Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Böwer, Sie haben es eben schon gehört: Sie haben ganz offensichtlich resigniert.
Und das ist auch gut so, denn dann können Sie vielleicht endlich zu dem übergehen, was Frau Goetsch und Frau Ernst schon machen, die sinnvolle Politik des Senats zu unterstützen und inhaltlich damit aufzuhören, durch Emotionen andere Leute aufzumischen und hier ein gutes Konzept zunichte zu machen.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Petra Brinkmann SPD: Da muss selbst Herr Rumpf lachen!)
Dass Ihnen zu unserem neuen und gerechteren Konzept, die Elternwünsche mehr zu berücksichtigen als bisher, trotz schwieriger Haushaltslage die Elternbeiträge, was Sie nicht geglaubt haben, um fast 10 Prozent abzusenken und den höchsten Versorgungsgrad in der Republik zu haben, nichts mehr einfällt, leuchtet ein. Die vom Bundeskanzler erträumten 20 Prozent für Krippenplätze haben wir fast erreicht. Der Bundeskanzler wird sich noch wundern – es ist hier schon angesprochen worden, ich war letzten Donnerstag in Berlin im Vermittlungsausschuss –, was von Hartz I und II übrig bleiben wird,
weil der große Teil zustimmungspflichtig ist und die unionsgeführten Länder eine Mehrheit im Bundesrat haben. Das werden wir uns anschauen. Von diesen 1,5 Milliarden Euro sehe ich keinen Pfennig in Hamburg ankommen.
Was die Nichtanwesenheit von Frau Schnieber-Jastram anbetrifft, Frau Steffen, so hätte sie wahrscheinlich auch
nicht mehr zu Ihren Ausführungen gesagt als das, was ich jetzt sagen werde. Sie haben einen James-Dean-Film erwähnt, es gibt bekanntlich drei. Zur Opposition kann man nur sagen: „Jenseits von Eden“, besser noch: jenseits von Gut und Böse und hier bei den Regierungsfraktionen alles nur „Giganten“.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt haben wir gehört, was der Senat im Bereich der Kita-Politik vorhat. Ich greife das auf, Herr Senator Lange, was Sie anlässlich der letzten KitaDebatte gesagt haben. Sie sprachen von einem Zug, der losgefahren sei und wir Sozialdemokraten stünden noch auf dem Bahnsteig.
Hierzu gibt es auch ein Lied: „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo.“ Ich stelle fest, dass wir diese Zugfahrt gar nicht gebucht haben.
Erster Akt: Gestern sind die Gespräche zwischen Ihnen und den Trägern aufgrund einer Verpflichtungsermächtigung geplatzt, die Sie einseitig gegenüber der städtischen Trägervereinigung ausgesprochen haben. Das ist die Wahrheit. Die Arbeitsgemeinschaft Kita 2000 hat gestern in Ihrer Behörde die Gespräche nach zwei Stunden abgebrochen. Soviel zum Verhandlungsgeschick von Ihnen und Ihrer Behörde.
Ich habe nichts dagegen, Herr Senator, wenn Sie als Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigung städtischer Kindertagesstätten für Ihren eigenen Träger eine Sorgfaltspflicht wahrnehmen. Aber Sie haben als Fachsenator der Freien und Hansestadt Hamburg auch die Aufsichts- und Sorgfaltspflicht für die übrigen Träger wahrzunehmen. Das haben Sie bisher nicht gemacht.
Es zeigt sich, dass Ihr ach so schönes System nicht nur die Träger als Verlierer kennt. Gehen wir das einmal durch.
Nach den Berechnungen der Wohlfahrtsverbände werden durch Ihr System von 20 000 Kita-Plätzen 20 000 negativ betroffen sein.
Ist Ihnen aus den Haushaltsberatungen bewusst, dass die von Ihnen angesprochene Verpflichtung ihren Ursprung aus dem Jahre 1987 hat?
Herr Kollege Maier, ich schätze den Kollegen Böwer so sehr, dass ich ihm zutraue, selbst zu antworten.
Erstens: Mir ist bekannt, dass diese Vorlage mit einer heißen Nadel gestrickt wurde und für Feinschmecker geeignet ist, die den Unterschied zwischen einer Bürgschaft und einer Verpflichtungsermächtigung kennen.
Zweitens: Sie müssen nicht mir diese Frage erläutern, sondern allen Trägern, von denen der Senator ausgeht, dass sie im Augenblick eigenständige Rücklagen gebildet haben.
Schauen wir uns die Situation der Nordelbischen Kirche an, von der wir nicht wissen, welche Verpflichtungen sie gegenüber der Diakonie hat.
Zurück zu der Frage, wer die Gewinner oder die Verlierer Ihres Gutscheinsystems sind. Wenn 20 000 Plätze negativ von dem Kita-Gutscheinsystem betroffen sein werden – das geht aus den Unterlagen hervor, die Ihnen vorliegen – und 18 000 Plätze fehlen, dann kommen wir zu den von Ihnen vorgenommenen Elternbeitragssenkungen in Höhe von 7 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2004. Sie haben gesagt, dass Sie diese durch Synergieeffekte wieder hereinholen würden. Die Synergieeffekte erreichen Sie in zweierlei Hinsicht: Entweder Sie bauen Plätze ab oder Sie senken den Betreuungsumfang. Es stimmt nicht, dass Sie die Eltern entlasten. Sie erzielen einen Scheineffekt, indem Sie nämlich die Eltern gleichzeitig durch die Senkung des Betreuungsumfangs belasten beziehungsweise Plätze abbauen. Wenn das liberal ist, dann möchte ich nie in meinem Leben ein Liberaler gewesen sein.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Leif Schrader und Dr. Wieland Schinnenburg, beide FDP: Waren Sie auch nie!)
Ich komme zu einem weiteren Punkt. Sie reden von Bewilligungskriterien. Nein, es sind Ausscheidungskriterien wie bei den Olympischen Spielen. Sie stellen sich nämlich nicht die Frage, welche Angebote man braucht, um eine richtige Sprachförderung zu machen oder soziale und pädagogische Bedarfe zu erfüllen. Sie haben diese Bewilligungskriterien formuliert – das haben Ihnen die Wohlfahrtsverbände auch in den Stammbaum geschrieben –,
weil zwischen Ihrem Angebot und der tatsächlichen Nachfrage eine Lücke von 14 000 bis 18 000 Plätzen klafft.
BIK hat etwa 7000 Plätze bei Tagesmüttern oder Tagesvätern ausgerechnet. Es gibt aber ein Problem. So viele Tagesmütter und Tagesväter gibt es im gesamten norddeutschen Raum nicht. Das heißt, dass der Bedarf, der
sich in dieser Umfrage abzeichnet, vom stationären Bereich – insbesondere vom sehr dramatisch angestiegenen Krippenbereich – übernommen werden muss.
Ihr Konzept passt vorn und hinten nicht. Wir werden im Gesetzgebungsverfahren genügend Gelegenheit haben, darüber zu beraten. Wir werden uns alle Zeit und Muße nehmen, dieses mit der notwendigen Sorgfalt zu tun.
Zwei letzte Sätze zum Bereich der Neuorientierung der Jugendhilfe. Es gibt einen Spruch: Die Ausgabe folgt der Aufgabe. Frau Pawlowski, der Senat hat bis heute kein Konzept für die Sozialraumorientierung auf den Tisch gelegt. Das hat fatale Folgen.
Sie entziehen dem Haushalt 4 Millionen Euro aus einem Bereich, der jetzt schon eine Unterdeckung von 3,4 Millionen Euro hat. Das ergibt einen Betrag von 7,4 Millionen Euro. Es kommen zusätzlich die Kosten für die Feuerbergstraße hinzu, sodass eine Summe von 8 Millionen Euro herauskommt. Das ist ein im Haushalt zu tragendes Risiko.
Sie sagen nicht, wie die Sozialraumorientierung im Zusammenspiel zwischen Hilfen zur Erziehung und dem, was Sie die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit nennen, stattfinden soll.
Mein letzter Punkt – wer auch immer dieses zuvor kritisch angemerkt hat – gilt der Feuerbergstraße. Ich halte das Thema für so sensibel, dass man daraus keine Parteitagspolemik machen darf. Es gibt nicht das Senatskonzept, sondern es gibt mehrere. Zurzeit ist es ein fortlaufender Prozess, der wahrscheinlich in diesen Stunden noch in der Hamburger Straße überarbeitet wird. Wir lassen uns das endgültige Konzept präsentieren. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.