Die Position, daß das Ergebnis, wie es jetzt dasteht, ohne eine reale Stillegung in dieser Legislaturperiode unbefriedigend und enttäuschend sei, ist nach wie vor meine Position; dazu stehe ich.
Nein, nicht aus psychologischen Gründen, sondern weil es ganz klar so ist. – Nur eine reale Stillegung schafft eine reale Reduzierung der Gefahr, darauf kommt es wirklich an. Insofern bin ich sehr froh – ich habe mich vorhin mit dem Ersten Bürgermeister noch einmal darüber verständigt –, daß es beim Ziel bleibt, das wir in der Koalitionsvereinbarung definiert haben. Es bleibt beim Ziel Stillegung von Kernkraftwerkskapazitäten im Jahr 2002/2003; da bleiben wir glaubwürdig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist Ihnen wahrscheinlich nicht entgangen, daß die Sonne, die in Zukunft sehr viel mehr lebenspendend tätig sein wird als bisher, weil sich nun ihre Kraft auch in Strom umwandeln läßt, seit dem Atomkonsens freudig über uns strahlt.
Den Herren Engels und Jobs würde ich einmal eine kleine Auslandsreise spendieren wollen, damit sie merken, was in der Welt passiert, wenn in Deutschland ein Atomkonsens vereinbart wird.Dann würden sie vielleicht die „Washington Post“ lesen, die schreibt, daß sich die erste größere Industrienation dem Ausstieg aus der Atomproduktion widmet, und das sei ein bemerkenswertes Ereignis, dem andere Industrienationen eines Tages folgen würden.
Oder sie könnten lesen, daß der englische „Independent“ als direkte Folge des deutschen Beschlusses sagt, „England should face out these dangerous sorts of energy“, sollte also aussteigen. „Le Monde“ in Frankreich stellt fest, daß nun Frankreich in seiner Atompolitik isoliert in Europa ist. Isoliert ist nicht mein Wort, sondern deren Wort. In fast allen großen europäischen Zeitungen werden Leitartikel geschrieben über die Frage, wie gefährlich diese Industrie ist und wann auch England und Frankreich aussteigen.
Italien stellt fest, daß zehn Jahre nach dem historischen Entschluß Italiens, dem Atomstrom endgültig ade zu sagen, auch Deutschland addio zur Atomstromgeschichte sagt.
Italien hat vor zehn Jahren – das ist Ihnen vielleicht in der Eile des Gefechts entgangen – über Volksabstimmung beschlossen, nie welche zu bekommen.
Herr Salchow, Sie haben nichts verstanden. Ich habe gesagt, Italien hat zehn Jahre nach seinem historischen Entscheid gegen jeden Atomstrom festgestellt, daß nun auch Deutschland addio sagt.
Es gibt freilich ein kleines Problem, aber das ist eher ein grünes Problem. Im „Guardian“ wird wunderbar formuliert: „The German Green Party is divided about her most substantial political achievement“, also die Grünen haben Probleme, ihren größten politischen Erfolg heimzuholen. Das ist ja wahr, das wollen wir nicht leugnen, aber es ist trotzdem der größte politische Erfolg, den die Grünen in ihrer Geschichte je errungen haben.
Deswegen schlage ich vor, die Herren Jobs und Engels zusammenzusperren, und dann wird folgendes herauskommen:Entweder überzeugt Jobs Engels, daß Jobs recht hat, daß nämlich gar nichts los ist; dann gibt die CDU den Widerstand gegen den Konsens auf.
Oder Engels überzeugt Jobs, daß das wirklich nicht das Ende des Atomstroms bedeutet, sondern man diesen Konsens bekämpfen muß. Daraufhin wechselt Jobs sofort die Seite und kämpft wieder auf unserer Seite gegen die Atomindustrie; beides kann passieren.
Im übrigen möchte ich noch ein Argument von Herrn Jobs ernsthaft zurückweisen, ich finde es nachgerade peinlich. Wenn eine Regierung fast überflüssigerweise mitteilt, daß sie nicht gedenkt, diskriminierende Gesetze zu erlassen, dann ist das so selbstverständlich wie nur irgend etwas.Ich hoffe, daß wir in diesem Saale nie ein diskriminierendes Gesetz erlassen haben und es auch in Zukunft nicht tun. Ich kann nicht verstehen, was das soll, das anzugreifen.
Aber damit wird natürlich auch das gesamte Modell des Vertrages angegriffen;darüber wurde schon einige Male etwas gesagt.Dieser Vertrag ist ein Konsensmodell – im übrigen bin ich bereit, Ihnen anhand des Synonym-Wörterbuches den Unterschied zwischen Konsens und Kompromiß zu erklären –
und deswegen so wichtig, weil sich damit die Industrie in der Tat im Gegensatz zu dem, was Herr Hackbusch sagt, dem politischen Willen gebeugt und gesagt hat: Damit soll Schluß sein. Das haben sie selbst gesagt. Wir haben den Beweis dafür. Es gibt nämlich nach wie vor Leute, die dagegen sind. Herr Stoiber und Co wollen sich dem Konsens nicht anschließen. Sie werden es aber müssen, weil die Industrie sie dazu bringen wird.
Deswegen bin ich dafür, daß wir jetzt aufhören zu sagen, es sei kein Konsens. Es ist der große Durchbruch, und wir werden viel dafür tun müssen, daß er so hält; das ist wohl wahr. Wir werden in den nächsten Jahren insbesondere noch viel dafür tun müssen, daß die Energiepolitik, wie es
Meine Damen und Herren! Bei dem Thema Atomausstieg scheint es auch noch um eine andere Sache zu gehen. In jedem Redebeitrag wird über Glaubwürdigkeit gesprochen, und es scheint so, daß keiner dem anderen mehr über den Weg traut bei diesem Thema.
Ich finde das sehr bedauerlich. Ich kann mir eine Bemerkung zu Ihrem Redebeitrag nicht verkneifen, Herr Senator Porschke. Sie haben gesagt, Sie würden der SPD in Fragen des Atomausstiegs mehr über den Weg trauen, wenn wir versichern würden, daß wir künftig nur mit einer Regierung weitermachen, die dieses Thema genauso behandelt, wie es jetzt behandelt wird.
Wir würden das sicher gern mit den Grünen machen, dann müßten wir und auch die Grünen uns aber gemeinsam anstrengen,
denn zu so einer Partnerschaft gehören zwei. Ich fürchte, daß uns die Grünen bei Bund und Ländern verlorengehen, wenn wir nicht zu der Politik, die wir gemeinsam machen, auch gemeinsam stehen.
Wir müssen den Atomkonsens, so wie er vorgelegt wurde, nach draußen gemeinsam vertreten und ihn nicht intern herunterreden. Wer soll uns denn abkaufen, daß das die richtige Linie ist, wenn wir selbst nicht einmal dazu stehen. Wir müssen sagen, daß das, was unsere Regierung in Berlin mit den Bossen ausgehandelt hat, richtig ist, sonst werden die Leute es uns auch nicht abkaufen.Noch meinen 46 Prozent der Bevölkerung, daß es richtig ist, was verhandelt wurde. Ich meine, es muß mehr werden, und dafür müssen wir werben.
Nun noch einmal zu Ihnen, Herr Salchow. Sie haben auch die Glaubwürdigkeit traktiert, indem Sie auf den Grünen herumgekloppt haben. Sie haben die Glaubwürdigkeit der Grünen in einer Art und Weise bejammert, als ob Sie jemals die Politik, die die Grünen gemacht haben, vertreten hätten. Sie waren doch die ersten, die immer auf Trittin eingeprügelt haben und es jetzt auch noch tun.Tun Sie also nicht so, als hätten Sie die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Ich habe von Ihnen auch noch nicht gehört, wie ein künftiges Energiekonzept aussehen sollte, meine Damen und Herren. Ihre Chefin Angela Merkel hat in ihrer Zeit als Umweltministerin vielleicht auch mal da und dort eine kritische Bemerkung gegen Atomenergie und Atomwirtschaft fallengelassen, sie hat aber kein Konzept vorgelegt. Das hat die jetzige Regierung getan.
Ich erinnere noch einmal daran, daß in der Vereinbarung darauf hingewiesen wurde, wie die künftige Energiepolitik aussehen soll. Etwa zwei Wochen bevor der Konsens vorgelegt wurde, ist in Berlin das Papier „Energiedialog 2000 – Leitlinien zur Energiepolitik“ vorgestellt worden, das alle gesellschaftlichen Gruppen zu der Frage erarbeitet haben. Leider, Herr Jobs, haben sich die Naturschutzverbände bei
diesem Dialog frühzeitig vom Hocker gemacht, obwohl das, was im Konsens erarbeitet wurde, in den Leitlinien weiteren Eingang gefunden hat. Es wird dort nicht umsonst einer nachhaltigen Energiepolitik das Wort geredet.Es ist das erste Mal, daß die Nachhaltigkeit des Klima- und Umweltschutzes bei der Energiepolitik offiziell eine wichtige Rolle spielt und daß nicht nur der Standortfaktor, die Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit genannt werden.Wir haben jetzt genügend Zeit, um Alternativen aufzubauen.
Noch ein Wort zur CDU.Herr Salchow, mir kommen die Tränen und ich weiß nicht mehr, was ich zu der CDU sagen soll.
Wir sind in der Situation, daß die Industriebosse Ihnen hinterherlaufen und betteln, daß Sie diesem Kompromiß zustimmen, und da geht der Kuhn daher und sagt, die Opposition solle diesem Konsens zustimmen, weil die ganze Sache sonst in die Hose geht.
So etwas sind wir von Ihnen nicht gewöhnt. Wir sind auch von Herrn Stoiber nicht gewöhnt, daß er plötzlich die Atomtransporte und -entsorgung blockiert. Er hat gesagt:
„Wir werden die Entsorgung blockieren, indem wir keine Zwischenlager genehmigen, damit diese ganze Kiste in den Dreck fährt.“