Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

dern daß die Planung der Messeerweiterung nicht zu einer Zunahme führen dürfe, und das tut sie, wenn 7500 neue Stellplätze geschaffen werden.

Was bisher gar nicht angesprochen wurde, ist – weil der Senat uns das im Ausschuß lieber nicht sagen wollte –, daß die derzeitige Verkehrsplanung Planten un Blomen mit einbezieht. Das heißt, es wird unter anderem unter Planten un Blomen eine Tunnellösung geben, in einem Gebiet, in dem Planten un Blomen die einzige Naherholungsfläche ist und in dem wir ein großes Naherholungsdefizit haben.

Wir wollen, daß die weitere Beteiligung der Betroffenen entscheidungsrelevant erfolgt, das heißt, die Bürgerinnen sollen nicht nur einmal am Samstag sagen dürfen, was sie wollen, um dann im November das Ergebnis vorgestellt zu bekommen, sondern Beteiligung heißt, daß man laufend zurückkoppelt, was diskutiert wurde und welche Ergebnisse es gibt.Es ist eine selbstverständliche Forderung, die Sie auch unterschreiben können müssen, daß die Prozesse, die jetzt anlaufen, entscheidungsoffen sein müssen und nicht von vornherein vom Senat festgelegt sein dürfen. Deswegen stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Senator Dr. Mirow.

(Dr. Holger Christier SPD: Ich glaube, mit der Zu- stimmung des REGENBOGENS wird das nichts!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich nicht vor, mich zu der Frage zu äußern, wer, warum im Ausschuß oder hier stimmen will oder soll. Da Sie das aber getan haben, Frau Möller, will ich ebenso freimütig sagen, ich wäre dafür gewesen, dem CDU-Antrag zuzustimmen; nicht, weil ich glaube, daß er die Welt wirklich verändern würde, aber mein politisches Interesse liegt eher darin, daß es zu dieser Planung eine breite Mehrheit in der Stadt gibt.

(Antje Möller GAL: Das wäre eine pädagogische Maßnahme gewesen!)

Ich denke auch, daß wir im Zuge der weiteren Arbeit wieder zu dieser breiten Mehrheit zurückfinden werden.Da bin ich gar nicht ohne Optimismus.

Ich will in der Sache vier Bemerkungen machen.

Erstens: Herr Ehlers, Sie hatten sich auf die Erklärung des Senats im Ausschuß bezogen; das war in diesem Falle ich. Deswegen will ich vortragen, was dazu in der entsprechenden Drucksache wiedergegeben ist:

„In einem Gespräch mit den Geschäftsführern der Kammern und Herrn Professor Brauer“

das ist einer der Gutachter –

„seien aufgetretene Vorbehalte in bezug auf eine mögliche Befangenheit des Gutachters ausgeräumt worden und der Untersuchungsauftrag erweitert worden. Es sei klargestellt worden, daß es darum gehe, objektiv aus messelogistischer Sicht, Aspekte zusammenzutragen und insbesondere alle Möglichkeiten einzubeziehen, die den Fleischgroßmarkt nicht tangieren.“

Bei dieser Darstellung bleibe ich.

Der nächste Absatz lautet:

„Die CDU-Abgeordneten begrüßten die Herangehensweise des Senats, der damit auf dem besten Wege sei, die im CDU-Petitum aufgeführten Punkte in die Vorbereitung einzubeziehen.“

In Wahrheit sind wir also nicht so weit voneinander entfernt.

Das zweite Monitum der Opposition war, aber mit sehr unterschiedlicher Zielrichtung, wann bekommen wir eigentlich die Antworten auf die offenen Fragen. Herr Ehlers hat kritisiert, daß wir die Bürgerschaft mit einer Richtungsdrucksache befassen und zu wesentlichen Themen noch keine Antworten hätten. Frau Sudmann hat kritisiert, daß das alles wieder einmal unter so furchtbarem Zeitdruck steht und der Senat wieder einmal viel zu zügig handelt. Das ist schwer auf einen Nenner zu bringen, und in Wahrheit hebt es sich auch auf.

Wir sind so vorgegangen, wie die Bürgerschaft das nicht zuletzt als Ergebnis ihrer Enquete-Kommission gegenüber dem Senat als Anforderung formuliert hat, nämlich in Planungen einbezogen zu werden. Der Natur der Sache entspricht es, daß man, wenn in Planungen einbezogen wird, nicht schon das Ergebnis der Planungen vortragen kann.

(Uwe Grund SPD: Dann ist noch nicht alles be- schlossen!)

Insofern, Herr Ehlers, ist Ihre Anmerkung ein bißchen neben der Sache. Sie wissen, daß wir das, was Sie erwarten, untersuchen. Man könnte jetzt auch vortragen, wer das alles im einzelnen macht, aber das ist vielleicht nicht so spannend, und daß es selbstverständlich ist, daß es keine Entscheidung in Senat und Bürgerschaft geben kann, ohne daß so relevante Fragen wie die Verkehrsplanung oder die Finanzierung oder die Folgen für den Fleischgroßmarkt mit beantwortet werden.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Die Antworten sind relevant!)

Drittens möchte ich auf die Situation des Schlachthofes und im Verhältnis dazu auf das Thema Messeerweiterung eingehen, weil sich diese Themen in den Medien immer wiederfinden. Ich will ganz offen sagen, Frau Ahrons, weil ich soeben Ihren leisen Zwischenruf gehört habe – ich weiß gar nicht, ob er protokolliert worden ist –, es sei schon so viel Porzellan zerschlagen worden, da machten Sie es sich mit einem Planungsprozeß zu einfach. Wir haben in der Stadt keine Planungsvorgänge, bei denen es nicht Interessen gibt, die berührt werden. Das ist in einem verdichteten Ballungsraum wie Hamburg unmöglich. Es kommt darauf an, daß man mit Betroffenen spricht, allerdings auch mit einer gewissen Erfahrung, die Sie mir nach so vielen Jahren im Senat zutrauen mögen, nämlich im Wissen darum, daß Betroffene ihre Interessen vertreten.Es ist legitim, daß man dazu Redaktionen anruft und immer wieder darauf hinweist, um wieviel Arbeitsplätze es geht. Aber, daß man in der Wirtschaftsbehörde nicht wüßte, um wie viele Arbeitsplätze es geht, wäre falsch.Ebenso wie die Annahme falsch wäre, daß das, was da wesentlich dank unternehmerischer Initiative entstanden ist, von der Wirtschaftsbehörde bisher bekämpft worden wäre. Das ist alles nicht der Fall.

(Barbara Ahrons CDU: Es ging doch um die Pla- nungssicherheit!)

Aber Planungssicherheit ist etwas, was man zwar in kurzer Frist, aber am Ende eines Planungsvorganges erreicht.

Viertens: Ich kann nicht akzeptieren, daß jetzt immer zu Recht gesagt wird, da geht es um 2700 Arbeitsplätze, und

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

daß dabei ein bißchen in Vergessenheit gerät, daß es auch um ein paar tausend Arbeitsplätze – die Landesbank schätzt etwa 6000 bis 8000 – in der Stadt geht, die von Messeentwicklung und Messebetrieb leben. Ich bin auch nicht bereit, dahinter zu verstecken, daß wir vielleicht 25 Prozent – ganz genau weiß man das nicht – aller Übernachtungen, die es in Hamburg gibt, dem Messe- und Kongreßwesen verdanken. Ich bin auch nicht bereit, darüber wegzusehen, daß wir eine große Zahl an zusätzlicher Wertschöpfung im Milliardenbereich den Messe- und Kongreßbesuchern zu verdanken haben. Ausgangsanalyse ist, wenn wir uns nicht erheblich anstrengen, den Messestandort Hamburg wettbewerbsfähig zu halten, daß Hamburg als Messe- und Kongreßstadt nicht mehr wettbewerbsfähig sein wird.

Zusammengefaßt: Daß der Fleischgroßmarkt seine Interessen vertritt, ist legitim. Daß die Anwohnerinnen und Anwohner im Karolinen- und im Schanzenviertel ihre Interessen vertreten, ist auch legitim. Ich bitte um Verständnis dafür, daß man nicht am Anfang eines Planungsprozesses, in den wir ausdrücklich die Bürgerschaft einbeziehen wollen, das Ende der Planungen jeweils schon verkünden kann. Ich will in aller Deutlichkeit sagen, daß ich bei aller Bereitschaft zum Dialog und zum Gespräch sowie bei aller Sorgfalt, möglichst viele einzubeziehen und einzubinden, das Ziel, die Messe an diesem Standort zu erweitern, nicht aus den Augen verlieren werde. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält Herr Ehlers.

(Dr. Rolf Lange SPD: Das ist doch nicht nötig!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde schon, daß das noch einmal eines Debattenbeitrags bedarf, Frau Sudmann.Nicht aufgrund Ihrer Kritik sind wir auf die Idee gekommen, unseren Antrag zu stellen. Deswegen gibt es auch keine Veranlassung, Ihrem Antrag heute zuzustimmen, außer in zwei Punkten.

Wir glauben, daß Sie in Punkt 1.1 Ihres Antrags recht haben, wenn Sie sagen, daß die Funktionsfähigkeit und die Arbeitsplätze des Fleischgroßmarktes Hamburg in vollem Umfang erhalten bleiben müssen. Dieses entspricht unserem Antrag.Wir haben eine differenzierte Abstimmung beantragt und werden diesem Teil Ihres Antrags zustimmen. Auch Punkt 1.4 Ihres Antrags, daß für Messebesucherinnen die Anreise mit der Fernbahn und mit dem ÖPNV attraktiv gemacht werden muß, finden wir richtig. Schwachsinnig finden wir allerdings, eine Zunahme des motorisierten Individualverkehrs nicht stattfinden zu lassen. Wir wollen die Messe erweitern, damit dort mehr Besucher hinkommen. Dieses wird auch bedeuten, daß viele trotz aller Attraktivität des ÖPNVs nicht auf ihr Auto verzichten können.

(Beifall bei der CDU)

Die wollen wir nicht zu Hause lassen, sondern wir erhoffen sehr, daß dort mehr Besucher kommen. Dieses bedeutet auch mehr Verkehr, und dazu muß man sich bekennen.

Herr Hajen, Sie haben gesagt, Sie hätten unseren Antrag eigentlich unschädlich gefunden. Deswegen wundern wir uns sehr, daß Sie ihn nicht annehmen, haben wir doch in diesem Hause zuhauf – ich bin jetzt seit 30 Jahren im Parlament – Anträge aufgrund Ihrer Initiativen beschlossen,

die inhaltlich die Qualität hatten: „Die Bürgerschaft beschließt, morgen ist Donnerstag.“

Ständig haben wir dieses beschlossen, und nie haben Sie sich abschrecken lassen von dem Argument, was soll dieser Unsinn. Hier haben Sie aber mit der Ablehnung dieses Antrags im Schanzenviertel und auf dem Schlachthof Menschen zutiefst verunsichert. Die Betroffenen sagen, wenn Sie das alles wollen, warum lehnen Sie das eigentlich ab?

Herr Hajen, ein Punkt ist in der Tat in unserem Antrag gewesen, der, Herr Senator Mirow, auch in der Drucksache überhaupt keine Rolle spielt.Es ist die Frage:Wie halten wir das eigentlich mit dem CCH? Sie haben vorhin gesagt, die Messe sei in die Jahre gekommen. Natürlich, auch das CCH ist in die Jahre gekommen. Wenn ich den Synergieeffekt zwischen Messe und CCH wirklich nutzen will, dann muß ich für das CCH etwas tun.Wir haben in einem der vier Punkte unseres Antrags gesagt, darüber müßt ihr nachdenken und ihr müßt sagen, was ihr tun wollt und was das kosten soll. Abgelehnt haben sie das. Darüber wollen Sie offenbar nicht nachdenken.

Frau Möller, wir wehren uns überhaupt nicht dagegen, miteinander über die Fragen, die Sie zu Recht aufgeworfen haben, zu reden. Natürlich sind das wichtige Fragen. Gleichwohl wundern wir uns, daß sozusagen mit dem Argument, über Selbstverständlichkeiten wollen wir nicht reden, unser Antrag mit dieser Konsequenz abgelehnt wird.

Ihnen kann machtpolitisch völlig egal sein, ob die Opposition in diesem Hause irgend etwas ablehnt. Das ist, als ob in Chicago eine Bratwurst platzt. Aber, Frau Möller, Sie haben mit der Ablehnung des Antrags eine ganze Menge unterschwelliges Mißtrauen genährt. Herr Senator Mirow hat zu Recht gesagt, dahinter steckt natürlich Interessenvertretung.Aber Menschen, die Interessenvertretung auch benutzen, um Politik zu machen, haben Sie mit der Ablehnung dieses Antrags in ihrem Mißtrauen und in ihrer Möglichkeit bestärkt, in falsche Richtung in diesem Gebiet Politik zu machen.

Zu wesentlichen Punkten sind keine Antworten in der Senatsdrucksache vorhanden. Wenn Herr Hajen darüber spricht, daß man die Dinge natürlich nacheinander betrachten muß, kann ich das nur bestätigen. Aber, wenn man sagt, spätestens im zweiten Abschnitt brauchen wir für die Messeerweiterung Teile des Schlachthofes, dann müssen Sie – nicht heute, aber unser Antrag hieß: rechtzeitig vor der endgültigen Abstimmung –, wenn Sie im zweiten Abschnitt den Schlachthof anknabbern wollen, heute Antworten dafür geben, was dann passieren soll. Wollen Sie nach dem ersten Abschnitt Schluß machen? Dann können Sie die Messe so nicht machen. Wollen Sie nach dem ersten Abschnitt den zweiten in Angriff nehmen? Dann müssen Sie uns sagen, was dieses für den Schlachthof bedeutet. Das Zwischending, wir sagen zwar, wir wollen den zweiten Abschnitt, aber wir sagen euch nicht, was dieses heißt, geht nicht, ohne daß Sie den Leuten, die davon leben, ihre Arbeitsplätze dort erhalten zu sehen, tiefe Verunsicherung zufügen. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Immerhin sind wir in der Debatte ein bißchen weiter.Ich kann mich

(Senator Dr. Thomas Mirow)

daran erinnern, daß es, als diese Debatte begann, eine große Übereinstimmung in der Frage gab, diese Messe an diesem Platz möglichst schnell hinzubekommen. Damals wußte man noch nicht einmal, daß es mit dem Fleischgroßmarkt und mit der verkehrlichen Anbindung vielleicht Probleme geben könnte.