahme auf Schule und Unterricht ausgeschlossen ist und das Sponsoring nicht im Widerspruch zu den Bil

dungs- und Erziehungszielen nach diesem Gesetz steht“? Bedeutet das – überspitzt gefragt –, dass die Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung aus dem § 6 Abs. 4 vielleicht einen Besuch im ökologisch nachhaltigen Demeterbetrieb rechtfertigt, aber die Weiterverarbeitung durch Betriebe vor Ort und die Vermarktung der Produkte beispielsweise nicht mehr vertieft werden dürfen? – Das könnte schließlich den Anschein wirtschaftlicher Betätigung und Werbung bringen.

Es geht uns nicht um offensichtliche Werbung. Das will ich klar wiederholen. Was wir brauchen, ist aber eine klare Regelung, die einen wesentlichen Punkt betrifft. Das darf ich als Letztes bitte noch anmerken: Wir haben eine Tendenz. Die Bitkom hat in einer Untersuchung festgestellt, zwei Drittel der Lehrer würden ihren Schülern von Existenzgründungen abraten, also davon, Betriebe zu übernehmen und sich selbstständig zu machen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das brauchen wir aber: Wir brauchen Lehrer, die ihren Schülern auch vermitteln, was unternehmerisches Wirken ist, was für Chancen das beinhaltet und natürlich auch was für Risiken.

(Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

Wir müssen Bildung über ökonomische Zusammenhänge stärker in die Schulen bringen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme endgültig zum Schluss. Gerade die Zusammenarbeit, der Austausch und die Information vor Ort sind sinnstiftend, im Übrigen auch im Hinblick auf Berufs- und Studienorientierung. Aber hier kann man wieder feststellen, das Motto dieser Koalition ist „Vorwärts in die Vergangenheit“.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Kollege Greilich. – Das Wort hat der Abg. Armin Schwarz, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wahlfreiheit für Eltern stärken, Kontinuität und Verlässlichkeit für die hessischen Schulgemeinden garantieren und Bildungs- und Chancengerechtigkeit für die hessischen Schülerinnen und Schüler gewährleisten – das sind die Eckpfeiler unseres Gesetzentwurfs, den wir heute in diesem Hessischen Landtag einbringen.

Gemäß unserem Koalitionsvertrag „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“ entspricht diese Gesetzesnovelle sowohl dem Wunsch der Eltern nach Entscheidungsmöglichkeiten als auch dem Anliegen der Schulgemeinden, möglichst ein hohes Maß an Planbarkeit und Verlässlichkeit dort wiederzufinden. Das ist unser Leitmotiv: Planungssicherheit und Zuverlässigkeit. Sage, was du tust, und tue, was du sagst. – So machen wir es. Meine Damen und Herren, so handelt Schwarz-Grün.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Umsetzung des Paktes für den Nachmittag, die Einführung der inklusiven Schulbündnisse, die sorgsame Weiterentwicklung der Schulstruktur mit einer breiten Auswahl

möglichkeit im Sinne einer Schulvielfalt, wo die Eltern nach den Neigungen und den Talenten ihrer Kinder natürlich passgenau entscheiden können, um den möglichst optimalen Schulstandort, aber auch die möglichst optimale Schulform und den optimalen Bildungsgang zu wählen – das sind die Leitplanken, die uns in dieser Schulgesetznovelle leiten.

Damit sorgen wir dafür, dass dieses Maßnahmenbündel auf gesetzlicher Ebene verankert wird und im bestehenden Gesetzestext dann auch die nötigen redaktionellen Anmerkungen ergänzt werden. Im Übrigen: Wer diese Schulgesetznovelle kleinreden will, muss dann einmal bis 115 zählen können. Das sind nämlich in der Tat 115 Änderungsbefehle. Meine Damen und Herren, mir fehlt jetzt die Zeit, hier 115 Änderungsbefehle im Einzelnen zu beschreiben.