Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

Mein Eindruck ist, der Politikwechsel in der Flughafenpolitik, den die GRÜNEN vor der Wahl versprochen haben, ist ausgefallen. Außer einem personellen Wechsel im Fraport-Aufsichtsrat hat sich nichts geändert. Das Terminal 3 wird gebaut, das Nachtflugverbot gibt es nicht, und auch beim Thema Steuervermeidung bleibt die Regierung offenbar tatenlos. Letzter Satz: Wir fordern die Landesregierung auf, dass sie im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler klar Stellung bezieht und darauf hinwirkt, dass diese Praxis beendet wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Wissler. – Als Nächste hat sich Frau Kollegin Arnoldt für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie den Bericht der Sendung „Monitor“ „Malta: Besuch im Steuerparadies“ gesehen haben. Frau Wissler, Sie haben darüber auch berichtet. Sie haben diesen Bericht – und auch andere Quellen, ich komme darauf zurück – zum Anlass genommen, diese Aktuelle Stunde abzuhalten.

Ich gebe Ihnen recht: Dieser Bericht ist aktuell. Das streite ich nicht ab. Er ist am 16. Februar ausgestrahlt worden. Jedoch muss man auch einmal anmerken, dass es in dem elfminütigen Bericht größtenteils um ein spezielles Leasingmodell von Jachten geht,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Richtig!)

um die dadurch anfallende Mehrwertsteuer auf bis zu 5,4 % zu senken. Was das nun mit der Fraport AG zu tun haben soll, ist mir auf den ersten Blick nicht ersichtlich.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Deswegen habe ich dazu auch nichts gesagt!)

Ebenfalls wird in dem Bericht ausgeführt, dass es Unternehmen gebe, die nennenswerte Beteiligungen an Firmen in Malta haben, diese aber verheimlichen. „Monitor“ berichtete auch, dass auch die Fraport Tochterfirmen in Malta besitzt. Fraport hat aber diese nicht verheimlicht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Habe ich auch nicht behauptet! Das wäre ja auch noch schöner!)

Denn schaut man genauso wie Sie in den Geschäftsbericht der Fraport AG, findet man dort zwei Tochtergesellschaften der Fraport mit Sitz in Malta. Dies ist also transparent ausgewiesen und somit auch den Finanzbehörden bekannt. Wie man erfahren konnte, gehören zu der Firma in Malta nicht nur ein Briefkasten, sondern auch Mitarbeiter.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Vier Beschäftigte!)

Aber noch ein weiterer Aspekt ist sehr interessant: Die Fraport AG ist mitnichten nur in Deutschland und Malta engagiert. Sie hat beispielsweise auch Tochterunternehmen in Griechenland, in Bulgarien – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Aber da betreiben die auch einen Flughafen!)

Frau Wissler, ich habe Ihnen zugehört, vielleicht hören Sie mir auch zu. – Es gibt Tochterunternehmen in Slowenien, in den USA, in Saudi-Arabien, in Peru usw. Die Fraport AG ist also selbstverständlich international aufgestellt, und dies ist nichts Ungewöhnliches.

Aber wenn wir über die Aktualität Ihrer Aktuellen Stunde reden, dann muss ich Sie ebenfalls enttäuschen. Sie haben das auch erwähnt. Nicht nur aus dem Geschäftsbericht der Fraport AG ist das Engagement in Malta seit Langem bekannt, auch der Hessische Landtag ist hierüber spätestens seit 2013 durch die Antwort des Finanzministeriums auf die damalige Kleine Anfrage des Abg. Kaufmann informiert. Ihre Aktuelle Stunde bietet also keine wirkliche Neuigkeit.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Ablenkung!)

Wenn Sie sich dann auch noch mit der Materie inhaltlich befasst hätten, anstatt hier immer nur Ihre Polemik an den Tag zu legen, dann hätten Sie sich vielleicht auch ein anderes Thema gesucht. Die Firmenstrategie der Fraport AG obliegt dem Verantwortungsbereich des Vorstands. Der heute diskutierte Sachverhalt der Fraport AG und ihrer in Malta ansässigen Töchter ist aus steuerrechtlicher Sicht vollkommen legal.

Aber natürlich gibt es andere, die sich nicht an die geltenden Steuergesetze halten. Gegen diese werden zu Recht Maßnahmen ergriffen. So hat beispielsweise die Bundesregierung erst gestern den Gesetzentwurf für die Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie beschlossen. Damit werden die Präventionsmaßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gestärkt und auch die Voraussetzungen für ein elektronisches Transparenzregister geschaffen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das, was Google macht, ist möglicherweise auch legal!)

Die EU-Finanzminister haben sich kürzlich auf Regeln verständigt, um sogenannten hybriden Steuergestaltungen in der EU zu begegnen. Auch Hessen unternimmt viel. Ich will Sie hier beispielsweise an die Initiativen des Finanzministers Dr. Schäfer erinnern hinsichtlich der Begegnung von Sharedeals, der Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung zur Verfolgung von Steuerkriminalität oder im Hinblick auf Lizenzboxen.

Außerdem haben wir in Hessen mit dem Maßnahmenpaket zur verstärkten Bekämpfung der Steuerkriminalität und der internationalen Steuerflucht sowie dem Sicherheitspaket die Arbeit gegen Trickser und Betrüger weiter intensiviert. Bereits im Jahr 2013 hat die damalige Landesregierung mit dem Fünfpunkteprogramm zur verstärkten Bekämpfung der Steuer- und Wirtschaftskriminalität die Weichen in die richtige Richtung gestellt und entschlossen gehandelt. Es wurde und wird also viel getan.

Ihre Aktuelle Stunde bietet – ich wiederhole mich gern – nichts Neues und ist leider mal wieder ein Beispiel dafür, dass es Ihnen nur um Polemik geht und keinerlei Substanz festzustellen ist.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Diesen Textbaustein sollten Sie einmal lassen!)

Anschließend möchte ich auch noch feststellen, dass im Allgemeinen doch auch gilt: Nicht jede Firma, die über einen Briefkasten verfügt, ist eine dubiose Briefkastenfirma. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Aber sie spart Steuern zu unseren Lasten!)

Vielen Dank, Frau Abg. Arnoldt. – Als Nächster hat sich für die Fraktion der Sozialdemokraten Herr Kollege Marius Weiß zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ von letzter Woche blinken mit „Fraport“ und „Steuervermeidung“ gleich zwei Selektoren im Themensuchprogramm der LINKEN für ihre Aktuelle Stunde auf. Sie haben aus Ihrer Sicht so gut zusammengepasst wie Hänsel und Gretel, und deswegen haben Sie hier auch gleich zugegriffen.

Leider, liebe Frau Wissler, haben Sie hier eben auch etwas durcheinandergebracht, was ich versuchen will wieder zu ordnen. Die Fraport hat zwei Gesellschaften auf Malta. Geschäftszweck ist, neue Mehrheits- und/oder Joint-VentureBeteiligungen für die Unternehmensgruppe im Ausland zu gründen bzw. zu erwerben und zu managen. Es geht bei diesen Gesellschaften also allein um Konzernfinanzierung. Der Sitz ist auf Malta, weil dort durch ein Steueranreizsystem der Körperschaftsteuersatz auf unter 10 % reduziert werden kann.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Also doch!)

Die Tochtergesellschaften auf Malta wurden von der Fraport in den Geschäftsberichten gemäß HGB veröffentlicht, und die deutschen Finanzbehörden wurden jederzeit darüber informiert. Unstreitig ist das Handeln legal. Das muss aber nicht heißen, dass es auch legitim ist.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Nichts anderes habe ich gesagt! Ich habe nicht gesagt, dass es nicht legal ist!)

Auch wenn aktienrechtlich klar ist – da komme ich wieder zu Ihnen, Frau Wissler –, dass für diese Frage nicht der Aufsichtsrat und schon gar nicht der Hessische Landtag, sondern allein der Vorstand zuständig ist, so kann man natürlich als Anteilseigner hier eine Bewertung zu diesem Handeln abgeben. Für uns lautet diese Bewertung: Wir sind der Meinung, dass ein Unternehmen, das mehrheitlich in öffentlicher Hand ist und an dem das Land Hessen der größte Eigentümer ist, sich nicht dadurch hervortun sollte, dass es durch Minimierungsmodelle im Ausland dem deutschen Fiskus möglichst wenig Steuern zahlt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Das kann man hier sagen, weil wir der Meinung sind, dass an ein Unternehmen, das mehrheitlich in öffentlicher Hand ist, besondere Maßstäbe angelegt werden. Das gilt für die Steuerstrategie ebenso wie für die Arbeitsbedingungen. Wir haben uns hier auch schon beispielsweise über die Ansiedlung von Ryanair unterhalten. Wir wissen aber auch, dass die Fraport als globales Unternehmen im weltweiten Wettbewerb steht und dass sie, um wettbewerbsfähig zu bleiben, die gleichen Möglichkeit des Wirtschaftens haben muss wie ihre Wettbewerber.

Es kann uns von daher nicht darum gehen, dass nur die Fraport ein Engagement in Malta unterlässt, sondern es muss darum gehen, dass die EU-Staaten steuerliche Rahmenbedingungen schaffen, die es allen Unternehmen unmöglich machen, ihren Steueranteil auf einen nicht akzeptablen Wert zu verringern.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Durch künstliche Gewinnverlagerungen multinationaler Unternehmen in Länder mit niedrigen Steuersätzen entgehen den EU-Staaten nach Erkenntnissen des Europaparlaments Einnahmen von bis zu 190 Milliarden €. Das ist mehr als der Haushalt der EU für 2015. Die entgangenen Einnahmen fehlen für wichtige Investitionen, etwa in verbesserte öffentliche Dienstleistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung.

Unabhängig davon ist das eine durch nichts zu rechtfertigende Besserstellung der großen multinationalen Konzerne gegenüber allen, die die Möglichkeit einer solchen Steueroptimierung nicht nutzen können. Umso ärgerlicher ist es, dass es Wolfgang Schäuble und seine 27 EU-Kollegen vorgestern wieder einmal nicht geschafft haben, eine Liste jener Regionen zusammenzustellen, die solche Niedrigsteuerparadiese sind. Jetzt hat man sich erneut bis Ende 2017 vertagt. Ich habe dafür kein Verständnis. Denn in den meisten Mitgliedstaaten gibt es bereits schwarze Listen, die lediglich miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Nach dem Skandal um Luxleaks und die PanamaPapers ist es nicht länger hinnehmbar, dass europäische Regierungen hier noch immer auf der Bremse stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Solche Fälle wie in Malta oder im portugiesischen Madeira, was ebenfalls ein Steuerparadies mit Abgabensätzen von unter 5 % ist, darf es in Europa nicht mehr geben.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen das Ziel haben, dass Unternehmen die Steuern wieder dort zahlen, wo die Gewinne erwirtschaftet werden.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Genau!)

Dazu müssen sie offenlegen, wo sie welche Gewinne erzielen und welche Steuern entrichten. Wir brauchen auf europäischer Ebene eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Damit wird sichergestellt, dass Unternehmen nicht alles Mögliche und Unmögliche von der Steuer absetzen. Und wir brauchen endlich eine schwarze Liste auf der Basis weiterentwickelter objektiver und umfassender Kriterien. Diese müssen universell sein, also auch auf EU-Mitgliedstaaten anwendbar.

Als Letztes müssen wir auch koordiniert Sanktionen gegen Steueroasen verhängen können, damit wir diese Punkte auch durchsetzen können. Nur so entsteht mehr Steuergerechtigkeit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. – Als Nächste spricht Frau Abg. Erfurth für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Nicht der Kollege Kaufmann? – Norbert Schmitt (SPD): Ich hätte lieber den Herrn Kaufmann gehabt, ehrlich gesagt!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schaus, um Ihre Frage zu beantworten: Das ist ein Steuerthema, und von daher werden wir uns auch genau zu diesen Fragen äußern.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Da hat der Kollege Kaufmann aber Glück gehabt!)