Protokoll der Sitzung vom 04.04.2001

(Dr. Roland Salchow CDU: Das ist wahr!)

Auch wenn Wilhelmshaven, gesetzt den Fall, in zehn Jahren fertig ist, stellt sich doch die Frage nach den Warenströmen und ihren ökologischen Auswirkungen. Das muß alles auf den Tisch, und jetzt sind gute Voraussetzungen geschaffen, das in einem kooperativen Prozeß zu klären.

Wer vermag im Moment richtig einzuschätzen, ob die Schiffe größer, tiefer oder breiter werden? Aber wir haben uns darüber verständigt, daß sich eine neue Umschlaganlage privatrechtlich rechnen muß und auch 50 Prozent der Infrastrukturkosten privat finanziert werden sollen; das haben wir bisher nicht gemacht.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Dann kann es nur Cux- haven werden!)

Das ist ein wesentliches Kriterium, auf das man sich verständigt hat,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Wofür waren Sie?)

und das muß man dann auf die auf den Tisch zu legenden Fakten anwenden.

Drittens ist erreicht worden, daß es die Umschlagbetriebe in den bisher konkurrierenden Häfen sein sollen, die das operative Geschäft machen, und damit auch die Kooperation mit Leben füllen können. Auch das halte ich für ein wesentliches Argument. Ich halte in diesem Zusammenhang aber auch Klarheit für notwendig. Die Beteiligung der öffentlichen Unternehmen als Betriebsunternehmen ist nicht das Überlaufventil für fehlende Finanzierung im Bereich der Infra- oder Suprastruktur, sondern da werden wir natürlich auch ein Unternehmen im öffentlichen Eigentum wie die HHLA verantwortlich unter betriebswirtschaftlichen Kriterien in die Zukunft führen wie bisher. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Karl-Heinz Ehlers CDU: Dann kann es auch nicht Wilhelmshaven werden!)

Das Wort hat Herr von Beust.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Professor Hajen, es hätte noch Ihr Schlußsatz gefehlt: „Warum, verdammt noch mal, hat der Bürgermeister sich für Wilhelmshaven ausgesprochen?“

(Beifall bei der CDU)

Das wäre genau die Konsequenz Ihrer Rede gewesen.

Um auf ein Wort von Herrn Dr. Mirow einzugehen: Natürlich sind wir auf eine gute norddeutsche Zusammenarbeit

(Senator Dr. Thomas Mirow)

angewiesen, das ist völlig unstrittig. Sie nennen vor diesem Hintergrund Projekte wie zum Beispiel den A380, der uns in Hamburg etwas bringt. Bei diesem Produkt norddeutscher Zusammenarbeit kommen zwei Drittel der Arbeitsplätze nicht aus Hamburg, wir tragen aber 1,3 Milliarden DM der Kosten. Man kann doch nicht so tun, als ob uns Niedersachsen und Schleswig-Holstein etwas geschenkt hätten. So einfach ist es nun auch nicht.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich die verschiedenen Redebeiträge der Kollegen der Regierungsfraktionen nehme und auch die Interviews in den Zeitungen lese, stelle ich fest, daß die Koalition in der wichtigen Frage der Hafenpolitik völlig zerstritten und konzeptionslos ist.

(Beifall bei der CDU)

Auf der einen Seite sagt Herr Christier, das sei eine wichtige strategische Entscheidung, dankt und lobt die norddeutsche Zusammenarbeit

(Dr. Holger Christier SPD: Natürlich!)

und sagt, es sei prima, was hier entschieden worden sei. Auf der anderen Seite sagt Frau Bürgermeisterin Sager in der „Hamburger Morgenpost“, daß ein Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven nicht im hamburgischen Interesse stehe, liege auf der Hand. Was stimmt denn nun, meine Damen und Herren? Das paßt doch überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Roland Salchow CDU: Ja- wohl!)

Und Frau Sager führt in der „Hamburger Morgenpost“, wiederum abweichend von dem, was Herr Mirow und auch die Kollegen der SPD gesagt haben, weiter aus, daß Wilhelmshaven jetzt schon in Konkurrenz zu Altenwerder stehe, stehe fest, und daß an eine Erweiterung von Moorburg daher nicht zu denken sei, stehe erst recht fest. Was gilt denn nun? Herr Mirow hat etwas völlig anderes gesagt. Sie sind in der Hafenpolitik völlig zerstritten, Sie haben kein einheitliches Konzept, das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Das Skurrile ist, daß Bürgermeisterin Frau Sager selber sagt, Wilhelmshaven liege nicht im hamburgischen Interesse. Und als Belohnung für Hamburg wird im nächsten Schritt gesagt, aber zu den Expansionsmöglichkeiten Hamburgs sagen wir auch schon mal nein. Sie reden den Hamburger Hafen kaputt, Frau Sager; das ist die Wirklichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wer jetzt als Bürgermeisterin schon sagt, Wilhelmshaven würde Altenwerder gefährden,

(Dr. Martin Schmidt GAL: Aber die CDU ist stolz auf den Hafen!)

darüber hinaus komme eine Erweiterung von Moorburg niemals in Frage und die Elberweiterung erst recht nicht, der nimmt damit der Hamburger Hafenwirtschaft und dem Hamburger Hafen jede Chance, sich in Zukunft vernünftig weiterzuentwickeln. Machen Sie Schluß mit diesem Gequatsche, Frau Sager.

(Beifall bei der CDU)

Zwei Anmerkungen zu Dingen, die ja noch vorgelegt werden müssen, da hat Herr Professor Hajen völlig recht.

(Antje Möller GAL: Bringen Sie mal ein eigenes Ar- gument!)

Zu der Ausschreibung der privaten Investitionen in Wilhelmshaven: Ich kenne die Kriterien nicht, bitte nur zu berücksichtigen, daß sich neben deutschen und hamburgischen Firmen, sei es die HHLA oder sei es EUROGATE oder wie auch immer, natürlich zum Beispiel auch Firmen aus Südostasien an der Ausschreibung beteiligen können. Diese Firmen werden staatlich hoch subventioniert. Sie können Bedingungen bieten, um hier einen Brückenkopf zu bauen, um ihre Interessen wahrzunehmen, bei denen Hamburger Unternehmen, seien sie öffentlich oder privat, nicht mithalten können. Ausschreibung ist kein Zauberwort, sondern kann ein großes Risiko für den Hamburger Hafen bedeuten; auch das müssen wir sehen.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Das schrei- ben wir auf!)

Zweiter Punkt. Wenn es zu einer Investition hamburgischer Firmen in Wilhelmshaven kommt, zum Beispiel durch die HHLA, und dort ein Hafengelände mit modernster Infrastruktur als Tiefwasserhafen entwickelt wird, ist dies für die Menschen und Firmen, die im Hamburger Hafen arbeiten, für die Handwerker, die Dienstleister, die Zulieferer, Herr Senator Mirow, ein großes Risiko, die dann die Nähe des Hamburger Hafens nicht mehr haben. Wenn dort mit gigantischem Aufwand, mit viel Kapital eine neue Infrastruktur geschaffen wird, eventuell privat finanziert, dann werden die Schiffseigner doch nicht sagen, weil sie Hamburg so lieb hätten, führen sie nach Hamburg weiter, obwohl die Fahrzeiten nach Hamburg viel länger seien und egal, ob es große, kleinere oder mittlere Containerschiffe sind. Wenn die Struktur dort modern ausgebaut wird, wird Wilhelmshaven die Chance für sich nutzen wollen, nicht ein Ergänzungshafen zu sein,

(Dr. Roland Salchow CDU: So ist es!)

sondern einen eigenen Standort zu entwickeln. Das ist die Gefahr für Hamburg, und der gilt es entgegenzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Bühler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Beust, wenn Sie sagen, die Koalition sei zerstritten und gefährde damit die Zukunft des Hamburger Hafens,

(Bernd Reinert CDU: Dann war das zumindest nicht übertrieben!)

dann fehlt Ihnen das Gespür dafür, daß die Situation nicht ganz einfach ist.

(Lachen bei der CDU und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Daraus spricht Ihr Bedürfnis, auf eine komplizierte Situation eine einfache Antwort zu finden. Ich halte die Auseinandersetzungen über die Zukunft des Hamburger Hafens an einer Stelle, wo über einen neuen Tiefwasserhafen an der Küste gesprochen wird, allemal für wert, laut und deutlich in der Stadt eine kontroverse Debatte zu führen. Herr von Beust, in der Koalition werden durchaus Claims abgesteckt, aber wie wir dann die Auseinandersetzungen austragen, sehen wir später.

(Ole von Beust CDU)

Wenn Sie sagen, wir gefährdeten den Hafen, weil wir anfangen, über die Elbvertiefung nachzudenken, dann schlage ich Ihnen vor, einmal mit Herrn Ehlers zu reden, der im Wirtschaftsausschuß sehr deutlich gesagt hat, er halte die Elbvertiefung aus ökologischen Gründen für nicht durchsetzbar. Der Vaterlandsverrat, wenn er passiert, passiert dann da genauso.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Karl-Heinz Eh- lers CDU: Völliger Quatsch!)

Ich freue mich sehr, daß hier von allen Seiten die norddeutsche Zusammenarbeit so deutlich betont wird. Ich halte das für den Schlüsselpunkt, und das ist auch genau der Punkt gewesen, bei dem wir letztes Jahr gesagt haben, das sei die entscheidende Stelle, an der sich in der Hafenpolitik etwas ändere. Die norddeutschen Länder wollen eine gemeinsame norddeutsche Hafenpolitik entwickeln. Das Problem ist, daß ich das gut finde, daß Sie das auch gut finden, daß ich das aber nicht so ganz richtig erkennen kann.