Abgerundet wird das Szenario von Senator Kusch. Er fliegt, wie bekannt, in die Wüste von Arizona und besucht die Strafanstalten von Sankt Petersburg, um sich Anregungen zu holen. Die sehen dann so aus, dass er den offenen Vollzug halbiert. Das neue Riesengefängnis Billwerder will Senator Kusch mit einem bundesweit beispiellos niedrigen Personalschlüssel betreiben. Er baut nicht nur die Spritzenautomaten, wie bekannt, mit hoher Infektionsgefahr ab, sondern führt auch noch den kalten Entzug bei Suchtkranken ein. Welche russischen Methoden wollen Sie noch nachahmen, Herr Kusch?
Herr Dr. Freytag, sind das die richtigen Akzente im Strafvollzug? Demnächst werden die Gefangenen noch an ihren Betten angebunden.
Dass wir einen Senat mit Rechtsausleger haben, ist ein gravierendes Problem, das bekannt ist für Hamburg. Dass aber diesem Senat mit Rechtsausleger ein führungsschwacher Bürgermeister vorsteht, macht die Angelegenheit zu einem unkalkulierbaren Risiko.
Herr von Beust, es ist bekannt, man kann es nicht oft genug sagen, dass viel zu lange nichts von Ihnen zu hören war, als Herr Schill die Brandrede im Bundestag gehalten hat. Der Abgeordnete Barth-Völkel konnte seine Phantasien über Internierungslager entwickeln, ohne umgehend gebremst zu werden. Auch da kam Ihre Reaktion zu spät, Sie waren bestenfalls lauwarm. Und die zuerst vorgelegte Verfassungsschutzgesetzesnovelle war ein direkter Angriff auf die Freiheit und die Bürgerrechte unserer Stadt. Die FDP musste sich erst lange besinnen, bis sie zu ihren Wurzeln, der Bürgerrechtspartei, zurückgekommen ist, und der Erste Bürgermeister ließ die Fassung durchgehen. Auch das neue Gesetz bleibt immer noch der größte anzunehmende Lauschangriff auf Unverdächtige.
Auch die Eskalation um den Bauwagenplatz Bambule hätte vom Bürgermeister früh gestoppt werden müssen. Unnötige Polarisierungen in der Stadt wären damit vermieden worden und es hätten erhebliche Kosten für die Polizeieinsätze gespart werden können. Die GAL hat von Anfang an auf Gespräche und Verhandlungen gesetzt.
Ich will gar nicht vom meterdicken Filz bei Stellenbesetzungen ohne Ausschreibungen sprechen oder vom Machtmissbrauch in Sachen Hornauer, von der Diskriminierung des Bezirksamtsleiters Hornauer durch aktive Verschleppungspolitik seitens Senator Kusch. All das lässt der Bürgermeister durchgehen. Die Schlegel-Affäre reiht sich ein in die Führungsschwäche des Bürgermeisters. Man muss erst Möllemanns Praktiken in Hamburg haben, Verbindungen in den Nahen Osten sind hier angekommen, bis Herr von Beust reagiert.
Herr von Beust, das ist dramatisch und Sie können nicht nur posieren, Projekte einweihen und Richtkränze hochziehen. Die erste Pressemeldung heute aus dem Senat war: Beust verkauft Omas uriges Krustenbrot. Das sind die wichtigsten Sachen in dieser Stadt. Wo sind wir denn angekommen?
Herr Bürgermeister, Sie müssen die Quertreiber in Ihrer Regierung an die Leine nehmen und Führungsstärke zeigen, sonst bleiben Senatoren weiter ein Sicherheitsrisiko für diese Stadt.
Durch alle Ressorts zieht sich der rote Faden Ausgrenzung und die Notwendigkeit, zu sparen, wird bestenfalls auf dem Papier und bei den Sonntagsreden als Aufforderung zur Erneuerung genannt. In der Praxis zieht der Senat sich auf ein konservativ-trotziges „Weiter so“ zurück und wälzt die Kosten auf die Bürgerinnen ab. Da die Haushaltskon
solidierung trotz alledem zu kurz greift, werden auch noch die künftigen Generationen be- statt entlastet.
Aber in welcher Stadt wollen wir leben? Wollen wir als GALier und GALerinnen leben? Die GAL will eine nachwachsende und lernende Stadt, eine Stadt, in der Menschen nicht heute auf Kosten von morgen leben, und dazu gibt die GAL mit ihren Haushaltsanträgen eine deutlich andere Antwort auf die Zukunftsforderungen der Stadt als der Senat. Wir stehen für eine Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt durch Erneuerung, gegen soziale und ethnische Ausgrenzung, für Geschlechtergerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung. Hamburg benötigt einen Schwerpunkt Bildung, der den Namen verdient, das sind wir zuallererst den Kindern und Jugendlichen in unserer Stadt schuldig. Wir sind es uns aber auch selbst schuldig, um die Lebensqualität der gesamten Gesellschaft in Zeiten der Überalterung zu wahren.
Ein immer kleinerer Anteil der Gesellschaft wird das Wirtschaftsleben, die Betreuung und Versorgung eines immer größeren Teils der Hamburgerinnen und Hamburger leisten müssen. Da ist es mehr als ein Gebot der Stunde, allen Kindern und Jugendlichen ohne jede Ausgrenzung alle Chancen zu öffnen. Zu Zeiten grüner Regierungsbeteiligung sind wir diesem Ziel gefolgt. Die finanziellen Zwänge haben uns zu kleinen und langsamen Schritten gezwungen.
Wir legen zur Bildungspolitik einen Antrag vor, mit dem die Ganztagsangebote in der Kindertagesbetreuung erweitert werden. Man kann eine Kita-Card einführen, das wollen wir auch, aber wenn nichts angeboten wird, dann kann man kein nachfrageorientiertes System machen.
Und wir werden die frühkindliche Bildung, besonders im Vorschulalter mit dem „Bildungsjahr Fünf Plus“, stärken, dies entspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Gutachten, nämlich auf den Anfang kommt es an.
Wir machen mit dem weiteren zweiten Antrag erste strukturelle Schritte in der Schulpolitik, indem wir stufenweise, ohne diese immense Ressourcenverschwendung, das Abitur nach zwölf Jahren einführen und das Sitzenbleiben abschaffen wollen, das alleine mehrere hundert Lehrerstellen bindet. Dafür soll mehr gefördert und gefordert werden.
Ebenso verbindet sich unsere Vorstellung von Schulreform auch mit dem Anspruch, dass die Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer der Schule und den Schülerinnen gehört. Die zentralen grünen Vorschläge sind, jetzt mit einer grundlegenden Bildungsdebatte zu beginnen, statt mit Reformen ohne Konzepte.
Es geht schließlich um das Wohl unserer jetzigen und künftigen Generationen. Nicht nur die Renten- und Sozialsysteme stehen vor schweren Problemen, auch das Bildungssystem braucht eine Rundumerneuerung, eine Kinder- und Jugendschule für alle. Die GAL wird neben der Qualitätsdebatte, die sie seit Jahren vorantreibt, die Strukturdebatte beginnen. Und wir sagen, wo es finanziert wird, Herr Frühauf. Wir schlagen zur Finanzierung
(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wie? – Karl-Heinz Ehlers CDU: Wo heißt ja nicht wie! – Norbert Früh- auf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Wo nehmen Sie es weg?)
dieser Maßnahmen vor, den im Haushaltsplan-Entwurf vorgesehenen Mittelzuwachs für Innere Sicherheit, Bau und Verkehr sowie Wirtschaft zu begrenzen.
Denn wenn der Senat hier an Innere Sicherheit denkt, meint er Polizei und Staatsanwaltschaft, woran er nicht denkt, ist Prävention. Wir beantragen, Prävention umfassend zu verankern und zu stärken. Die bewährten Sicherheitskonferenzen sind über Harburg und Altona hinaus stadtweit auszudehnen. Innere Sicherheit muss auch Opferschutz beinhalten. Wir beantragen neben einer umfassenden rechtlichen Stärkung und einer besseren sozialen Betreuung von Kindern, die Opfer von Gewalttaten geworden sind, auch die Einrichtung eines Opferfonds.
In der Drogenpolitik missachtet der Senat ebenso alle Erfahrungen, wie Hilfe für Abhängige erfolgreich zu gestalten ist, nämlich szenenah und niedrigschwellig. Die derzeitige Drogenpolitik läuft Gefahr, mit der Bündelung der Angebote im Wüstenrot-Haus, einen falschen Weg einzuschlagen, der zu teuer ist und nicht angenommen wird. Wir müssen, das sagen wir deutlich in unserem Antrag, Süchtigen, auch Süchtigen, die Crack und verschiedene Drogen nebeneinander konsumieren, endlich Hilfsangebote machen, die auf sie zugeschnitten sind.
Ein Thema, das ich schon angeschnitten habe: Migrationspolitik. Wir haben zurzeit und der Senat zeigt es immer wieder, dass die bestehenden ausländerrechtlichen Gesetze und Verordnungen zu unmenschlichen Härten hier in Hamburg führen. Hamburg braucht deshalb eine Härtefallkommission.
Eine Härtefallkommission, die Anträge auf Bleiberecht aus humanitären Gründen prüft. Dies ist übrigens eine alte Forderung der FDP. Ich bin gespannt, wie Sie sich dazu verhalten wollen. Zudem legen wir ein Konzept vor, mit dem Flüchtlinge in normalen Wohnungen statt in teuren provisorischen Unterkünften unterbracht werden können.
Dass Verkehr stadt- und umweltverträglich zu organisieren ist, scheint eine Binsenweisheit zu sein. Allerdings keine, die schon zum Senat durchgedrungen wäre, das gilt auch für die Grünanlagen, die Grünflächen, die Spielplätze. Es wird weiter der Kreuzzug zugunsten der vermeintlich drangsalierten Autofahrer geführt. Wir wollen weiter das Zufußgehen, das Radfahren, den öffentlichen Personennahverkehr fördern, den Autoverkehr in der Stadt organisieren und das Velo-Routenkonzept fortsetzen wie auch die Stadtbahn.
Die Frage ist ja immer, kann man überhaupt konsolidieren ohne sozialen Rundumschlag? Dies ist, wie wir in der letzten Legislaturperiode bewiesen haben, möglich. Da wurden jährlich doppelt so viele hohe Einsparbeträge realisiert wie jetzt im Haushaltsplan 2003 und auch zukünftig 2004.
Mit diesem Haushaltsplan dagegen trifft es gerade die Arbeitslosen besonders hart. Der Senat kümmert sich nur um die leicht vermittelbaren Arbeitslosen, hat für die Langzeitarbeitslosen, die Problemgruppen, über 60 000 haben wir in der Stadt, kein Konzept. Ihr Hamburger Modell ist hoffnungslos gescheitert. Es gehen gerade mal elf in den Ersten Arbeitsmarkt. Das ist eine Übergangsquote von 5 Prozent, so etwas Dramatisches haben wir noch nie gehabt.
Wir wollen eine verlässliche und effektive Finanzierung für Arbeitsmarktprojekte und wollen darüber hinaus die Arbeitsmarktpolitik wieder mit der Förderung der lokalen Wirtschaft und mit der sozialen Stadtteilentwicklung verzahnen.
Alle diese Maßnahmen erfordern ohne Frage gewaltige Kraftanstrengungen und Kreativität. Erneuerung ist in allen Bereichen angezeigt, um Hamburg zukunftsweisend auszurichten. Wir haben einen engen finanziellen Spielraum, das wissen wir alle, es geht aber darum, wo man die Schwerpunkte setzt. Mit dem vorgelegten Haushalt startet Hamburg nicht nur unvorbereitet in die Herausforderungen der Zukunft. Dass wir unseren internationalen Ruf schon verspielt haben, das will ich überhaupt nicht mehr ansprechen. Der Senat setzt nicht auf die Zukunft der Stadt und nicht auf die Zukunft der Bürgerinnen und vor allem nicht auf die Zukunft der Kinder, meine Damen und Herren!