Protokoll der Sitzung vom 27.11.2002

Sie sprechen an, dass sich Herr Woestmeyer nicht so darstellen sollte, wie Sie es ihm gerade vorgeworfen haben. Ich muss Ihnen dann aber auch die Frage stellen: Frau Goetsch, warum haben Sie Ihren Einfluss in den letzten vier Regierungsjahren – Sie sind jetzt Fraktionsvorsitzende – bei Ihrem Kollegen Herrn Zuckerer und anderen nicht dahin gehend deutlich gemacht, indem Sie dem gesamten Parlament die festgestellten Lehrerbedarfe in dieser Stadt in den Haushaltsberatungen vorgelegt haben, damit diese solide finanziert werden?

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Burkhardt Müller- Sönksen FDP: Richtig!)

Wir wollen uns doch einmal die Zahlen, die Sie ganz bewusst herauskitzeln wollten, aus dem Gedächtnis rufen.

Am 1. August 2002 hatte die Freie und Hansestadt Hamburg 13 923 Lehrerstellen, davon waren 13 745 durch Rotgrün finanziert und – der Haushaltsplan hat Gesetzescharakter – vom Parlament beschlossen worden.

(Christa Goetsch GAL: Das ist nicht richtig!)

Das ergibt eine Differenz von 178 Lehrerstellen, die Sie auch festgestellt haben. Sie hatten aber nicht den Mut, diese im Haushaltsplan vom Parlament einzuwerben, weil nämlich dann Ihre Konsolidierungsgenossen von Rotgrün nicht hätten verkünden können, dass der entsprechende Haushalt zurückgefahren wurde.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Richtig!)

Wir haben alle noch Frau Hajduk im Ohr, die hier heruntergeleiert hat, dass der Betriebshaushalt der Freien und Hansestadt Hamburg ausgeglichen sei. Wir haben alle noch im Ohr, dass Rotgrün im letzten Jahr vor unserer Regierungsübernahme den Haushalt konsolidiert hat. Mit solchen Buchhaltertricks 200 Lehrerstellen nicht zu finanzieren, werden natürlich die Haushaltsgrundsätze und die Wahrheit und Klarheit mit Füßen getreten und dagegen verstoßen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Aber die Dreistigkeit besteht nicht darin, dass Sie diese Tricks angewendet haben, sondern dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler dieser Stadt im Herbst letzten Jahres das Regierungsmandat nicht erteilt haben und Sie, Frau Goetsch, die die Kenntnisse hatte und heute Fraktionsvorsitzende sind – damals waren Sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende –, sich nicht damit herausreden können, dass Sie es nicht besser gewusst haben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD)

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP)

Jetzt sagen Sie aber, dass dieser Senat für die Bildung nichts tun würde, obwohl er zum ersten Mal in der Geschichte der Freien und Hansestadt Hamburg im Haushalt 13 700 solide ausfinanzierte Lehrerstellen ausweist

(Christa Goetsch GAL: Das sind doch weniger!)

13 600 plus 100 Junglehrerstellen – und versucht, dieses Defizit, das Sie selbst angerichtet haben, in den Griff zu bekommen. Frau Goetsch, bitte lassen Sie die Kirche im Dorf und erinnern Sie sich an das, wofür Sie Mitverantwortung getragen haben. Sie haben mehr Lehrer eingestellt, als Sie finanzieren konnten, und werfen uns jetzt vor, dass wir dieses Debakel zu verantworten hätten. Das ist unwahr, Frau Goetsch, das wissen Sie, aber Sie wiederholen es ständig.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5a auf, Drucksache 17/1751, Dringlicher Senatsantrag: Vorschlag des Senats für die Wahl eines Mitglieds des Rechnungshofes durch die Bürgerschaft.

[Dringlicher Senatsantrag: Vorschlag des Senats für die Wahl eines Mitglieds des Rechnungshofes durch die Bürgerschaft – Drucksache 17/1751 –]

Die Fraktionen haben vereinbart, dass diese Wahl aus Gründen der Praktikabilität vor den übrigen vorzunehmenden Wahlen stattfinden soll. Für die Wahl sind Wahlkabinen vorgesehen.

Wir verfahren so, dass Herr Farid Müller, Frau Pauly und Frau Pawlowski abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Ich bitte Sie, dann zur Kanzleibank zu gehen und von Frau Cornell den Stimmzettel entgegenzunehmen. Mit dem Zettel gehen Sie bitte in eine der Kabinen und nehmen dort Ihre Wahl vor. Bitte kreuzen Sie auf dem Stimmzettel nur ein Kästchen an. Weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit führen. Auch unausgefüllte Zettel gelten als ungültig. Danach begeben Sie sich bitte zu Frau Rogalski-Beeck, bei der die Urne steht, und stecken Sie dort Ihren Stimmzettel in die Urne. Ich darf Herrn Müller bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Der Namensaufruf wird vorgenommen.)

Wurde ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Wahlhandlung beendet. Ich bitte, das Ergebnis zu ermitteln. Für die Dauer der Stimmauszählung wird die Sitzung unterbrochen.

Unterbrechung: 16.59 Uhr

Wiederbeginn: 17.07 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das Wahlergebnis bekannt. Bei der Wahl eines Mitglieds des Rechnungshofs wurden 109 Stimmzettel abgegeben. Davon waren 109 Stimmzettel gültig, mit Ja haben 86 gestimmt,

mit Nein haben 7 gestimmt, Stimmenthaltungen gab es 16. Nach Artikel 71 Absatz 4 der Hamburgischen Verfassung ist für die Wahl eines Mitglieds des Rechnungshofs eine Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahlen der Bürgerschaft erforderlich, also mindestens 81 Ja-Stimmen. Herr Jens Peter Dehne hat 86 Ja-Stimmen erhalten und ist somit zum Mitglied des Rechnungshofs gewählt worden.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Dehne, ich darf Ihnen im Namen des ganzen Hauses die Glückwünsche zu Ihrer Wahl aussprechen und Ihnen eine glückliche Hand in der Amtsführung wünschen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Aufruf der Punkte 4, 5 und 5b, Drucksachen 17/1684, 17/1687 und 17/1762. Wir haben drei weitere Wahlen vorzunehmen.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Bau und Verkehr – Drucksache 17/1684 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für die Regionalkonferenz der Gemeinsamen Landesplanung Hamburg/ Niedersachsen/Schleswig-Holstein – Drucksache 17/1687 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines ehrenamtlichen Mitglieds für die Kreditkommission – Drucksache 17/1762 –]

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass diese in einem Wahlgang durchgeführt werden. Die Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen der vorgeschlagenen Personen jeweils ein Feld für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen bei jedem Namen ein Kreuz machen. Weitere Eintragungen und Bemerkungen würden zur Ungültigkeit führen. Auch unausgefüllte Wahlzettel gelten als ungültig. Bitte nehmen Sie jetzt Ihre Wahlentscheidungen vor. Ich darf die Schriftführerinnen bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden nun ermittelt. Ich werde sie Ihnen im Laufe der Sitzung bekannt geben.

Aufruf Punkt 35, Drucksache 17/1719, Antrag der SPD-Fraktion: Sicherung und Fortentwicklung der integrativen Regelklassen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Sicherung und Fortentwicklung der integrativen Regelklassen – Drucksache 17/1719 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Kienscherf wünscht es und bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor elf Jahren, 1991, hat Hamburg einen neuen Modellversuch gestartet und die integrativen Regelklassen eingeführt. Ziel war und ist es, Schüler mit Lern- und

Ergebnisse siehe Seite 1515 D.

(Wolfgang Drews CDU)

Sprachbehinderungen gemeinsam mit anderen Kindern aus ihrem Stadtteil zu unterrichten. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass sich diese Methode bewährt hat. Mehr als 8000 Schülerinnen und Schüler konnten erfolgreich miteinander lernen.

Heute droht diesem bewährten Angebot das Aus. Viele Eltern und Schüler sind besorgt und demonstrieren fast täglich gegen die Politik des Senats, denn Ziel ist es – und das sehen wir angesichts der vorgelegten Schulgesetznovellierung –, diese integrativen Regelklassen zukünftig im Schulgesetz nicht mehr zu berücksichtigen. Wir Sozialdemokraten lehnen dies ab.

(Beifall bei der SPD)

Wir Sozialdemokraten erinnern auch an den Beschluss der Bürgerschaft in der letzten Legislaturperiode, mit dem sich die Bürgerschaft mehrheitlich für die Aufnahme der integrativen Regelklassen in ein neues Schulgesetz ausgesprochen hat, und daran wollen wir festhalten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie wollen sich von der bewährten Integration verabschieden, haben aber nicht den Mut, ehrlich und offen mit den Beteiligten darüber zu sprechen. Das muss man einmal ganz deutlich sagen und da nützt es auch nichts, wenn sich Herr Drews hier hinstellt und uns fragt, was wir für die Schwachen und Schwächsten in dieser Stadt tun. Wir fragen Sie, was Sie für die Schwächsten und Schwachen in dieser Stadt tun.