Protokoll der Sitzung vom 16.02.2000

Nun warte ich immer noch auf den Champagner. Werner Dobritz lade ich auf jeden Fall ein, ihn mitzutrinken, da er schon 1994 die Prophezeiung gewagt hat, daß er eher in der Elbe badet, als daß der Transrapid kommt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Bürgermeister Runde.

Meine Damen und Herren! Herr Röder, Sie haben hier ein Beispiel von Beliebigkeit in der Diskussion und Argumentation geliefert, das schon atemberaubend ist.

(Barbara Duden SPD: Ja! und Beifall bei der SPD – Berndt Röder CDU: Ich habe Sie zitiert!)

In Ihrem ersten Beitrag zitieren Sie die Presse, die gesagt hat, der Hamburger Senat habe sich nicht hinreichend und klar genug für den Transrapid eingesetzt, mit einer tiefen Vorwurfshaltung.

(Berndt Röder CDU: Ja!)

(Berndt Röder CDU)

A C

B D

In Ihrem zweiten Beitrag sagen Sie, der Senat habe nicht rechtzeitig genug vom Transrapid Abschied genommen

(Berndt Röder CDU: Sie haben nichts verstanden!)

und eine Umwidmung der 6,1 Milliarden DM für eine ICEStrecke vorgesehen. Nun müssen Sie sich überlegen, in welcher Linie Sie argumentieren wollen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Art der Diskussion ist der Problemstellung nicht angemessen.

(Berndt Röder CDU: Das ist Kamikazepolitik!)

Ich erwarte in einer solchen Situation, in der wir uns heute befinden – Herr Zuckerer sagte es schon –, daß im Parlament hamburgische Interessen gemeinsam vertreten werden. Dazu muß man sehen, wie sich hamburgische Interessen vor diesem Hintergrund definieren.

In den letzten Jahren war für die Herstellung einer Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Hamburg und Berlin allein der Transrapid im Angebot und nichts anderes. Deswegen mußte der Senat – und hat es auch – bis zuletzt auf den Transrapid setzen. In einem laufenden Planfeststellungsverfahren alternativ andere Planungen zu betreiben, zeugt von einer Naivität sondergleichen,

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Martin Schmidt GAL – Berndt Röder CDU: Ne!)

ganz abgesehen davon, daß es unmöglich ist zu glauben – Herr Schmidt hat es gesagt –, Hamburg könne mit seinem großen Streckenanteil an einer solchen Strecke die Gesamtplanung einer Strecke Hamburg–Berlin ohne das Mitwirken anderer Bundesländer, des Bundesverkehrsministeriums und der Deutschen Bahn AG vornehmen. Das ist die gesamte Seriosität, die da aus Ihnen spricht.

(Wolfgang Baar SPD: Sehr naiv!)

Jetzt haben wir die Situation, daß die Realisierung des Transrapids nicht möglich ist, und zwar nicht wegen Hamburg und nicht wegen irgendwelcher Mängel im Planfeststellungsverfahren durch Hamburg oder wegen der norddeutschen Länder.

Die Auseinandersetzung, die unterschiedlichen Positionen auch der norddeutschen Länder haben dort keine Rolle gespielt, sondern dies war ein Punkt, der an der Industriepolitik, an der Tapferkeit und dem Mut der Industrie und an betriebswirtschaftlichen Fragen sowie der Bewertung bei der Bahn gescheitert ist. So ist die Realität, auf die wir uns jetzt einstellen müssen. Danach folgt die Frage, wie unsere Interessensituation hier in Hamburg ist.

Wir wissen, daß der Bundesverkehrswegeplan hoffnungslos unterfinanziert ist. Sich dort am Ende anstellen zu müssen, um Gelder für die Verbindung Hamburg–Berlin zu bekommen, würde bedeuten, daß wir uns in Konkurrenz mit allen anderen befänden. Hier muß die Forderung Hamburgs sein, daß die verkehrspolitische Funktion, die mit dem Transrapid verbunden war – nämlich die beiden Metropolregionen in hoher Geschwindigkeit miteinander zu verbinden –, jetzt auch entsprechend vorrangig bedient wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Damit haben wir aber ein kleines Problem. Die 6,1 Milliarden DM für den Transrapid lagen außerhalb des Bundesverkehrswegeplans. Bei der Koalition im Bund heißt es nun: Wir wollen diese Mittel für eine andere Transrapid-Refe

renzstrecke nutzen. Damit befinden wir uns in der Situation, Mittel erkämpfen zu müssen. Für mich ist damit die Aussage des Kanzlers, des Finanzministers und des Verkehrsministers, daß Hamburgs verkehrspolitisches Ziel jetzt vorrangig bedient und realisiert werden muß, sehr viel wert. Darauf müssen wir aufbauen und bestehen. Das habe ich zusammen mit den anderen norddeutschen Ländern eingefordert, und um das zu konkretisieren, werden wir uns am Freitag hier treffen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Angesichts der Auseinandersetzung, die es um die Mittel gibt, ist das nicht ganz einfach. Das Interesse der Koalition, weitere Referenzstrecken irgendwo anders zu planen, halte ich für absurd, wenn man bedenkt, wie lange Planfeststellungsverfahren laufen. Daß die Planung der TransrapidStrecken vielleicht in hoch besiedelten Gebieten,

(Bernd Reinert CDU: Das gilt auch für ICE- Strecken!)

im Ruhrgebiet oder an anderer Stelle industriepolitisch noch Sinn machen sollte, vermag ich nicht einzusehen.

(Ole von Beust CDU: Das müssen Sie Herrn Klimmt sagen!)

Diese Verschiebungen nach Süden kommen mit uns nicht in Frage. Wir müssen uns mit den norddeutschen Ländern gemeinsam dafür einsetzen, auf die Verkehrsprobleme hier im Norden andere Antworten zu finden, nachdem das über den Transrapid nicht mehr möglich ist.

Es ist erfreulich, daß im Antistauprogramm hier im Norden – darauf ist auch hingewiesen worden – nicht allein der Bereich des Aufbohrens der Autobahn behandelt wird. Bezüglich der B 404 gibt es ein paar Punkte, die hinsichtlich der Frage der Verbindung im Norden und Nordosten Hamburgs nicht ohne Bedeutung für uns sind; das spielt schon eine Rolle. Ich finde es erfreulich, daß sehr viel in die Bereiche Schiene und Wasser geht. Daß der Schienenweg Lübeck–Hamburg elektrifiziert wird, halte ich für etwas, das auch in hohem Maße im hamburgischen Interesse liegt. Ferner halte ich für wichtig, daß Hamburg–Stelle–Lüneburg, als Voraussetzung für die Lösung vieler Probleme in diesem Nadelöhr, ein drittes Gleis erhalten soll. Auch die vorgesehene Erweiterung im Bereich Elmshorn–Pinneberg ist von erheblicher Bedeutung.

(Berndt Röder CDU: Das ist nur die falsche Seite, wenn man nach Berlin fahren will!)

Im Verhältnis Hamburg–Berlin brauchen wir langfristig eine Hochgeschwindigkeitsverbindung, das muß jedem einleuchten. Wenn sie nicht mit der Transrapid-Technik möglich ist, dann mit der Technik Rad-Schiene. Was das an technischen Möglichkeiten heißt, ist allgemein bekannt. Über eine Realisierung muß ernsthaft geredet werden; es kann sein, daß das über eine Ergänzung in Anlehnung heute vorhandener Strecken erreicht wird. Wir müssen schnellstmöglich erreichen, von den absurden zweieinhalb Stunden Fahrzeit wegzukommen. Möglicherweise wird es zu der Frage zwischen den beiden Strecken, die zur Verfügung stehen, rein technische Antworten auf das Nächstliegende geben. Dazu werden wir Bündnispartner brauchen, denn bei all diesen Fragen – beispielsweise bei den niveaugleichen Bahnübergängen – bedarf es entsprechender Planfeststellungen. Hierbei sind wir auf Mitwirkung angewiesen, und ich gehöre nicht zu denen, die ihre zukünftigen Bündnispartner im Vorwege vor den Kopf stoßen.

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde)

Deswegen sind wir gut beraten, im norddeutschen Verbund, vernünftig zusammenzuarbeiten, während ich als Bürgermeister und für den Senat dankbar wäre, wenn uns die Bürgerschaft in unserem Bemühen, das einheitliche Ziel einer Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Hamburg und Berlin zu erreichen, unterstützen würde, und das in aller Ernsthaftigkeit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr von Beust.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, Sie haben in dem Punkt recht, daß wir, um die Schwierigkeiten bewerkstelligen zu können, eine vernünftige norddeutsche Zusammenarbeit brauchen. Danach sieht es im Moment aber überhaupt nicht aus. Wenn Ihr Kollege in Niedersachsen, Herr Gabriel, als Motto verkündet: „Tausche die Verbindung Hamburg–Berlin über Uelzen–Stendal gegen hamburgnahe Elbquerung“, dann frage ich, was das für eine Art und Weise der Verhandlung ist.

(Beifall bei der CDU)

Daß Herr Gabriel überhaupt auf diese einfältige Idee kommt,

(Rolf Kruse CDU: Er ist ein bißchen neu!)

liegt daran, daß anscheinend hier im Norden, egal ob Niedersachen, Schleswig-Holstein oder Hamburg, vor allem aber in Hamburg, keine Worst-case-Planung gemacht wurde für den Fall, daß der Transrapid nicht kommt. Das war fahrlässig, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der CDU)

Um für die Zukunft eins klarzustellen, will ich gern folgendes versprechen: Dieser Senat hat neben den sogenannten kleinteiligen Projekten, von denen man sich am Anfang so viel versprochen hat, in seiner Legislaturperiode für die Stadt die drei großen Projekte Wirtschaft, Standort und Industrie, nämlich den Transrapid, den A3XX und die Arena, in Angriff nehmen wollen. Wenn also das Projekt A3XX oder die Arena an dem Standort, aus welchen Gründen auch immer, nichts werden sollte, sagen Sie dann bitte nicht auch, Sie hätten keine Alternativplanung machen können, weil das Verrat an der ursprünglichen Idee gewesen wäre. Fangen Sie jetzt damit an.

(Beifall bei der CDU)

Wenn das Projekt A3XX nicht nach Hamburg kommt oder die Arena nicht an diesen Standort, dann möchte ich bitte nicht die gleiche Argumentation wie jetzt hören, nach dem Motto: Alle anderen haben die Schuld, nur dieser Senat hat sie nicht. Ferner möchte ich, wenn wir fragen, warum keine Worst-case-Planung gemacht wurde, auch nicht hören: Das konnten wir nicht. Denn wenn wir darüber nachgedacht hätten, wäre es Verrat an der ursprünglichen Idee gewesen. Fangen Sie jetzt mit der Planung an, Sie haben uns an Ihrer Seite.

Diese Projekte sind die drei Prüfsteine, an denen sich der Senat bei der nächsten Wahl messen lassen wird. Ich bin gespannt, wie die Wählerinnen und Wähler die Antwort auf die Frage, was hier gemacht wurde, beantworten werden. – Vielen Dank.