Ihre Sparpolitik hat jedenfalls ergeben, dass Sie uns erspart geblieben sind. Und das ist auch gut so. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auch in diesem Beitrag etwas grundsätzlicher werden.
Die Rechtspolitik dieses Justizsenators basiert auf fünf Irrtümern. Ich habe während der Debatte noch einige weitere – wie das Märchen vom drogenfreien Knast – gehört,
Der erste Irrtum besteht darin, dass sich Herr Kusch weiterhin eher als Innensenator denn als Justizsenator versteht. Herr Kusch macht immer noch den harten Hund für die CDU, anstatt die normalerweise von den Justizministern wahrgenommene Rolle als rechtsstaatliches Korrektiv zu füllen. Die Konsequenzen aus diesem Rollenverständnis waren jüngst beim Gesetzentwurf für das Verfassungsschutzgesetz zu sehen.
Der Innensenator legte einen wirklich haarsträubenden Gesetzentwurf vor und der Justizsenator erhebt keine rechtlichen oder rechtspolitischen Einwände. Das hatte zur Folge, dass nicht nur sämtliche Medien, sondern auch die Rechtsexperten von links bis rechts diesen Gesetzentwurf als rechtsstaatlich untragbar kritisierten.
Dieser Vorgang zeigt doch, dass die Rolle des rechtsstaatlichen Korrektivs in der Garde der Kettenhunde dieses Senats vollkommen verwaist ist. Das ist eigentlich Ihre Rolle, Herr Kusch.
Dieses Selbstverständnis des Justizsenators zeigt sich auch bei seiner Reise zu einem Gefängnis nach Arizona, in dem die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Ein Justizsenator, der glaubt, dass diese Stadt etwas von einem Sheriff lernen kann, der stolz darauf ist, dass er mehr Geld für das Essen seines Schäferhundes ausgibt als für die Gefangenen, der hat seine Aufgabe gründlich missverstanden.
Was will im Übrigen eigentlich ein Justizsenator von einem Sheriff lernen, dessen Gefangene zu 60 Prozent rückfällig werden? Wenn Sie wirklich etwas auf Dienstreisen lernen wollen, dann reisen Sie doch einmal zu den Gefängnissen in Skandinavien, denn dort hat man mit hervorragenden Resozialisierungsmaßnahmen tatsächlich geringere Rückfallquoten erzielt. Aber das passt natürlich nicht in Ihre Ideologie.
Der Gefängnistourismus zeigt den zweiten Grundirrtum. Der Justizsenator geht davon aus, dass harte Strafen helfen. Es ist doch in der Wissenschaft unstrittig und auch durch die Praxis bewiesen, dass dies ein Irrglaube ist. Nicht die Härte der Bestrafung ist maßgeblich dafür, ob ein Straftäter rückfällig wird, sondern entscheidend ist vielmehr, ob es während des Strafvollzugs gelingt, den Straftäter wieder in diese Gesellschaft sozial einzugliedern.
Genau diese Reintegration kann nicht gelingen, wenn es in den Gefängnissen kein Personal mehr gibt. Dieser Senat hat zu verantworten, dass es für jugendliche Strafgefangene kein Anti-Aggressivitätstraining mehr gibt. In Billwer
der wird es zukünftig so wenig Personal geben wie in keinem anderen Bundesland. So verkommt der Strafvollzug tatsächlich zum bloßen Wegschließen. Wenn die Menschen wieder entlassen werden, dann ist die Wahrscheinlichkeit leider sehr hoch, dass sie wieder straffällig werden. So züchtet dieser Senat neue Straftaten in dieser Stadt. Viel schlimmer ist aber, dass er auch neue Opfer von Straftaten züchtet.
Damit bin ich beim dritten Irrtum dieses Senats. Er besteht darin, dass diese Regierung den Opferschutz als Nebensache betrachtet.
... wie wir zukünftig für eine parallele Gerechtigkeit sorgen können, die sich sowohl um die Wiedereingliederung des Täters als auch um die der Opfer in dieser Gesellschaft kümmert.
Es sind gerade die Opfer, die schwer traumatisiert und oft jahrelang unter den Folgen der Straftaten leiden.
(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Ihre Gerechtigkeit kennen wir, die haben wir ken- nen gelernt! Seit wann interessiert sich Ihre Frak- tion für Opfer?)
Ja, meine Fraktion hat dazu einen konkreten Antrag eingereicht. Von Ihrer Seite kommt sehr wenig und vom Senat kommt gar nichts. Das ist die Realität, das ist Ihr Verständnis von Opferschutz.
Damit bin ich beim vierten Irrtum, der darin liegt, dass Herr Kusch glaubt, er könne mit seinen Showeinlagen wie dem Abbau der Spritzenautomaten oder dem Gefängnistourismus darauf verzichten, eine handwerklich solide Politik zu machen. Es zeugt doch wirklich von Schlamperei, wenn man eine geschlossene Vollzugsanstalt plant, einem aber später einfällt, dass diese noch einige Millionen Euro mehr kostet, weil die Sicherheitsschlösser vergessen wurden. Wer so plant, den kann man eigentlich nicht mehr ernst nehmen.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist Ihnen doch vorher jedes Jahr passiert!)
Noch fataler ist die Planung beim Jugendstrafvollzug. Der Senat steckt sein ganzes Geld in ein neues geschlossenes Heim. Der Bedarf ist zumindest aus fachlicher Sicht zweifelhaft.
Um dieses zu finanzieren, schafft der Senat die Unterbringungsmöglichkeiten für jugendliche Straftäter ab mit der Folge, dass diese von den Jugendrichtern auf freien Fuß gesetzt werden müssen. So etwas Verrücktes hat es unter Rotgrün nicht gegeben. Mit einer solchen Schlamperei versagen Sie auch vor Ihrem eigenen Anspruch, Hamburg sicherer zu machen.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Frei erfunden, was Sie erzählen! – Viviane Spethmann CDU und Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das stimmt doch gar nicht!)
Der fünfte Irrtum wurde bereits von Herrn Klooß angesprochen. Er besteht darin, dass der Justizsenator glaubt, er könne eine Personalpolitik nach Gutsherrenart betreiben. Qualifizierte, aber unliebsame Beamte werden weggemobbt oder strafversetzt. Die Jugendgerichte werden ohne sachlichen Grund zentralisiert, um die Jugendrichter zu schikanieren.
Die Stimmung in den Gerichten und in der Justizbehörde ist auf dem Nullpunkt angelangt; da kann man sprechen, wen man will.
Wenn es dagegen um Freunde und Parteikollegen geht, dann werden diese gehätschelt und befördert. Das ist zum einen Herr Schuchardt, für den Gesetze passend gemacht werden, damit er noch im Amt bleiben darf. Zum anderen ist es der Abgeordnete Ploog, der nach Anordnung von Herrn Kusch ohne Ausschreibung die Karriereleiter hochstolpert. Damit liegt Herr Kusch voll im Trend des Senats, der schwarz schillernden Filz anscheinend mag. Dieser Senat hat zahlreiche Abgeordnete in Lohn und Brot gebracht. Das ist nicht nur Herr Ploog, sondern es sind auch noch die Herren Gonska, Nockemann, Adolphi und Vahldieck. Habe ich noch jemanden vergessen? Herr Müller, habe ich Sie vergessen?
Sie haben in einem Jahr immerhin fünf Abgeordnete versorgt. Respekt, das ist eine gute Quote. Dafür haben die Sozialdemokraten länger benötigt.
(Beifall bei der GAL – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist glatt gelogen, was Sie da erzählen!)