Protocol of the Session on June 27, 2001

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Nun sehe ich keine Wortmeldungen mehr zum zweiten Thema.

Dann rufe ich das dritte Thema auf:

Hamburg und die vierte Elbtunnelröhre

Das Wort wird gewünscht. Der Abgeordnete Reinert hat es.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Nun lüftet Herr Reinert das Geheimnis!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Umgang mit der vierten Elbtunnelröhre in Hamburg ist typisch für die Öffentlichkeitsarbeit der Baubehörde und für ihre Arbeit generell. Ich möchte das an zwei Beispielen verdeutlichen.

Immer wieder hat dieser Bausenator verkündet, 2002 werde die vierte Elbtunnelröhre fertig, und auch vor wenigen Tagen war das wieder so in der Zeitung zu lesen. Erst auf Nachfrage wurde dann die Information herausgelassen, dies geschehe im vierten Quartal 2002. Herr Baar, entscheidend ist doch der Zeitpunkt, an dem die verkehrlichen Vorteile eintreten, und der ist wiederum noch ein Jahr später, denn so lange wird man brauchen, um an den anderen Elbtunnelröhren herumzubasteln. Das heißt, die Baubehörde kommt mit Informationen immer nur scheibchenweise und unfreiwillig über. Es wäre sehr viel klüger, hier mehr Offenheit walten zu lassen.

Nehmen wir als zweites Beispiel das Thema Sicherheit im Elbtunnel. Da wurde bei einer ADAC-Studie den ADACTestern der Zutritt verwehrt, und es wurde gesagt, die Sicherheit im Elbtunnel sei absolut hervorragend. Was passiert wenige Monate später? Es werden umfangreiche Arbeiten im Elbtunnel zur Verbesserung der Sicherheit eingeleitet. So wird in Hamburg von der Baubehörde mit der Öffentlichkeit umgegangen.

(Beifall bei der CDU)

(Dr. Michael Freytag CDU)

Zur vierten Röhre: Natürlich freuen wir uns über diese vierte Röhre; sie ist dringend nötig.

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Aber, Herr Baar, die Bürger dieser Stadt und die Bürgerschaft haben ein Recht auf Klarheit und nicht auf Nebelkerzen. Sie haben ein Recht auf Klarheit auch hinsichtlich der Kosten für den Bund und für Hamburg, weil sie Folgen für weitere Projekte haben, die in Hamburg realisiert werden sollen. Die ursprünglichen Baukosten waren mit 480 Millionen DM angesetzt. Bei Baubeginn sprach die Baubehörde von 815 Millionen DM und der Bund damals schon von 879 Millionen DM. Gegenwärtig werden Baukosten von über 1 Milliarde DM erwartet zuzüglich Finanzierungskosten durch private Vorfinanzierung, zuzüglich Planungskosten von über 100 Millionen DM, die zum größten Teil von Hamburg zu tragen sind. Das haben die Antworten auf meine Kleinen Anfragen ergeben. Der Bund zahlt zwar die Baukosten zu 100 Prozent, aber er wird die Planungskosten nur in Höhe von etwa 32 Millionen DM erstatten, nämlich 3 Prozent der Baukosten.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das haben Sie jetzt ge- rade erfahren!)

Also wird auch hier Hamburg kräftig drauflegen. Nicht nur die Baukosten sind explodiert, sondern auch die Planungskosten.

Nun könnte man ja sagen, das ist doch egal, da der Bund zahlt.

(Michael Dose SPD: Das ist ideal!)

Das ist aber nicht egal. Die Kosten für die vierte Elbtunnelröhre werden ab 2003 vom Bund in jährlichen Raten von 102,191 Millionen DM abgestottert. Das heißt, solange dort abgestottert wird, wird aus Berlin nichts an Geld zur Verfügung gestellt werden können, welches wir hier zur Realisierung weiterer großer wichtiger Projekte brauchen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Martin Schmidt GAL: Wer hat denn das beschlossen?)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mir lange Gedanken über das Thema vierte Elbtunnelröhre in der Aktuellen Stunde gemacht und gedacht, vielleicht ist das so eine Art Besinnungsaufsatz, und habe dann auch noch einmal nachgefragt, was es denn sein kann, denn gestern, an dem Tag, an dem der Sommer 2001 in dieser Stadt stattfand, hatte ich nicht so große Lust, meinen umfangreichen Zettelkasten zum Bau der vierten Elbtunnelröhre mit in den Garten zu nehmen und mir das alles durchzulesen.

Dann habe ich mir natürlich die Frage gestellt, was die CDU eigentlich mit diesem großen Geheimhaltungsfaktor erreichen will; das hat es ja ein bißchen spannend gemacht. Das einzig Spannende an dieser Diskussion von Herrn Reinert heute war die Frage, in welche Richtung es geht, und ich habe den Eindruck, Sie haben vermutlich Ihren Zettelkasten mitgenommen. Was Sie uns hier an aufklärerischer Abgeordnetenarbeit in Sachen vierte Elbtunnelröhre verkaufen wollten, ist in Wirklichkeit nur das, was Sie immer schon gesagt haben.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Ne, was er nicht gewußt hat bisher!)

Genau. – Und die Tatsache, daß Sie hier so ein bißchen in die eine oder andere Richtung geredet haben, läßt doch eines deutlich werden: Die Freude darüber, daß wir demnächst eine vierte Elbtunnelröhre bekommen werden, ist eigentlich nur auf dieser Seite des Hauses zu erkennen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Nein, nein, nein!)

Bis auf das kleine gallische Dorf dort hinten, das ist klar. Solange wir vermutlich diese Röhre nicht für Fußgänger und Radfahrer freigeben, wird dieses gallische Dorf da hinten an der Freude dieser Fraktion nicht beteiligt sein.

Aber der Bausenator wird sicherlich gleich in deutlichen Worten noch etwas zur Finanzierung sagen, und ich glaube, es ist gut, daß das Thema von Ihnen so allgemein gehalten worden ist. Dann kann ich auch noch einmal allgemein sagen, daß wir davon ausgehen, daß der Bau der vierten Elbtunnelröhre insgesamt ein großer Erfolg für diese Stadt ist. Finanzierung und Bauvorgang laufen planmäßig. 2002 geht für alle in dieser Stadt von Januar bis Dezember, und deshalb kann ich die Aufregung, ob irgend etwas im ersten oder im vierten Quartal eröffnet wird und ob das noch 2002 ist oder nicht, gar nicht teilen. Wir gehen davon aus, daß die vierte Elbtunnelröhre im Jahre 2002 eröffnet werden wird.

Was nun den Aspekt der Sicherheit und die Frage betrifft, ob wir eine Röhre aufmachen und andere Röhren wieder zumachen, haben wir es uns alle gemeinsam doch nicht leichtgemacht und sehr ausführlich im Bau- und Verkehrsausschuß darüber diskutiert, wie wir noch mehr Sicherheit im sicheren Elbtunnel schaffen können. Deshalb halte ich die Aufregung darüber, ob wir einen Tunnel zumachen, weil wir mehr Sicherheit wollen – Sicherheit ist natürlich ein Fortschritt, da wird es immer neue Entwicklungen geben –, für müßig und auch für ein bißchen gefährlich.

Was nun die Finanzierung betrifft, haben meine beiden männlichen Nachredner immer das bessere Gedächtnis. Als man darüber geredet hat, wie man so ein Ratengeschäft machen kann, war der damalige Verkehrsminister in Bonn nicht SPD-Mitglied. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Bernd Reinert CDU: Stimmt!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schmidt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin in der Tat auch neugierig gewesen, was denn so spannend sein soll. Ich gehe davon aus, daß es für Herrn Reinert interessant war zu erfahren, wann die Elbtunnelröhre fertiggebaut ist und wann Autos hier fahren. Das habe ich mir immer so vorgestellt, das war also nicht besonders überraschend.

Zur Sicherheit des Elbtunnels: Es gab eine europäische Untersuchung von Tunnels, und der ADAC hat im zweiten Anlauf den Elbtunnel mit beurteilt. Heraus kam, daß die drei jetzigen Röhren des Elbtunnels zu den besten und sichersten Tunnels in ganz Europa zählen. Dann hatten wir im Bau- und Verkehrsausschuß eine Sachverständigenanhörung, an der die deutschen Tunnel- und Sicherheitsexperten fast vollständig teilgenommen haben. Dabei stellte sich heraus, daß die endgültige Entscheidung darüber, wie die Brandsicherheit in der vierten Röhre organisiert wird, im Bundesverkehrsministerium noch nicht gefallen war. Es war also naheliegend, erst danach mit den entsprechen

(Bernd Reinert CDU)

den Bauarbeiten in der vierten Röhre zu beginnen; das hat Herr Reinert jetzt so dargestellt. Was war daran spannend?

Schließlich die Kostenfrage, und nun wird es noch schöner. Ich war ein Gegner der vierten Elbtunnelröhre und finde, daß auch die Probleme, die zu ihrem Bau geführt haben, nicht gelöst sind, sondern daß es noch sehr viel mehr Anstrengungen bedarf, um die Probleme, die Hamburg mit dem Autoverkehr innerhalb Hamburgs und dem Umland hat, zu lösen. Sonst stehen wir nach der Fertigstellung der vierten Röhre vor der Frage, wann kommt die siebte.

(Barbara Duden SPD: Dann schaffen wir lieber die Elbe ab!)

Dieses Problem muß man lösen.

Im Jahr 1995 hat es in der Bürgerschaft auf Antrag der GAL eine Debatte zur Kostenfrage gegeben. Damals war nämlich die Kostenfrage endgültig entschieden, und zwar so, wie Herr Reinert es eben geschildert hat. Von der damals CDU-geführten Bundesregierung wurde mit voller Zustimmung des Hamburger Senats die sogenannte Privatfinanzierung dergestalt beschlossen, daß die Baufirmen sich das Geld von Banken beschaffen müßten und es nach Fertigstellung der Röhre vom Staat in Jahresraten von 15 Jahren zurückbekämen. Diese Jahresraten werden aber aus dem Investitionshaushalt des Bundes finanziert, das heißt mit Zinsen, und Willfried Maier hat damals vorgerechnet, daß im Jahre 2047 die vierte Elbtunnelröhre endgültig von uns Steuerzahlern bezahlt sein würde.

Diese Finanzierungsmethode ist damals auf heftige Kritik des Bundesrechnungshofs gestoßen und von der SPD im Bundestag heftig abgelehnt worden. Nachdem das bei etwa sechs oder sieben Bundesautobahnen in Deutschland praktiziert worden ist, ist das auch von der CDU-regierten Bundesregierung nicht wieder praktiziert worden. Es war ein Sündenfall hinsichtlich Verschwendung öffentlicher Gelder, aber das haben die Bundesregierung und der Hamburger Senat damals so gewollt.

Schließlich muß man sagen, wenn irgend jemand in Hamburg verantwortlich und verdienstvoll den Bau der vierten Elbtunnelröhre herbeigeführt hat, dann war es Bausenator Eugen Wagner.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es hat drei aufeinanderfolgende Verkehrsminister der CDU in Bonn gegeben, von Herrn Dollinger über Herrn Warnke bis zu Herrn Krause, die sich von ihren Beamten haben sagen lassen, daß die vierte Elbtunnelröhre verkehrspolitisch nicht besonders gut sei.

Die hat auch in der Kosten-Nutzen-Rechnung immer nur einen Wert von 1,0 bekommen, und das ist an der unteren Grenze dessen, was zulässig ist. Sie ist aber dennoch gebaut worden, weil sich der Hamburger Senat und Eugen Wagner in Bonn immer vehement dafür eingesetzt haben. Das kann man billigen oder nicht, aber eins ist nun wirklich albern, der Baubehörde vorzuwerfen, sie habe an der vierten Elbtunnelröhre Fehler gemacht.