Protokoll der Sitzung vom 11.12.2000

Herr Dr. Freytag schlägt für die CDU immer einen anderen Weg vor, wir könnten etwas privatisieren, was der Stadt gehört, was also vorausgegangene Generationen geschaffen haben, könnten wir jetzt verkaufen und mit den Zinserträgen dann schöne Dinge tun. Diesmal ist der Antrag ein bißchen anders abgefaßt als sonst, diesmal geht die CDU davon aus, daß der Senat diese wertvollen Vermögensbestandteile, die Hamburg gehören, schon verkauft hat und gewitzt durch die Erfahrungen, wie das bisher bei Verkäufen durch den Senat war, auch einen sehr ansehnlichen Preis erzielt hat. Die CDU beschränkt sich darauf, dieses fiktive Geld auf angenehme Weise zu verteilen.

Das nun allerdings als einen Beitrag zur Zukunftssicherung für die zukünftige Generation auszugeben, ist doch ziemlich gewagt.Wenn man finanzpolitisch nach Solidität strebt, dann wird das im Zweifelsfall immer etwas mit Sparsamkeit und auch ein bißchen mit Genügsamkeit zu tun haben, jedenfalls in Zeiten, wo das eigentlich ganz gut läuft.Aber die CDU – die Anträge sprechen da ein deutliches Wort – schüttet das aus,

(Dr. Michael Freytag CDU: Wir schaffen Werte!)

was sie durch diese Art einnehmen.Sichert das wirklich die Zukunftschancen der nächsten Generation, wenn wir uns jetzt praktisch all jener Vermögenswerte entblößen, die vorausgegangene Generationen in dieser Stadt angehäuft haben? Ich halte das für einen falschen Weg.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Michael Freytag CDU: Sie verschulden lieber die Stadt!)

Die Verschuldung steigt tatsächlich, und der Zusammenhang ist auch aufgeführt. Aber was Sie, Herr Dr. Freytag, bei solchen Gelegenheiten von sich geben, ist ohnehin Rabulistik. Nehmen Sie Ihr Zahlenbeispiel mit dem Länderfinanzausgleich, wir werden 1 Milliarde DM zahlen.

(Senatorin Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel: Wir ha- ben bereits gezahlt!)

Die Finanzsenatorin sagt, wir hätten schon bezahlt, ist ja unglaublich. Was für ein Zinsverlust, Frau Senatorin, wenn man so pünktlich zahlt.

(Senatorin Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel: Muß man vierteljährlich!)

Ihr Zahlenbeispiel war jedenfalls so, daß Sie gesagt haben, der Senat verstecke sich hinter 1 Milliarde und in Wirklichkeit hätte die Freie und Hansestadt Hamburg in einem bestimmten Zeitraum überhaupt erst 5,5 Milliarden DM gezahlt und früher sogar etwas aus dem Finanzausgleich bekommen. Was kann man Besseres über die Ökonomie einer Stadt und eines Gemeinwesens sagen, als daß man aus einer Situation des Empfängers herausgekommen ist und zum Zahler im Finanzausgleich wird? Was ist wohl mehr ein Zeichen von Leistung und Erfolg und Prosperität als dieses? Das ist doch ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD – Dr.Michael Freytag CDU:Das haben wir nie bestritten!)

Ich gucke auf die Uhr und fürchte, ich schaffe es nicht bis 19 Uhr, weil schon alles so abgegrast ist.

(Dr. Holger Christier SPD: Die Senatorin hat sich gemeldet, Sie hilft!)

Ach so, dann lasse ich Ihnen noch etwas übrig, dann beschränke ich mich darauf, jene Bemerkung aufzugreifen, die Herr Dr.Freytag in der „Welt am Sonntag“ geäußert hat. Wenn er Amerikaner wäre, hat er uns kundgetan – also allen Lesern dieser Zeitung, das sind Sie ja alle, weil wir die umsonst bekommen –,

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

dann würde er Bush wählen. Ich habe darüber nachgedacht, was der Beweggrund sein kann, und nach dieser Debatte ist mir das auch klargeworden. George Bush, der ältere, hat mit Reagan zusammen die größte Staatsverschuldung in Amerika angehäuft, die die Welt überhaupt gesehen hat. Das wäre also Ihre Wahlentscheidung, da entscheiden wir uns anders.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Senatorin Dr. Nümann-Seidewinkel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die „taz“ hat am Samstag zu den Haushaltsberatungen dieser drei Tage geschrieben, die Arbeit sei erledigt, jetzt kämen die Büttenreden.

Als ich die Reden – nun sind leider beide Herren nicht da, aber so ist das nun einmal – von Herrn von Beust und Herrn Salchow gehört habe, fand ich dieses nicht ganz unangebracht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Man muß doch eines sehen: Die CDU hat keine Alternative zur stetigen, verläßlichen und soliden Finanzpolitik des Senats.

(Dr. Michael Freytag CDU: Wir haben doch die Alternativen aufgezeigt!)

Sie hat keine klare Linie, Herr Freytag. Ich schlage vor, daß Sie mich reden lassen und zuhören, Sie können sich ja anschließend melden.

(Dr. Michael Freytag CDU: Zwischenrufe sind doch parlamentarisch!)

Herr Freytag, Sie haben keine klare Linie. Was wollen Sie denn? Was ist denn Ihr Leitantrag? Sie wollen das Tafelsilber zu Ausverkaufspreisen in Höhe von 10 Milliarden DM verscherbeln.

(Dr. Michael Freytag CDU: Wir wollen das nicht ver- scherbeln!)

Und was ist Ihr Argument? Sie sagen, das bringe eine Zinsersparnis von 385 Millionen DM. Richtig. Sie haben aber nicht gegengerechnet, daß Sie dadurch Einnahmeverschlechterungen haben, denn diese Werte bringen jährliche Einnahmen in Höhe von 290 Millionen DM. Und wenn Sie dann noch fordern – ich habe mir Ihre anderen Anträge angesehen –, die Gewerbesteuer zu senken, sind das noch einmal Mindereinnahmen in Höhe von 90 Millionen DM. Dann sollen 800 zusätzliche Stellen geschaffen werden, das sind Mehrausgaben in Höhe von 70 Millionen DM.

Jetzt brauche ich kein Hexen-Einmaleins, auch kein Einmaleins, sondern muß nur addieren und subtrahieren, um zu einer Zinsersparnis in Höhe von 385 Millionen DM, aber

(Jan Ehlers SPD)

zu Haushaltsverschlechterungen in Höhe von 450 Millionen DM zu kommen.

Ich komme also auf mein Eingangsstatement zurück: Die CDU hat keine Alternative zur stetigen, verläßlichen, soliden Finanzpolitik des Senats. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Dr. Freytag, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ihr Problem ist, daß Sie vorgefaßte Reden halten, die nicht auf unsere Anträge eingehen.Wir haben hier ganz klar unser Fünfjahresprogramm über 10 Milliarden DM vorgestellt; diese 10 Milliarden DM werden wir auch erlösen können. Ich darf Sie an Beispiele anderer Stadtstaaten erinnern: Allein in Berlin, wo Wasser und Abwasser zu 49 Prozent privatisiert wurden, sind hierfür über 3 Milliarden DM realisiert worden, in Bremen mit einer Teilprivatisierung des Abwassersektors zu 49 Prozent 1,2 Milliarden DM.Wenn man es intelligent anstellt und sukzessive in einem Fünfjahreszeitraum nach Marktlage Staatsvermögen veräußert, kann man mindestens 10 Milliarden DM erlösen, und diese 10 Milliarden DM würden wie folgt verwandt:5,2 Milliarden DM in den nächsten fünf Jahren für Investitionen, für die Sie wieder Neukredite aufnehmen wollen. Wir brauchen das nicht, wir sparen die Zinsen für 5,2 Milliarden DM. Für weitere 4 Milliarden DM werden wir ein Sonderinvestitionsprogramm auflegen, was effektive Werte für die Hansestadt Hamburg schafft.

(Lachen beim Ersten Bürgermeister Ortwin Runde)

Die Hafenquerspange, nun lachen Sie, aber Sie sind ja nicht in der Lage, diese Maßnahmen zu realisieren.Sie sind ein Ankündigungsbürgermeister, wir dagegen werden es tun.

(Beifall bei der CDU)

Diese Werte für die Stadt können wir durch eine Umschichtung realisieren und haben dann noch Geld für die Rückführung der Staatsverschuldung, die wir je nach Kapitalmarktlage umsetzen; auch dies wird erhebliche Einsparungen erbringen.

Intelligente Finanzpolitik betreibt man nicht durch Verscherbelung von Staatsvermögen, sondern durch Umschichtung, indem man Neues schafft, das für die zukünftige Generation erhalten bleibt. Aber Sie haben genau das Gegenteil gemacht. Sie haben von 1992 bis heute 8 Milliarden DM öffentliche Unternehmensbeteiligungen verkauft und überhaupt nichts Neues geschaffen, sondern nur Löcher im Haushalt gestopft, und aus diesem Versagen Ihrer Finanzpolitik werden wir Sie nicht entlassen.

(Beifall bei der CDU – Michael Fuchs CDU: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Generaldebatte beendet.

Wir kommen jetzt zu unserer Pause. Ich darf Sie alle herzlich zum Abendessen in den Grundsteinkeller des Ratsweinkellers einladen.Wir sehen uns dann in einer dreiviertel Stunde wieder, und zwar um 19.35 Uhr. Bis dahin ist die Sitzung unterbrochen.

Unterbrechung: 18.49 Uhr

Wiederbeginn: 19.40 Uhr

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen.

Ich eröffne die Debatte zum Senatsamt für die Gleichstellung.

Einzelplan 1.1: hier: Senatsamt für die Gleichstellung

Dazu wird das Wort gewünscht. Die Abgeordnete Koop bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe heute morgen in der Zeitung gelesen, daß nach einem durchgeführten Hörtest offensichtlich 50 Prozent der Bundestagsabgeordneten schwerhörig sind.

(Ole von Beust CDU: Das hast du mit Koksen ver- wechselt!)