Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Recht auf Wohnen: Landesregierung muss bezahlbaren Wohnraum für Studierende schaffen) – Drucks. 19/3870 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! An den Hochschulen beginnt gerade das Wintersemester und damit für viele Studienanfänger die fieberhafte Suche nach einer bezahlbaren Bleibe. Gerade in Frankfurt, aber auch in anderen Universitätsstädten ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt äußerst angespannt. Besonders betroffen sind natürlich Menschen mit niedrigem Einkommen. Ende des vergangenen Monats veröffentlichte das Berliner Moses Mendelssohn Zentrum eine Studie zur Wohnraumsituation von Studierenden. Im sogenannten Anspannungsranking belegen mit Darmstadt und Frankfurt gleich zwei hessische Universitätsstädte Plätze unter den unrühmlichen Top Ten, nämlich der Städte mit der schlechtesten Wohnraumsituation für Studierende in Deutschland.
Nicht erst seit dieser Studie ist bekannt, dass Hessen gerade einmal für 6 % der fast 250.000 Studierenden in diesem Land Plätze in Studierendenwohnheimen zur Verfügung hat. Hessen ist damit seit Jahren eines der Schlusslichter im bundesdeutschen Vergleich und bleibt unter dem bundesdeutschen Durchschnittswert bei der Versorgung mit Wohnheimplätzen von 9,6 % zurück. Diese Zahlen zeigen einmal mehr, was in den letzten Jahren versäumt wurde. Es war klar, dass die Studierendenzahlen stark ansteigen werden und dass das den Mangel an bezahlbarem Wohnraum noch weiter verstärken wird. Die Landesregierungen der letzten Jahre haben nicht nur den sozialen Wohnungsbau vernachlässigt, sondern auch den Bau von Studierendenwohnheimen.
Dazu passt die hilflose Erklärung von Ministerin Hinz und Herrn Minister Rhein von Anfang September gut ins Bild, in der die beiden die schwierige Situation für Studierende auf dem Wohnungsmarkt beklagen. Sie beklagen also die Folgen der eigenen Politik. Sie versuchen, die wenigen neu geplanten Studierendenwohnheime als Erfolg zu verkaufen. In Frankfurt sind es gerade einmal 120. Auch appellieren sie an private Vermieterinnen und Vermieter, an Studierende zu vermieten. Sie sollten sich nicht vom kleineren Geldbeutel abschrecken lassen, weil es die Studierenden auf dem Wohnungsmarkt doch ohnehin schwer hätten.
Ja, Frau Ministerin, das stimmt. Genau das zeigt ja, dass man sich nicht auf den Markt verlassen sollte. Der Wohnmarkt wird es eben nicht regeln.
Statt öffentlich an den Wohnungsmarkt zu appellieren, sollte die Landesregierung lieber selbst dafür sorgen, dass es mehr bezahlbaren Wohnraum gibt. Was dabei herauskommt, wenn Sie dem freien Markt die Versorgung mit Studierendenwohnheimen überlassen, das kann man gerade eindrucksvoll in Frankfurt begutachten. „Studierendenwohnung“ ist ein sehr dehnbarer Begriff.
In Frankfurt bietet das Unternehmen THE FIZZ im Stadtteil Gallus Studierendenwohnungen mit Preisen zwischen 557 € und 817 € an, bei Wohnraumgrößen von 18 bis 23 m². Ich frage Sie: Welcher Studierende mit BAföG oder Minijob soll sich denn eine Wohnung leisten, die Quadratmeterpreise bis zu 45 € hat? – Ich will Ihnen zum Vergleich sagen: Die BAföG-Wohnkostenpauschale liegt bei 250 €. Das bedeutet, selbst die günstigste Wohnung in diesem Objekt im Stadtteil Gallus ist doppelt so teuer wie die Wohnkostenpauschale für Studierende.
Da kann ich dem Deutschen Studentenwerk nur zustimmen: Studierende brauchen keine solchen Luxusappartements oder Edelresidenzen, sie brauchen bezahlbaren Wohnraum.
Meine Damen und Herren, es ist die Aufgabe von Bund und Ländern, bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum für Studierende in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. – Herr Minister, Sie haben gerade erklärt, Sie wollten die klügsten Köpfe an die hessischen Hochschulen holen. Sie sind aber nicht mehr in der Lage, das Grundbedürfnis, nämlich das Wohnen der Studierenden, angemessen zu befriedigen. Sie müssen dafür sorgen, dass die klugen Köpfe auch ein Dach über ihren klugen Köpfen haben.
Gerade Studierende, die aus Familien mit niedrigem Einkommen kommen, die es ohnehin sehr viel schwerer haben, überhaupt an eine Hochschule zu kommen, und dort unterrepräsentiert sind, sind auf eine gute soziale Infrastruktur, auf ausreichend finanzierte Studentenwerke, auf genug Wohnheimplätze und bezahlbares Mensaessen angewiesen. Das gilt insbesondere für ausländische Studierende, die keine Familien hier haben, bei denen sie mal eben unterkommen können.
Meine Damen und Herren, unsere Fraktion hat in den letzten Jahren immer wieder die Schaffung von 2.000 neuen Studierendenwohnungen pro Jahr gefordert. Entsprechende Haushaltsanträge wurden von Ihnen leider immer wieder abgelehnt. Wären unsere Forderungen beim sozialen Wohnungsbau, aber auch bei der Schaffung von Studentenwohnheimen umgesetzt worden, hätten wir heute eine andere Situation. Viele Erstsemester hätten einen unbeschwerteren Start ins Studium.
Ich komme zum Schluss. Wir fordern Sie auf, sich endlich der Situation der hessischen Studierenden anzunehmen. Appelle der zuständigen Minister und unzureichende Fördermaßnahmen werden die katastrophale Versorgungsquote von gerade einmal 6 % nicht verbessern. Da ist Hessen Schlusslicht. Wohnen ist ein Menschenrecht, das gilt auch für Studierende.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Studierenden kommen gerne nach Hessen. Das spricht für die Attraktivität unseres Bundeslandes. Wir haben exzellente Universitäten, wir haben exzellente Hochschulen, an denen gute Studienbedingungen vorgefunden werden können – nicht zuletzt, weil wir ein bundesweit einzigartiges Finanzpaket geschnürt haben und den Hochschulen in den Jahren 2016 bis 2020 9 Milliarden € für Lehre und Forschung zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass die Studierenden nicht nur exzellente Universitäten vorfinden, sondern dass sie auch bezahlbaren und guten Wohnraum vorfinden. Daran arbeiten wir in Hessen.
Frau Kollegin Wissler hat es gerade angesprochen: Viele Studierende können sich gerade in den Hochschulstädten keine Wohnung und auch keine WG leisten und finden nur unter erschwerten Bedingungen einen Platz im Studentenwohnheim. Gerade internationale Studierende haben hierbei Probleme. Genau aus diesem Grund hat die Landesregierung ein eigenes Programm aufgelegt, um den Bau von Studierendenwohnheimen zu forcieren. Wir packen das Thema an, seitdem wir das Wohnraumfördergesetz geändert haben.
Bis 2019 stehen 90 Millionen € zur Verfügung, nicht nur mit Darlehen, sondern auch mit Zuschüssen. Das ist in der aktuellen Finanzsituation wichtig, wenn man günstige Kredite bekommen kann, dass man auch Zuschüsse bekommt. Auch da hat Hessen geliefert.
Damit schafft das Land Hessen die notwendigen Voraussetzungen für mehr Wohneinheiten. Es gibt mehr Geld, es gibt hervorragende Förderkonditionen, und, was sehr wichtig ist, es gibt passgenaue Programme für die Zielgruppe der Studierenden.
Das gab es vorher nicht. Aus diesem Grund mussten sich die Projektträger der Studierendenwohnheime darum bemühen, insgesamt im Programm des sozialen Wohnungsbaus an Fördergelder zu kommen. In der Konkurrenz um diese Fördergelder sind sie meist leer ausgegangen. Das haben wir jetzt geändert.
Nicht alle Bundesländer kümmern sich so zielgenau um den Bau von Studentenwohnungen wie Hessen. Viele haben gar kein eigenes Programm.
Thüringen hat beispielsweise auch kein derartiges Programm. Andere Bundesländer haben Programme nur mit Darlehen. Frau Wissler, da sollten Sie auch mal nach Thüringen sehen, was da passiert.
Dass es in Hessen Fortschritte gibt, erkennt auch das Deutsche Studentenwerk an. Es würdigt in einer Pressemitteilung vom 18.05. dieses Jahres unter anderem Hessen, das bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende zu den aktiven Ländern gehört.
Bereits für das Jahr 2015 wurden 25 Millionen € an Darlehen und Zuschüssen zur Verfügung gestellt, um 1.000 neue Wohnheimplätze zu bauen.
Wenn man das hingegen mit 2013 vergleicht, da wurden gerade einmal 3 Millionen € abgerufen. Es ist also ein enormer Fortschritt. Natürlich muss mehr gemacht werden, natürlich muss es schneller gehen, natürlich muss es größere Schritte geben. Es ist aber eine enorme Steigerung, und es zeigt, dass es in Hessen deutliche Fortschritte gibt.
Ich will noch einmal einen Blick in die aktuelle Veröffentlichung des Deutschen Studentenwerks werfen, um zu zeigen, dass sich die guten Zahlen von 2015 in Hessen auch fortschreiben.
Das Deutsche Studentenwerk untersucht nicht nur den Versorgungsgrad mit Wohnheimplätzen, sondern es fragt auch ab, wie viele Studentenwohnheimplätze in Bau und in Planung sind. Da sind wir in Hessen bei den vier besten Bundesländern. 1.484 Wohnheimplätze sind im Bau oder in der Planung. In anderen Bundesländern steht hier hingegen eine Null. – Also auch hier geht es voran.
Ich möchte noch einmal klarstellen: Die Situation in Hessen ist noch nicht gut, sie ist nicht befriedigend, und es muss noch mehr getan werden.
Hessen schafft aber die Voraussetzungen für mehr Wohnheimplätze. Das ist das Einzige und Wichtigste, was das Land Hessen tun kann: Geld und gute Programme bereitzustellen. Wir brauchen aber die Akteure auf dem Wohnungsmarkt, wir brauchen die Studierendenwerke, die die Mittel auch entsprechend abrufen.
Wir brauchen die Flächen in den Kommunen, und wir brauchen die Flächen in den Großstädten. Da ist der Kampf um die Fläche auch entbrannt, wie wir wissen, gerade in den Großstädten wie Frankfurt und Darmstadt.