Protokoll der Sitzung vom 19.01.2000

Der Nachwuchs argumentiert opferorientiert und setzt sich für eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Polizei ein. Da sich unter den Teilnehmern von „Jugend im Parlament“ auch viele Anhänger der Regierungsparteien befanden – es waren zahlreiche Jusos dabei –, sollten Sie sich ernsthaft fragen, meine Damen und Herren, ob Sie nicht schon seit langem an Ihrer eigenen Klientel vorbeiregieren. Das gilt natürlich auch für die Damen und Herren der GAL, Frau Steffen, die mit ihrer Politik die Familie so gern in den Hintergrund drängen möchten.

Dieser Absicht wird in dem Abschlußpapier eine ganz klare Absage erteilt. In der Resolution zur Drogenpolitik wird beispielsweise die Bedeutung der Familie hervorgehoben und als stabilisierender Kern verstanden.

Bemerkenswert erscheint mir auch die sehr umsichtige und realitätsbewußte Einschätzung der Arbeitsgruppe Energie. Ein Ausstieg aus der Atomenergie, so resümiert diese, müsse – ich zitiere –: „... möglichst im Konsens der daran beteiligten Gruppen geschehen. Die Energieversorgung muß gesichert sein.“ Das haben wir schon einmal gehört.

Im Bereich der Ausländerpolitik ist ganz klar von Integration die Rede. „Der Ghettoisierung“, so heißt es weiter, „muß Einhalt geboten werden, damit nationalspezifische Konzentrationen nicht mehr grundsätzlich gegeben sind.“ Auch dies sind altbekannte Forderungen der CDU. Erst im April vergangenen Jahres hatte sich die CDU mit einem Antrag für die Verbesserung der Integration ausländischer Kinder bemüht. Leider hat Rotgrün diesen Antrag abgelehnt.

Sie sehen, meine Damen und Herren, die CDU ist, wie die Jugendlichen es ausdrücken würden, „inhaltlich total gut drauf“.

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL – Dr. Holger Christier SPD: Hey, cool man!)

Das verstaubte Image der ewig Gestrigen, was uns unsere politischen Gegner immer so gern andichten möchten, entbehrt jeder Grundlage. Der 68er Kuschelkurs, an dem der Hamburger Senat auch entgegen der öffentlichen Meinung weiter festhält, ist, das zeigt das Abschlußpapier von „Jugend im Parlament“, nicht mehr zeitgemäß. Es sind die Jugendlichen selbst – hören Sie gut zu –, die die Politik auffordern, deutlich Grenzen zu zeigen. Die Jugend von heute

hat ein klares Unrechtsbewußtsein und verlangt, daß sich die Grenzsetzung auch in den jeweiligen Maßnahmenkatalogen niederschlägt. Dies geht so weit, daß der HVV aufgefordert wird, in Bussen und Bahnen mehr Fahrkartenkontrollen durchzuführen; das ist eine beachtliche Forderung von Jugendlichen.

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Ich weiß, Frau Sudmann, Sie würden uns noch nicht einmal Beifall spenden.

Sehr interessant sind sicherlich auch die Ergebnisse des Schulausschusses. Hier begegnen uns schwarz auf weiß die Sorgen und Nöte der Opfer des Systems Raab. Entgegen allen Versuchen der Gleichmacherei seitens der BSJB wird von den Jugendlichen Niveausicherung und qualitative Aufwertung der drei Schulabschlüsse gefordert. Auch die Einführung des Abiturs nach zwölf Jahren – bekanntlich eine Forderung der CDU – findet sich hier wieder.

Insgesamt ist die Veranstaltung „Jugend im Parlament 1999“ bisher als erfolgreich zu bewerten. In erster Linie haben die Jugendlichen selbst zu dem Erfolg beigetragen, die mit großem Engagement bei der Sache waren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD)

An dieser Stelle möchte ich aber noch einen Dank an die Bürgerschaftskanzlei und die vielen anderen Helfer richten, die sich unermüdlich eingesetzt haben, sowie ferner an die sehr umfangreiche Pressebegleitung; im Moment sehe ich allerdings nicht sehr viele.

(Beifall bei Klaus-Peter Hesse CDU)

Auf diesen Lorbeeren dürfen wir uns jedoch nicht ausruhen. Ein Blick auf den Teilnehmerkreis von „Jugend im Parlament“ zeigt, daß es sich überwiegend um bereits politisch Interessierte und Engagierte handelt, das heißt, um junge Menschen, die schon in den Jugendorganisationen der Parteien oder in der Schülerkammer tätig sind. „Jugend im Parlament“ darf jedoch nicht zur Plattform dieser Organisationen und damit zum elitären Debattierclub werden. Wir müssen uns überlegen, wie man auch andere Kreise an die Politik heranführt, wie Politik für Jugendliche allgemein interessant werden kann, gerade vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse.

Der desinteressierte Jugendliche von heute ist der Nichtwähler von morgen. Dem gilt es entgegenzuwirken, zum Beispiel mit einem interessanten Politikunterricht in der Schule und auch mit Veranstaltungen wie „Jugend im Parlament“. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Steffen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Harlinghausen, ich bin immer ganz glücklich, daß ich die Chance habe, bei solchen Gelegenheiten nach Ihnen zu reden,

(Rolf Harlinghausen CDU:Ja, dann kommt das glei- che Muster!)

weil es mir immer wieder noch Munition für meine Rede gibt, und das macht einfach mehr Spaß.Das zu diesem Teil, der noch nicht zum inhaltlichen gehört.

(Rolf Harlinghausen CDU)

(Rolf Harlinghausen CDU: Das Peinliche ist, daß Ihnen nichts Neues einfällt!)

Wenn Sie vor mir geredet haben, habe ich glücklicherweise unterschiedliche Reden und nicht immer die gleiche gehalten; das läßt sich feststellen, wenn man es über die Jahre verfolgt. Das war jetzt aber nichts Inhaltliches.

Ich kann mich auf jeden Fall meinen beiden Vorrednern dahin gehend anschließen, daß den Jugendlichen, die sich auch dieses Jahr wieder an der Veranstaltung beteiligt haben, für ihr Engagement, die Ernsthaftigkeit, die Wahrhaftigkeit und die Intensität, mit der sie diskutiert haben und die zu diesen Resolutionen führten, ein großes Lob ausgesprochen gehört. Auch ich finde – wie es Herr Harlinghausen schon ausgeführt hat –, daß sich der Ablauf, der im Ausschuß beim letzten Mal ausführlich besprochen wurde, ganz offensichtlich bewährt hat. Da es sich immer wieder um neue Jugendliche handelt, machen wir vielleicht auch noch einmal andere Erfahrungen. Ich möchte mich zunächst aber dafür aussprechen, den jetzigen Verlauf, so wie die Veranstaltung im vergangenen Jahr durchgeführt wurde, beizubehalten; das macht ganz offensichtlich Sinn.

Ich möchte noch etwas zu den Resolutionen im einzelnen sagen, weil ich die Themenauswahl der beiden Vorredner für sehr interessant halte.Herr Harlinghausen war ja so vermessen festzustellen,

(Rolf Harlinghausen CDU: Können Sie nicht einmal etwas Eigenes bringen?)

daß die Forderungen der CDU im wesentlichen erfüllt worden sind und sich in den Resolutionen widergespiegelt haben.

Erlauben Sie mir also, von dieser Themenvielfalt und -breite, die angesprochen wurde, noch ein paar Dinge auszuführen. Beispielsweise wurde das Thema Familie angesprochen, und Sie haben sich dabei speziell an die GAL gewandt, die nach meiner Auffassung nicht vor hat, die Familie in den Hintergrund zu drängen. Da gibt es wahrscheinlich irgendwelche Wahrnehmungsdefizite.

Die Jugendlichen haben jedenfalls in einer Resolution festgestellt, daß sie für eine Neudefinition des Begriffs „Ehe und Familie“ sind. Das war vor allem vor dem Hintergrund des Umgangs mit der Homosexualität zu verstehen.

(Holger Kahlbohm SPD: Das kann er nicht lesen!)

Das ist etwas, was ich bisher so nicht in der Forderung der CDU wiedergefunden habe.

(Beifall bei Andrea Franken GAL)

Ferner haben sie sich dafür ausgesprochen, daß die Energien langfristig nur aus alternativen Energiequellen erzeugt werden sollen. Sie haben sich für etwas ausgesprochen, das SPD und GAL in der jetzigen Legislatur bereits zu ihrem Prinzip erhoben haben.

Ich sage es einmal generell: Der Vorrang von Prävention. Dieses wurde aber ausdrücklich im Zusammenhang mit dem Thema Drogen behandelt. Da gab es beispielsweise die Forderung nach der Legalisierung von Cannabis. Auch das ist etwas, das bisher nicht zu den Forderungen der CDU gehörte.

(Beifall bei Andrea Franken GAL)

Interessant fand ich, daß sich die Jugendlichen dann auch noch für ein Party-Ticket beim HVV ausgesprochen haben. Wir werden diese ganzen Ideen in den Ausschüssen detailliert diskutieren.

Zu den Forderungen der Jugendlichen selbst noch einen kleinen Rat an die Abgeordneten der CDU, sofern es mir erlaubt ist.Man kann sehen, daß diese Resolutionen durchaus Beispiel für die jungen Wilden in Ihrer Fraktion sein können. Dann kommen wir vielleicht auch zu ganz anderen Ergebnissen, die wir uns jetzt noch nicht vorstellen können.

Unsere Aufgabe wird es aber sein, das, was erarbeitet wird und womit wir uns noch intensiv auseinandersetzen werden, ernst zu nehmen. Bei dem Glaubwürdigkeitsverlust, der zur Zeit im Bereich der Politik herrscht, muß das Engagement der Jugendlichen jetzt genutzt werden.Wir müssen dafür Sorge tragen, daß Forderungen, die wir durchsetzen können, konstruktiv begleitet werden und klarmachen, daß es lohnt, sich dieser Aufgabe zu stellen, um den Arbeitseifer und den Mut zur Diskussion zu belohnen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Sudmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht kann ich die besinnliche Stimmung und die leeren Bänke etwas mit Leben füllen, indem ich gegen den Strich bürste.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde, daß das Ritual, das wir jedes Jahr wiederholen, nicht erfreulich ist. Alle Fraktionen suchen in den Papieren, wo sie über „Jugend im Parlament“ das finden, was ihre Politik bestätigt, nach dem Motto: Wir haben es schon immer gesagt, die Jugend macht genau das.

Ich könnte jetzt im Gegensatz zu Herrn Harlinghausen sagen, daß ich erschreckt bin, so viele konservative Dinge zu finden. Aber das will ich gar nicht. Ich will auch nicht die Jugendlichen, die heute noch einmal wiedergekommen sind, beschimpfen – und auch nicht die anderen, die nicht da waren –, sondern noch einmal über die Rahmenbedingungen reden.

Es ist gut, daß die Jugendlichen wesentlich mehr Zeit haben als vorher, daß nicht mehr alles so eng und gedrängt ist. Aber ich glaube, der Ablauf an sich ist nicht gut. Es ist doch absolut zufällig, wen die Jugendlichen für Stellungnahmen erreichen und wer kommen kann. Ich habe mit der Baubehörde dort gesessen, das war auch einmal ganz interessant, aber es fehlte der Gegenpart der CDU, und es fehlten Informationen, die weiterreichend sind. Genauso zufällig ist es auch, ob die Jugendlichen in der Gruppe zu den jeweiligen Themen viel Wissen haben. Nach meinem Empfinden läuft es in diesen Gruppen fast so ab wie in den Fraktionen. Es gibt einen oder zwei Fachsprecherinnen oder Fachsprecher, die sagen: Ich weiß das, ihr könnt mir vertrauen, macht das man so! Es gibt viel zuwenig Raum, damit die Jugendlichen in aller Ruhe das entwickeln können, was sie sich vielleicht vorstellen, und dabei eventuell einmal andere Wege finden. Ich habe das Gefühl, wir geben Ihnen nur die Möglichkeit, wie Herr Harlinghausen es nannte, Nachwuchspolitikerin und Nachwuchspolitiker zu werden. Ich frage Sie alle: Wollen wir viele kleine Harlinghausens haben? Ich weiß nicht, ob das unser Ziel sein sollte.

(Beifall bei Dr. Martin Schmidt GAL, Lutz Jobs RE- GENBOGEN – für eine neue Linke und Uwe Grund SPD – Heiterkeit bei REGENBOGEN – für eine neue Linke, bei der GAL und der SPD)

(Sabine Steffen GAL)