Protokoll der Sitzung vom 25.04.2001

Kita-Card hat nicht nur innerhalb unserer Stadt, sondern auch außerhalb hohe Aufmerksamkeit. Wir haben immer wieder Anfragen aus Länderministerien, aus zahlreichen Großstadt-Jugendämtern und vor allen Dingen auch aus dem zuständigen Bundesministerium. Das freut uns natürlich, denn in all diesen Stellen wird der hamburgische Reformansatz für zukunftsweisend gehalten. Man möchte, daß er möglichst schnell in die Praxis umgesetzt wird, damit man davon lernen kann. Ich darf Ihnen versichern: Hamburg ist hier Vorreiter.

Die Kindertagesbetreuung hat in Hamburg im vergangenen Jahrzehnt einen beispiellosen Ausbau erfahren. Der Platzbestand wurde um 40 Prozent erweitert. Wir verfügen über ein besseres Leistungsangebot als alle anderen westdeutschen Bundesländer und Großstädte. Wie überregionale Vergleiche zeigen, gilt das nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht.

Die Beteiligung der Eltern an den Kosten der Kindertagesbetreuung hält sich in Hamburg – auch im Bundesvergleich – in einem vernünftigen Rahmen. Richtig ist, daß Hamburg hohe Maximalbeiträge erhebt. Richtig ist aber auch, daß der überwiegende Teil der Eltern nur die Mindestbeiträge bezahlt, nämlich zwischen 55 und 68 Prozent, denn starke Schultern können mehr tragen als schwache. Wenn Sie von der CDU von diesem Prinzip abrücken und das Beitragssystem zu Lasten der Schwächeren ändern wollen, dann müssen Sie das sagen oder Sie müssen sagen, daß Sie Plätze abbauen wollen. Deswegen haben Sie das anscheinend vorhin auch nicht so deutlich vertreten wie voriges Mal. Ich stelle fest, daß Sie sich offensichtlich ein ganzes Stück verändert haben in dieser Position.

(Rolf Harlinghausen CDU: Wollen Sie leugnen, daß Kinder abgemeldet werden, weil die Beiträge zu hoch sind?)

Interessant finde ich die Ankündigung, einen Antrag einzubringen, nach dem das Bundessozialhilfegesetz nicht die Basis für die Zugrundelegung der Einkünfte sein soll. Das finde ich hochinteressant von einer Partei wie der Ihrigen, denn es handelt sich bei diesem System um eine Bezuschussung von Eltern. Daß Sie, die Sie sonst immer die Gefahr des Sozialmißbrauchs wittern, ausgerechnet hier den Bezug auf das Bundessozialhilfegesetz nicht haben wollen, finde ich hochinteressant. Ich bin ganz sicher, daß Sie darüber noch einmal nachdenken werden, ehe Sie den Antrag hier vorlegen.

(Rolf Harlinghausen CDU: Sie lenken ab!)

Meine Damen und Herren! Unser Leistungsangebot ist insgesamt sehr gut, aber wir wollen noch besser werden. Für berufstätige Eltern und Alleinerziehende wollen wir die Kinderbetreuung schrittweise sicherstellen, auch für Kinder bis zum dritten Lebensjahr und für Schulkinder. An dieser Stelle darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß das Programm des Senats nicht mit dem Wahlprogramm der SPD identisch ist. Die SPD – das darf man an dieser Stelle auch noch einmal sagen – muß ja zunächst auch einmal die Wahl gewinnen.

(Rolf Harlinghausen CDU: Hören Sie auf mit Ihren leeren Versprechungen!)

Insofern haben wir an dieser Stelle unsere Absichten hineingeschrieben, die wir zu diesem Zeitpunkt garantieren können.

Meine Damen und Herren! Kita-Card steht auch für moderne Steuerungsinstrumente, damit die finanziellen Ressourcen effizienter eingesetzt werden. In Zukunft steht die Förderung von Kindern im Mittelpunkt und nicht die der Leistungsanbieter. Die zentrale Planung und Steuerung bis ins Detail wird abgelöst von der nachfrageorientierten Anpassung. Die Träger erkennen hierin keineswegs nur Risiken, sondern auch viele Chancen der Profilierung.

Bei der Komplexität des Gesamtprojektes ist es nicht verwunderlich, daß die Erörterung und Entwicklung Zeit braucht und manche Differenzen, aber – das soll an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden – auch manche Interessengegensätze durch Versachlichung ausgeräumt werden müssen. Bis zum angestrebten Starttermin, dem Kindergartenjahr 2003, sind noch einige offene Fragen zu bearbeiten und die notwendigen technischen Neuerungen so gründlich vorzubereiten, daß Umstellungsprobleme möglichst vermieden werden können. Schon heute wird an konkreten Vorbereitungen gearbeitet. Das betrifft die Präsentation der Kitas, die Fortbildung und die Fachberatung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Im nächsten Monat geht ein neues EDV-gestütztes Bewilligungsverfahren in Betrieb. Das Abrechnungs- und Controllingsystem wird darauf aufgebaut werden.

Meine Damen und Herren! Wir wollen die verbleibende Zeit für eine intensive, sachorientierte Diskussion der noch zu klärenden Fragen nutzen, die in der Drucksache im einzelnen dargelegt werden. Ich bin zuversichtlich, daß es gelingen kann, auch in diesen noch schwierigen offenen Fragen gemeinsam mit den Trägern weiter nach Antworten zu suchen. Ich bin sicher, daß das Projekt ein Erfolg wird. Wir sind auf einem guten Wege dahin.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Von der Senatsmitteilung, der Drucksache 16/5824, soll die Bürgerschaft Kenntnis nehmen, und das hat sie getan. Zu der Großen Anfrage, Drucksache 16/5609, stelle ich fest, daß diese besprochen worden ist.

Als nächstes rufe ich den Tagesordnungspunkt 23, Drucksache 16/5809, auf: Senatsmitteilung zum Thema: Überprüfung der sich aus den Bedarfsgrundlagen ergebenden Verteilung des pädagogischen und nicht-pädagogischen Personals auf die verschiedenen Schulformen im Sekundarbereich I der allgemeinbildenden Schulen Hamburgs.

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 19. November 1998 (Drucksache 16/1601) – Überprüfung der sich aus den Bedarfsgrundlagen ergebenden Verteilung des pädagogischen und nicht-pädagogischen Personals auf die verschiedenen Schulformen im Sekundarbereich I der allgemeinbildenden Schulen Hamburgs – – Drucksache 16/5809 –]

(Senatorin Ute Pape)

Wer wünscht das Wort? – Herr Frank.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir Ende November 1998 den Senat ersuchten, einen Bericht über die Frage der Verteilung der personellen Ressourcen im schulischen Bereich vorzulegen und dabei auch einen Vergleich zwischen den Standards in Hamburg und den in anderen Bundesländern vorzunehmen, waren mit dieser Untersuchung und ihrem Ergebnis sicherlich sehr unterschiedliche Erwartungen verbunden.

Die Opposition hat damals gehofft, daß sie in ihrer bis dahin immer sehr ideologisch vorgetragenen Kritik an der Verteilung der Ressourcen, insbesondere, was die Gesamtschule angeht, bestätigt wird. Wir erinnern uns sehr genau an die vielen Gesamtschuldebatten in diesem Hause. Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, nur sagen, daß wir froh darüber sind, daß Ihnen mit diesem Gutachten – Sie haben es gelesen – ein so namhaftes Institut, wie das Institut für Internationale Pädagogische Forschung, mit renommierten Gutachtern – wie Sie gesehen haben –, endlich bescheinigt, wie falsch Sie seit Jahren in dieser Frage liegen. Hier wird nicht nur die gute und angemessene Ausstattung der Gesamtschule bestätigt, sondern hier wird insbesondere auch die Arbeit der Hamburger Gesamtschulen in ihrer Vielfalt und Ausgestaltung so deutlich wie nie zuvor positiv gewürdigt. Sie können Ihre Kritik mit diesem Gutachten endlich in die politische Mottenkiste packen. Sie müssen die Gesamtschule nicht lieben. Das verlangt keiner, aber vor dem Hintergrund dieses Berichtes dürfen die Eltern, Schüler und Lehrer von der CDU zumindest erwarten, daß Sie der Arbeit dieser Schulform die notwendige Anerkennung entgegenbringen, nicht mehr und nicht weniger. Dazu haben Sie, Herr Beuß, heute ausreichend Gelegenheit. Man darf also sehr gespannt sein.

(Wolfgang Beuß CDU: Ich kann es gar nicht ab- warten!)

Das ist der erste sehr auffällige Punkt dieses Gutachtens.

Der andere Punkt, die in Hamburg praktizierte Zuweisung – das war auch ein wesentlicher Punkt dieses Gutachtens – der Lehrerstunden auf die verschiedenen Schulstufen und Schulformen, findet im Gutachten eine hohe Akzeptanz. Die Verteilung der personellen Ressourcen ist in Hamburg – so der Bericht – in sich stimmig, nachvollziehbar und an künftigen, insbesondere auch an qualitativen Entwicklungen orientiert. Das ist ein sehr gutes Zeugnis. Wir haben allesamt natürlich auch weiterhin die Aufgabe, eingefahrene Verteilungsstrukturen zu überprüfen und die Ressourcensteuerung zu verfeinern und nachzusteuern. Schule verändert sich, und damit verändert sich auch die Ressourcenverteilung. Effektive Ressourcensteuerung bleibt natürlich notwendig.

Ein dritter und bemerkenswerter Punkt dieses Berichtes ist in Hamburg allerdings bekannt. Hamburg ist in fast allen Bereichen Spitzenreiter in der Bundesrepublik, sei es die Schüler/Lehrer-Relation, die Zahl der Unterrichtsstunden, die Höhe der Unterrichtsmittel und so weiter. Das ist bei den Eltern in dieser Stadt im übrigen gut verankert.

Um den Vorsprung Hamburg zusätzlich zu dokumentieren, möchte ich auf den Vergleich mit mehreren Einzelschulen im CDU-geführten Berlin und im CDU-regierten Frankfurt

verweisen. Die Gutachter haben diese Schulen, die in diese Untersuchung einbezogen worden sind, sozusagen nach Hamburg versetzt – wie man nachlesen konnte – und geprüft, wie viele Lehrerwochenstunden sie hier nach unseren Bedarfsgrundlagen hätten. Es sind bis zu 25,6 Prozent mehr. Das werden die untersuchten Schulen in Frankfurt und Berlin möglicherweise kaum glauben, aber es ist so. Ein besseres Zeugnis kann man dieser Stadt gar nicht ausstellen.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Gutachten arbeitet, meine Damen und Herren, aber nicht nur mit quantitativen Betrachtungen, sondern geht auch auf qualitative Entwicklungen in Hamburg ein, wie Schulmanagement, Eigenverantwortlichkeit, Förderung von Schülern mit nicht deutscher Herkunftssprache, Förderung Lernschwächerer und so weiter. Es gibt den Hinweis, die Ressourcenverteilung noch stärker an den schulischen Belangen und der Schülerschaft der Einzelschule auszurichten. Wir halten das auch für notwendig, weil die Lernbedingungen in den Stadtteilen und von Schule zu Schule recht unterschiedlich sind. Daran wird also intensiv zu arbeiten sein, aber wir kennen diese Daten und Aussagen auch schon aus den LAU-Studien.

Dieser Bericht verdeutlicht einmal mehr, was Rotgrün in Hamburg leistet. Ich kann es abschließend nicht besser sagen als die Gutachter selbst, und weil es so schön ist, zitiere ich aus dem Gutachten:

„Aufs Ganze gesehen zeigt sich aber, daß Hamburg in der Versorgung seiner Schulen mit Personal einen Spitzenplatz unter den Vergleichsländern einnimmt.“

(Beifall bei der SPD)

„Diese Feststellung kann nicht verwundern, ist Hamburg doch ohnehin nach der mehrfach zitierten Erhebung des Statistischen Bundesamtes das Land in der Bundesrepublik Deutschland, das sich die schulische Bildung der Kinder und Jugendlichen am meisten kosten läßt. Indem die Hansestadt viel für ihre Schulen tut, setzt sie Maßstäbe auch für die Bildungspolitik der anderen Länder.“

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung.

Ein großes Kompliment, meine Damen und Herren, für unsere Schulpolitik und schwierige Zeiten für die Opposition. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigenlob stinkt, und Ihr Umgang mit dem Gutachten – Sie haben voll meine Erwartungen getroffen – stinkt in meinen Augen zum Himmel. Was Sie hier vorgelegt haben, ist ein bestelltes Gutachten im Werte von 120 000 DM, das merkwürdigerweise seit August letzten Jahres in den Schubladen der Behörde gelegen oder auch nicht gelegen hat, offensichtlich nachgebessert und schöngeschrieben worden ist und leider erst jetzt, nach fast sieben Monaten, das Licht der Welt hier in Hamburg erblickt hat. Das Gutachten, das Sie hier so positiv beschrieben haben, strotzt vor Beliebigkeit und vagen Aussagen.

Mit der Kneifzange versuchen Sie, Hamburgs Schulen zur Spitze zu formen. Dabei schmeißen Sie Äpfel und Birnen

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

in einen Topf und versuchen, dann damit ein positives Ergebnis herbeizureden. Durch das Gutachten ziehen sich wie ein roter Faden Angaben, was alles nicht geht. Ich zitiere Seite 5:

„Wiederum sind Aussagen zur Ausstattung der Sekundarstufe I nicht möglich, da die Zuweisungen schulformund nicht schulstufenbezogen erfolgen.“

Oder auf Seite 9:

„Ein direkter Vergleich der Klassenfrequenzen ist aufgrund der unterschiedlichen Bemessungssysteme nicht möglich.“

Solche Binsenweisheiten wollen Sie uns hier für 120 000 DM, die das Gutachten gekostet hat, andrehen. Das ist ein Beispiel für zweifelhafte Seriosität, genauso wie die Simultanberechnung, die Sie eben angeführt haben. Die Ergebnisse sind am grünen Tisch entstanden. Es wäre anders, wenn der Vergleich wirklich realistisch entstanden und nicht computermäßig auf Hamburg übertragen worden wäre.

Wissen Sie, Herr Frank, woran mich das erinnert? – Als würde das Auto der Firma Opel im BMW-Windkanal getestet mit dem Ergebnis, das Fahrzeug tauge nichts. Das ist lächerlich, so etwas zu versuchen. Hinsichtlich Aussagefragwürdigkeit der Ranking-Kriterien kann ich nur auf ein hübsches Zitat in der Hamburger Lehrerzeitung von diesem Monat verweisen:

„Letztlich aber sind entsprechende Zahlen, vor allem zur Tabelle 2, politische Setzung.“

Was Sie gemacht haben, ist die politische Setzung einer Abfrage. Das hat mit der Realität so wenig zu tun wie das für das Gutachten ausgegebene Geld im Verhältnis zu dem, was dabei herausgekommen ist.

(Anja Hajduk GAL: Was wollen Sie denn?)