Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

Bei den zwölf Schulpartnerschaften möchte ich gern noch hinzufügen, daß Reisen von Hamburg nach León sehr kostspielig sind und deshalb nicht so oft stattfinden können. Es hat mich aber sehr beeindruckt zu lesen, daß der Austausch per Brief beziehungsweise neuerdings per E-Mail funktioniert. Ich denke, hier haben wir ein schönes Beispiel für das transatlantische Klassenzimmer, daß man auch per E-Mail, per neue Medien miteinander einen sehr intensiven Austausch pflegen kann.

Was die Hochschulen anbelangt, so gibt es Kooperationsprojekte beispielsweise in den Fachbereichen Erziehungswissenschaft, Mathematik und Hispanistik. Ich habe gelesen, daß die Universidad Autónoma de León der Hamburger Universität ein Angebot gemacht hat, im Bereich Biochemie zusammenzuarbeiten, aber in dem Bericht steht, daß dieses Angebot noch geprüft wird.Ich möchte im Namen der SPD-Fraktion erklären, daß es uns schon wichtig ist, etwas über diese Prüfung zu erfahren, ob dieses Projekt stattfinden wird, zumal der Universitätspräsident, Herr Lüthje, im letzten Jahr in León war und sich vielleicht von

(Heide Simon GAL)

der Qualität der Zusammenarbeit zwischen beiden Hochschulen überzeugen konnte. Deshalb ist es uns wichtig, noch etwas mehr über die Zusammenarbeit und vor allen Dingen auch über die Evaluierung dieser Zusammenarbeit zu erfahren.

(Beifall bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Ich möchte die verschiedenen Projekte nicht noch einmal wiederholen. Mir war es aber wichtig, daß der Bericht des Senats zum Schluß angibt, daß eine regelmäßige Qualitätskontrolle der verschiedenen Projekte stattfindet, was die SPD-Fraktion begrüßt. Es erfolgt sowohl eine projektbegleitende Kontrolle durch Zwischenberichte und -abrechnungen als auch eine abschließende Erfolgskontrolle. Ehrenamtlich tätige Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer geben regelmäßig Sachstandsberichte, so daß garantiert wird, daß alle Mittel zweckgebunden und effizient eingesetzt werden. Ich denke, die 40 Vereine und Organisationen, die seit mehr als 15 Jahren in Hamburg für León tätig sind, haben dann auch eine Kontrolle, daß ihr Engagement und ihre Aktivitäten bei denen, die sie verdienen, ankommen.

In diesem Sinne wünscht die SPD-Fraktion, daß sich die Städtepartnerschaft mit León weiterhin so erfolgreich entwickelt, wie dies der Bericht des Senats uns dargelegt hat.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt sodann der Abgeordnete Mehlfeldt.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Auch Nicara- gua-Experte? Ich dachte, nur Flora-Experte!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem deutlichen Denkzettel, den die Grünen sich neulich in Nordrhein-Westfalen vom Wähler abgeholt haben, scheint nun das Harmoniebedürfnis mit der linken Hälfte des Hauses besonders stark ausgeprägt zu sein.Anders ist es nicht zu erklären, daß nun heute Dinge zur Debatte angemeldet werden, bei denen es nicht wirklich viel Streit geben kann.

Ich vermute, daß es der GAL eher darum geht, sich und dem Koalitionspartner im Parlament einmal wieder etwas auf die Schulter zu klopfen, sich auf Vergangenes zu besinnen und Neues kleinräumig anzudenken.

(Dr. Silke Urbanski SPD: Zum Thema!)

Wir wollen Sie als Opposition dabei nicht stören.

(Beifall bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Auch ich kann meiner Harmoniesucht nachgehen und Ihnen sagen, daß auch wir der Bilanz der Städtepartnerschaft mit León durchaus Positives abgewinnen können.

(Beifall bei der SPD – Dr. Martin Schmidt GAL: Wir wollten einfach von Ihnen mal etwas anderes hören!)

In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Projekten, die besonders nach der verheerenden Sturm- und Regenkatastrophe „Mitch“ sinnvoll sind und der Gemeinde Nicaragua sicher geholfen haben, die enormen Schäden zu bewältigen. Weitere Beispiele hörten wir von den Kolleginnen Frau Simon und Frau Brüning.Ich denke, dafür gebührt weniger den Akteuren dieses Hauses Dank als vielmehr den unzähligen Einzelpersonen in unserer Stadt, die in ehrenamtlicher und aufreibender Arbeit hier und in León Pro

jekte entwickeln und durchführen. Hier zeigt sich im übrigen, wie auch am Beispiel St. Petersburg, echter Hamburger Bürgersinn, der diese Stadt so sympathisch macht.Wir als CDU wissen, daß das Ehrenamt häufig viel zu gering geschätzt wird. Doch an solchen Beispielen zeigt sich, daß aus vielen einzelnen Projekten eine Partnerschaft werden kann.Wir sollten allen Beteiligten in dieser Stadt einmal unseren Dank aussprechen.

Hilfreich ist, daß das eingesetzte Geld besonders in einem Entwicklungsland wie Nicaragua substantiell für die Bürger unmittelbar spürbare Verbesserungen ermöglicht. Wir wissen, daß es bei anderen Partnerschaften ungleich schwieriger ist. Daß die Partnerschaft zu León stark auf privaten Schultern ruht, ist einerseits sehr schön, auf der anderen Seite auch sehr problematisch. Ich habe nämlich den Eindruck gewonnen, daß sich unter dem Dach der Partnerschaft auch einige Grüppchen versammelt haben, von denen ich mich – und da spreche ich auch für meine Fraktion und viele andere – nicht unbedingt vertreten lassen möchte.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Zum Beispiel?)

Wenn ich lese, daß eine DKP-Brigade eine Nähkooperative gegründet hat und sich auch sonst in ihrer Selbstdarstellung düsterster Terminologie aus dem Marxismusseminar bedient, dann scheint mir eine Überprüfung sinnvoll,

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Was machen die denn da?)

wer dort eigentlich im Namen der Freien und Hansestadt Hamburg auftritt.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Krankenhäuser bauen ist doch sinnvoll!)

Ich wäre dem Senat für Aufklärung sehr dankbar, und ich denke, wir werden da noch einmal nachfragen.

Auch die Frage sei gestattet, ob das Projekt – ich muß das jetzt vorlesen –:

„technisch-naturwissenschaftliches Lernen im Kontext spezifischer Lebens- und Arbeitszusammenhänge der Lernenden, untersucht unter den gegebenen Bedingungen eines Landes der ,Dritten Welt‘, insbesondere der dort vorhandenen Lehr- und Lernmöglichkeiten“

so der offizielle Titel – wirklich Substantielles zu dieser Partnerschaft beiträgt. Die Ausführungen in der Selbstdarstellung dieser Truppe lassen das nicht zwingend vermuten, um es einmal vorsichtig zu formulieren.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Ist ja lächerlich!)

Eine Städtepartnerschaft ist eine offizielle Angelegenheit unserer Stadt. Wir sollten als Parlament deutlich machen, daß in diesem Rahmen nur Akteure aktiv sein sollten, die ein wesentliches gesellschaftspolitisches Spektrum unserer Stadt vertreten und dort Dinge tun, die wir als demokratisches Parlament auch mittragen können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Fraktion wird sich unter diesem Aspekt gerade den Anhang dieser Drucksache noch einmal sehr genau anschauen. Vielleicht kann uns der Senat einen Einblick geben, nach welchen Kriterien er die Projektträger ausgesucht hat. Ich bin sehr gespannt darauf. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

(Dr. Barbara Brüning SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Jobs.

Meine Damen und Herren! Herr Mehlfeldt, zu den Nähkursen fällt mir ein, Sie zu fragen, was denn die CDU bisher in diese Städtepartnerschaft eingebracht hat. Darüber habe ich in dem Bericht nicht viel gelesen. Da gibt es noch einiges für Sie nachzuholen, denn diese Städtepartnerschaft ist eine konkurrenzlos lebendige. Sie ist erfolgreich, weil sie tatsächlich mit viel Leben gefüllt ist, sowohl auf Hamburger Ebene als auch auf der anderen Seite des Atlantiks. Deshalb gibt es aus unserer Sicht sehr wenig zu meckern über das, was dargestellt worden ist.

(Beifall bei Mahmut Erdem GAL)

So gibt es auch in dem Senatsbericht viele positive Initiativen zu lesen, insbesondere, was die Spenden-Aktion nach dem Hurrikan „Mitch“ angeht, der böse Auswirkungen gehabt hat. Auch die Aktion Restpfennig ist mir sehr sympathisch. Der Drucksache ist zu entnehmen, daß der Erste Bürgermeister sie unterstützt. Ich habe nicht gelesen, daß er sich auch daran beteiligt.

(Wolfhard Ploog CDU: Warum sollte er auch?)

Das ist doch eine Aktion, die der Senat nicht nur unterstützen, sondern an der er und die Bürgerschaft sich auch beteiligen sollten.

(Beifall bei Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Vielleicht ist es auch einmal an uns, daß wir neben den individuellen Spenden uns auch kollektiv an solch einer guten Aktion beteiligen und Restpfennige oder vielleicht auch Restmarken in dieses Projekt mit einbringen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Es muß auch klar sein, daß Hamburg sich im Rahmen dieser Städtepartnerschaft nicht nur ideell, sondern auch finanziell beteiligen muß. Das wird gemacht, und die Projekte, die beschrieben sind, sind gut. Frau Simon hat ausführlich darüber berichtet. Es ist ein vernünftiges Prinzip, Selbsthilfepotentiale zu fördern. Es ist ein vernünftiges Prinzip, die Umweltbedingungen dort so zu gestalten, daß sie die Menschen nicht gefährden, aber angesichts der Gesichtspunkte von Entwicklungspolitik kann es nicht genug sein, was dort bisher gemacht wird. Frau Simon, als wir im letzten Jahr schon einmal lang und breit darüber geredet haben, ist auch Ihnen aufgefallen, daß weder Hamburg noch Berlin, also weder das Land noch der Bund, tatsächlich die von der UN geforderten Anteile an finanziellen Mitteln in Entwicklungsprojekte steckt. Ich habe den Eindruck – gerade Rotgrün ist da sehr ambitioniert angetreten, der Verantwortung gegenüber den Südländern gerecht zu werden –, daß diese Regierungen – sowohl die in Hamburg als auch die in Bonn – diese Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch lange nicht überbrückt haben und da noch viel zu tun haben.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort erhält Senator Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man sagen kann, daß das, was Hamburg in León macht, eines der schönsten Stadt

entwicklungsprojekte ist, die ich kenne, und wir machen ja auch hier in Hamburg schöne Stadtentwicklungsprojekte.