Protokoll der Sitzung vom 20.09.2000

Ablösesummen sorgen auch dafür, daß Stellplätze gebaut werden, die die Stadt bezuschußt. Wir erleben es häufig, daß die Marktpreise für Stellplätze von der Bevölkerung nicht akzeptiert werden.Wir haben selbst Schwierigkeiten, Quartiersgaragen zu vermieten, auch wenn sie mit einer großen Summe bezuschußt wurden. Denn das Laternenparken ist immer noch zum Nulltarif zu haben, während der Stellplatz Geld kostet. Darum sind die Menschen nicht bereit, diese zu mieten. Über leerstehende Stellplätze kann Ihnen die SAGA ganze Leidensgeschichten erzählen, weil die Mieter auf der Straße parken. Wenn Sie diese Bezuschussung auch noch abschaffen, werden die Stellplätze teurer. Das hat dann zur Folge, daß noch mehr Menschen auf der Straße parken. Genau das wollen wir nicht, denn dann werden wertvolle Flächen blockiert.

Deswegen müssen weiterhin auch Tiefgaragen in der Innenstadt gefördert werden. In der Antwort auf Ihre Große Anfrage wurden diverse P + R-Anlagen und Tiefgaragen aufgeführt, die gefördert wurden. Sie können nicht einseitig behaupten, es würde nur der Fahrradverkehr in Hamburg gefördert. Das stimmt nicht.

Selbst in der Drucksache der Baubehörde steht zur Verwendung der sagenhaften 65 Millionen DM, daß zum Beispiel ein P+R-Haus in Rahlstedt mit 14 Millionen DM gefördert wird.

(Barbara Duden SPD: Ja, genau!)

Was werden die Wandsbeker sagen, wenn die Einnahmen gekürzt werden und das P+R-Haus nicht gebaut wird? Das wäre bestimmt nicht schön.

(Bernd Reinert CDU: Die Einnahmen haben sie doch schon seit Jahrzehnten! Dummes Zeug!)

Oder nehmen wir den Zuschuß für den Bau einer Tiefgarage in der Stolbergstraße in Höhe von 1,7 Millionen DM. Wollen Sie diese Mittel streichen? Das ist nicht gut, und deswegen bleiben wir bei der Stellplatzabgabe.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Schmidt.

Die letzten Äußerungen von Herrn Roock und Herrn Ehlers haben ein Problem aufgeworfen. Es ist überraschend, wie Sie das machen.

Bisher gab es in dieser Stadt in den Grundprinzipien der Stadtentwicklungspolitik eine relative Übereinstimmung.Es gab sogar eine Enquete-Kommission, die sich damit befaßte. Im Ergebnis, dem alle Parteien zugestimmt haben, war klar, daß es das gemeinsame Ziel dieser Stadt sein sollte, dafür zu sorgen, daß der Autoverkehr in der Innenstadt möglichst nicht zunimmt.

Jetzt ist offenbar etwas Neues angesagt. Die CDU möchte, daß wir die bisher politisch gewollten Barrieren abbrechen und dafür sorgen sollen, daß Freistil angesagt ist: Jeder darf, was er will. Daß Sie damit die Grundstückspreise heftig anheben, ist eine andere Sache. Aber vielleicht weiß Herr Ehlers das besser als ich.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Herr Schmidt, das haben Sie falsch verstanden!)

Doch was soll nun in der Stadtpolitik gelten? Soll Hamburg einen relativ guten öffentlichen Personennahverkehr weiter ausbauen und dafür sorgen – wie dies seit Jahren geschieht –, daß der Parkplatzbau in der Innenstadt restriktiv gehandhabt wird? Oder soll einerseits versucht werden, den öffentlichen Personennahverkehr weiter auszubauen und andererseits die Restriktionen für den Bau von Parkplätzen zurückzunehmen? Das müßten Sie einmal in Ihre ökonomischen Überlegungen einbeziehen. Es würde bedeuten, daß die Rentabilität des öffentlichen Personennahverkehrs angeknabbert und daß der derzeit relativ flüssige Autoverkehr stark behindert würde. Sie müßten dann – das hat Herr Polle schon gesagt – die Staus beklagen, die Sie noch nicht gefunden haben.

(Barbara Duden SPD: Genau!)

Das wollen Sie aber eigentlich nicht. Ich könnte zwar ironisch sagen, daß das Ihr Ziel sei, aber das glaube ich nicht. Also werden Sie doch mit uns gemeinsam darüber nachdenken müssen, was mit dem beschränkten Platz der Stadt Hamburg zu geschehen hat.

Herr Reinert hat sich gestern im Verkehrsausschuß dahin gehend geäußert, daß die Fahrradwege ein Problem seien, weil dafür der Platz in der Stadt begrenzt ist. Darin haben wir ihm alle zugestimmt, aber der Platz ist ja nicht nur für Fahrradwege begrenzt. Sie können sich auch nicht vorstellen, daß alle Wege und Straßen unterirdisch gebaut werden können. Das funktioniert nicht, denn es wurde schon zuviel unterirdisch gebaut. Das heißt, Sie müssen das Problem genauso ernst nehmen, wie es sich stellt, und sich fragen, was Sie in dieser Stadt bauen lassen wollen.

(Rolf Polle SPD)

Zu den Freiheitsvorstellungen von Herrn Ehlers. Der Spruch „Freie Fahrt für freie Bürger“ ist alt. In Wahrheit ist diese Verheißung aber nicht erfüllbar.Es ist das eigentliche Problem der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, daß für die Städte die freie Fahrt nicht machbar ist.

Sie sagen aber, daß dies aber trotzdem zugelassen werden muß. Das können wir nicht, weil wir keine Versprechungen machen können. Dies ist eine der Grundbedingungen, warum auf dieser Ebene Politik gemacht werden muß. Sie sollten es sich überlegen, bevor Sie solche unpolitischen Forderungen stellen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat jetzt Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Herr Schmidt, das war mir ein wenig zu einfach.

Wir reden über zwei Dinge, Herr Schmidt. Das erste ist, in welchem Umfang man bereit ist, bei einem Investitionsvorhaben Stellplätze vorzuschreiben. Sie haben gesagt, daß Sie das bei Wohnungen anders sehen würden als beim Gewerbe. Wir müssen also erstens darüber nachdenken, ob für das Bauvorhaben X eigentlich 100 Stellplätze richtig sind.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Ich würde sogar weiter- gehen! Ich würde sagen, es gibt eine Höchstzahl!)

Sie können auch zu dem Schluß kommen, daß keine Stellplätze gebaut werden sollen.Das ist die erste Frage, die Sie klären müssen.

Zweitens müssen wir über folgende Frage reden, Herr Schmidt: Ein Investor soll 100 Parkplätze erstellen. Ihm wird aber vorgeschrieben, daß er 50 bauen muß, die anderen 50 aber bezahlen muß.Das ist das, was ich nicht verstehe.Ich bin gern bereit, mit Ihnen über die 100 Parkplätze zu reden.Wenn ich 100 Parkplätze vorschreibe, dann muß es auch erlaubt werden, daß diese, wenn möglich, gebaut werden. Wenn das nicht möglich ist, dann muß bezahlt werden. Wenn dieser Investor aber die 100 Parkplätze bauen kann und will, darf er nicht bestraft werden, indem er nur die Hälfte bauen darf; das ist nicht in Ordnung.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das ist aber notwendig!)

Gibt es weitere Wortmeldungen aus dem Plenum? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Große Anfrage aus der Drucksache 16/4295 besprochen.

Ich lasse über den CDU-Antrag aus der Drucksache 16/4567 abstimmen. Wer möchte diesen annehmen, den bitte ich um das Handzeichen.– Vielen Dank.Gegenprobe. – Enthaltungen? – Ohne Enthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 60 auf:Drucksache 16/4603: Antrag der SPD-Fraktion zur Universität der Bundeswehr.

[Antrag der Fraktion der SPD: Universität der Bundeswehr am Wissenschaftsstandort Hamburg – Drucksache 16/4603 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 16/4805 ein Antrag der Gruppe REGENBOGEN vor.

[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Universität der Bundeswehr in staatliche Hochschulen eingliedern – auch ein Beitrag zur Abschaffung der Bundeswehr – Drucksache 16/4805 –]

Wer möchte das Wort? – Herr Marx wünscht das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gemäß einer Entscheidung von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping soll die Universität der Bundeswehr in Hamburg auch für zivile Studierende geöffnet werden. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion begrüßt diese Entscheidung ausdrücklich. Die zivilen Studierenden an der Bundeswehr-Uni in Hamburg werden ein Gewinn für den Hochschulstandort Hamburg und eine Bereicherung der Bundeswehr-Universität zugleich sein. Der Studienort Hamburg wird dank dieser Entscheidung noch attraktiver werden können. Frauen werden dadurch erstmalig in größerer Anzahl an der Universität der Bundeswehr studieren können.

Für die SPD-Fraktion ist eine entscheidende Bedingung dabei, daß die neuen zivilen Studierenden nicht nach finanzieller, sondern nach intellektueller Leistungsfähigkeit ausgewählt werden.Durch eine entsprechende Stipendienvergabe muß sichergestellt werden, daß nicht allein der Geldbeutel der Eltern über die Zulassung an dieser Hochschule entscheidet. Die Trimester-Regelung an der Universität der Bundeswehr kann durch die Zulassung ziviler Studierender auch auf die anderen staatlichen Hochschulen Hamburgs ausstrahlen und womöglich ein wenig abfärben.

Schon heute nutzen zahlreiche zivile Studierende Hamburgs die Einrichtungen der Bundeswehr-Universität auf eigene Initiative oder wegen schon bestehender Kooperationen mit Hamburger Hochschulen. Das belegt, wie attraktiv schon jetzt die Bundeswehr-Universität für Hamburgs Studierende ist. Die Öffnung der BundeswehrUniversität wird als Nebeneffekt die künftigen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen der Bundeswehr noch stärker als bisher in der Zivilgesellschaft verankern. Die Öffnung für zivile Studierende wird das Studienangebot Hamburgs um eine weitere Perle bereichern und noch mehr jungen Menschen die Chance einer guten Hochschulausbildung geben. Die SPD-Fraktion möchte, daß der Senat der Bürgerschaft über diese Fragen berichtet.Wir wünschen der Bundeswehr-Universität auf dem von ihr beschrittenen Weg viel Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch zwei, drei Sätze zum REGENBOGEN-Zusatzantrag sagen. Eigentlich fehlen nur noch zwei Punkte im Antrag, den Sie, Frau Koppke, vermutlich entworfen haben: Erstens wird die Bundeswehr abgeschafft, und zweitens tritt Hamburg ersatzweise aus dem Bund aus. Auf jeden Fall wird die SPD-Bürgerschaftsfraktion den Zusatzantrag ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Spethmann.

Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag wird auch von der CDU unterstützt. Es gilt nämlich, insbesondere das Engagement der Stadt für diese Bundeswehr-Universität darzu

(Dr. Martin Schmidt GAL)

stellen.Die Bundeswehr-Universität ist ein wichtiger Standortfaktor für diese Stadt. Es steht zu befürchten, daß im Rahmen der Einsparungen bei der Bundeswehr diese Bundeswehr-Universität vielleicht sogar geschlossen wird; diese Überlegung gibt es durchaus.Wir sollten uns darüber im klaren sein, daß 1500 Studenten, 100 Professoren und 200 Personen wissenschaftliches Personal mit Familien ein sehr wichtiger Standortfaktor für Hamburg sind.

Auch die Qualität der Bundeswehr-Universität ist ausgesprochen gut; Herr Marx hat das eben schon erläutert. Ich selbst kann mich noch an meine Studienzeit erinnern, wo ich statt in der Universität Hamburg lieber in der Bundeswehr-Universität gesessen habe und dort in der tollen Bibliothek meine Sachen zusammengeschrieben habe.

Wichtig ist insbesondere in diesem Zusammenhang, daß der Senat mit der bayerischen Landesregierung zusammenarbeitet, daß beide Hochschulstandorte gleichwertig aufrechterhalten und nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ich halte es auch für sehr vorteilhaft, daß die homogene Studentenschaft aufgelockert werden kann, beileibe aber nicht in dem Sinne, wie Frau Koppke das im Antrag geschrieben hat. Es ist zwar gut, daß auch Zivile an der Bundeswehr-Universität sind, aber man kann beileibe nicht sagen, daß die Bundeswehr-Universität den militärischen Charakter ausgesprochen stark nach draußen trage.

Ein wichtiger Problembereich werden die Finanzierungsprobleme sein, denn bisher erhalten die Offiziere, die dort studieren, ein volles Gehalt und studieren in Trimestern. Das wird einem zivilen Studenten so natürlich nicht möglich sein.Der bekommt kein volles Gehalt, und er kann auch nicht nebenbei jobben, denn bei Trimestern ist es ausgesprochen anstrengend, so zu studieren.

Insofern freuen wir uns darauf, daß der Senat hierzu eine Ausarbeitung machen wird.Er kann sich der Unterstützung der Bürgerschaft sicher sein, diesen Standort zu erhalten. Zum REGENBOGEN-Antrag möchte ich nur sagen:Das ist ideologischer Schwachsinn. Wenn wir dies tatsächlich so umsetzen würden, dann würden wir die Bundeswehr-Universität nicht mehr lange hier haben. – Danke.