Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

Sie sagen, daß unsere Veranschlagungen für die beiden großen Titel Sanierung und Soziale Stadtteilentwicklung nicht differenziert genug seien. Ich bin heilfroh, daß sie gegeneinander noch deckungsfähig sind, denn auf diesen Feldern findet so viel Unterschiedliches statt. Wenn ich vorher festlegen würde, daß nur bestimmte Summen beispielsweise für die Schulhofsanierung, für Pförtnerlogen oder für andere Projekte ausgegeben werden dürfen, dann bekäme ich ein endloses Problem bei der Abwicklung des

(Jürgen Mehlfeldt CDU)

Haushalts. Sie hätten damit nichts erreicht, und der gemeinsam verfolgte Zweck könnte nicht realisiert werden.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Ein bißchen genauer kann man es schon machen!)

Sie sagen auch, daß man den Betrag, der für die Quartiere ausgegeben wurde, differenzierter darstellen sollte. Selbst das – darüber haben wir auch ausführlich geredet – ist schlecht möglich. Wir haben in der Stadt 50 Quartiere, deren Zuschnitt nichts mit der ansonsten in der Stadt verfolgten Statistik wie beispielsweise für die Schul- oder die Sozialbehörde zu tun hat.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Sie brauchen doch nur die anderen Behörden zu fragen!)

Nein, wenn der Senat für die besondere Situation eines Gebietes Geld zur Verfügung stellt, dann eine Ermittlung...

(Unruhe im Hause – Glocke)

Die Teilauflösung in verschiedene Gespräche ist zwar sicherlich amüsant und auch hilfreich, aber nicht für diese Debatte.

Ich halte es nicht für vernünftig und habe den Eindruck, daß wir Ihnen nichts vorenthalten. Sie haben eine sehr detaillierte Berichterstattung darüber bekommen, was wir machen. Ich habe den Eindruck, daß Sie sich eher im Lesestau als in der Uninformiertheit befinden.

Schließlich zum Thema sozial gerechte Bodennutzung. Frau Sudmann sagte, daß die Umsetzung zu lang gedauert habe. Frau Sudmann, in dem von Ihnen aufgezeigten Beispiel wird deutlich, daß die Angelegenheit offensichtlich ein wenig komplizierter ist, als Sie sich das bisher vorgestellt haben. Sie gaben an, daß in Falkenried 55 Millionen DM an Planwertgewinn an die Investoren geflossen seien. Das ist Quatsch! Diese Fläche gehörte einem Unternehmen der Stadt. Die Stadt hat aus Gründen der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs, der ja auch eine soziale Einrichtung ist, einen Grundstückspreis erzielt, der sozusagen den zu erwartendenden Planwert schon weitgehend abschöpfte.

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Ich darf dazu sagen, daß die Stadt Hamburg offenkundig durch ihre Grundstückspolitik bisher schon einen beträchtlichen Teil solcher Abschöpfungen vorgenommen hat und immer wieder vornimmt. Das heißt, wenn wir ein solches Instrument neu schaffen, müssen wir dafür sorgen, daß wir nicht alte Instrumente zerstören oder unbrauchbar machen. Es ist viel komplexer und komplizierter und mit München überhaupt nicht zu vergleichen, weil München keine Bodenvorratspolitik betrieben hat, wohl aber Hamburg. Das ist eine völlig andere Situation. Darum war das für München ein ganz wesentliches Instrument, um überhaupt Fläche für den sozialen Wohnungsbau zu bekommen. Das war in Hamburg nicht das Problem. In Hamburg war Fläche vorhanden, aber das Vorhandensein von Fläche hat manches Mal auch zu Unsinn geführt, nämlich zu entmischten Gebieten, weil man diese Fläche schnell zum Beispiel für Großsiedlungen nutzen konnte.

Das Problem war aber offenkundig sehr viel komplexer, als daß man es einfach durch Übertragung hätte regeln können. Darum haben wir auch nicht die Münchener Regelungen übertragen, sondern die Hamburger Bedingungen zugrunde gelegt. Unsere Regelung greift in Interessen ein,

die sich nur schwer bewegen lassen. Sie haben sich aber bewegt, und wir haben es hingekriegt.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Sie das Thema Messe ansprechen und sagen, daß die STEB die Bewohner enttäuscht, weil sie nicht genügend für Beteiligung sorgt, kann ich dazu nur sagen, daß ich selten einen unsinnigeren Vorwurf gehört habe, zumal, wenn er in dieser Form vorgebracht wird. In Wirklichkeit ist Ihre Position, daß Sie die Messe dort nicht wollen. Deswegen ist Ihnen jedes Instrument des Protestes dagegen recht; das ist doch evident, Sie erklären doch, daß Sie die Messe dort nicht wollen. Sie wollen keine stadtintegrierte Messe, sondern eine ökologisch unvernünftige draußen auf der grünen Wiese. Jetzt nutzen Sie jede Stimme des Protests, während wir die ganze Zeit den Versuch machen, die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner in den Prozeß zwischen Messe und Fleischgroßmarkt einzubringen, mit bisher schon recht guten Erfolgen.

(Beifall bei der GAL)

Das heißt aber, daß Sie in Wirklichkeit etwas ganz anderes verfolgen. Manchmal nennt man so etwas populistisch, aber wir wollen es nicht immer sagen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz. – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Senator? – (Zu- stimmung)

Wie werten Sie es denn, daß die Bewohnerinnen des Karo-Viertels genau das einklagen, wenn sie sagen, daß die Beteiligung so nicht stattgefunden hat, weil die Konzepte jetzt schon vorgelegt werden?

(Dr. Rolf Lange SPD: Das haben Sie denen doch eingeredet! Senator Dr. Willfried Maier (fortfahrend): Die Bewohner des Schanzenviertels kenne ich nicht alle persönlich. In den Workshops, die stattgefunden haben, war die Situation offenkundig nicht so, daß alle gesagt haben, sie wären nicht einbezogen worden. Es ist eine Liste erstellt worden, die an verschiedenen Punkten abgearbeitet wurde, und diese Sache ist offenbar noch nicht zu Ende, sondern geht weiter. Dabei haben ganz wesentliche Punkte eine Rolle gespielt, beispielsweise, daß eine Nord-Süd- oder OstWest-Querung durch das Gelände möglich bleiben solle. Das wird realisiert. An der Vorstellung, daß die ÖPNVSituation insbesondere zum Schanzenbahnhof verbessert werden soll, arbeiten wir heftig.

Es gab Vorstellungen von einer riesigen Anzahl neuer Parkplätze. Diese Vorstellungen werden heute so gar nicht mehr geäußert. Es war die dreifache Zahl der Parkplätze gegenüber der Zahl, die jetzt genannt wird, im Gespräch. Die Teilnahme der Bewohnerinnen und Bewohner hat offensichtlich Erfolge gehabt, und Sie sind gegenwärtig gerade dabei, diese Erfolge kaputtzureden; das finde ich nicht vernünftig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich komme zum Thema Wilhelmsburg. Ich begrüße den Antrag der Koalitionsfraktionen sehr und dabei insbesondere, daß in Sachen Reiherstieg inzwischen – zum ersten Mal, wie ich glaube – alle Fraktionen dieses Hauses über Gewerbe kombiniert mit Wohnen sprechen. Das heißt, daß

(Senator Dr. Willfried Maier)

die Möglichkeit geprüft wird, für Wilhelmsburg eine neue Perspektive zu öffnen.

Zweitens: Ich empfinde es überhaupt nicht als Bevormundung der Wilhelmsburger – ich habe auch noch nie einen Wilhelmsburger gehört, der dagegen protestiert hätte –,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Es geht um die Rahmenvorgaben!)

wenn es heißt, es solle für mehr Arbeitsplätze gesorgt und die Wohnsituation verbessert werden oder daß möglichst die Gartenbauausstellung kommen solle, als eine Chance für den Stadtteil. Gegen alle diese Punkte habe ich aus Wilhelmsburg noch keinen Widerspruch gehört. In Wilhelmsburg gibt es vielmehr Auseinandersetzungen zu den Fragen: Wie wird der Kongreß abgehalten? Wer hat welchen Einfluß darauf? Kommt vielleicht nur die Beteiligung dieser oder jener Gruppe zum Tragen, oder wird es eine offene Form sein? Ja, es wird eine offene Form sein. Ferner gibt es in Wilhelmsburg Auseinandersetzungen, wie man mit dem Thema Hafenquerspange umgeht. Das muß erörtert werden. Dazu gibt es in diesem Antrag aber keine Festlegung, die sagt, wie die Linienführung sein soll und daß die Wilhelmsburger dazu nichts zu sagen hätten. Das heißt, es findet gar keine Präjudizierung statt, sondern die Regierungsfraktionen gehen in der Sache auf sehr viele Wilhelmsburger Wünsche ein. Das ist doch begrüßenswert. Was ist denn daran bevormundend?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Man kann die Vorstellung der Basisbeteiligung soweit treiben, daß man sozusagen schlicht aufhören muß, selbst noch etwas zu sagen. Das ist aber doch Quatsch. Ich kann Basisbeteiligung doch überhaupt nur machen, wenn ich mir nicht selbst das Maul verbiete, sondern meine Meinung sage,

(Beifall bei der GAL und der SPD)

sonst ist es doch eine Verdummbeutelung der sogenannten Basis.

Ich habe den Eindruck, daß sich die Stadt im Moment in einer Phase befindet, in der sich ihr Zentrum in einer neuen Entwicklungsdynamik befindet, nicht nur, aber auch durch die HafenCity, und daß neues Gewerbe, aber auch neues Wohnen in dieses Zentrum hinein erstmals wieder ein Thema wird.

Das ist natürlich kein konfliktfreies Thema, wer hätte das je gedacht. Dabei spielen die Messemodernisierung und sehr viele Dinge eine Rolle, wie zum Beispiel die Uferbebauung am nördlichen Elbufer, die Entwicklung Harburgs sowohl im Hafencampus als auch die Entwicklung der Einkaufszentren oder die Entwicklung in Bergedorf. Überall gibt es neue Aufschwünge, und das sind Themen, die wir als Stadtentwicklungsbehörde zusammen mit anderen Behörden anzugehen und zu lösen haben. Da macht es weder Sinn, zu sagen: macht statt dessen mal einen Flächennutzungsplan, noch konkret zu sagen: laßt doch alles bleiben, wie es nach den unterschiedlichen Gesichtspunkten der beiden Oppositionsfraktionen ist.

Ich habe den Eindruck, daß wir ein gutes Stück vorankommen. Wir schaffen sowohl eine moderne urbane Stadt, die Arbeit und Wohnen verbindet, und kriegen es ferner hin, daß Hamburg eine solidarische Stadt bleibt, daß die Stadtviertel, in denen es diesen Aufschwung nicht gibt, nicht vergessen werden, sondern daß sie in jeder Debatte hier im Hause, aber auch in der Politik des Senats ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden und darauf ge

achtet wird, was in diesen Quartieren passiert. Wir erreichen es ferner, die Schönheit und Gestalt der Stadt zu steigern und nicht zu verderben.

(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke: Super!)

Wir haben bei einer ganzen Reihe von Punkten Entscheidungen gefällt, die dazu beitragen, sowie schlechte Entscheidungen aufgehoben. Der Masterplan HafenCity ist von vornherein auch unter dem Gesichtspunkt ausgearbeitet worden, eine Silhouettenentwicklung zu betreiben, die die gegebene Stadtform nicht einfach zerstört. Wir sind gegenwärtig dabei, die Grünplanung in der Stadt auf ein neues Niveau zu bringen. Bei der räumlichen Planung wollen wir einen zweiten grünen Ring im Stadtgebiet einrichten. Wir sind hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Nachbarn gut vorangekommen und in bundesdeutschen Wettbewerben als erster Preisträger prämiert worden. Das alles kann nicht zufällig gewesen sein und mit der Realität nichts zu tun gehabt haben. Ich glaube, Hamburg ist auf einem guten Weg. Hamburg ist im Moment die Stadt in der Bundesrepublik

(Ole von Beust CDU: Nicht „Focus“ zitieren!)

mit dem raschesten Wachstum, stärker als München und Stuttgart. Das ist eine Entwicklung, die wir gestalten wollen, und das werden wir auch tun. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann ist die Beratung über den Einzelplan 5 abgeschlossen. Ich komme zu den Abstimmungen.

Die Bürgerschaft hat den Antrag aus der Drucksache 16/5069 betreffend Abberufung eines Deputierten der Stadtentwicklungsbehörde in ihrer Sitzung am 30. November in erster Abstimmung angenommen.

[Antrag der Fraktion der CDU: Abberufung eines Deputierten der Stadtentwicklungsbehörde – Drucksache 16/5069 –]

Nach Paragraph 7 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes über Verwaltungsbehörden bedarf dieser Beschluß einer zweiten Abstimmung, die frühestens sieben Tage nach der ersten Abstimmung stattfinden darf. Ich stelle fest, daß dieses Erfordernis erfüllt ist. Wer dem Antrag aus der Drucksache 16/5069 in zweiter Abstimmung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei Enthaltungen eines Teils der Bürgerschaft ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden. Ich stelle fest, daß über 61 Mitglieder der Bürgerschaft und somit die Mehrheit aller Abgeordneten dem Antrag zugestimmt haben. Der Antrag ist damit auch in zweiter Abstimmung und somit endgültig beschlossen worden.

Ich komme zu den Fraktionsanträgen, und zwar zunächst zur Drucksache 16/5174, Antrag der CDU-Fraktion zur Förderung von Eigentumsmaßnahmen.