Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Norbert Schmitt (SPD): 3 % Zinsen!)

muss der Steuerzahler tragen – wobei Folgekosten nicht nur möglich, sondern eigentlich sicher sind. Das Risiko wird auf die Allgemeinheit übertragen. Das Verursacherprinzip wird einmal mehr ausgehebelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man vorschlägt, die Konzerne samt ihren profitablen Zweigen zu vergesellschaften, dann ist das natürlich total unrealistisch. Das wurde uns immer gesagt. Aber dieses Milliardengrab? Auf einmal hat man überhaupt kein Problem damit, das zu vergesellschaften.

Die „FR“ kommentierte dies unter der Überschrift „Ein mieser Atomdeal“ folgendermaßen:

Die Trittin-Kommission ermöglicht es den Atomkonzernen, sich freizukaufen. Das kommt einem Super-GAU für die Steuerzahler gleich, …

Es ist also alles andere als generös,

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

dass die Konzerne nun einen Teil ihrer Klagen zurückziehen; es ist vielmehr ein lohnendes Geschäft für sie.

Meine Damen und Herren, dass sich jetzt ausgerechnet die GRÜNEN über diesen Deal freuen, ist schon abstrus.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Dorn begrüßt sogar die späte Einsicht der Unternehmen. Frau Dorn, das ist RWE. Die sehen nur dann etwas ein, wenn es sich für sie rechnet.

(Beifall bei der LINKEN – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Habe ich doch gesagt!)

RWE weiß, dass sie die 235 Millionen €, auf die sie das Land wegen des Atommoratoriums verklagt haben, eh nicht bekommen, weil das eine viel zu hoch gegriffene Fantasiezahl ist.

Warum auch auf Millionenbeträge klagen, wenn man stattdessen Milliardenbeträge von der Bundesregierung kostengünstiger bekommt?

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Ihre Lösung!)

Das ist keine späte Einsicht. Das war von Anfang an das Kalkül. Die Atomkonzerne waren doch nicht auf die Entschädigungen für die Abschaltung der AKWs aus, sondern sie haben diese Klagen als Drohkulisse genutzt, um auf Bundesebene ganz andere Summen zu verhandeln und sich ihrer Risiken zu entledigen. Das hat aus Sicht der Atomkonzerne wieder einmal ziemlich gut geklappt.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist nicht so, dass alle Klagen zurückgezogen werden. Die, bei denen es um besonders große Summen geht, bleiben bestehen. Sie fordern weiterhin Milliardenbeträge aus der Brennelementesteuer zurück. Vor dem internationalen Schiedsgericht in Washington fordert Vattenfall weiterhin 5 Milliarden € Schadenersatz. Ganz ohne Faustpfand wollen die Konzerne auch weiterhin nicht bleiben.

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Am Ende zahlen immer die Steuerzahler. Das teure Ende der Atomkraft und der atomare Müll werden uns noch viele Generationen lang beschäftigen. Deshalb lehnt DIE LINKE – leider als einzige Partei – auch diesen Atomdeal ab.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber ohne Gegenvorschlag!)

Wir wollen, dass die Konzerne für die gesamten Kosten aufkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Priska Hinz. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie so oft bleibt DIE LINKE dann aber einen konkreten Vorschlag schuldig, wie sie es denn besser machen würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Am besten verstaatlichen, und dann macht alles der Staat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Bei RWE ist das so!)

Meine Damen und Herren, ich will mich aber meiner Rede widmen. Ich habe schon lange mit dem Thema Biblis und Atomenergie zu tun. Beim Regierungswechsel 1999 habe ich meinem Nachfolger eine juristisch einwandfreie Stilllegungsverführung auf dem Tisch hinterlassen. Diese hat er leider nicht unterzeichnet. Andernfalls wäre Biblis schon lange stillgelegt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nur deswegen kann überhaupt noch rechtlich darüber gestritten werden. Ab 2011 wollten aber immerhin alle politischen Kräfte, dass Biblis erstens stillgelegt wird und zweitens nicht mehr ans Netz geht. Nach Fukushima wollten alle raus aus der Hochrisikotechnologie, raus aus der Produktion von strahlendem Müll, von dem wir übrigens immer noch nicht wissen, wohin er soll. Das ist richtig. Insofern wird uns das Thema noch sehr lange beschäftigen.

(Florian Rentsch (FDP): Was haben Sie eigentlich 2011 gemacht?)

Seit 2016 ist Biblis A kernbrennstofffrei. Für Biblis B wird dies voraussichtlich 2017 der Fall sein. Damit wird zumindest der Atombetrieb in Hessen Geschichte sein. Ich glaube, das ist ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg, der raus aus der Atomindustrie führt.

Ich bin froh, dass der Kollege Schmitt gesagt hat, dass er das auch begrüßt und alles toll findet. Schließlich war die SPD lange Zeit Atompartei, auch in Hessen. Darauf muss man auch einmal hinweisen. Die erste rot-grüne Koalition

ist daran zerbrochen. Manchmal muss man an solche Themen erinnern.

(Florian Rentsch (FDP): Wie haben Sie sich denn 2011 verhalten? – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, 2002 ist im Konsens mit den Energieversorgern ein Ausstiegsgesetz auf den Weg gebracht worden. Weil es Konsens gab, ist dies auch nicht beklagt worden. Leider hat vor allem die FDP in der damaligen Koalition mit der CDU dafür gesorgt, dass es zum Ausstieg aus dem Ausstieg gekommen ist. Das ist die Ursache aller Probleme, die wir heute haben.

(Zurufe der FDP)

Es gibt viele Klagen gegen die Länder und auch gegen die Bundesrepublik, weil nach dem Unglück in Fukushima der Ausstieg überhastet gemacht wurde und damit rechtlich anfechtbar war. Das ist das Grundproblem, mit dem wir es jetzt zu tun haben.

Frau Ministerin, der Kollege Rentsch ist ganz wild darauf, Ihnen eine Zwischenfrage zu stellen.

(Ministerin Priska Hinz: In der Aktuellen Stunde? Geht das?)

Eine Zwischenfrage ist immer möglich. Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Ministerin Priska Hinz: Von mir aus!)

Wenn Sie „von mir aus“ sagen, dann sage ich auch „von mir aus“. – Herr Kollege Rentsch, dann haben Sie das Wort

Frau Staatsministerin, wenn es um Verantwortung geht, wie das hier der Fall ist, dann ist es wichtig, zu wissen, was man selbst gemacht hat. Sie haben ja auch eine lange politische Tradition. Was haben Sie denn am 30. Juni 2011 gemacht, als über das beklagte Gesetz im Bundestag abgestimmt worden ist? Wie haben Sie damals abgestimmt? Das würde mich interessieren.

Frau Ministerin.

Ich habe doch vorhin gesagt, dass damals alle politischen Kräfte bis auf die LINKEN, die ohnehin immer etwas anderes wollen, für den Atomausstieg waren.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Was ein Glück! – Weitere Zurufe)

Das Grundproblem war aber der Ausstieg aus dem Ausstieg und die Tatsache, dass anschließend alles überhastet gemacht werden musste.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)