Wenn es um Fragen des politischen Verständnisses geht, möchte ich an eines erinnern. In der letzten Legislaturperiode, als sich die Fraktion der STATT Partei auflöste, hätten die auch den Anspruch darauf verloren, Deputierte zu entsenden.
Die Plätze wären eigentlich rechnerisch an uns gegangen. Wir sind gar nicht auf die Idee gekommen zu sagen, nun wählt mal die STATT-Leute ab, Fraktionsstatus weg, darum Deputierte raus, sondern wir haben das – durchaus zähneknirschend – ertragen.
Ich meine, zum Umgang miteinander und zur Wertigkeit, wie man mit Menschen untereinander umgeht, gehört es auch, so etwas zu ertragen, wenn man diesen Leuten nicht irgendwelche persönlichen Verfehlungen vorwirft, daß sie meinetwegen durchgedreht oder völlig inkompetent sind oder irgend etwas gemacht haben, daß man sagt, das geht einfach nicht mehr.Genau darum sind doch auch diese beiden Sitzungstermine gewählt worden. Nicht auf einmal einen Antrag stellen und weg, sondern es muß in zwei Abstimmungen festgestellt werden, weil man gesagt hat, laßt uns noch einmal in Ruhe darüber nachdenken und sieben Tage darüber schlafen oder wachen, ob es denn wirklich nicht mehr geht. Sie haben, Herr Dr. Schmidt, keinen einzigen Grund genannt, warum es nicht mehr geht, bis auf den, daß die nicht mehr bei Ihnen sind, und das finde ich ein bißchen dünne.
Vor diesem Hintergrund haben Sie sich nun mann- oder frauhaft gegenseitig in die Hand versprochen, nicht an den Ausschuß zu überweisen, sondern heute die Reihen zu schließen, die Schultern dicht an dicht und durch, wie es sich gehört für eine herkömmliche Partei. Das ist doch ein interessanter Reifungsprozeß. Aber vielleicht können Sie noch einmal weiter reifen und die Chance nutzen, die das Gesetz uns gibt, nämlich zweimal abzustimmen und in den nächsten vierzehn Tagen noch einmal darüber nachzudenken, einmal ganz altruistisch für die GAL gesprochen, nicht für uns, denn uns ist es doch letztendlich wurscht, wer von Ihnen da drin sitzt. Da muß die CDU geradezu Anwalt der GAL sein zu sagen: Sind Sie nicht über das Ziel hinausgeschossen?
Sollten Sie sich nicht einmal auf Ihre Grundsätze zurückbesinnen, in diesem Sinne auch einmal anders zu sein? Ich würde mich freuen, wenn wir die Bedenkzeit in diesem Sinne nutzen würden. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Beust, Sie wissen ganz genau, daß sich hinter juristischen Normen auch immer politische Positionen verbergen.Von daher können Sie uns, glaube ich, nicht vorwerfen, wir würden hier unpolitisch diskutieren.
Sehr geehrter Herr Kruse! Der hier von Ihnen dargestellte Sachverhalt verdeutlicht, wie fleißig Sie sind.
Aber dennoch bestehen doch ernsthaft gar keine Zweifel daran, daß der Gesetzgeber es auch 1991 noch so wollte – und da waren Sie, glaube ich, Mitglied dieses Hauses –, daß Deputierte abberufen werden können. Insoweit hat sich der Gesetzgeber politisch artikuliert und die Abberufung ausdrücklich gesetzlich so vorgesehen.
Diese Position, Herr Kruse, müssen Sie persönlich natürlich nicht teilen, aber Sie sollten als Mitglied eines Gesetzgebungsorgans dieses Gesetz respektieren,
und denjenigen, die von diesen Rechtsgrundlagen Gebrauch machen wollen, dürfen Sie nicht Gesetzesuntreue oder ähnliches vorwerfen.
Herr David verlangt in seinem Kommentar zur Hamburger Verfassung doch nur, daß diese Norm bei der Abstimmung verfassungskonform ausgelegt werden muß. Er kritisiert doch nicht die Abberufung an sich, also den Akt der Abwahl, sondern die Abwahlregelung bezüglich der Verfassungskonformität in bezug auf den Artikel 19, nämlich die erforderlichen Stimmen für diesen Vorgang. Die Abwahl
regelung ist von der Bürgerschaft politisch – das habe ich eben ausgeführt – gewollt. Die Stimmenzahl hat natürlich – da stimme ich völlig mit Ihnen überein – verfassungskonform zu erfolgen, das heißt gemäß Artikel 19 der Hamburger Verfassung bedarf es nicht etwa der absoluten Mehrheit, sondern nur der einfachen Mehrheit dieses Hauses. Das ist der Punkt, und darum geht es. Von daher sehe ich überhaupt keine rechtlichen und politischen Vorbehalte, heute nicht zu einer Abstimmung zu gelangen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Beust, die juristische Argumentation ist von Ihrer Fraktion begonnen worden, nicht von uns.Unsere Reaktion darauf zeugt nicht von schlechtem Gewissen, sondern von dem Wunsch, noch einmal zu erklären, was uns eigentlich die Gesetze vorgeben.
Im übrigen bekommt – die fünf Minuten Redezeit reichen mir in diesem Fall – diese Diskussion, die eigentlich keine Diskussion ist, sondern ein Austausch von Fünf-Minuten-Beiträgen, eine – wie immer bei solchen Fünf-Minuten-Beiträgen – Eigendynamik, die sich vor allem dadurch auszeichnet, daß sie hier für die Selbstdarstellung der einzelnen Redner und Rednerinnen genutzt wird
und daß sie sich zum zweiten – und das ist das Entscheidende, vielleicht sollten Sie dann erst unruhig werden – dadurch auszeichnet, daß die meisten Redner und Rednerinnen inhaltlich überhaupt keine Kenntnisse über die Vorgänge besitzen.
Wohlweislich haben sich weder unsere schulpolitische Sprecherin noch unsere Fachabgeordneten aus dem sozialen Bereich hier zu Wort gemeldet. Es ist nicht nötig, es ist sogar mehr als unangebracht, hier eine derart inhaltliche, auf die Personen im Detail bezogene Debatte zu beginnen, wie sie leider von den Vertreterinnen der REGENBOGEN-Gruppe begonnen wurde.
Nicht jede Abwahl wird willkürlich, sondern eine Abberufung ist möglich. So steht es im Gesetz.Und nach bestimmten Verfahren, die wir hier durchführen wollen, kann diese erfolgen. Eine inhaltliche Diskussion zu führen
eine Begründung haben wir gebracht –, die sich womöglich noch auf Details der Zusammenarbeit, auf Vorkommnisse zuspitzen sollte, finde ich völlig unangebracht, wenn sich die betreffenden Personen überhaupt nicht zu Wort melden können.
Die Frage, wer eigentlich Personen bloßstellt, wer diskreditiert, würde ich gerne zurückgeben, weil das Verfahren, das hier gewählt worden ist, ein öffentliches Verfahren ist, Deputierte abzuberufen, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, sich darzustellen,
ohne überhaupt einmal deutlich zu machen, was der Hintergrund dieser Entscheidung gewesen ist. Damit diskreditieren Sie diese Personen.
Sie haben nicht gesagt, wir lassen sie aufgrund einer politischen Entscheidung abberufen, sondern Sie haben ein Verfahren gewählt, in dem eine Debatte nicht stattfinden kann.Sie haben sich gerade damit – und das ist schon ausführlich debattiert worden – ein Armutszeugnis ausgestellt.
Ich würde noch einmal darum bitten, sich tatsächlich einmal zu überlegen, was hier gerade passiert. Die SPD hat einen Beitrag gehalten, der gezeigt hat, daß auch Rechtsanwälte ihr Recht nicht unbedingt so darstellen können, wie es praktiziert werden muß. Wir haben gehört, daß es offenbar in der SPD keine Auseinandersetzung dazu gegeben hat, was es eigentlich bedeutet, Deputierte abzurufen, was es bedeutet, tatsächlich dafür zu sorgen, daß politisch unbotmäßige Äußerungen nicht mehr in Deputationen geduldet werden sollen. Darüber bitte ich Sie, in diesen vierzehn Tagen, die das Gesetz vorschreibt, noch einmal nachzudenken und einen Diskussionsprozeß in Gang zu setzen, ob das denn aus Ihrer Sicht so gewollt ist, daß jetzt möglicherweise das Einzug hält, was die Gesetzgeber ursprünglich einmal nicht gewollt haben.