Dazu möchte ich abschließend feststellen, dass es in Baden-Württemberg und Hessen bei dem dortigen Wahlverfahren fast ebenso viele ungültige Stimmen gab, wie die FDP in Hamburg als gültig erhalten hat. Das ist doch eine ganze Menge.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Maaß, die Grünen und die Demokratie. Bei Ihnen finden so beeindruckende Dinge statt, dass ein Parteitag beschließt, die Bundesvorsitzenden dürften nicht länger Bundesvorsitzende sein. Und was passiert? Der Parteitag hat es beschlossen und die Bundesvorsitzenden sind weiter Bundesvorsitzende.
So viel zu dem, was Sie unter Demokratie verstehen. Das ist bei uns anders geregelt und wird auch anders gehandhabt.
Wenn wir tatsächlich dazu kommen, Ein-Mann-, MehrMann-, Viel-Mandatswahlkreise – um das geschlechtsneutral zu formulieren – einzuführen, dann wird die Zahl der „Fallschirmspringer“ im Parlament deutlich zunehmen, weil sie bei diesem System des Kumulierens, Panaschierens ihre besonderen Vorteile haben. Es gibt auch Parteien, die mit solchen „Fallschirmspringern“ schlechte Erfahrungen gemacht haben. Das kann zumindest auch einmal erwähnt werden.
Wir brauchen im Parlament den verantwortlichen Abgeordneten, der sich um die Sache kümmert und damit eben auch um die Bürger vor Ort. Wir sind uns im Grundsatz darüber einig, dass wir nach Möglichkeiten suchen sollten, um diese Bindungen zu verstärken. Aber ob das mit einem Wahlsystem funktioniert – ich komme wieder auf den Vorschlag der Initiative zurück –, das eine Abweichung der Größe der Wahlkreise von 33 Prozent nach unten und 33 Prozent nach oben ermöglicht, sollte man auch einmal sehr genau durchdenken. Das heißt nämlich, dass die Stimme des Wählers in dem einen Wahlkreis die Hälfte dessen bewirkt, was sie in einem anderen Wahlkreis bewirkt.
Auch dieses, Herr Dr. Maier, hat für mich mit Demokratie und one man, one vote, several men, several votes wenig zu tun.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich zunächst, dass das Thema eine Sachlichkeit gefunden hat, die zu der Hoffnung Anlass gibt, dass wir in nicht allzu langer Zeit zu einer Änderung des Hamburger Wahlrechts gelangen können, die auf einem breiten Fundament dieses Parlaments stehen kann und, wie ich meine, muss.
Frau Kiausch hat deutlich gemacht, dass eine parlamentarische Mehrheit sinnvoll ist, die aber auch nur gefunden werden kann, wenn in den Ausschüssen die Details ausführlich besprochen werden. Der Teufel steckt im Detail. Hinsichtlich dieser Frage haben wir bereits vor mehr als zehn Jahren begonnen, die Details sehr genau zu diskutieren. Die SPD hat die Erfahrung machen müssen, dass dabei, wie bei so vielem, was die SPD diskutiert hat, nichts herausgekommen ist.
(Michael Neumann SPD: Sie wissen doch genau, warum! Sie wissen doch, warum Sie aus der CDU ausgetreten sind!)
Aber Sie haben dieses neue Wahlrecht vor der Wahl nicht forciert und auch nicht für nötig erachtet und jetzt – das muss man zur Scheinheiligkeit der SPD an diesem Punkt sagen – meinen Sie, sich die Wähler so hinrechnen zu dürfen, wie Sie möchten.
Ich müsste jetzt zurückfragen, was ich falsch gesagt habe, damit ich das nicht wiederhole. Aber ich schenke mir das hier.
Selbstverständlich haben wir Bürgernähe zu fördern. Unsere Partei steht für mehr Bürgernähe, für mehr Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung. Das haben wir bereits von Anfang an in unserem Programm niedergeschrieben. Die Bürgernähe, so wäre es wünschenswert, könnte aber auch unter diesem Wahlrecht bereits wesentlich besser praktiziert werden. Ein Argument der Volksinitiative zu diesem Punkt ist, dass verkrustete Strukturen der Parteien aufgebrochen werden sollten. Das kann ich nur unterstreichen. Ein weiteres lautet, dass die alten Parteien, mehr in den Stadtteilen blicken lassen sollten.
Warum haben Sie das bis jetzt nicht getan? Es steht Herrn Neumann doch völlig frei, sich im Stadtteil blicken zu lassen und Bürgernähe zu zeigen. Warum brauche ich dafür eine Änderung des Wahlrechts?
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Aber Herr Neumann braucht eine gesetzliche Verpflichtung dafür! – Michael Neumann SPD: Des- halb gibt es auch keinen Ortsverein von Ihnen bei uns!)
Es gibt auch bei den Bundestagskandidaten keine Verbesserung dadurch, dass sie sich kurz vor den Wahlen im Stadtteil sehen lassen. An den politischen Entscheidungen, wie Rotgrün gerade beweist, hat dies kein Stück verbessert.
Ich sehe die Gefahr, dass schleichend ein Berufsparlament eingeführt werden könnte, denn der Feierabendpolitiker hat natürlich nicht wesentlich mehr Zeit, sich im Stadtteil so dauerpräsent zu zeigen, wie es sich die Initiative wünscht und wie es dann auch erforderlich wäre. Die SPD mag sich vielleicht insgeheim ein Berufsparlament wünschen. Aber, ich denke eigentlich nein. Insofern bleibt für mich dann nur die Befürchtung, dass wir, falls nein, Lehrer und Beamte bevorzugen,
Bevor wir hier allzu laute Töne anschlagen, sollten wir uns alle an die Nase fassen, im Stadtteil ein Büro aufmachen – falls noch nicht geschehen – und Bürgernähe praktizieren – das ist unter dem alten Wahlrecht sehr wohl möglich –, um in die Zukunft zu blicken.
Das durch die Initiative vorgebrachte Anliegen verdient eine im Detail begründete Befassung. Wir werden in der nächsten Zeit sehr vertieft die Diskussion, die heute nicht
abgeschlossen sein kann, darüber führen. Aber, ich sage noch einmal, das Eichhörnchen und der Teufel stecken hier gemeinsam im Detail.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe insbesondere bei den Äußerungen vonseiten der Sozialdemokraten das Gefühl, dass wir noch einmal kurz Revue passieren lassen müssen, wie eigentlich die geltende Rechtslage aussieht. Ich kann verstehen, dass Sie dazu Nachhilfe brauchen, weil Sie das ja eigentlich gar nicht wollten.