Protokoll der Sitzung vom 14.02.2001

Ihre Argumente sind nicht überzeugend. Sie kommen nie auf 1300 Arbeitsplätze. Das heißt, es ist eine Schimäre. Auch das Argument, das angeführt wird, Studio Hamburg würde Hamburg womöglich verlassen, wenn dieser Themenpark nicht kommt, scheint hinfällig zu sein. Wenn Sie die zahlreichen Interviews lesen, die der Geschäftsführer von Studio Hamburg, Dr. Martin Willich, gibt, werden Sie feststellen, daß er sich weder positiv noch negativ auf TVWorld bezieht. Für Herrn Willich hat TV-World nicht einmal eine Statistenrolle. Bleibt also die Frage: Was nützt es Jenfeld?

Die Bürgerinnen in Jenfeld geben Ihnen eine eindeutige Antwort. Sie wollen auf dem freiwerdenden Kasernengelände eine stadtteilverträgliche Mischnutzung aus Wohnen und Arbeiten haben, die den Stadtteil nicht mit noch mehr Verkehr belastet, die ihn attraktiver macht. Wenn man die Zahlen der Hamburger Wirtschaftsförderung zugrunde legt, könnten hier locker für Handwerk und Büronutzung 1500 Arbeitsplätze entstehen. Das, meine Damen und Herren, sind aber dauerhafte Arbeitsplätze, die nicht saisonabhängig sind. Damit würden Sie einen guten Schritt tun – auch für Jenfeld.

Es wäre sogar Platz für eine Erweiterung von Studio Hamburg, wenn sie gewünscht ist, aber Studio Hamburg scheint zur Zeit andere Sorgen zu haben.

Was sagt der Senat bisher dazu? Wenn wir uns an Herrn Maier orientieren würden und er das umsetzen würde, was er der Initiative geschrieben hat, wäre das Projekt ziemlich bald gestorben. Er und der Präses der Wirtschaftsbehörde unterstellen bei diesem Projekt, daß keinesfalls eine Schlechterstellung der Nachbarschaft im Vergleich mit der bisherigen Kasernennutzung entstehen wird. Damit bin ich sofort einverstanden. Ich frage mich nur, wie das bei 1,3 Millionen Besuchern und bei dem Verkehr passieren soll.

Für uns ist das ziemlich eindeutig: Wenn Jenfeld ein Wohnstandort bleiben soll – wir haben in der Bürgerschaft gemeinsam beschlossen, daß Jenfeld im Armutsbekämpfungsprogramm aufgenommen wird – und die Leute nicht entnervt wegziehen sollen, weil die Belastungen zu hoch werden, dann hat dieses Mammutprojekt TV-World in Jenfeld nichts verloren. Insofern wünschen wir dem Bürgerbegehren viel Erfolg. Wir hoffen, daß Sie unserem Antrag zustimmen werden und das geplant wird, was ursprüng

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

lich einmal Konsens in der Politik war, nämlich eine stadtteilverträgliche Mischnutzung für Jenfeld.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Frau Duden.

Frau Präsidentin, Frau Sudmann, liebe restliche Anwesende. Für was REGENBOGEN in dieser Frage und in vielen anderen Fragen steht, ist mir unklar geblieben.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das war eindeutig!)

Das war nicht eindeutig, Sie waren nur gegen etwas, aber Sie haben sich nicht erklärt, wo Sie sich so etwas vorstellen können.

Keiner der von Ihnen aufgezählten Inhalte, die von vielen Abgeordneten in diesem Hause begrüßt worden sind, war so, daß man sagen kann, das paßt nicht nach Jenfeld. Warum paßt so etwas ausgerechnet nicht nach Jenfeld? Diese Diskussion wird auf einer völlig schiefen Ebene geführt.

(Petra Brinkmann SPD: Richtig!)

Man kann doch einfach sagen, so etwas paßt nicht dort hin, das gönnen wir denen nicht. Wenn Sie argumentieren, dieser Stadtteil soll aufgewertet werden, aber bitte mit einem Gewerbepark wie beispielsweise Plaggenkamp, dann müssen wir noch einmal darüber diskutieren. So etwas kann hier kein Argument sein.

Ein Wohngebiet war das Gelände, über das wir heute diskutieren, noch nie.

(Beifall bei Wolfgang Baar und Wolf-Dieter Scheu- rell, beide SPD)

Das erscheint mir in der Diskussion allzuleicht in Vergessenheit zu geraten. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, daß es in dieser Gegend Anwohnerinnen und Anwohner gab, die sich immer wieder vehement über den Lärm, den die Bundeswehreinrichtung in den Panzerhallen gemacht hat, beschwert haben. Frau Sudmann, Sie haben gesagt, die Bürgerinnen und Bürger Jenfelds haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengefaßt.

(Petra Brinkmann SPD: Eben!)

Ich bin auch eine Bürgerin Jenfelds. Wir werden uns nachher vielleicht auf dem Rückweg im Bus – ich gehe davon aus, daß Sie mit dem Bus gekommen sind – treffen. Wir haben eine Anhörung im Jenfeld-Haus gemacht, auf der viele Bürger waren. Es haben sich nur die Bürger in der unmittelbaren Nachbarschaft dieses geplanten Parks zu einer Bürgerinitiative zusammengefunden. Sich daraus das Recht zu nehmen, unisono zu sagen, die Bürgerinnen und Bürger Jenfelds seien dagegen, ist etwas zu kurz gesprungen. Es sind die Bürger der unmittelbaren Nachbarschaft. Sie tun recht daran, es ist ihr aktives Bürgerrecht.

(Petra Brinkmann SPD: Richtig!)

Aber, deshalb lassen sich die anderen verbleibenden circa 26 000 nicht mit denen in einen Topf werfen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Aber die Sozialdemokraten!)

Die SPD-Fraktion – das wird keine Überraschung sein – stimmt dem Antrag von REGENBOGEN nicht zu. Insbe

sondere die Forderung zu Punkt 1 Ihres Antrags halten wir für vermessen. TV-World ist für uns eine sinnvolle und gewollte Form, den Standort Studio Hamburg und die damit verbundenen Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Für uns ist es ein wichtiges Zeichen in Zeiten der Diskussion, wo wir die täglichen Soap-Operas und vieles andere produzieren – in Berlin oder in Hamburg-Jenfeld? –, so daß man zukünftig auch sagt, wir setzen auf den Standort Studio Hamburg in Hamburg.

(Glocke)

Frau Duden, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich kenne Frau Sudmann lange genug. Sie wird sich sicher hinterher melden.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja, genau! Sie haben Angst vor mir!)

TV-World ist ein weiteres Standbein, um sich für den Medienstandort Hamburg zu entscheiden. In diesem Zusammenhang will ich an dieser Stelle noch einen Zwischenruf von Herrn Dobritz deutlich machen. Wer vor einigen Tagen darüber diskutiert hat, ob Axel Springer in Hamburg bleibt oder nach Berlin geht, und alle gesagt haben, es wäre schlimm, sich mit solchen Plänen zu beschäftigen, der muß in diesem Zusammenhang ebenso über die Zukunft von Studio Hamburg diskutieren. Wer das nicht macht, handelt unehrlich.

(Beifall bei der SPD und vereinzelter Beifall bei der GAL)

Ich habe bereits darauf hingewiesen, bei diesem Standort handelt es sich nicht um eine Grünfläche oder um irgend etwas Ökologisches in diesem – zugegebenermaßen dicht besiedelten – Stadtteil, das wir bislang übersehen haben, sondern es ist der Standort einer ehemaligen Kaserne am Rande Jenfelds und Tonndorfs. Dieser Ort eignet sich gut für eine Gewerbenutzung, also auch für TV-World, das im übrigen – das ist auch in allen Diskussionen immer wieder gesagt worden – weit davon entfernt ist, mit Phantasia oder Heidepark verglichen zu werden.

(Beifall bei Andrea Franken GAL)

Daß man das immer diskutiert, zeigt, daß viele Leute überhaupt nicht begriffen haben, worüber sie in Wirklichkeit diskutieren. Pläne für eine neue Nutzung des ehemaligen Kasernengeländes sollen vor allen Dingen eine Aufwertung der umliegenden Stadtteile sein. Darin scheinen wir uns zumindest einig zu sein. Das Argument der Arbeitplätze mag für REGENBOGEN unbedeutend sein. Wer Babelsberg und die TV-World miteinander vergleicht, macht in Wirklichkeit noch einmal deutlich, daß er nicht begriffen hat, um welche Dimension es hier geht. Für uns ist die Diskussion um TV-World und das, was zum Schluß herauskommt, ein wichtiges Signal für den Medienstandort Hamburg und für die Zukunftsfähigkeit vieler neuer Arbeitsplätze in diesem Bereich.

Zu den Argumenten der Bürgerinitiative, die sich REGENBOGEN weitgehend auf die Fahne geschrieben hat. Zum einen ist es das Los vieler Bürgerinitiativen: Erst einmal sind sie dagegen. Ich habe versucht, mich zu erinnern. Ich habe mit vielen Bürgerinitiativen zu tun gehabt, aber ich kannte keine, die gesagt hat, wir finden es toll, daß sich bei uns irgend etwas verändert, kommt nur her. Das ist das Schicksal vieler Bebauungspläne, die wir in den Bezirken

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

diskutieren. Eine Idee der Initiative war zum Beispiel, den Gewerbepark Plaggenkamp von Bergstedt nach Jenfeld zu holen. Vielleicht hat sie in dem Zusammenhang das Wort „Park“ irritiert. Darüber müßten wir vielleicht noch einmal reden. Aber einen solchen Vorschlag kann man in Wirklichkeit nur machen, wenn man sich sicher ist, daß er nicht verwirklicht wird.

Natürlich spielt in diesem Zusammenhang der zunehmende Verkehr eine Rolle. Aber wir müssen uns fragen, ob wir es hinnehmen wollen und können, daß wir immer wieder, wenn wir in dieser Stadt über Veränderungen reden – beispielsweise über Messen –, den Zuwachs von Verkehr als Hilfsargument dafür brauchen, daß wir buchstäblich keine Veränderung wollen. Von der Bürgerinitiative und auch von REGENBOGEN wird von 5000 Autos, 100 Bussen und keinen freien Parkplätzen im Umkreis von 600 Metern gesprochen.

Frau Sudmann, bei der sehr sorgfältig geführten Diskussion über den Verkehrsentwicklungsplan haben wir festgestellt, daß es auch Veränderungen in den Köpfen der Leute geben muß. Wir gehen nicht davon aus, daß jeder, der diesen Park besucht, mit dem eigenen Auto hinfährt. Wir erleben es, wie Besucher zu solchen Sachen in die Stadt kommen. Es gibt mehr Busverkehr, aber es gibt auch eine Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr. Ich halte es für müßig, über 600 oder 700 Meter Entfernung zu reden.

Ich will gerne mit der Bürgerinitiative diskutieren. Natürlich muß in diesem Zusammenhang über den Verkehr gesprochen werden, aber mit reellen Zahlen, die kein Schreckensszenario an die Wand werfen. Die Verkehrsmängel sind in Ihren Berechnungen stark überzogen. Das ist auch in den Anhörungen immer wieder deutlich gemacht worden.

Ich bin darauf angesprochen worden, daß man in Zukunft nicht mehr abends bei gutem Wetter auf der Terrasse sitzen kann, weil ständig Lichtblitze stören, ruhig zu sitzen und nachzudenken. In den Anhörungen ist immer wieder gesagt worden, es gibt keine Achterbahn, es gibt keine Riesenräder, es gibt draußen überhaupt keine Geräte, es wird alles in Hallen untergebracht. Irgendwann muß man anfangen zu sagen, das ist okay, das ist ein Punkt, der uns nicht mehr betrifft. Nur Wohnungsbau und Grün und ein bißchen nachhaltige Entwicklung können wir uns in dieser Stadt auf einer so gut erschlossenen Fläche nicht leisten. Natürlich müssen wir alle zusammen die positiven Auswirkungen, die durch TV-World entstehen können, wie zum Beispiel Arbeitsplätze, und die negativen Auswirkungen diskutieren. Das werden unsere Kollegen in der Bezirksversammlung Wandsbek sicher in dem breiten Rahmen machen, wie es dieses Projekt erfordert. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Rolf Lange SPD: Bravo!)

Das Wort hat Herr Klimke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich gestehe, daß in dieser Frage zunächst zwei Herzen in meiner Brust schlagen.

(Werner Dobritz SPD: Nun mal klare Aussage! Nicht das CDU-Herumeiern! – Uwe Grund SPD: Doppel- herz trinken immer ältere Männer!)

Einmal, Herr Dobritz, ist es das Herz desjenigen, der für die CDU politische Verantwortung im Stadtteil hat. Das bin ich.

Und es schlägt ein zweites Herz, das auch bei Ihnen schlägt. Es ist das Herz des Medienpolitikers, der sich um den Medienstandort Hamburg Sorgen macht. Lassen Sie mich mit dem letzteren beginnen.

Wir stellen fest – die Springer-Debatte hat das in den letzten Tagen noch einmal deutlich gemacht –, daß der Medienstandort Hamburg erhebliche Konkurrenz von Berlin, aber auch von München und Köln bekommt. Es ist insbesondere bei den TV-Studios ein Verdrängungswettbewerb entstanden. PREMIERE ist weggegangen, SAT 1 ebenfalls, tm3, RTL II Nachrichten, MTV. Außer dem NDR gibt es keinen anderen großen Fernsehsender in der Stadt. Wenn jetzt zusätzlich Produktionsfirmen, die noch in Hamburg sind, überlegen, ob sie den Sendern nachfolgen, ist das ein weiteres Signal, auf das wir achten müssen und das insgesamt erhebliche Gefahr für den Medienstandort bringt.

Eine Maßnahme, meine Damen und Herren, um diese Entwicklung einzudämmen und Signalwirkung für den Medienstandort Hamburg haben zu können, ist unter Umständen das TV-World-Projekt. Die Sender und die Produktionsfirmen – das ist sozusagen die Idee von TV-World – könnten dann deutlich machen, wie beispielsweise Serien, Shows und Fernsehproduktionen vom Anfang bis zum Ende entstehen. Ein Blick hinter die Kulissen wäre möglich. Synergieeffekte und eine Stärkung des Standorts Hamburg wären zwangsweise eine positive Folge für den Medienstandort Hamburg.