Um diese Probleme geht es hier und nicht um dieses Geschwafel über neue Technologien mit ihren Chancen und Möglichkeiten. Die Lösung dieser Probleme hat sich doch die Sozialdemokratie früher einmal vorgenommen, sie werden aber gegenwärtig überhaupt nicht diskutiert.
Der Senat hat auch einen anderen wichtigen Punkt genannt. Es werden keine tariflichen Standards eingehalten. Das ist ein absolutes Phänomen; die meisten Arbeitsplätze dieser Branche kennen keinen Tarif mehr, denn es wird außerhalb eines jeden Tarifs bezahlt. Es ist doch eigentlich sozialdemokratische Uraufgabe gewesen, die nicht einmal mehr in der Debatte genannt wird. Das ist katastrophal.
Der Senat hat einigermaßen gut geantwortet und auch die Probleme genannt. Die Debatte darüber in der Bürgerschaft ist hingegen katastrophal. Ich hoffe, daß sich das bessert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin etwas unsicher, wie ich mich bei dieser ungewöhnlichen Debattensituation verhalten soll.
Vielleicht kann ich meine kurze Redezeit dafür verwenden, mich mit Herrn Brinkmann auseinanderzusetzen, weil ich in zweierlei Hinsicht die Argumentation, die Sie hier vorgetragen haben, nicht nachvollziehen kann.
Erstens zum Thema Ansiedlung: Ich zitiere aus dem Bericht des Wirtschaftsausschusses. Dort steht zum einen:
„Ein CDU-Abgeordneter sah große Schwierigkeiten für eine Landesregierung, einen solchen Prozeß der Unternehmensansiedlung, der weitgehend unternehmerische Entscheidungen beinhalte, zu steuern. Er unterstrich, daß die Qualifizierung der Call-Center-Agenten die Aufgabe der Unternehmen sei, die sie einsetzten.“
Was die HWF angeht, haben wir zum Beispiel zum Thema Mittelstandsförderung oft Debatten geführt – deswegen muß ich gleich Frau Ahrons ansehen –, in denen von der CDU der kritische Hinweis kam, daß nicht zu viele Köche den Brei verderben sollten.Wir haben nun eine Stelle in der Stadt, die sich erklärtermaßen um die Unternehmensansiedlungen kümmern soll. Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund, lieber Herr Brinkmann, warum das ausgerechnet bei Call-Centern nicht der Fall sein soll; das kann ich nicht nachvollziehen.
Wenn man die Antwort des Senats liest, dann wird man feststellen, daß zum Thema Ausbildung viele Ausführungen gemacht werden. Nicht zuletzt werden dort Angaben über neue Aktivitäten der Handelskammer gemacht. Das sind Aktivitäten, die vom richtigen Platz ausgehen.
Das eigentliche Phänomen in diesem Zusammenhang ist jedoch, daß es einen Oberbegriff „Call-Center“ gibt, der ganz unterschiedliche Arbeits- und Qualifizierungstatbestände abdeckt.Es gibt Call-Center, in denen schlechte Arbeitsbedingungen herrschen und sehr gering qualifizierte Menschen an den Rand ihrer Möglichkeiten gebracht werden. Es gibt andererseits Call-Center, in denen – wie Herr Müller es dargestellt hat – sehr hohe Qualifikationen erforderlich sind. Deswegen kann es keine einheitliche Ausbildung geben, sondern sie muß der vorhandenen Vielfalt Rechnung tragen.
Sie können sicher sein, Herr Brinkmann, daß uns Bremen in der Beziehung auch nicht den Rang ablaufen wird, so oft uns Bremen auch vorgehalten wird. Ich weiß die atmosphärischen Qualitäten und Leistungen des Bremer Bürgermeisters besonders zu schätzen. Ich kenne ihn schon lange und weiß diese zu würdigen. Aber wenn wir uns über die letzten Jahre die rückläufigen Arbeitslosenzahlen ansehen, dann ist es nicht so, daß wir uns in erster Linie Bremen als Maßstab setzen müßten.Hamburg ist im Call-Center-Sektor im norddeutschen Bereich gut positioniert. Das hat unter anderem mit einer Sache zu tun, für die wir alle nichts können: In Hamburg wird nämlich anständiges Deutsch gesprochen; deswegen haben die Firmen gern Hamburger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil diese sich verständlich ausdrücken können.
Die in der Drucksache erwähnte Studie über die Technologie- und Innovationsberatung für Arbeitnehmer wird uns weitere Aufschlüsse geben. Wir werden uns weiter anstrengen, Call-Center in Hamburg anzusiedeln.
Lieber Herr Brinkmann, wenn ein Unternehmen in Hamburg mit seinen Ansprechpartnern nicht zufrieden ist, dann sagen Sie es mir; ich werde mich dann darum kümmern. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen hierzu liegen mir nicht vor. Ich stelle fest, daß die Bürgerschaft von der Senatsmitteilung Kenntnis genommen hat.
Diese Vorlage möchte die SPD-Fraktion federführend an den Stadtentwicklungsausschuß sowie mitberatend an den Umweltausschuß überweisen. Wer wünscht hierzu das Wort? – Das Wort erhält Frau Möller.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Masterplan zur Entwicklung der HafenCity liegt uns nun endlich vor. Um den richtigen Einstieg zu wählen, zitiere ich aus dieser Vorlage einen der sehr grundlegenden Sätze:
„Wesentliche Funktion des Masterplans ist es, die Entwicklung der HafenCity für einen ökonomischen, sozialen, kulturellen und stadtökologischen Aufbruch der Stadt zu nutzen.“
Umfassender kann man eigentlich eine Aufgabe kaum beschreiben, aber sie wird um so schwieriger umzusetzen sein. Es ist erfreulich, daß die Überarbeitung der Konzepte der Wettbewerbssieger in nur vier Monaten zu der Vorlage des Masterplans geführt hat; das läßt einiges hoffen.Wenn so zügig weitergearbeitet und dieses Projekt so klar und stringent weiter fortgeführt wird, dann läßt sich vielleicht auch realisieren, daß schon im Jahre 2001 der erste Spatenstich erfolgen kann.
Für die Mitglieder der Bürgerschaft stellt sich aber weiterhin die Frage: Wie nähert man sich eigentlich einem 155 Hektar großen Projekt, das über 25 Jahre realisiert werden soll? Das überschreitet sogar die Generationsgrenzen, ohne hier einigen Menschen zu nahe treten zu wollen. Aber es bleibt dabei: Es ist ein Projekt, was wir hier und heute und vielleicht auch noch in dieser und in der nächsten Legislaturperiode besprechen können, trotzdem wird es längst nicht beendet, geschweige denn überhaupt an allen Stellen begonnen worden sein. Dieses Projekt soll sich durch Zentralität, Urbanität und Offenheit der Planung auszeichnen.Wir wollen eine Planung durch die Investoren vermeiden. Die digitale Umsetzung des Strukturkonzeptes und anderer thematischer Pläne liegt inzwischen vor. Man kann sich aufgrund dieser Pläne vorstellen, wie die zur Zeit angedachten acht Teilräume einmal aussehen werden.
Die Entwicklung der HafenCity muß ein großer, transparenter Prozeß zwischen dem Parlament, Senat und der Bevölkerung Hamburgs bleiben; zur Zeit ist er es. Jede Veranstaltung, die die Stadtentwicklungsbehörde, die Wirtschaftsbehörde oder auch die Architektenkammer zu diesem Thema durchführt, ist gut besucht, die Menschen stehen, weil die Stühle nicht ausreichen; die Diskussionen sprengen jeden Zeithorizont. Das muß aber auch in zehn oder in 25 Jahren noch so sein.Ich weiß nicht, wie man das realisieren kann, aber wir sollen und müssen uns hier im Parlament immer die Zeit und den Raum für die Diskussionen um die Projekte der HafenCity nehmen.
Die Wünsche, Anregungen und Bedenken aus dem Parlament, dem Senat, aber auch aus der Bevölkerung müssen unmittelbar in den konkreten Planungsprozeß einfließen. Die in der öffentlichen Auseinandersetzung definierten Planungsziele dürfen nicht durch eine unsensible Grundstücksvergabe konterkariert werden; das ist ein wichtiger, aber dennoch soll es kein frommer Wunsch sein. Wir wissen, wie hart der Verwertungsdruck auf die HafenCity im
Moment schon ist und auch weiterhin sein wird. Die positiven Planungsziele einer lebendigen, gemischt genutzten Innenstadterweiterung scheinen vor diesem Hintergrund manchmal gefährdet. Das Auge des Parlaments muß darauf gerichtet sein, daß die im Masterplan formulierten – ich nehme an, auch interfraktionell konsensualen – Planungsziele erhalten bleiben.
Die Nutzung der Flächen erfolgt in höchster städtebaulich vertretbarer Dichte.Wir wollen dort aus ökonomischen und ökologischen Gründen keine Einfamilienhäuser bauen, sondern es soll damit ein Signal gegeben werden, das im Grunde einen Paradigmenwechsel im Wohnungsbau stattfinden läßt. Die HafenCity wendet sich bewußt an überzeugte Städter; das ist neu in der hamburgischen Wohnungspolitik, und ich hoffe, daß dies gelingt.Für diese Konzepte muß man die Wohnungsbaugesellschaften gewinnen und nicht nur die Investoren.Dann sind wir wieder beim Verwertungsdruck.
Die ökologische Orientierung in Gebieten, die kreative Nutzung der „Entwicklungslücken“, sprich des Zeitraums, der entsteht, wenn Nutzungsänderungen entstehen, Flächen wegfallen oder brachliegen, müssen genutzt werden. Hierauf geht der Masterplan zu wenig ein.Vielleicht ist die Ausschußberatung hilfreich, damit wir hier noch konzeptionelle Beiträge leisten können. Wir werden nicht umhinkommen, daß es dort leerstehende Flächen und zum Beispiel die Barrikaden der Speicherstadt oder der Ost-West-Straße gibt, die kreativ überwunden werden müssen. Das muß nicht erst in 25 Jahren, sondern im Grunde schon jetzt geschehen. Der erste Teilraum, der in die Bebauung zum HafenCity-Konzept gehen wird, grenzt direkt an die Speicherstadt an. Diese Probleme sehe ich noch nicht gelöst, aber ich sehe sie zumindest angefaßt und verstanden.
Die Diskussion in der Bürgerschaft war bisher davon geprägt, daß man sich noch nicht darüber im klaren sein konnte, inwieweit das Parlament hilfreich – außer, daß wir konzeptionell unterstützen – dazu beitragen kann. Inzwischen gehe ich davon aus, daß wir über diese Anfangsphase hinaus im Vorantragen des Diskussionsprozesses ein wichtiger Faktor sein können.Wir können zum Beispiel in bezug auf die ökölogische Qualität dieses Gebietes und auch auf die Grünraumplanung durch eigene Anträge den Masterplan noch ergänzen. Ich verweise darauf, daß es schon einen bürgerschaftlichen Ergänzungsantrag gibt, der sich leider im Masterplan noch nicht wiederfindet. Ich möchte die Diskussion hier nicht überstrapazieren.Wir werden im Ausschuß konkreter darüber beraten, so daß wir hoffentlich im nächsten Jahr schon die ersten Ergebnisse sehen werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Den Eingang meines Statements kann ich mir sparen, weil Frau Möller und ich das gleiche Zitat aus dem Masterplan herausgewählt haben.