Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

(Beifall bei der CDU und bei Doris Mandel SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Uhl.

(Uwe Grund SPD: Nicht Herr Hackbusch?)

Unser Pressesprecher hat mir gesagt, daß wir auch gelegentlich einmal etwas loben sollen. Dann tue ich das hiermit, denn ich finde es lobenswert, daß das Thema Verdeckte Armut Bestandteil der Sozialberichterstattung werden soll. Das ist lobenswert, keine Frage, aber eine Armutsberichterstattung ist natürlich kein Selbstzweck, sondern...

(Dr. Martin Schmidt GAL: Früher habe ich das im- mer so gesagt!)

Das hast du dir gedacht, Martin Schmidt. Ihr verhaltet euch leider immer so, als wäre das Papier sozusagen der Selbstzweck; das ist es nicht.

(Zuruf von Dr. Martin Schmidt GAL)

(Doris Mandel SPD)

A C

B D

Deswegen ist es höchstens Grundlage für eine Diskussion – das zum einen.Zum anderen befinden wir uns in einer Situation, in der große Worte wie zum Beispiel „Loslösung und Zugangssteuerung in die Sozialhilfe“ mittlerweile schon zu Synonymen verkommen, um Menschen ihre Sozialhilfeleistungen vorzuenthalten, also zu ihrer Armut beizutragen, und die Behörde forciert genau diese Situation. Deswegen möchten wir die Ressourcen der Behörde, die Frau Franken auch genannt hat, nutzen, möchten aber, daß die Federführung für diesen Bericht bei den Wohlfahrtsverbänden, den Organisationen und den Selbsthilfeinitiativen liegt, da diese unmittelbar Erfahrungen haben und auch wahrscheinlich weniger Interesse daran, Armut verdeckt zu lassen.

Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, und ein kluges Verhalten von Ihnen wäre es, diesem zuzustimmen. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Weitere Wortmeldungen vermag ich nicht zu erkennen. Dann lasse ich über den Antrag, Drucksache 16/4536, abstimmen. Wer möchte denselben annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Zusatzantrag abgelehnt.

Ich stelle dann den GAL- und SPD-Antrag 16/4471 zur Abstimmung. Wer möchte demselben seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Antrag angenommen.

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 70, Drucksache 16/4478: Antrag der Gruppe REGENBOGEN zur Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs.

[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Geplante Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs – Drucksache 16/4478 –]

Wer wünscht dazu das Wort? – Der Abgeordnete Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir gestellt haben, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und sollte auch unterstützt werden.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Es geht darum, daß eine Zuschüttung des Mühlenberger Lochs nur dann in Gang gesetzt werden darf, wenn es auch politisch gewichtet und juristisch bis zum Ende geprüft ist. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und von daher brauche ich zu diesem Antrag gar nicht mehr so viel zu sagen.

Interessanter sind natürlich die Diskussionen darüber, was über die Zukunft des A3XX beschlossen worden ist, was mit dem DASA-Werk oder jetzt EADS-Werk in Finkenwerder geschehen wird und dort beschlossen worden ist.Nach diesen euphorischen Gefühlen, die eine ganze Zeitlang durch Hamburg schwappten, ist es jetzt möglich, sich einmal realistisch und ernsthaft die dort beschlossenen verschiedenen Punkte anzusehen.

Im Planfeststellungsverfahren sind 2000 Arbeitsplätze im Werk angedeutet worden, aber nicht wirklich versprochen worden. Es wären in dem Augenblick 2000 Arbeitsplätze möglich, wo die Produktion nach Finkenwerder kommt, die im Planfeststellungsverfahren auch geprüft und gefordert worden ist.Es umfaßte die Montage des A3XX, es umfaßte

den Innenausbau und die Auslieferungshalle. Durch den Beschluß vom 23. Juni kommt der wesentliche arbeitsintensive Teil und auch der flächenfressende Teil des Ganzen gar nicht mehr nach Hamburg.Die Endmontage findet nicht in Finkenwerder statt. Von daher sind die dort geplanten Hallen jedenfalls laut Kurzbeschreibung des Gesamtgutachtens der Wirtschaftsbehörde auf diesem Gelände nicht mehr nötig, und auch der wesentliche Arbeitsplatzeffekt ist nicht mehr vorhanden, da die Montage des Flugzeugs das Entscheidende im Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen ist. Die gegenwärtige Situation ist so, daß praktisch die fertigen Flugzeuge von Toulouse nach Hamburg kommen. Das sind schon fertige Flugzeuge, die können schon fliegen.Da wird nur noch der Endinnenausbau vorgenommen, keine großartige Elektronik mehr, es werden nur noch Küchen, Toiletten und ähnliches eingebaut, aber ansonsten nichts, und es wird noch lackiert.

(Michael Dose SPD: Sitze!)

Das ist die Sache mit den Arbeitsplatzeffekten. Von daher gibt es nicht die Arbeitsplatzeffekte, die im Planfeststellungsverfahren noch vorgesehen waren. Der Beschluß hat endgültig deutlich gemacht, daß dies wie eine Seifenblase geplatzt ist.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das zweite wichtige Thema ist die Frage, was noch nach Hamburg kommt. Da ist groß gefeiert worden, daß ein Auslieferungszentrum und ein Teil der Auslieferung nach Hamburg komme, und zwar durchgängig von allen Typen.Diese Auslieferungssituation bedeutet, daß die fertigen Flugzeuge mit fertiger Lackierung und fertigem Innenausbau mit den Lasten und den letzten Testflügen nach Hamburg kommen, und da wird deutlich, daß die gegenwärtig vorhandene Start- und Landebahn nicht mehr ausreicht. Im Planfeststellungsbeschluß wird festgestellt, daß Tests auf Wunsch des Kunden mit gegebenenfalls voller Beladung nicht möglich sind. Wenn die Auslieferung von Hamburg aus stattfinden soll, werden diese Tests mit voller Beladung natürlich notwendig sein.

Weiter kommt das Planfeststellungsverfahren in diesem Punkt zu einem sehr fragwürdigen Schluß. Ich will einmal zitieren:

„Für die Planfeststellungsbehörde ist es jedenfalls ausreichend, daß der A3XX unter bestimmten Voraussetzungen auch in Hamburg starten kann.“

Herr Mirow wird diesen Satz sehr genau gelesen haben.Ich werde ihn mal so interpretieren, daß deutlich wird, was damit ausgedrückt wird.

(Ingrid Cords SPD: Auslegen!)

Das heißt, die Flugzeuge können nicht mehr in Finkenwerder landen, weil man für die Landung eine längere Landebahn braucht. Ein Auslieferungszentrum ohne Landebahn ist eigentlich nicht vorstellbar. Und „unter bestimmten Voraussetzungen“ bedeutet, daß man bestimmte Windverhältnisse braucht. Man kann sich nicht vorstellen, daß sich ein solches Werk damit zufriedengeben wird, Teile der Auslieferung in Hamburg zu machen, wenn man immer bestimmte Winde abwarten muß, um wirklich starten zu können.

Das heißt, daß die bisher geplante Landebahn nicht ausreicht, und die Wirtschaftsbehörde muß heute oder zumindest im September deutlich sagen, daß dort Veränderungen absolut notwendig sind. Das bedeutet, daß eine Lan

(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

debahn weit über das, was bisher angedacht worden ist, hinausgehen muß in den Rosengarten hinein. Nach allen Informationen, die uns zur Verfügung stehen, zieht man schon in Rosengarten und Neuenfelde kräftig mit dem Geld los und kauft irgendwelche Höfe auf. Von daher wird die Wirtschaftsbehörde schon aktiv, oder ich weiß nicht, welche skurrile Mafia-Organisation dies sonst macht.

(Unmutsäußerungen bei der SPD)

Wenn es nicht unsere legitimierte Wirtschaftsbehörde ist, möchte ich gerne wissen, welche berühmten Menschen mit den Schecks dort durch die Gegend ziehen und den Leuten die Angebote machen, von denen in allen Kneipen in Neuenfelde geredet wird; daran sind wir natürlich sehr interessiert.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Nennen Sie Roß und Reiter!)

Deshalb ist es auch wichtig, auf diese Frage eine Antwort zu geben, denn der zweite Punkt ist die Ortsumgehung von Finkenwerder, durch die das Dorf Neuenfelde angekratzt und in gewisser Weise eine Zukunft für Neuenfelde und für das Alte Land verbaut wird. Es ist Aufgabe dieses Parlaments, Neuenfelde eine Zukunft zu geben und nicht ein zweites Altenwerder zu produzieren – es ist ein schlimmeres Altenwerder, das hier produziert wird – und in diesem Punkt dem Alten Land eine Zukunft zu geben. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dobritz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte ein paar Sätze zur Zukunft Hamburgs sagen. Zunächst sollten wir an dieser Stelle – insofern bin ich natürlich froh, daß uns ein solcher Antrag vorliegt – Dank sagen an die, die in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren sehr intensiv und am Ende sehr erfolgreich die Bewerbung vorangetrieben haben und dieses schöne Ergebnis mit erzielt haben. – Herzlichen Dank an den Senat.

(Beifall bei der SPD, der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Wenn man sich diese Entscheidung vor Augen führt, dann muß man zugeben, daß wir in einer Zukunftsbranche dieser Welt in den letzten 25 Jahren ziemlich viel Glück gehabt haben, daß wir immer die richtigen strategischen Entscheidungen zur richtigen Zeit getroffen haben. Wir haben uns – ich bringe das in einen Zusammenhang – damals auch nach Auseinandersetzungen entschieden, in Hamburg den Stadtflughafen auszubauen. Er hat uns ermöglicht, 5000 bis 6000 hochwertige Arbeitsplätze bei der LufthansaTechnik in der Stadt zu behalten.Wir sind 1999 in der Lage gewesen, die Produktionsstätte dieser Lufthansa Technik für mehr als 200 Millionen DM zu verkaufen. Klammer auf: Dabei sind wir auch 400 Millionen DM Verbindlichkeiten losgeworden.Wir sind in der Lage, heute 49 Prozent der Anteile des Flughafens zu verkaufen, der ertragreichste Flughafen der Bundesrepublik Deutschland. Und wir haben in den siebziger Jahren eine Entscheidung getroffen, die damals vielen noch nicht klar war.Wir haben uns für schlappe 62 Millionen DM 20 Prozent Anteile des damaligen Werks MBB gekauft.Wenn in einigen Monaten der Senat dieser Bürgerschaft die Finanzierung für den Infrastrukturausbau vorlegen wird, dann werden wir sehen, was für eine kluge und weitreichende Entscheidung in den siebziger Jahren getroffen worden ist.

(Zuruf von Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das heißt, wir haben mit der Luftfahrtbranche in dieser Stadt nicht nur Glück. Sie sichert langfristig technologisch hochwertige Arbeitsplätze, und darüber sollten wir uns sehr, sehr freuen.

(Beifall bei der SPD und bei Antje Möller GAL)

Es ist natürlich klar, daß, wer solche Infrastrukturen in einer Metropole hat, nicht umhinkommt, in ökologische Bereiche einzugreifen. Der wird natürlich auch vor der Frage stehen, wie er das eine oder andere stadtverträglich hinbekommt, und hier muß man natürlich immer auch Kompromisse eingehen. Man kommt nicht umhin, bei den betroffenen Menschen für diesen Kompromiß im Interesse der Zukunft dieser Stadt zu werben.

Wir haben dafür am Flughafen und bei der Luftwerft schöne Beispiele. Nicht nur, daß die U-Bahn kommt – ich gebe zu, ein paar Jahre zu spät –, aber durch den Verkauf der Grundstücke und der Produktionshallen der LufthansaWerft wird die zweite Lärmschutzhalle gebaut – ein einmaliges Ergebnis, dieses gibt es nicht ein zweites Mal auf der Welt.