Protokoll der Sitzung vom 11.12.2000

Da gibt es beispielsweise die sehr einseitige und kritische Haltung der REGENBOGEN-Gruppe zum Thema Kita und Elternbeitragssystem. Es ist doch kein Wunder, wenn man etwas auf andere Füße stellt, nämlich auf die Nachfrage durch die Eltern und Familien, daß es Widerstand gibt, denn es gilt dabei doch, gemeinsam mit den Trägern neue Strukturen durchzusetzen. Sie bleiben hier schuldig, grundsätzlich zu sagen, ob Sie diese Nachfrageorientierung nicht wollen und deswegen auch diese Reform verteufeln.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Sie vermischen da gerade zwei Sachen!)

Ferner müssen Sie auch sagen – das tun Sie allerdings etwas mutiger –, daß Sie nicht bereit sind, eine Haushaltskonsolidierung im Betriebshaushalt wirksam mitzutragen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich glaube dagegen, daß wir bei den Reformen, sei es im Kinderbetreuungsbereich, im Schulbereich wie auch bei der Autonomieentwicklung im Schulbereich keinen leichten Wahlkampf haben. Wir werden aber lieber die Reform

fähigkeit in den Sozialsystemen für Hamburgs Bürger und auch woanders mit Argumenten vorantreiben und keine Kritik scheuen. Sie von der CDU und dem REGENBOGEN liefern Ihre am Einzelfall orientierten, vorgebrachten Probleme, immer ohne Lösungen. Deswegen werden wir uns bei der Lösungssuche mit uns beschäftigen müssen

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das ist das Problem! Genau!)

und damit hoffentlich mehr für diese Stadt zustande bringen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

(Dr. Roland Salchow CDU: Jetzt gibt’s Adrenalin, Junge!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde heute nicht zum Filz reden, weil ich finde, daß das beim letzten Mal klar und deutlich gesagt wurde.

Von den wesentlichen Kriterien fällt in der Debatte jedoch folgendes auf:Das wesentliche Raster der Situation, die wir haben, ist, daß die GAL und die SPD nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf Landesebene eine Politik machen, die der CDU sehr ähnelt. Aufgrund dessen kommt Herr von Beust schon auf die Idee, auf die soziale Karte zu setzen, die normalerweise nicht seine Domäne ist, und begibt sich demgemäß auf ein schwieriges Feld. Das ist aber das Kennzeichen dieser Debatte.

Ich möchte nur ein für Hamburg wichtiges Beispiel nennen – das für uns in der Fortführung der Politik so schmerzhaft ist –, daß nämlich die Einnahmen dieser Stadt so dramatisch zurückgehen. Dabei haben wir die Einnahmesituation immer sehr genau diskutiert. Das Gegenargument zur jetzigen Steuerreform war, daß es immerhin sozial gerechtere Steuerentlastungen geben werde. Jeder, der sich die November-Steuerschätzung für Hamburg ansieht, fragt sich, wer, vor allem bei Rotgrün, Steuern spart.Wo sind die Steuerausfälle für diese Stadt? Wir stellen fest, daß der Riesenbatzen wiederum die Körperschaftsteuer mit 30 bis 40 Prozent ist. Das ist der Bereich, in dem vor allem die Steuereinbrüche festzustellen sind.Das ist unsozial, meine Damen und Herren.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Es ist auch deswegen unverschämt, weil wir hier jahrelang gemeinsam darüber debattiert haben, daß das verändert werden muß. Daß nun Rotgrün genau die gleiche Politik fortsetzt, wo sie vorher soziale Sicherheit, Zukunft und Gerechtigkeit versprochen hat und nun solchen Mist abliefert, ist unverschämt und nach meiner Meinung zu kritisieren.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Die zweite wichtige Sache, für die man sich so gern loben läßt, ist die Situation um „Focus“ und „Time Magazine“. Bekanntermaßen werden beide Magazine besonders gern von den jungen dynamischen Unternehmern gelesen – manchmal vielleicht auch Unternehmerinnen, aber das sehr selten, wie die Analyse zeigt –, es wird aber meistens dann zur Schwierigkeit, wenn man es zum wichtigsten Gradmesser dessen macht, ob in dieser Stadt gute Politik gemacht wird oder nicht.

(Anja Hajduk GAL)

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das ist wohl wahr!)

Wenn man den „Focus“-Artikel liest, wird jeder feststellen, daß man darin so etwas wie die Frage nach sozialer Gerechtigkeit, sozialer Stabilität und ähnlichem nicht findet. Daher ist es sehr fragwürdig, wenn man sich gerade diese Nelke ans Revers heften will.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Jeder der sich wirklich mit der sozialen Situation in dieser Stadt auseinandersetzt, sie ernsthaft betrachtet und auch zu denjenigen Kontakt hat, die damit etwas zu tun haben, weiß, daß die soziale Situation schlechter geworden ist und die soziale Kälte zugenommen hat und daß in den sozialen Projekten Resignation um sich greift. Das ist die Situation, und jeder, der sich damit beschäftigt, weiß das. Ich finde es eine Unverschämtheit, wenn diejenige Partei, die sich sozial nennt, darüber hinwegbläst, nur um einen erfolgreichen Wahlkampf machen zu können.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Darüber wird nicht vergessen – und ich finde es richtig, daß das gesagt wird –, daß die Arbeitslosenzahlen gesunken sind. Das ist für die Situation dieser Stadt ein wichtiger Erfolg. Es darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß in dem Zusammenhang andere soziale Probleme aufgetaucht sind, die benannt werden müssen und über die man nicht hinwegschauen darf. Gerade die Gewerkschafter in der SPD müssen da doch einmal aufwachen,

(Uwe Grund SPD: Das war eine Unverschämtheit! Ich bin wach!)

wenn man sieht, daß diejenigen noch Sozialhilfe brauchen, die normal arbeiten. Das ist ein neues Massenphänomen geworden, Herr Grund, das wissen Sie ganz genau, und darüber hat man hier auch zu sprechen. Die soziale Kälte hat in dieser Stadt zugenommen, und das muß man nach meiner Meinung auch für sich realisieren.

(Uwe Grund SPD: Das ist Ihr Eindruck!)

Ein Aspekt bei diesem Problem ist die Arbeitslosigkeit.Herr Runde, wir waren uns darin doch einig und haben es auch nicht kritisiert. Als diese Stadt durch besonders heftige und überproportionale Arbeitslosigkeit auffiel, ist keiner von uns auf die Idee gekommen zu sagen, daß ist typisch sozialdemokratische Politik mit ihren Auswirkungen.

(Ole von Beust CDU: Richtig!)

Damals haben wir in der GAL gesagt, daß es eine spezielle Situation in Hamburg gibt und man nicht in der Lage sei, diese durch eine regionale Politik zu verändern. Dementsprechend peinlich ist es doch – denn wir alle wissen, daß es nicht nur durch Politik bestimmt ist –, wenn Sie sich diese Nelke ans Revers heften, indem Sie sagen, daß das Ihre Politik gemacht habe.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Nicht nur!)

Denken wir doch weiter. Es würde doch bedeuten, daß in Bayern die beste Politik gemacht wird. Wer will denn das ernsthaft sagen?

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Dr. Roland Salchow CDU: Das ist wieder richtig!)

Das ist doch Unsinn. Verdummen Sie die Menschen doch nicht, sagen Sie ehrlich, daß es nicht nur an dieser Politik liegt, sondern auch an äußeren Umständen.

Die Schwierigkeit dabei ist, daß man die Situation insgesamt sehen muß. Diese Stadt hat sich dadurch ausgezeichnet – Herr Ehlers hat uns die Entwicklung der Gesamtausgaben dargestellt –, daß im wesentlichen bei Sozialausgaben gespart wurde; das ist die wichtigste Bilanz. Die zweitwichtigste Richtlinie war das Sparen im Umweltbereich. Das ist die Bilanz sozialökologischer Politik; deutlich hier zu lesen.

Wofür wird das Geld ausgegeben? Das ist deutlich an den Riesenprojekten zu sehen, die diese Stadt bewältigt.Altenwerder mit über 1 Milliarde DM ist noch lange nicht finanziert.Der DASA-Ausbau soll mit über 1,3 Milliarden DM unterstützt werden, ohne daß die Endmontage des A3XX hierherkommt, und ist auch noch lange nicht finanziert.Der Messe-Ausbau wird jetzt beschlossen, und es wird berechnet, daß er auch weit über 1 Milliarde DM kostet. Auch das ist noch nicht finanziert. Da kann man doch nicht von solider Finanzpolitik reden.

Meine Damen und Herren, es gibt in dieser Stadt noch keine Fälle von Rinderwahn, aber es existiert ein handfester Größenwahn, und den gilt es zu beenden.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Herr Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was wir hier eben von den sozialdemokratischen Rednern einschließlich des Bürgermeisters gehört haben, ist ein beklemmendes Dokument sozialdemokratischer Arroganz.

(Beifall bei der CDU – Barbara Ahrons CDU: Das hatten wir schon bei der PUA-Diskussion!)

Es ist erstaunlich, daß es auch dem Fraktionsvorsitzenden der SPD in der Debatte gelingt, statt Inhalte vorzutragen, von Sonnenbänken und Guildo Horn zu reden,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Tuborg ist auch nichts Besseres!)

anstatt auf das einzugehen, was Sie hier angerichtet haben, nämlich einen finanzpolitischen Scherbenhaufen. Neuerdings wollen Sie uns auch noch daran hindern, den Menschen dieses mitzuteilen.Sie pflegen Ihre Beiträge einzuleiten mit: „Jetzt sagt die CDU wieder, wie im vergangenen Jahr, die Staatsverschuldung hat sich noch weiter nach oben geschraubt“, so als sei diese Kritik etwas Schlimmes und als wenn es nicht unsere Aufgabe wäre, darauf hinzuweisen, daß Sie die Zukunft der jungen Generation verfrühstücken.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hajduk, Sie haben in Ihrer Anmoderation auch noch versucht zu vermitteln, daß man es nicht sagen dürfe, wenn es im Hamburger Haushalt schlechte Zahlen gibt. Möglicherweise gebe es irgendwelche Gegner der Freien und Hansestadt Hamburg, die das aufnehmen würden, und wir müßten die Stadt Hamburg schützen.

Ja, wir wollen die Stadt Hamburg schützen, wir wollen einen gerechten Länderfinanzausgleich. Wir wollen aber die Stadt Hamburg in erster Linie vor diesem Senat und seiner Finanzpolitik schützen, und da werden wir uns nicht mundtot machen lassen.

(Beifall bei der CDU)

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)