Ich bin gespannt, wie die Jugendlichen das sehen. Ich würde mir wünschen, daß wir vielleicht andere Formen der Beteiligung finden, indem die Jugendlichen nicht die gesamte Themenpalette abdecken müßten, sondern Zukunftswerkstätten einrichten könnten, sich wesentlich mehr Zeit für ein Thema nehmen und nicht nur auf zufällige Informationen angewiesen wären. Andere Formen der Beteiligung wie Zukunftswerkstätten wären vielleicht auch gut zu den Demokratiespielen der Erwachsenen, die wir uns hier immer liefern.
Vielleicht sollten wir auch den Titel „Jugend im Parlament“ ändern, weil der zu sehr auf unseren Parlamentsbetrieb abstellt, in „Jugend und Politik“ oder „Jugend und ihre Wünsche an Politik“. Ich glaube, daß diese Rituale dann auch nicht mehr so langweilig wären.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die SPD-Fraktion hat beantragt, die Vorlage federführend an den Jugend- und Sportausschuß sowie mitberatend an den Innenausschuß, den Sozialausschuß, den Gesundheitsausschuß, den Schulausschuß, den Gleichstellungsausschuß, den Umweltausschuß, den Bau- und Verkehrsausschuß sowie den Wirtschaftsausschuß zu überweisen. Wer stimmt diesen Überweisungen zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Diesem Begehren wurde einstimmig gefolgt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 41, Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke auf Einsetzung eines Ausschusses Migrations- und Flüchtlingspolitik.
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Einrichtung eines bürgerschaftlichen Ausschusses „Migrations- und Flüchtlingspolitik“ – Drucksache 16/3653 –]
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Haus ist so leer, und es besteht nur noch sehr wenig Interesse, daß ich wohl ohne große Probleme mit Uhls kleiner Geschichtsstunde anfangen kann.
Geschichten beginnen immer mit den Worten: „Es war einmal im letzten Jahrtausend...!“ Und im letzten Jahrtausend gab es tatsächlich einmal etwa 20 Mitglieder der damaligen Bürgerschaft, die gemeinsam über die Lebenssituationen von Migrantinnen und Migranten in dieser Stadt geredet haben. Achtmal haben sie zusammengesessen, diskutierten mit sich und dem Senat, und zweimal hörten sie sich auch Meinungen anderer Menschen an, ob diese vielleicht etwas zum Thema zu sagen hätten. Das hatten diese Menschen, sie hatten sogar sehr viel zu sagen, vielleicht mehr, als die Mitglieder dieses Parlaments damals hören wollten. Deswegen wollten sie es möglicherweise auch nur zweimal hören.
Ich rede von der Wirkung, die es bei den Leuten damals gab. Die Mitglieder des Parlaments, die damals dabei waren, waren teilweise über die Bösartigkeit so mancher bundesgesetzlicher Regelungen erstaunt.Sie waren wegen so mancher restriktiver Hamburgensien irritiert. Manche schwankten am Ende, ob sie oder er dem eigenen Ungerechtigkeitsempfinden folgen oder den Herrschenden des Landes oder des Bundes blind Vertrauen schenken sollten. Das Ergebnis war damals sehr zwiespältig.
Dennoch wollten sie nicht alles beim alten belassen und forderten ihre Landesregierung auf, gewisse Dinge zu prüfen, auf daß es Verbesserungen im Alltag gebe, weniger Diskriminierungen von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen stattfänden und sich so manches Bundesgesetz ändern möge. Jahre später ist von all diesen Wünschen nur wenig übriggeblieben; nur wenige sind erfüllt worden. Der Senat fühlte sich nur mäßig genötigt, die Ersuchen zu beantworten. Die Forderungen an die Änderungen von Bundesgesetzen, so sagte er, seien an der jahrzehntelang regierenden Bundesregierung gescheitert.
Heutzutage gibt es nicht weniger Diskriminierung und Ausgrenzung von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen im Alltag, sondern eher mehr. Das ist, wie ich finde, eine traurige Bilanz und durchaus frustrierend. Da, wo sich Parlamentarier und Parlamentarierinnen schon einmal bewegen, bleibt alles noch hinter ihrer Bewegung zurück. Da stellt sich tatsächlich die Frage, was heute anders sein soll, als daß diese Rede, die ich heute halte, nicht auch in zehn Jahren wieder gehalten werden muß. Warum sich also Hoffnungen machen und Arbeit in etwas investieren, was schon einmal gescheitert ist? Ich finde, daß es einige Argumente dagegen anzuführen gibt, zunächst einmal die Rahmenbedingungen.
In Berlin und Hamburg regieren Gruppierungen, die von sich in den letzten Jahren behauptet haben, vieles spürbar besser machen zu wollen, insbesondere auch für Migrantinnen und Migranten sowie für Flüchtlinge. Beide haben diesen Nachweis bisher kaum geführt. Sie könnten durch die neuerliche Formulierung konkreter Anforderungen aus dem Parlament daran erinnert werden und sich dann bei der Umsetzung profilieren.
Die zweite Rahmenbedingung, die sich geändert hat, ist, daß es eine sehr ambitionierte Beauftragte für die Belange von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen gibt. Sie organisiert eine Kampagne und wirbt für die sozialen und politischen Rechte. Sie will das Wort der Integration nicht als puren Anpassungsdruck auffassen, sondern als einen Akt, der auf Gegenseitigkeit angelegt ist. Dieses Vorhaben im Parlament zu unterstützen und der Versuch, einen Ort zu schaffen, wo Diskussionen mit Organisationen, Verbänden und anderen Initiativen stattfinden können, um wirkliche Verbesserungen zu erreichen, sollte zumindest nicht ungenutzt bleiben. Vielleicht erarbeiten wir alle zusammen am Ende sogar so etwas wie Leitlinien für die Hamburger Migrations- und Flüchtlingspolitik, die seit Jahren ausstehen. Letztlich gibt es in diesem Hause wieder eine linke Oppositionspartei, die darauf achten wird, daß Menschen nicht nach ihrem Einreisegrund und damit auch nach ihrem Aufenthaltsstatus sortiert werden, sondern daß die Belange aller Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlinge gleichermaßen besprochen werden.
Sie wird auch darauf achten, daß alle Lebensbereiche besprochen werden. Wo steht eigentlich geschrieben, daß Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten über Jahre zu fünft oder sechst in zwei kleinen Zimmern hausen müssen und daß noch nicht einmal nachgewiesene Krankheiten dazu führen, daß sie angemessen und vergleichbar mit anderen Personen in dieser Gesellschaft untergebracht werden und wohnen können? Diese Fragen und viele andere gilt es zu stellen.
Viele weitere Fragen aus den unterschiedlichen Lebensbereichen stehen im Antrag. Sie wurden mit dem großen Ziel gestellt, einiges zu verwirklichen und zur sozialen, rechtlichen und kulturellen Gleichstellung von Migrantinnen und Migranten in Hamburg beizutragen. Die Fragen dienen dazu, daß es vielleicht irgendwann einmal nicht mehr nötig sein wird, einen Ausschuß mit den speziellen Fragen von Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen zu befassen, weil es eine Gleichstellung gibt, die dann tatsächlich Realität ist.
Weil wir aber noch weit davon entfernt sind, brauchen wir in diesem Parlament einen Ort, an dem wir über Migrationsund Flüchtlingspolitik sprechen und uns gemeinsam streiten und darüber auseinandersetzen können. Deswegen lassen Sie uns den Ausschuß einrichten. – Danke.
Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Bei einer oberflächlichen Betrachtung von Integrations- und Ausländerpolitik könnte man durchaus auf die Idee kommen, man bräuchte in der Hamburger Bürgerschaft speziell so einen Ausschuß.
Ich denke, daß die Überlegungen in diesem Zusammenhang, wie Sie sie angestellt haben, nicht richtig sein können. Ausländerpolitik muß künftig sehr stark mit einer Politik der Integration verbunden sein. Integrationspolitik muß sehr viel mit Normalität zu tun haben. Daß der Hamburger Senat die Ausländerbehörde dezentralisiert hat, ist ein guter Hinweis darauf, daß auch im staatlichen Handeln möglichst viel Gleichstellung Alltag wird.Migranten sind ein fester Bestandteil dieser Gesellschaft. Sie haben die gleichen Interessen und Ansprüche, und sie haben hier und da zusätzlich gesonderte Probleme, das ist richtig.Ich möchte, daß sich alle Parlamentarier in allen Ausschüssen mit Integrationspolitik und damit mit Migrationspolitik beschäftigen.
Eine gesonderte Betrachtung in einem Ausschuß könnte dazu beitragen, daß die Fachpolitiker in den Ausschüssen immer häufiger sagen: „Darüber sollen die im Migrationsausschuß mal reden.“ Ich halte dies für einen falschen Weg, und deswegen wird die SPD-Fraktion diesen Antrag ablehnen.
neue Aktionsplattform für sich definiert und möchte diese dem Parlament mitteilen. Ich persönlich werte das eher als taktische Maßnahme, die einen organisationstechnischen Hintergrund hat. Sie wollen bei den von Ihnen besetzten politischen Themen Ihr knappes Personal positionieren und bündeln.
Inhaltlich, Frau Uhl, konnten Sie nicht überzeugen, denn es ist richtig, was Herr Pumm sagte: Alle Aufgaben werden bisher von anderen Ausschüssen wahrgenommen. Wenn man sich Ihren Aufgabenkatalog dieses möglichen neuen Ausschusses ansieht, dann ist er ein Konglomerat aus den Aufgaben des Rechtsausschusses und des Innenausschusses. Sie grasen auch noch im Eingabenausschuß und schrecken auch nicht vor dem Schulausschuß und dem Kulturausschuß zurück. Fertig ist der Arbeitsauftrag; so einfach ist das. Das ist für mich ein unkontrollierter Aktionismus. Folgt man Ihrer Logik, die auch dahinterstehen sollte, müßte für fast jede soziologische Gruppe unserer Gesellschaft ein Ausschuß – wie zum Beispiel ein Rentner- oder Seniorenausschuß, ein Mieterausschuß oder ein Ausschuß für Mittelständler – eingerichtet werden.
Diesen Zielgruppen geht es genauso wie den Ausländern, denn sie fühlen sich schon in allen anderen Ausschüssen repräsentiert. Ich kann wohl auch für diejenigen Kolleginnen und Kollegen sprechen, die intensiv in den Ausschüssen arbeiten: Die Ausschußbezeichnungen zeigen nur Arbeitsfelder auf, es wird aber versucht, allen Themen gerecht zu werden und sie in die Ausschußarbeit einfließen zu lassen.
Frau Uhl, wir haben mit der neuen Geschäftsordnung ein Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse festgelegt. Der Sozialausschuß kann sich mit der sozialen, der Kulturausschuß mit der kulturellen Situation der Ausländer und der Schulausschuß mit der Schulsituation ausländischer Kinder befassen. Wir brauchen daher keinen Querschnittsausschuß.
Lassen Sie uns einen Blick – das wird gern gemacht, um Beispiele aufzuzeigen, wie es andere machen – über Hamburg hinaus werfen. Berlin hat mit einem Ausländeranteil von 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung keinen Migrationsausschuß. Die Politiker orientieren sich an den praktischen Anforderungen und nicht an der Schaffung neuer Gremien. Die Integration wird gelebt und nicht verordnet.
Andere Städte mit einem hohen Ausländeranteil wie Düsseldorf mit 18,9 Prozent oder Duisburg mit 17,7 Prozent verzichten auf einen solchen Ausschuß. Das Land Nordrhein-Westfalen mit einem Ausländeranteil von 10,7 Prozent hat in seinem Landtag als Zugeständnis für die Grünen einen solchen Ausschuß eingeführt, damit diese dort ihre Spielwiese haben. Dieses wurde mir wörtlich so gesagt.
Es werden dort nur Aufgaben wahrgenommen, die früher in den bestehenden Ausschüssen behandelt worden sind. Hier ist das Rad nicht neu erfunden worden, sondern es wurde lediglich ein fünftes montiert.
Wenn wir uns Hamburg mit seinem Ausländeranteil von 15 Prozent ansehen, dann glaube ich – das ist deutlich geworden –, daß wir einen solchen Ausschuß nicht brauchen. Denn – und das ist für mich das Entscheidende – wir sollten unsere Gesellschaft nicht spalten. Das ist genau der
Kern Ihres Antrages, Frau Uhl. Wir sind eine Gesellschaft mit Querschnittsanliegen. So verstehe ich auch die Aufgaben dieses Parlaments, das diesen gesellschaftlichen Querschnitt zu repräsentieren hat. Unsere Arbeit soll – wie die Arbeit der gesamten Gesellschaft – integrieren und nicht ausgrenzen. Insofern brauchen wir keine Sonderregelung.
Wenn es einmal ganz schlimm kommen sollte, haben wir eine Ausländerbeauftragte, die sicherlich mahnend ihren Finger erhebt, wenn diese Fragen nicht ausreichend im Parlament behandelt werden. Und zuletzt, Frau Uhl, haben wir auch eine Verfassung mit folgender Präambel: