Protokoll der Sitzung vom 28.02.2001

(Beifall bei der CDU)

Keiner in diesem Haus ist Freund von Krankheiten. Keiner. Aber Sie sagen, ich bin Gegner von Krankheit, also schaffen wir die Krankenhäuser ab. Das ist eine völlig irrsinnige Logik, die Sie hier bringen.

(Lutz Jobs REGENBOGEN – für eine neue Linke: Irrsinnig ist, was Sie hier erzählen!)

Diese Logik hat natürlich ihren Hintergrund, den Sie auch in Ihrer Rede zum Ausdruck gebracht haben.

Der Hintergrund ist natürlich, angesichts der anhängigen Demonstration – und das haben Sie auch in Ihrer Presseerklärung vom Anfang Februar deutlich gemacht – das latent vorhandene Unbehagen zu mobilisieren, aber noch mehr bei bestimmten Gruppen in dieser Stadt mehr als nur demokratischen Widerstand, demonstrativen Widerstand zu provozieren. Sie haben es klar zum Ausdruck gebracht: Die Kraft der Straße haben Sie gesagt, und Sie haben kein einziges Mal in dieser Rede einen Appell an Ihre Hilfstruppen losgelassen, sich loszusagen von Gewalttätigkeit, von Zerstörung von Gleisen, von Gewalt gegen Polizisten, sich loszusagen gegen die Zerstörung von Oberleitungen, sich loszusagen von Transportgefährdung, sich loszusagen von der Gefährdung menschlicher Gesundheit. Dies, Herr Jobs, ist eine schlimme Sache.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie mir da einen kleinen Schlenker. Es ist durchaus glaubwürdig, wie Sie in verschiedensten Initiativen gegen rechte Gewalt vorgehen. Ich sage Ihnen aber eines: Wer gegen rechte Gewalt angehen will, muß sich gegen jede Gewalt aussprechen, und genau das haben Sie hier nicht getan.

(Beifall bei der CDU – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das ist nicht das Thema!)

Natürlich hat Ihr unlogischer, nur demagogisch begründeter Antrag noch eine andere Funktion. Sie wollten selbstverständlich – Sie haben Herrn Porschke und auch die etwas größere Fraktion als Ihre Gruppe in diesem Haus zitiert – mit Ihrem Antrag ein Vorführen veranstalten. Das ist auch verständlich. Ich sage Ihnen auch, daß solche Leute wie der Umweltsenator, aber insbesondere auch Herr Trittin selber schuld daran sind, denn sie haben in der Vergangenheit selbst genau diese Politik gepredigt, die Sie heute nur noch mit ein paar Restleuten hier predigen. Es wäre gerade in der Entsorgungsfrage absolut notwendig, daß auch hier sich insbesondere Herr Trittin von seiner Vergangenheit lossagt,

(Heiterkeit bei der GAL)

denn auch er hat zwar nicht Ihr Wort, Herr Jobs, von der „Kraft der Straße“ gebraucht, aber er hat vor der Bundestagswahl noch davon gesprochen, daß der Ausstieg aus der Kernenergie auf der Straße entschieden würde, und hat damit sein dünnes demokratisches Fundament öffentlich gemacht. Genau von dieser unsinnigen Vergangenheit in der Entsorgungsfrage muß sich auch diese Bundesregierung trennen.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Sagen Sie sich doch los!)

Zum Schluß noch eine kleine Unlogik in Ihrem Antrag, die allerdings nicht derartig tiefgreifend ist wie Ihr gesamtes Vorgehen.

(Renate Vogel SPD)

Bei Punkt 1 sagen Sie erst einmal nein zu den drei Zwischenlagern und den beiden Interimslagern.

In Punkt 2 sagen Sie dann, der Senat möge alles tun, um auf die Sicherheit bei der Errichtung dieser Lager Einfluß zu nehmen. Was wollen Sie denn nun? Wie sollen sie denn Einfluß nehmen, wenn sie vorher total nein sagen?

Also, Herr Jobs, überlegen Sie sich erstens die demagogischen Wirkungen Ihrer Grundhaltung, auch in Ihrer Rede eben, und zweitens auch, was Logik ist. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Bühler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am Anfang möchte ich entschieden zurückweisen, was Herr Engels dem REGENBOGEN und den Demonstranten in Gorleben unterstellt hat.

(Hartmut Engels CDU: Dann soll er doch noch mal kommen!)

Die Formulierung Gewalttäter, Hilfstruppen des REGENBOGENS möchte ich entschieden zurückweisen. Der demokratische Protest in Gorleben hat eine starke und richtige Tradition. Daß wir dieses Mal nicht dazu aufrufen, hat etwas damit zu tun, daß sich politisch etwas verändert hat. Wenn ich höre, daß Sie sagen, Jürgen Trittin soll sich von seiner Vergangenheit lossagen, dann fällt mir nur ein, daß die CDU nichts zu bieten hat, außer dem Blick nach hinten.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Wer keine Zukunft hat, kann nur zurückblicken!)

Atomkonsens und Einstieg in grüne Energien, für diese Politik haben wir uns in Hamburg wie in Berlin und Kiel entschieden. Atomausstieg und Einstieg in grüne Energien, diese Politik setzen wir Schritt für Schritt um, und diese erfolgreiche Politik werden wir weiter verfolgen.

(Beifall bei der GAL)

Wir lehnen den REGENBOGEN-Antrag ab, nicht, weil wir auf einmal den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke begrüßen, nicht, weil für uns die Endlagerung geklärt ist, und nicht, weil wir auf einmal Freunde der Wiederaufbereitung geworden sind, sondern weil er schlechte Politik vorschlägt, weil er nicht zu Ende denkt, was zu Ende gedacht werden muß,

(Petra Brinkmann SPD: Aha!)

wenn tatsächlich Wirkung und nicht nur heiße Luft produziert werden soll.

Gerade aus den Abwägungen der Risiken von Atomtransporten und Zwischenlagern an den AKW-Standorten ist die Lösung im Atomkonsens entstanden. Wir wollen ein Ende der Wiederaufbereitung, wir wollen ein Ende der Atomtransporte, also bleiben standortnahe Zwischenlager. Wir sollten niemandem etwas vormachen, die Abwicklung der Atomenergie ist und bleibt ein schmutziges Geschäft. Die Atomenergie ist und bleibt ein schmutziges Geschäft. Das ändert auch keine rotgrüne Regierung in Hamburg, Berlin oder anderswo.

(Hartmut Engels CDU: Deswegen macht ihr das ja auch weiter!)

Darum ist uns die Abwicklung der Atomenergie so wichtig. Darum haben wir uns auf einen Konsens eingelassen, der natürlich auch aus meiner Sicht zu lange Laufzeiten, ein zu langes Weiterlaufen der Wiederaufarbeitung mit Transporten durch Hamburg und uns die standortnahen Zwischenlager eingehandelt hat.

Was hat uns aber der Atomkonsens gebracht? Der Atomkonsens hat schon jetzt ein deutliches Signal in die Wirtschaft und die nationale und internationale Politik gesetzt. Deutschland steigt aus der Atomenergie aus.

(Dr. Roland Salchow CDU: George Bush ist tief be- eindruckt!)

Der Atomkonsens hat tatsächlich gerade für Hamburg den Atomausstieg vorangebracht. Stade wird im Jahr 2003 abgeschaltet.

(Hartmut Engels CDU: Wenn Sie Opa sind!)

Daß der Atomkonsens von der Industrie immer noch nicht unterschrieben ist und daß mit Klagen gegen das noch nicht einmal unterschriebene Papier gedroht werden soll, ist doch eher ein Zeichen dafür, daß er unterschrieben tatsächlich einen Unterschied machen wird.

Kollege Jobs, Sie werfen sich einem Zug hinterher, der längst abgefahren ist, und das vom falschen Bahnsteig aus und ohne einen Fahrplan in der Hand. Was Sie in Ihrem Antrag als Lösung und Politik verkaufen wollen,

(Lutz Jobs REGENBOGEN – für eine neue Linke: Stimmen Sie dem zu?)

ist nicht einmal in sich selbst stimmig, geschweige denn eine Lösung für die Probleme, die die Atomenergie dieser Gesellschaft hinterläßt. Stillschweigende Voraussetzung Ihres Antrages ist die simple Forderung: Stillegung sofort. Nur so können Sie gleichzeitig auf Castor-Transporte und standortnahe Zwischenlager verzichten.

Warum sagen Sie das dann nicht und stellen einfach einen Antrag mit einem Satz: Die Bürgerschaft möge beschließen: Wir sind dafür, daß sofort alle Atomkraftwerke stillgelegt werden? Weil Sie genau wissen, daß Ihr frommer Wunsch – alleine ausgesprochen – wie das Pfeifen im Wald klingt. Sie kennen doch die Macht- und Mehrheitsverhältnisse in der Bundesrepublik, Sie kennen doch das juristische Bollwerk des alten Atomgesetzes und den regelhaften Beischlaf von Kommunalpolitik und Energieversorgern.

(Dr. Roland Salchow CDU: Was heißt regelhaft in dem Zusammenhang?)

Erst der alternativlose Schritt zur Realisierung des Wunsches, unser ernsthafter Schritt zum Atomkonsens, läßt tatsächlich etwas geschehen. Das kostet Lack und Substanz, aber wir kommen weiter. Wenn uns Demonstrationen und Demonstranten in Gorleben und anderswo in dieser Auseinandersetzung unterstützen, dann begrüße ich das hier ausdrücklich.

Eine Anmerkung noch zur Sicherheit der Zwischenlager. Sowohl eine rotgrüne Bundesregierung als auch eine rotgrüne Landesregierung in Schleswig-Holstein sind die Hauptakteure in diesem Genehmigungsverfahren. Beide stehen nicht im Verdacht – außer vielleicht von Ihrer Seite –, besonders atomfreundlich zu sein. Beide haben das Interesse und die Aufgabe, eine höchstmöglich sichere und vernünftige Lösung in Sachen Zwischenlager zu finden. Ich gehe davon aus, daß sie das auch tun werden. Ich gehe ebenfalls davon aus, daß die Größe der Zwischenlager mit

(Hartmut Engels CDU)

den Restlaufzeiten, die im Atomkonsens vereinbart werden, korrespondieren werden. Hamburger Störfeuer wäre da völlig unangebracht.

Meine Damen und Herren! Der REGENBOGEN-Antrag ist keine Alternative für rotgrüne Energiepolitik, nicht einmal im Ansatz. Atomkonsens und Einstieg in grüne Energien, für diese Politik haben wir uns in Hamburg wie in Berlin und Kiel entschieden. Atomausstieg und Einstieg in grüne Energie setzen wir Schritt für Schritt um, und diese erfolgreiche Politik werden wir weiter verfolgen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Jobs.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Engels, offensichtlich haben Sie keine Ahnung, wovon Sie gerade geredet haben.