Protokoll der Sitzung vom 03.02.2000

Die zweite Frage.

Sind Informationen, nach denen circa ein Drittel der bezirklichen Budgets der Hilfen zur Erziehung für Angebote und Maßnahmen des Landesbetriebs Erziehung und Berufsbildung „reserviert“ werden sollen, zutreffend?

Diese Frage beantwortet Herr Staatsrat Lange.

Sehr geehrte Frau Steffens! Die Bürgerschaft hat den Senat in den Haushaltsberatungen „ersucht darzustellen, wie vermieden werden kann, daß beim Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung Kapazitäten unausgelastet bleiben, die dennoch finanziert werden müssen, und gleichzeitig vergleichbare Maßnahmen anderweitig angefordert und finanziert werden“. Es heißt dort auch, zur Kapazitätsauslastung des LEB seien von den Bezirken geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Der Senat werde ersucht, bis zum 31.März darüber zu berichten. An der Umsetzung der damit formulierten Zielsetzungen arbeiten wir zur Zeit. Die Entscheidungen sind noch nicht getroffen, wobei die Umsetzung verschiedene Komponenten enthält. Zum einen wird es darum gehen, die Bezirke zu veranlassen – wie es im Ersuchen heißt –, die Kapazitäten des LEB in Anspruch zu nehmen. Zum zweiten wird es aber auch darum gehen, das Angebot des LEB so zu profilieren, daß Nachfrage und Angebot zueinander passen. Drittens wird es darum gehen, dieses auch in seinen haushaltswirtschaftlichen, verfahrensmäßigen Konsequenzen durchzudeklinieren. Entscheidungen sind also nicht getroffen, und insofern trifft die Aussage, ein Drittel sei reserviert, nicht zu.

Herr Jobs.

Wie beurteilt der Senat die in den Bezirken erlassenen sogenannten Stopp-Verfügungen insbesondere angesichts mehrerer Verwaltungsgerichtsurteile, die diese Verfügungen für rechtswidrig erklären?

Herr Staatsrat Strenge.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter Jobs! Der Senat beurteilt die Steuerungsverfügungen positiv. Wenn Sie die Zahlen seit dem 30. September 1999 bis in den Februar hinein sehen, werden Sie feststellen, daß es gelungen ist, bei den ambulanten Hilfen zur Erziehung zu einem Rückgang der Fallzahlen zu kommen, der aber nicht ungesteuert, sondern situationsbezogen mit Ausnahmemöglichkeiten ist. In rechtlicher Hinsicht gibt es keineswegs verwaltungsgerichtliche Urteile, die schon bestandskräftig feststellen, dieses sei eine rechtswidrige Praxis. Das liegt auch daran, daß es zwar Rechtsansprüche auf Hilfen zur Erziehung gibt, aber nicht auf eine konkrete Hilfe genau aus diesem Spektrum des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und in dieser Höhe. Daran halten sich die Bezirke und werden es auch künftig tun.

Frau Hajduk.

Herr Staatsrat Strenge, ich habe eine Nachfrage zur ersten Frage. Sie haben dargelegt, daß in einigen Bezirken insbesondere die Verlängerung der Dienstanweisung bezüglich der Ausnahmefallregelung fortgeführt wird. Können Sie eine Einschätzung geben, ob gerade in diesen Bezirken die Verfahren zur Steuerung der Ausgaben in diesem Bereich – wie wir im Haushaltsausschuß diskutiert haben – parallel zum Beispiel an die Verfahren im Bezirk Wandsbek angepaßt werden? Kann ich davon ausgehen, daß das ein paralleler Prozeß ist, in den Bezirken auch mit neuen Steuerungsmodellen voranzukommen.

Herr Staatsrat Strenge.

Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Hajduk! Grundsätzlich können Sie davon ausgehen. Bei einem Bezirksamt, dem Bezirksamt Bergedorf, war allerdings besonders augenfällig, daß in einem Teilbereich, und zwar bei der sozialpädagogischen Familienhilfe, trotz der Steuerungsverfügung von Ende September 1999 kein Fallzahlrückgang zu verzeichnen war; jedenfalls nicht bis zum 31.Dezember, es kommt in der Datenbank ja noch ein sogenannter Timelag hinzu. Insofern würde ich dafür eine Besonderheit festmachen wollen. Im übrigen ist es aber so, wie Sie in Ihrer Frage annehmen.

Weitere Fragewünsche gibt es nicht.

Wir kommen zur nächsten Frage. Herr Jobs.

Der Vorstandssprecher der HEW, ein Unternehmen, an dem die Stadt nach wie vor maßgebliche Anteile besitzt, hat in der letzten Woche eine Klage für den Fall angekündigt, daß im Rahmen der Bemühungen der Bundesregierung für einen Atomausstieg eine Restlaufzeit der Reaktoren von 30 statt 35 Jahren festgeschrieben wird.

Sind die Äußerungen des Vorstandssprechers der HEW im Sinne des Hamburger Senats, und in welcher Weise wird der Senat gegebenenfalls dafür sorgen, daß die HEW von einer Klage gegen eine Regelung, die Restlaufzeiten auf 30 Jahre zu begrenzen, Abstand nimmt?

Für den Senat antwortet Herr Senator Porschke.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Zuerst möchte ich richtigstellen, daß in dem betreffenden Interview nicht von Restlaufzeiten von 35 Jahren die Rede war, sondern daß Herr Dr.Timm immer von Vollastjahren von 35 Jahren spricht.

Ich möchte noch einmal folgendes darstellen: Wenn es nach mir ginge, sollten die Atomkraftwerke so schnell wie möglich abgeschaltet werden. Auch die Koalition hat eine entsprechende Verabredung getroffen, in der es heißt, die Koalitionspartner halten den Verzicht auf den Einsatz von Kernkraftwerken aus vielen Gründen für erforderlich und werden sich an verschiedenen Stellen und mit verschiedenen Instrumenten dafür einsetzen. Das vorangeschickt, möchte ich den ersten Teil Ihrer Frage mit Nein beantworten. Die Frage, in welcher Weise der Senat dafür sorgen will, daß die HEW von einer Klage gegen eine Regelung,

(Staatsrat Hans-Peter Strenge)

die Restlaufzeiten auf 30 Jahre zu begrenzen, Abstand nimmt, muß ich in der Weise beantworten, daß sich der Senat damit noch nicht befaßt hat.

Herr Jobs, die zweite Frage.

Möchte der Senat sicherstellen, daß die HEW nicht weiter einen Konsens für den Ausstieg aus der Atomenergie torpediert, und in welcher Art und Weise möchte der Senat auf die HEW in diesem Sinne hinwirken?

Herr Senator.

Der Senat bemüht sich um eine Verständigung mit der HEW. Aus Sicht der HEW ist der Senat ein Anteilseigner neben anderen Anteilseignern an dem Unternehmen. Der Senat bemüht sich im Rahmen seiner Möglichkeiten um eine Verständigung mit der HEW in Richtung Beendigung der Nutzung der Kernenergie.

Ist der Aufsichtsrat mit einer derartig bedeutenden Klage, wie die von Herrn Timm angekündigte, zu befassen, und in welcher Art und Weise wird der Senat diesbezüglich tätig werden?

Das waren jetzt eineinhalb Fragen, aber wir lassen das noch einmal durchgehen.

Für den Fall, daß der Vorstand tatsächlich eine solche Klageerhebung betreiben will, gehe ich davon aus, daß er dann den Aufsichtsrat damit befassen wird. Was das Verhalten im Aufsichtsrat angeht, gibt es noch keinen Beschluß des Senats, aber eine Verabredung der Koalition, die lautet:

„Die Koalitionspartner werden sich im Aufsichtsrat der HEW für eine ausstiegsorientierte Geschäftspolitik im Sinne der Satzung einsetzen.“

Frau Sudmann.

Ich habe zwei Fragen.

Erstens: Welche Maßnahmen wird der Senat ergreifen, um dem HEW-Vorstandssprecher klarzumachen, daß er künftig derartige Taten oder Äußerungen zu unterlassen hat?

(Dr. Roland Salchow CDU: Das war eine doofe Frage!)

Herr Senator.

Soll ich an den Abgeordneten Salchow verweisen?

Das wird nicht gehen, Herr Senator.

Dazu gibt es bisher keine Beschlüsse. Das sind auch Dinge, die in der Regel nicht auf der Ebene des Senats laufen, sondern auf der Ebene einzelner Senatsmitglieder. Ich habe mich öffentlich in der Angelegenheit geäußert und deutlich gemacht, was ich für die richtige Position halte.

Frau Sudmann.

Ich komme noch einmal auf die Ebene des Senats und auf den Koalitionsvertrag zurück.

In Sachen Brunsbüttel-Stillegung – beziehungsweise Koalitionsvertrag – hat der Senat im letzten Jahr angekündigt, weitere Gespräche mit der HEW und auch mit PreussenElektra zu führen. Haben diese Gespräche stattgefunden, und – wenn ja – was ist dabei herausgekommen?

Herr Senator Porschke.

Frau Abgeordnete, falls Sie es nicht mitbekommen haben, morgen findet ein ganz entscheidendes Gespräch über die Frage statt, ob es vielleicht doch einen Konsens zwischen der Bundesregierung und der Atomwirtschaft gibt. Alle Gespräche, die der Senat vorher mit dem HEW-Vorstand geführt hätte, hätten natürlich immer diese unklare Frage im Hintergrund gehabt. Weil wir die Ergebnisse dieser Runde abwarten wollen, haben wir dieses Gespräch noch nicht terminiert.

Frau Koppke.

Der Senat hat sich im letzten Jahr vorrechnen lassen, daß die HEW keine wirtschaftlichen Verluste durch eine sofortige Stillegung der AKW-Beteiligung haben würde, wenn sie statt dessen auf Gaskraftwerke setzen würde. Welche Konsequenzen hat der Senat aus diesem Gutachten gegenüber der HEW und den dortigen Gremien gezogen?

Herr Senator.

Wir haben der HEW als Fachbehörde dieses Gutachten zur Stellungnahme zugeleitet. Die HEW hat dazu eine Stellungnahme abgegeben, die zu anderen Schlüssen gekommen ist als die Gutachter. Wir haben die Stellungnahme der HEW bei uns bewertet und werden mit der HEW über die Differenzen noch ein Gespräch führen.

Herr Professor Salchow.

Dr. Roland SalchowCDU:* Ich möchte auf die eventuelle Klage der HEW zurückkommen, die vorhin schon angesprochen worden ist.

Wie, Herr Senator, sind die Regelungen zwischen Hamburg als Anteilseigner und dem neuerlichen Anteilseigner Vattenfall, ob man in einer solchen Frage im Aufsichtsrat einmütig abstimmen muß, oder kann in der Frage, wie der Aufsichtsrat reagiert, wenn die HEW klagen will, auch im Konflikt abgestimmt werden?