Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

Deswegen ist das Projekt mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der vergangenen Woche endlich auf einem guten Weg. Wir begrüßen das ausdrücklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu viel Zeit verloren. Wenn wir dem Dauerstau und der schlechten Luft in unseren Städten begegnen wollen, dann müssen wir den öffentlichen Personennahverkehr ganz anders fördern, als das in der Vergangenheit passiert ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir arbeiten jetzt Schritt für Schritt auf, was in der Vergangenheit liegen geblieben ist. Das gilt für viele Projekte. Das gilt auch für das Projekt Frankfurt Rhein-Main plus. Überlegen Sie einmal, seit wann die Ideen zur Stärkung der Schieneninfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet sowohl kommunal als auch regional auf dem Tisch liegen und was in den vergangenen 15 Jahren passiert ist. Sie erkennen, da ist nicht genug passiert. Wir versuchen, da jetzt Tempo reinzubringen.

Deswegen muss ich ausdrücklich sagen: Ich bin froh, dass in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wiesbaden alle bis auf eine Fraktion erkannt haben, dass das dringend notwendig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

In diesem Sinne, Herr Kollege Rentsch, und weil heute die heiße Phase der Kampagne beginnt, kann ich an dieser Stelle nur sagen: Es tobt der Rentsch, es kräht der Hahn, Wiesbaden kriegt die Citybahn. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Zuruf von der FDP: Der Minister als Fastnachts- prinz!)

Damit ist Tagesordnungspunkt 45 behandelt.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Gebührenfreie Bildung von Anfang an – Hes- sens Eltern entlasten – Hessens Kommunen ausrei- chend unterstützen) – Drucks. 19/4551 –

Es beginnt der Kollege Gerhard Merz, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt wollen wir einmal zu einem Thema kommen, das uns etwas angeht.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Da ich am vergangenen Dienstag in Anwesenheit zahlreicher geistlicher Würdenträger einvernehmlich von dem Herrn Minister und dem Kollegen Rock zum objektivsten Landtagsabgeordneten in Hessen ernannt worden bin, will ich Ihnen hier jetzt nicht das Märchen von Hänsel und Gretel erzählen, sondern ich möchte ein paar objektive Zahlen vortragen. Welche Zahlen könnten objektiver sein als die, die die Hessische Landesregierung über das Land streut?

Ich beginne mit einer Zahl aus dem Evaluationsbericht zum KiföG. Danach betrug die Landesförderung für den Betrieb von Kindertagesstätten im Jahr 2015 339 Millionen €. Nach dem Bericht des Statistischen Landesamts betrugen die Kosten für den Betrieb von Kindertagesstätten im Jahr 2015 2,14 Milliarden €.

Wenn man die Zeitreihe bis 2002 zurückgeht – sowohl was die Entwicklung der Kosten als auch die Entwicklung der Landesmittel angeht –, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass durch den Evaluationsbericht deutlich wird, dass der Anteil der Landesförderung am Betrieb der Kindertagesstätten nicht wesentlich gestiegen ist. Dieser ist um etwas mehr als 2 %, aber nicht wesentlich gestiegen.

Angesichts steigender Kosten bedeutet das, dass das Defizit der Kommunen aus dem Betrieb von Kindertagesstätten automatisch steigen muss; denn 50 % von 1 Milliarde € sind 500 Millionen €, und 50 % von 2 Milliarden € sind 1 Milliarde €. Das ist nur logisch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen kommt es dazu, dass der Elternanteil am Betrieb der Kindertagesstätten auch auf demselben Niveau bleibt. Damit er bei steigenden Kosten auf dem gleichen Niveau bleiben kann, müssen die Elternbeiträge steigen. Das ist auch der Fall gewesen. Nach dem Evaluationsbericht haben 45 % der Kommunen in den letzten beiden Jahren ihre Beiträge erhöht.

Meine Damen und Herren, außerdem haben wir die Situation, dass gemäß Evaluationsbericht die Kosten für einen Kinderkrippenplatz zwischen 75 € und 700 € pro Monat liegen. Der Durchschnitt liegt bei 327 €. Die Kosten für einen Kindergartenplatz variieren zwischen 45 € und 300 € pro Monat.

Meine Damen und Herren, dass dazwischen ein innerer Zusammenhang besteht, das ist evident. Infolge des steigenden Kostendrucks, der aus der Qualitätsverbesserung und der quantitativen Erweiterung resultiert, was wir alle wollten und was wir alle befürwortet haben, steigen die

strukturellen Defizite der Kommunen. Allein aus dieser Situation heraus steigt der Druck, die Beiträge zu erhöhen, weil das eine der Einnahmen ist, die die Kommunen selbst steuern können.

Im Übrigen wirkt die Kommunalaufsicht in die gleiche Richtung. Diese fordert die Kommunen landauf, landab auf, den vollkommen utopischen Anteil von einem Drittel aus den Kindergartenbeiträgen zu erwirtschaften. Das ist zwar utopisch, aber der Druck ist da. Deswegen werden landauf, landab die Kindergartenbeiträge erhöht.

Dadurch wird deutlich, dass die Frage der Entlastung von Familien und die Frage der Entlastung von Kommunen nicht voneinander getrennt werden können. Beides gehört zusammen, wie wir es im Titel unserer Aktuellen Stunde deutlich gemacht haben.

(Beifall bei der SPD)

Unter dem Aspekt der Entlastung von Familien ist es also notwendig, zu einer Gebührenbefreiung zu kommen. Unter dem Aspekt der regionalen Gleichbehandlung ist dies ebenso der Fall. Ich habe die Spannweite in beiden Betreuungssegmenten deutlich gemacht. Ich könnte jetzt noch etwas zum Hortbereich und zum Pakt für den Nachmittag sagen. Dabei sieht die Situation im Grunde genauso aus. Außerdem müssen wir – auch das ist hier schon mehrfach erörtert worden – das unter dem Aspekt der Gleichheit innerhalb des Bildungssektors betrachten, zu dem der Bereich der Kindertagesstätten ohne jede Frage gehört.

Lassen Sie mich zum Schluss, nachdem ich so viele objektive Zahlen genannt habe, noch etwas Subjektives sagen:

Wir wollen Familien mit kleinem Einkommen entlasten. Und das geht kaum noch über Steuerentlastungen. Ich denke darüber nach, ob wir nicht bundesweit Kindergartenplätze für die Drei- bis Sechsjährigen beitragsfrei anbieten sollten. Das würde 6 Milliarden € kosten, und es wäre gut angelegtes Geld.

Das sage aber nicht ich, sondern das sagt Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse. Recht hat der Mann.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank, Kollege Merz. – Auf der Besuchertribüne begrüße ich unseren langjährigen Kollegen und Freund Volker Hoff. Herzlich willkommen.

(Beifall)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Wiesmann, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Merz, als am Montag der Titel Ihrer Aktuellen Stunde publik wurde, habe ich mich gefragt, was wir heute dazu diskutieren wollen. Die von Ihnen und der Linkspartei zu dieser Frage vorgelegten Gesetzentwürfe haben wir hier schon ausführlich diskutiert. Man kann zumindest nicht sagen, wir hätten sie hier nicht diskutiert. Wir haben sie zwar abgeräumt, aber das kann man unterschiedlich beurteilen.

Ich habe mich dann geistig mit mir selbst darauf geeinigt, dass Familienpolitik immer aktuell ist. Insofern habe ich mich gefreut, dass wir heute darüber sprechen können.

Jetzt verstehe ich, worauf Sie hinauswollen. Das habe ich jetzt nachvollzogen. Dennoch ist zu bemerken, dass in demselben Evaluationsbericht steht, dass die Elternbeiträge in den letzten Jahren tatsächlich erhöht worden sind. Es wurde aber auch ausdrücklich festgestellt, dass dies nicht in einem kausalen Zusammenhang gesehen wird mit der Einführung des KiföG. Insofern müssen wir da etwas intensiver einsteigen. Vielleicht legen Sie einmal einen Antrag dazu vor, damit wir das im Ausschuss einmal vertieft erörtern können. Zunächst einmal steht diese Aussage in einem erstaunlichen Gegensatz zu dem, was Sie hier gesagt haben.

(Gerhard Merz (SPD): Frau Kollegin, Sie sollen nicht immer Aussagen widerlegen, die ich nicht gesagt habe! – Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich glaube, ich habe jetzt das Wort.

Sie haben einen Dreisatz vorgelegt, mit dem Dinge miteinander in Verbindung gebracht worden sind. Sie haben versucht, das jetzt hier zu erläutern. Diese Dinge stehen aber in überhaupt keinem Zusammenhang zueinander. Ich möchte Ihnen zu allen drei Bestandteilen Ihrer Aktuellen Stunde direkt antworten.

Erstens: Eltern entlasten. Ja, CDU und GRÜNE verfolgen auch dieses Ziel. Deswegen unternehmen wir in der Landesregierung und in den sie tragenden Fraktionen sehr viel, um dieses Ziel zu erreichen. Wir reden nicht nur davon. Wir tun etwas. Mehr als eine halbe Milliarde Euro investieren wir mittlerweile jährlich in Familienleistungen. Auch das bringt eine Entlastung der Eltern. Ich nenne noch einmal die Stichworte: Ausweitung der Zahl der Kinderbetreuungsplätze und deren Qualität, Familienzentren, Familienkarte und vieles mehr.

Damit wird tatsächlich Enormes für die Familien geleistet; denn die Eltern haben die Möglichkeit, durch eine inzwischen flächendeckend mögliche Einlösung der Rechtsansprüche ihren beruflichen Vorstellungen und Zielen nachzugehen. Sie bekommen zudem – das sagt uns übrigens auch die KiföG-Evaluation – allenthalben mehr Personal, an vielen Stellen eine stärkere Ausrichtung an Qualitätsstandards und eine intensivere Elternbeteiligung. Auch das sind Ergebnisse der Einführung des KiföG. Das heißt, die Eltern in Hessen haben heute nicht nur die Sicherheit, einen Betreuungsplatz zu finden, sondern die guten Mindeststandards geben ihnen darüber hinaus die Gewissheit, dass ihre Kinder nicht verwahrt, sondern systematisch gut betreut und in Zusammenarbeit mit den Eltern erzogen und gebildet werden. Wenn das keine erstklassige Entlastung der Eltern ist, dann weiß ich nicht, was wir sonst noch tun sollen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will ein Zweites hinzufügen. Wenn Sie als SPD nicht auf allen Ebenen blindwütig das Betreuungsgeld bekämpft hätten, dann hätten sogar die Eltern, die von ihrer Wahlfreiheit einen anderen Gebrauch machen und ihre Kinder erst etwas später in die außerfamiliäre Betreuung geben, ebenfalls ein Stück Entlastung erfahren. Das wollten Sie nicht, und so ist dieses Stück Entlastung am Ende auch an Ihnen gescheitert.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Zweitens. Die Forderung, die Kommunen spürbar zu unterstützen, unterschreiben wir, und das machen wir auch: 1 Milliarde € aus dem Kommunalinvestitionsprogramm. Davon sind zwei Drittel Landesmittel. Ich erspare mir die Details, weil Sie sie ja kennen. Demnächst gibt es eine zweite Tranche, um den Schulbau besonders zu unterstützen.

Kommunaler Schutzschirm und Kommunaler Finanzausgleich: Noch nie gab es so viel Geld für die Kommunen, und noch nie war – neben allen anderen Vorteilen – das Schwankungsrisiko so stark auf der Seite des Landes verankert.

(Zurufe von der SPD)