Ein Punkt findet in der öffentlichen Diskussion zu wenig Beachtung.Ich verstehe es gut, daß man diskutiert, wenn Herr Schäuble sagt, er wüßte nicht, daß die 100 000 DM, die er bekommen hat, nicht ordentlich verbucht worden sind. Dafür muß die Partei die Verantwortung übernehmen.Mich macht natürlich skeptisch, daß ein Politiker auf diese Art einen solchen Geldbetrag bekommt und sich nicht fragt und sich auch nicht richtig daran erinnern kann, was dieses Geld für ihn bedeutet. Zu tun, als wäre das in irgendeiner Form möglich und überhaupt wahrscheinlich, daß einem Politiker so etwas passieren kann, darüber gibt es noch Aufklärungsbedarf, und den erwarte ich auch von Ihnen. – Danke.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 2, 2a und 2b gemeinsam auf. Drucksachen 16/3137, 16/3681 und 16/3682: Wahlen.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung – Drucksache 16/3137 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds der Kommission für Bodenordnung – Drucksache 16/3681 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Finanzbehörde – Drucksache 16/3682 –]
Die drei Stimmzettel liegen Ihnen vor, und zwar in hellgrün, blau und orange. Sie enthalten Felder für Zustimmung, Ablehnung und Wahlenthaltung. Ungültig sind Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten. Bitte, nehmen Sie nunmehr Ihre Wahlentscheidung vor.
Meine Damen und Herren, sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Das ist der Fall.Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Ergebnisse der Wahlen werden ermittelt. Ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, daß wir ohne Unterbrechung fortfahren und wir Ihnen im Laufe der Sitzung die Ergebnisse mitteilen.
[Bericht des Gesundheitsausschusses über die Drucksache 16/696: Drogenpolitik als Hilfe für Abhängige und zum Schutz der Nicht-Süchtigen (CDU-Antrag) – Drucksache 16/3660 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir gehen ein bißchen zurück ins letzte Jahrhundert, zurück um etwa 3000 Drucksachen, und landen dann am 21. April 1998 und bei der Drucksache 16/696, einem Antrag der CDU zum Haushaltsjahr 1998. Dieser Bericht liegt jetzt in der Bürgerschaft, meine Damen und Herren. Einen eindrucksvolleren Beweis für die Mißstände, die die unabhängige Kommission zum Thema Parlament und Senat aufgezeigt hat, kann es kaum geben. Wir haben diese deutliche Verzögerung von über zwei Jahren, weil der Senat seine Zusagen zur Vorlage des Suchtberichts von Monat zu Monat hinausgeschoben hat, bis sich schließlich der Bezugspunkt dieses Antrags, nämlich der Haushalt 1998, endgültig erledigt hatte. Noch heute warten wir im übrigen auch hier auf zugesagte Protokollerklärungen des Senats.
Ich habe heute besonderes Verständnis für die wenigen Menschen hier und für die Unruhe. Ich denke dennoch, daß wir die Tagesordnung mit dem notwendigen Ernst, der einem Parlament geziemt, auch in der inhaltlichen Debatte zu Ende bringen.
Ich hatte angesprochen, daß die SPD dieses Verfahren der Regierung gegenüber dem Parlament mitmacht und daß die GAL dem kaum etwas entgegenzusetzen hat.Auch hier ist meine Diagnose die politische Feigheit. Auf diese Weise werden die Rechte der Opposition ausgehebelt, und wir erleben die drittklassige Beerdigung unserer Anträge.Soweit zum Verfahren.
Zur Sache, meine Damen und Herren, gibt es zwei aktuelle Nachrichten, die einen klassischen Fehlstart von Frau Senatorin Roth zur Drogenpolitik kennzeichnen. Die Versäumnisse und Fehler des vergangenen Jahres haben sie jetzt eingeholt.Das chaotische Verfahren zur prinzipiell notwendigen Ausschreibungsregelung hat den Höhepunkt darin gefunden, daß in einem Projekt die Zusage nicht eingehalten werden konnte, einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. In Billstedt gibt es derzeit das eingestellte Angebot nicht mehr. Das neue Angebot des Gesundheitsraumes gibt es noch nicht. Fast noch schlimmer ist folgendes: Bei der ausgeschriebenen Palette 3 ist zwar vom Volumen her gesehen worden, daß sie so nicht umsetzbar ist, aber in einem Vertrag wurde sie quasi weiter verstetigt und gleichzeitig eine neue Einrichtung geschaffen. Durch die handwerklichen Fehler und durch die unzureichenden Regelungen der Ausschreibung hat die Senatorin in diesem Punkt wirklich komplett Schiffbruch erlitten.
Es ist ebenso unerträglich, weiterhin zu sehen, wie untätig der Senat gegenüber den verelendeten Kindern und Jugendlichen am Hauptbahnhof ist. Es ist unerträglich zu sehen, wie die Fristen für Entscheidungen immer weiter hinausgeschoben werden. Die Liste der Defizite ist lang. Eine Änderung Ihrer Drogenpolitik, Frau Roth, ist nicht erkennbar, und der Umgang von Senat und Regierungsfraktion mit unseren Anträgen ist unwürdig. Hamburg braucht deshalb eine politische Erneuerung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wersich, jetzt ist deutlich geworden, warum wir heute über diesen Antrag beziehungsweise den Bericht des Gesundheitsausschusses debattieren müssen. Sie haben nicht zur Sache geredet, Sie haben nichts zu Ihrem Antrag und Sie haben nichts zu dem Bericht gesagt, der hier debattiert werden soll. Sie haben die Gelegenheit genutzt, wenige Kritikpunkte an der gegenwärtigen Drogenpolitik des Senats anzubringen. Ich möchte dagegen darauf zurückkommen, worum es bei diesem Thema eigentlich geht.
In Ihrem Antrag 16/696 von 1998 haben Sie elf Punkte angeführt, von denen einige an den Gesundheitsausschuß überwiesen worden sind. Einige Punkte sind abgelehnt worden, weil sie nicht nur nach unserer Ansicht falsch waren; die nicht abgelehnten sind abgearbeitet. Das, was Sie damals wollten, ist zu einem großen Teil bereits seit langem erledigt. So forderten Sie in Punkt 4 Ihres Antrags, das Angebot an Gesundheitsräumen in Absprache mit der Bevölkerung und den Geschäftsleuten in den entsprechenden Gegenden auszuweiten. Das Angebot an Gesundheitsräumen ist ausgeweitet. In St. Georg findet das Mediationsverfahren statt. Der Bericht liegt vor. Er wird ausgewertet, es geht alles genauso weiter, wie Sie es in diesem Punkt selber fordern. Wo ist also Ihr Problem?
(Dietrich Wersich CDU: Herr Dr. Schäfer, den Punkt hatten Sie damals schon abgelehnt! Vielleicht hät- ten Sie das Protokoll mal lesen sollen!)
Wir haben Ihren Punkt abgelehnt, so wie er da stand.Wir haben das Wesentliche umgesetzt. Das ist der entscheidende Unterschied.
In Punkt 5 Ihres Antrags fordern Sie, die psychosoziale Betreuung der steigenden Zahl Methadon-Substituierter künftig sicherzustellen. Das haben wir mit der richtigen Begründung abgelehnt, daß wir die AUB-Richtlinien abwarten. Die sind nunmehr da. Danach können wir weiterhin verfahren.
Sie fordern weiterhin, den akupunkturgestützten Entzug illegaler Drogen zu fördern. Auch dieses geschieht bereits seit langem. Es finden Verhandlungen zwischen der BAGS und den Krankenkassen statt, so daß dort auch diese Kosten von den Kassen übernommen werden. Sie forderten damals – auch das ist eine „niedliche“ Forderung gewesen –, die Mittel für die Drogenhilfe nicht zu kürzen. Schön wär’s, das würden wir auch gerne so machen. Das geht leider aus uns allen bekannten Gründen nicht. So ist das ein Antrag gewesen – ein Wunschbauchladen, wie man ihn haben kann –, der im Gesundheitsausschuß entsprechend abgearbeitet worden ist. Alle Ihre Kritikpunkte, die Sie hier genannt haben, haben nichts mit diesem Antrag zu tun. Deshalb möchte ich darauf auch nicht weiter eingehen, zumal alle Punkte in nächster Zeit weiter abgearbeitet werden. Insofern hat dieser Antrag keine Beerdigung dritter Klasse erfahren, sondern eine Beerdigung erster Klasse, er ist schlicht abgearbeitet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wersich, Ihre Debattenanmeldung und Ihr Debattenbeitrag machen mich ratlos. Was das Verfahren anbelangt, haben wir im Gesundheitsausschuß gemeinsam daran Kritik geübt, daß der Suchtbericht verspätet und dann für die Sitzung überstürzt gekommen ist.Darüber gibt es zwischen allen Mitgliedern des Gesundheitsausschusses keine Differenz.Was die inhaltlichen Punkte anbelangt, hat Herr Schäfer Ihnen jetzt noch einmal die Ehre angetan, sie einzeln abzuarbeiten und zu beantworten. Was übrigbleibt, ist Ihre Kritik an dem nicht nahtlosen Übergang der Einrichtung in Billstedt, die zu Recht besteht. Aber der zweite Punkt, den Sie ansprechen, daß die Palette 3 jetzt fast in dem Volumen, in dem sie bisher gearbeitet hat, erstmalig einen Zuwendungsvertrag abgeschlossen hat und dadurch letztlich das Angebot der psychosozialen Betreuung in Hamburg um 150 Plätze erweitert wurde, ist etwas Positives, über das wir uns alle gemeinsam freuen sollten, statt es zu kritisieren.Das verstehe ich überhaupt nicht, zumal das sogar ein Punkt in Ihrem Antrag gewesen ist.
Wenn die Palette jetzt weiter fast 500 Drogenabhängige psychosozial betreuen kann und Kodrobs in Altona 150 Menschen psychosozial mit einem anderen Schwerpunkt, nämlich der Strukturierung eines Arbeitstages, betreuen wird, ist das doch großartig. Was gibt es daran zu kritisieren?
Die Verelendung am Hauptbahnhof könnte durch die schnelle Abarbeitung der Vorschläge des Mediators verringert werden, indem in St. Georg ein zusätzlicher Druckraum entsteht. Das verhindert Ihre Partei – allerdings auch mit unserem Koalitionspartner – gemeinsam in HamburgMitte. Das ist die Realität.
Wenn wir auf das Wesentliche kommen, dann ist nicht die Zahl der Drogentoten in dieser Stadt der alleinige, aber ein wichtiger Indikator für den Erfolg von Drogen- und Suchtpolitik. Das möchte ich an folgenden Zahlen deutlich machen: In Hamburg starben 1996 durch illegale Drogen 159 Personen, 1997 waren es 127, 1998 gab es einen leichten Anstieg auf 132, und 1999 verringerte sich die Zahl auf 111.
Parallel können wir feststellen, daß in Berlin, in NordrheinWestfalen und in Baden-Württemberg die Zahlen der Drogentoten steigen, während sie in Hamburg konsequent weiter sinken.Es sind immer noch zu viele Drogentote, und wir werden Schwierigkeiten haben, diese Zahlen entscheidend zu senken, solange wir die Logik illegale/legale Drogen akzeptieren.Aber wir sind trotzdem auf dem richtigen Weg, und das muß hier unterstrichen werden.
Wenn jetzt in Düsseldorf die CDU mit der einen Stimme Mehrheit der Republikaner aus dem Heroinprojekt aussteigt, dann haben Sie in der CDU andere Dinge zu tun, als uns in unserer Drogenpolitik zu kritisieren.
Sie haben dafür zu sorgen, daß in Ihrer Partei endlich eine humane, christliche Haltung zur Frage des Überlebens von Drogen- und Suchtabhängigen umgesetzt wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wersich, ich habe ein bißchen gerätselt, warum Sie ausgerechnet diesen Bericht angemeldet haben.Ich hatte gehofft, Sie haben noch eine besondere Überraschung für uns parat. Sie haben mich ein bißchen enttäuscht, es war keine besondere Überraschung dabei. Sicher, Sie haben guten Grund und es ist angebracht, sich über das Verhalten des Senats in dieser Sache zu beschweren. Ich kann Ihnen aus dem Stand zwei, drei Anträge, Begehren – auch der Regierungskoalition – nennen, die ebenfalls noch nicht abgearbeitet worden sind und die eine ähnlich niedrige Drucksachennummer haben.