Am Friedrich-Ebert-Damm in Wandsbek läßt sich wunderbar nachvollziehen, wie Wirtschaftspolitik in dieser Stadt verläuft.Wer dem Senat viel verspricht, der bekommt auch viel. Die Gefahr, daß man diese Versprechen auch einhalten muß, ist absolut gering. Deswegen wollen wir mit unserer Großen Anfrage einmal mehr der Politik der leeren Versprechungen einen Riegel vorschieben.
Um was geht es hier? In Wandsbek, auf der Automeile am Friedrich-Ebert-Damm, plante 1997 die Raffay-Grundstücksgesellschaft ein Entertainment-Center – wie es neudeutsch heißt – mit Großkino, Erlebnisgastronomie, Bowlingbahn und Autohaus.Proteste gegen diese Planung gab es damals vor allem deshalb, weil die vorgesehenen Bauflächen für produzierendes und auch lärmendes Gewerbe reserviert waren. Solche Flächen sind bekanntlich in Hamburg eher knapp.Deswegen werden sie freiwillig auch nicht hergegeben.
Dieses Problem wurde recht elegant gelöst, indem man das Kino und den Rest zum Frequenzbringer für das KfzGewerbe der Automeile erklärte. Auf unsere Frage an den Senat, wie denn Frequenzbringer definiert sei, sagte der Senat heute:
„Die Nutzungsvorstellung des Investors schienen zur Stärkung und Attraktivitätssteigerung der Automeile Friedrich-Ebert-Damm geeignet.“
Sie merken es schon, an dieser recht vorsichtigen Formulierung ist zu erkennen, daß von den großartigen Versprechungen nichts übriggeblieben ist.Das Kino schreibt selbst nach Aussagen des Betreibers rote Zahlen, mehr Besucherinnen und vor allem mehr Käuferinnen für die Automeile hat es nicht gebracht. Dafür sind jedoch unwiderruflich wichtige Gewerbe- und Industrieflächen in Hamburg
verlorengegangen. Die Konsequenz heißt jetzt nämlich, daß in Landschaftsschutzgebieten, auf der grünen Wiese, wie am Plaggenkamp in Bergstedt, neue Gewerbeflächen entstehen sollen. Das ist kein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen dieser Stadt, sondern eine katastrophale Flächen- und Umweltpolitik.
Doch zurück zum Raffay-Entertainment-Center. Der Senat hat am 15. April 1997 – daran ist Herr Dr. Maier noch unschuldig – grünes Licht für das Vorhaben gegeben. In seiner Pressemitteilung hebt der Senat dann auch positiv hervor, daß 200 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und das gesamte Bauvolumen von circa 100 Millionen DM – Frau Duden nickt schon – ausschließlich an Hamburger Firmen vergeben werden soll.
Wenn Sie das nicht wissen, ist das traurig, weil die Wandsbeker SPD damit auch „gekauft“ worden ist.
Mit dieser Zusicherung des Investors sollte aber vor allem der Protest des Hamburger Handwerks wegen des Verlustes der Gewerbeflächen beruhigt werden. Doch wie wir jetzt feststellen können, interessiert den Senat die Einhaltung dieser Punkte nicht.In der Antwort auf unsere Anfrage offenbart er nämlich, daß den beteiligten Behörden selbst jetzt, ein Jahr nach Inbetriebnahme des größten Teils des Entertainment-Centers, zu den Arbeitsplätzen keine Angaben vorliegen. Vielleicht sollte der Senat wieder mal die „Sesam-Straße“ gucken, denn: „Wer nicht fragt, bleibt dumm.“
Des weiteren sagt der Senat, daß ihm keine Informationen darüber vorliegen, daß hauptsächlich Firmen aus dem näheren und weiteren Umland Hamburgs am Bau beteiligt waren.Dabei hätte wirklich ein Blick auf das damalige Bauschild der Raffay-Smart-City genügt. Mein Foto hier ist etwas klein, aber die, die mir nicht glauben, mögen gern einmal gucken; Sie werden dann feststellen, was darauf steht: Firma STRABAG Güstrow, und die Statik und Akustik lag bei Firmen aus Berlin und Hannover. Ich glaube, Sie müssen alle zugeben, daß das alles Orte sind, die nicht in Hamburg liegen und demnach auch keine Hamburger Handwerksfirmen sind.
Eine Senatspolitik, die nur auf Versprechungen der Investoren beruht, die diese weder überprüft noch einfordert, ist nicht nur blauäugig, sondern wir finden, daß das ein richtiger Skandal ist.
Wenn der Senat sich nicht zum Spielball von Investoren machen will, muß er nicht nur Bedingungen formulieren, sondern vor allem auch deren Einhaltung überprüfen und gegebenenfalls auch sanktionieren. Alles andere ist nur eine Lachnummer für die Investoren.
Es ist auch eine Lachnummer für die Beraterinnen. Wenn ich das Wort Beraterinnen in den Mund nehme, müßten die Sozis eigentlich etwas zusammenzucken. Raten Sie doch einmal, wer damals den Investor beraten hat. Wer fällt Ihnen dazu ein? Könnte es vielleicht Volker Lange gewesen sein? Es ist Volker Lange gewesen.
Es ist doch komisch, daß so etwas immer auftaucht. Eine Hamburger Tageszeitung hat damals zu Recht gefragt: „Blech und Filz?“ Ich finde, daß nicht nur ehemalige Innen
oder Bausenatoren, sondern auch andere Senatoren in Hamburg keine Beratungspolitik machen sollten. Das ist einfach unfein und unsauber.
Das Entertainment-Center soll weitergehen, und die Erweiterung soll fortgeführt werden. Der Senat hat wenigstens jetzt die Chance, zu beweisen, daß auch für ihn nicht nur Worte, sondern Taten zählen. Dazu zählt auch die genaue Prüfung des Bebauungsplans, woraus hervorgeht, daß weitere Nutzungen, wie beispielsweise der beantragte Wellness-Club und die Veranstaltungshalle, nur dann genehmigt werden dürfen, wenn sie in einem notwendigen Zusammenhang mit kraftfahrzeugbezogenen Nutzungen stehen. Ich weiß nicht, ob man in einem Wellness-Club Autos durch die Gegend schiebt, um ordentlich Muskeln zu kriegen. So ein Wellness-Club hat wenig mit autobezogener Nutzung zu tun.
Wir erwarten vom Senat, daß er die für das Handwerk und das produzierende Gewerbe notwendigen Flächen, wie am Friedrich-Ebert-Damm, nicht den jeweiligen Trends der Freizeitindustrie opfert. Eine vorausschauende Flächenpolitik kann nicht darin bestehen, das Gewerbe auf die „grüne Wiese“ zu verdrängen. Das ist ökologisch und auch ökonomisch fatal.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Sudmann, das war eine Reihe von Verdächtigungen, aber eigentlich läßt es mich genau so ratlos zurück, wie ich war, als Sie diese Debatte angemeldet haben. Sie haben die Frage, was REGENBOGEN mit dieser Anfrage erreichen will, nicht richtig geklärt, außer daß Sie gesagt haben, es sei alles sehr unredlich.
Dazu sage ich Ihnen – ich bin ein Mitglied der Wandsbeker SPD –, daß das, was Sie so schlankweg behaupten, die seien mal eben gekauft worden, auch vor wenig Publikum eine harte Sache ist. Sie sind mit keinem Wort darauf eingegangen, wie man so etwas sagen kann. Das macht für Sie vielleicht Sinn, aber ich finde es unmöglich.
Ich glaube, daß wir dieses Thema hier unter dem Aspekt diskutieren sollten, was mit der Fläche passiert wäre, wenn Raffay dort nicht Smart-City gebaut hätte. Man könnte entweder sagen, daß man eine Ausweitung und Existenz von produzierendem Gewerbe an dieser Stelle will; das haben wir jahrelang gewollt, und das ist in einigen Bereichen immer noch so. Wenn aber gesagt wird, weil dort Smart-City eingerichtet worden sei, die im engeren Sinn teilweise als Dienstleistungsbereich zu betrachten ist, müsse Plaggenkamp gebaut werden, der denkt kurzsichtig.Das wissen Sie auch selbst.
REGENBOGEN treibt vielleicht auch die Angst um, daß der Betreiber dieses Kinos pleite gehen könnte. Das beschäftigt die Sozialdemokratische Partei eher weniger.
Sie haben gesagt, Sie wollten hier noch einmal an leere Versprechungen erinnern. Leere Versprechungen sind in der Tat eine Sache, die man noch einmal hinterfragen muß; darauf wird Frau Möller gleich noch eingehen.Auch wir wür
den uns dafür interessieren, wie viele Arbeitsplätze dort wirklich geschaffen wurden, das fehlt in der Beantwortung der Anfrage. Wir werden das anmahnen.
Die beabsichtigte Entwicklung sieht in diesem Bereich keinen Einzelhandel vor, der das gewachsene Zentrum am Wandsbeker Markt in irgendeiner Form beeinträchtigen könnte. Ich denke, das bleibt auch in Zukunft so.
Die beabsichtigte Entwicklung soll den Kfz-Handel unterstützen. Das betrifft die Unterstützung von Wirtschaftsverbänden aus dem Wandsbeker Raum, und nicht nur die, sondern auch die der Handelskammer. Ob man nun über Healthland oder irgendwelche anderen Sachen diskutiert oder ob das hoffentlich noch zu bauende Kinderzentrum mit Kfz-Nutzung im Zusammenhang steht, kann nicht Gegenstand dieser Anfrage sein.
Unter dem Gesichtspunkt der Stadtentwicklung ist es wichtig, keine leeren Kinos zu erzeugen. Integration in bereits vorhandene Zentren oder wie hier, am Friedrich-EbertDamm, in Industrieanlagen sind sinnvoll. Wer die Entwicklung von Kinos in ganz Hamburg betrachtet, wird feststellen, daß sie nicht so rosig verläuft.Das liegt zum Teil an den Standorten und zum Teil an der Vielzahl der Kinos. Die Zuwachszahlen, die sich die Betreiber vorgestellt haben, werden nicht erreicht, denn der Markt ist weitgehend gesättigt.
Man sollte aber nicht nur die Standorte, sondern auch das Filmangebot einmal kritisch begutachten. Ich weiß, daß wir damit auch in Punkte des Kulturausschusses hineinregieren, aber ich denke, daß man das noch hinterfragen müßte.
Wir müssen die Chance nutzen, brachliegende Gewerbeflächen mit einer attraktiven Nutzung zu belegen – das haben wir am Friedrich-Ebert-Damm getan –, und zwar im Zusammenhang von Handwerk und Dienstleistungen.Darüber habe ich heute morgen im „Stadtdialog“ der Stadtentwicklungsbehörde, Ausgabe 11, einen wunderbaren, geradezu blumigen Artikel gelesen;mittlerweile habe ich zu meiner Befriedigung erfahren, daß die Stadtentwicklungsbehörde nicht voll dahinter steht; das spricht für sie. Ich möchte meinen Beitrag mit den Worten beenden, die dort als Überschrift zu lesen sind: „Die Wüste lebt“. Ich denke, daß das zur Zeit eine der besten Sachen ist, die wir für den Friedrich-Ebert-Damm in der Form finden konnten. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht mir tatsächlich so, wie Frau Duden es für ihren Zustand beschrieben hat.Worauf genau der REGENBOGEN mit seiner Großen Anfrage hinauswollte, ist mir nicht ganz klargeworden, wobei natürlich Große Anfragen auch erst einmal dazu dienen, gewisse Dinge zu hinterfragen. Da bin ich mit meinen beiden Vorrednerinnen der Meinung, daß der Senat zu dieser Großen Anfrage relativ wenig gesagt hat. Ich unterstelle nicht, daß ihm tatsächlich keine Angaben dazu vorlagen, zum Beispiel zu der geschaffenen Zahl der Arbeitsplätze.Wahrscheinlich macht er sich auch nicht auf die Suche nach den Schildern, die üblicherweise auf Baustellen stehen, sondern versucht, über andere Wege herauszufinden, ob dieses Bauvorhaben tatsächlich so, wie es mit hamburgischen Firmen verab
redet war, umgesetzt worden ist oder nicht. Da habe ich durchaus das Bedürfnis, noch einmal mehr zu erfahren.
Das gleiche Empfinden habe ich bei der Antwort auf die Frage der Bewertung der Kinosituation überhaupt. Vielleicht kann man das Thema Kino, Cinemaxxe und Multiplexe und wie sie denn auch immer heißen,
an anderer Stelle, im Ausschuß noch einmal ansprechen, um zu dem Thema auch als Bürgerschaft eine kleine Perspektive entwickeln zu können.
Wenn man die Leute fragt, die sich im Bezirk mit diesem Thema beschäftigt haben, dann kommen solche Sätze wie „da ist das Management schlecht“. Was sie konzeptionell einmal angedacht hatten, eine Automeile kombiniert mit Freizeitnutzung, die da nicht hingehört – das sehe ich auch so –, scheint nicht zu funktionieren. Das ist nicht das erste Mal, daß wir das Problem bei Großprojekten haben, daß sich das Management selbst übernimmt.Ich weiß nicht, wie hilfreich diese Artikel in einer bekannten Hamburger Zeitung sind, die einem die „Smart-City“ noch aufgeklappt zeigen. Politisch sind sie, glaube ich, nicht hilfreich.