Protokoll der Sitzung vom 02.04.2014

Meine Damen und Herren, es sind sehr hohe Hürden, die hier gesetzt werden. Damit fällt der Bannwald in Hessen faktisch wieder in die höchste Schutzkategorie von Wald. So etwas wie am Langener Waldsee, wo der Bannwald einfach aus wirtschaftlichen Interessen gefällt wird, ist damit ausgeschlossen.

Neu ist aber auch, dass eine Aufhebung in den ganz seltenen Fällen, in denen sie vorkommt, nicht einfach vom Regierungspräsidium im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens verfügt werden kann, sondern dass das aufgrund dieser Änderung in jedem Einzelfall per Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Umweltministerium geregelt werden muss. Das heißt, vor einer Ausweisung von Bannwald oder vor der Aufhebung des Schutzstatus von Bannwald zum Zwecke einer späteren Rodung muss nun in jedem Einzelfall ein rechtsförmliches Verfahren durchlaufen werden. Dieses Verordnungsverfahren muss – das ist ebenfalls neu – unter Beteiligung der Öffentlichkeit vonstattengehen, vor allem aber, was uns besonders wichtig ist, auch unter Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände.

Eine weitere bedeutende Neuerung in diesem Gesetzentwurf ist: Für Bannwald, der gerodet werden soll, muss nicht nur, wie es bisher notwendig ist, flächengleich Wald wiederaufgeforstet werden, sondern es muss auch in der gleichen Größenordnung bestehender Wald zu Bannwald werden, sodass in Hessen faktisch kein Bannwald mehr

verloren geht. Es muss also eine doppelte Ersatzaufforstung erfolgen.

Vor allen Dingen kann nicht mehr einfach, wie es bisher im Gesetz steht, gesagt werden: Wir können nicht flächengleich aufforsten; deshalb werden wir das mit einer Waldabgabe erledigen. – Diese Regelung zur Ersatzaufforstung von Bannwald ist ein bedeutsamer Fortschritt, den wir mit diesem Entwurf erzielen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

In § 31 des Entwurfs lesen Sie, dass dieser neue Bannwaldschutz auf den ganzen bestehenden Bannwald in Hessen angewandt wird. Das ist nicht auf einen möglicherweise neu auszuweisenden Bannwald in Hessen beschränkt, sondern es gilt für den gesamten Bannwald. Dieser Waldschutz ist einmalig in der Bundesrepublik.

Auch angesichts aller berechtigten, wichtigen und notwendigen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition verstehe ich die Kritik der SPD – von Ihnen, Herr Lotz – an dieser Stelle nicht: dass Sie gesagt haben, damit sei faktisch überhaupt keine Verbesserung erreicht. Bitte schauen Sie sich das noch einmal an. In diesem Gesetzentwurf, der dem Bannwaldschutz wirklich einen sehr hohen Status einräumt, finden Sie bedeutsame Unterschiede.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnern, dass es die SPD-Fraktion in diesem Hause war, die zweimal einem Flughafenausbau zugestimmt hat, für den Bannwald gerodet wurde.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, dazu stehen wir auch!)

Sie haben damals sogar einen Antrag zugunsten des Baus der Nordwestlandebahn, Drucks. 15/2952, vorgelegt, in dem die Landesregierung aufgefordert ist, die Schaffung einer rechtssicheren Position herzustellen, die die Aufhebung des Bannwalds im Bereich des Frankfurter Flughafens ermöglicht. Vor diesem Hintergrund fände ich es angemessen, wenn Sie sagten – wenn Sie es wollen –: Ja, damals ist das geschehen; damals ist der Bannwaldschutz ausgehebelt worden. Dann gab es faktisch keinen mehr. Mit dieser Gesetzesänderung ist der Schutzstatus wiederhergestellt.

Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist ein guter Tag für den Naturschutz und für den Waldschutz in Hessen. Ich würde mich freuen, wenn mit dieser Gesetzesänderung alle Fraktionen dieses Hauses dem hohen Schutzstatus von Bannwald zustimmen würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir schützen eine seltene Art. Nachdem der größte Teil des Bannwalds gerodet ist, fällt uns das nun ein.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Der größte Teil! 1 %!)

Seit 1978 haben wir aufgrund des Ausbaus des Frankfurter Flughafens einen Waldverlust von rund 800 ha.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ja, ja! 1 %!)

Ich habe vom Bannwald gesprochen, nicht vom Wald allgemein. – Jetzt schafft man also wieder ein Bannwaldgesetz, das eine deutliche Verschärfung bedeutet. Wir begrüßen das durchaus – um hier keinen falschen Zungenschlag hineinkommen zu lassen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das ist ja prima!)

Aber wir müssen doch zugeben, wir haben die Situation, dass in den letzten Jahren – erst vor Kurzem wegen Kiesund Sandabbau – Bannwald gerodet worden ist und dass alles, was im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens geplant ist, jetzt schon eingetütet ist. Das heißt, das ist ein ziemlich risikofreier Gesetzentwurf. Wenn Sie es wirklich ernst damit gemeint hätten, den Bannwald, den es noch gibt und der im Rhein-Main-Gebiet eine wichtige Aufgabe hat, zu schützen, hätten Sie in den Gesetzentwurf schreiben müssen: Für den Flughafenausbau darf kein Bannwald mehr gerodet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin, die Ausnahmeregelung, die Sie eben beschrieben haben, entspricht nämlich exakt dem, was im Zusammenhang mit dem Frankfurter Flughafen gilt: Es muss von großem Interesse sein, und es muss überregional sein. Was ist denn das? Das ist doch der Flughafen. Damit stehen Ihnen weiterhin Tür und Tor offen, um, wann immer Sie wollen, für den Flughafen den Wald zu roden, den Sie roden wollen. Das heißt doch im Klartext nichts anderes als: Wir ändern eigentlich nichts.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Eisenbahn!)

Was soll der Zwischenruf „Eisenbahn!“? Wollen Sie dafür auch noch Bannwald roden? Das traue ich Ihnen durchaus zu.

(Lachen bei der CDU)

Allein Ihre Reaktion, nämlich dass Sie lachen, und die Art und Weise, wie Sie mit dem Thema umgehen, zeigen doch, dass es Ihnen überhaupt nicht um den Wald geht, sondern darum, dass hier ein bisschen grün gefärbt werden muss. Das machen wir jetzt in Form dieser Gesetzesregelung.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Baggerlöcher wären auch nett!)

Baggerlöcher wären auch nett, ja. – Von daher meine ich, Sie sollten wirklich noch einmal über das nachdenken, was Sie da machen. „Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses zur Verwirklichung von Vorhaben von überregionaler Bedeutung“: Die Formulierung ist so eindeutig, wie sie eindeutiger nicht sein kann. Von daher denke ich: Wenn Sie wirklich für die Zukunft hätten verhindern wollen, dass weiter Bannwald gerodet wird, hätten Sie in Bezug auf den Rhein-Main-Raum hineinschreiben sollen, dass das für den Flughafen nicht möglich ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Allen Beteiligten ist ohnehin klar, dass auch dieses Gesetz jederzeit mit einer einfachen Mehrheit wieder geändert werden kann. Das ist die Natur von Gesetzen. Das heißt, den Wald zu schützen ist an der Stelle ohnehin unglaublich schwierig.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Warum denn?)

Von daher finde ich es wirklich ein bisschen überzogen, dass Sie sich jetzt damit hervortun, wie glorreich das ist. Wenn die Menschen in der Flughafenregion seit der Eröffnung der Startbahn West vor fast 30 Jahren eines gelernt haben, dann das: Gesetze sind nur so gut wie diejenigen, die sie ändern.

„Kein Baum wird mehr fallen“ – den Satz kennen wir doch, der klingt in unseren Ohren nach. Ich denke manchmal, wenn Holger Börner das erlebt hätte, was er Gott sei Dank nicht mehr erleben musste, hätte er vielleicht wieder eine Dachlatte mitgebracht, um die Bäume zu verteidigen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass das im Interesse von Holger Börner gewesen wäre.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Dieser Satz steht doch dafür, wie wenig verlässlich Politik ist, wie wenig verlässlich das ist, was die Parteien sagen, und wie wenig verlässlich überhaupt das ist, worauf sich die Menschen insbesondere im Rhein-Main-Gebiet verlassen haben. Das zeigen der Kampf in den letzten Jahren und der Widerstand gegen das weitere Ausbauen. Die Menschen sind einfach an einer Grenze angekommen, an der sie sagen: Wir verlieren immer mehr von unserem Lebensraum, weil wir Einschränkungen haben, bei denen es nicht nur um die simple Freizeitgestaltung geht.

Es geht doch nicht nur darum, sonntagnachmittags spazieren zu gehen, sondern es geht doch um den Erhalt von Gesundheit. Es geht um den Freiraum, den Menschen brauchen, um überhaupt noch atmen zu können. Es geht um die grünen Lungen, die wir gerade um die Städte nötiger denn je brauchen. Sie sind ständig gefährdet; deswegen finden wir es wirklich richtig und wichtig, was Sie an der Stelle gemacht haben. Aber wir sehen unsere Aufgabe darin, darauf hinzuweisen, dass es eben wirklich nur ein Stückwerk ist, dass es an der Stelle sehr unvollständig ist und dass es jetzt eigentlich nicht mehr wirklich wehtut, den Bannwald noch einmal zu schützen, nachdem man alles erreicht hat, was man erreichen wollte, was die Rodung von Wald angeht. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Als Nächster spricht Kollege Lenders von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es erstaunt mich, dass ich schon jetzt dran bin, aber es macht auch kein Problem. Ich will gleich sagen, falls wieder die Kommentare kommen, dass die FDP-Fraktion nicht da sei: Sie eilen schon, sie eilen schon. – Das gültige Gesetz ist noch kein Jahr alt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn Sie etwas Vernünftiges sagen, dann klatsche ich auch! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keine Rede, kein Konzept!)

Das ist gut. – In meinen einleitenden Worten muss ich sagen, dass ich mit der Linksfraktion nicht in vielem übereinstimme, aber meiner Vorrednerin kann ich zustimmen,

dass man schon den Eindruck hat, dass jetzt ein Gesetz, womit wir noch überhaupt keine Erfahrungen haben, aufgedröselt werden soll, damit die GRÜNEN ein bisschen eine Duftmarke setzen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben das Waldgesetz im Jahre 2013 unter Wahrung aller wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und privaten Interessen modernisiert

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Kollege Arnold, ganz ruhig, Sie kommen noch dran –, und es gibt kaum Erfahrungswerte mit dem neuen Gesetz. Wir haben auch beim Wohnraumfördergesetz erlebt, dass Sie noch nicht einmal mehr Gesetze gelten lassen wollen. Dafür gibt es eben nur die Erklärung, dass die GRÜNEN als neuer Koalitionspartner jetzt auch noch ein bisschen mitspielen wollen, damit man das Bild stellen kann, man habe auch noch etwas verändert.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Dr. Walter Arnold (CDU): Wir haben einen Koalitionsvertrag!)

Herr Kollege Arnold, wir werden sehr genau beobachten, inwieweit Sie den Kurs, den wir mit Ihnen gemeinsam eingeschlagen haben, jetzt verlassen, weil Sie einen neuen Koalitionspartner haben, und ob Sie diesem die Interessen der Menschen in Hessen opfern oder nicht. An dieser Stelle werden wir Sie auch nicht rauslassen.

(Beifall bei der FDP)

Der Sinn der Ausweisung von Bannwald ist, Wald konsequent und streng zu schützen, der wegen seiner besonderen Schutzfunktion – Lärm, Wasser, Erholung und Erosion – an seinem individuellen Standort unersetzlich und unverzichtbar ist. Daher darf der Bannwald nicht gerodet und in eine andere Nutzung umgewandelt werden.