Das heißt, zum systemischen Wechsel gibt es noch einen zweiten Bereich, und zwar die Elternbeiträge. Diese haben wir gesenkt und das werden wir auch weiter tun.
Der Ausbau der Kindertagesbetreuung – das ist der dritte Bereich – ist eine mittel- und langfristige Aufgabe. Wir machen jetzt einen erster Schritt.
Die Diskussion mit den Trägern, den Eltern und auch mit den Parteien ist im Übrigen sehr erstaunlich. Es wurde immer wieder gesagt, dass das System richtig sei.
Aber dann kamen die Kritikpunkte. Es gibt Kritikpunkte, die berechtigt sind, die auch aufgenommen wurden. Es gibt aber auch einige, die ich einfach nicht verstehe. Gerade in einem System mit begrenzten Ressourcen müssen wir die Effektivität steigern. Ein effizientes System ist gerade bei der Frage der finanziellen Möglichkeiten das bessere; das setzen wir jetzt um.
Zur Frage, wie die SPD damit in der Vergangenheit umgegangen ist. Ich habe gesagt, dass es die Diskussion über eine mögliche Finanzierung gibt. Das ist aber nur ein Aspekt. Das lassen Sie auch in Ihrer Volksinitiative vollkommen offen, denn darin ist nichts Konkretes dazu gesagt.
Herr Böwer, im Übrigen bin ich irritiert, weil Sie selbst einen Alternativantrag gestellt haben. Heute haben Sie aber nur über unser Gesetz gesprochen und mit keinem Wort Ihr Gesetz erwähnt. Das habe ich bei Ihnen vermisst, Herr Böwer.
Wir haben in den vergangenen Monaten viele Gespräche mit den Eltern geführt und über jeden kleinen Punkt gesprochen. Eines habe ich bei diesen Gesprächen mit den Eltern vermisst: Eine Aussage zur SPD-Initiative. Als ich selbst einmal nachgefragt habe, um eine Rückmeldung zu bekommen, wie die SPD-Initiative bewertet wird, haben die Eltern nur gelacht und gesagt: Wir können über alles reden, aber das, was die SPD treibt, haben wir durchschaut.
Eltern achten sehr auf das Kleingedruckte und sind sehr sensibel, wenn es darum geht, etwas für Ihre Kinder zu entwickeln. Insoweit gab es leider – das ist meine Botschaft – keine Rückmeldung auf Ihre Initiative.
(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Andrea Hilgers SPD: 22 000 Unterschriften!)
Die Vorteile wurden bereits angesprochen. Ich glaube, dass es kein Zeichen von Schwäche einer Regierung ist, sondern von Stärke, wenn man gewisse Kritikpunkte aufnimmt. Herr Kollege Schinnenburg hat bereits die zwölf
Punkte genannt: Wir haben die Kontinuitäten, die Übergangsregelungen verändert, wir haben finanzielle Mittel für die Neuinstallierung des Systems bereitgestellt, wir haben Elternbeiträge gesenkt und wir haben auch den Sprachförderbedarf weiter erhöht.
Das heißt also in der Konsequenz, dass dieser Senat durchaus Punkte aufgenommen hat, denn die Reform der Kindertagesbetreuung fängt nicht heute an und endet auch nicht heute, sondern diese Reform ist ein Prozess, eine Agenda für die nächsten Jahre. Das Ziel muss sein, in vier bis fünf Jahren ein System zu entwickeln, das im Endeffekt wirklich bedarfsgerecht ist. Heute fangen wir mit einem systemischen Wechsel an. Das ist die erste und richtige Maßnahme.
Wir werden dann entspannt warten, was mit Ihrer Initiative passiert. In den Diskussionen mit Trägern und mit den Eltern sind wir nachträglich noch einmal bestätigt worden, dass wir gesagt haben, dieser systemische Wechsel ab August sei der richtige. Ziel ist es dann, die Kindertagesbetreuung auszubauen. Nur, Herr Zuckerer, man muss dann auch fragen, woher das Geld kommen soll. Die Versprechen, die Ihre Bundesregierung zurzeit abgibt, reichen allein nicht aus. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es sind schon viele Argumente gefallen. Herr Böwer, Sie haben richtig erkannt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind uns insbesondere in dieser Frage sehr wichtig. Darauf zielen die Kriterien letztendlich ab.
Aber ich gebe durchaus zu, dass es sehr viele Themen gibt, die die Stadt beschäftigt, und dazu gehört sicherlich auch das Kita-Gutscheinsystem. Nun muss man allerdings feststellen, dass kein Tag vergeht, an dem nicht irgendwelche angeblichen Hiobsbotschaften in die Öffentlichkeit kommen. Da wird von „Rechtsanspruch“ gesprochen, von „Kita-Hopping“, „Gefährdung des Kindeswohls“ und „Schädigung der Volkswirtschaft“. Kürzlich habe ich sogar gehört, es würde durch das neue Kita-Gutscheinsystem und Herrn Senator Lange ein neuer Geburtenknick entstehen.
Das ist etwas zu einfach. Machen wir einen kleinen Ausflug in diese Richtung. Worauf basieren eigentlich diese Ängste? Herr Böwer hat es auch noch einmal angesprochen: Kitas müssen schließen, Kinder wechseln ständig die Gruppe und in Wilhelmsburg weiß Herr Böwer schon ziemlich auf den Prozentpunkt genau, wie viele Kinder mit Migrationshintergrund auf vier Stunden zurückgestuft werden und deshalb Kitas schließen müssen.
Herr Böwer, das können Sie alles gar nicht so genau wissen. Ausgewiesene Experten haben gesagt, sie könnten noch gar nicht so genau sagen, wie sich die Bewilligungs
kriterien im Einzelnen auf die Auslastung der Kitas niederschlagen werden. Eines spielt dabei eine große Rolle, nämlich das Instrument der Flexibilisierung, die wir den Kitas auch in die Hand geben. Das heißt, sich auf den Bedarf einzustellen. Da möchte ich eine Brücke bauen. Das Wort „bedarfsgerecht“, das immer wieder fällt, enthält die Begriffe „Bedarfe“ und „Gerechtigkeit“. Wenn beispielsweise eine Familie weiteren Nachwuchs erhält und sich eine Person ohnehin in Elternzeit befindet, also im Hause ist, so ist doch nicht mehr der zwingende Bedarf gegeben, eine acht-, zehn- oder sonstige mehrstündige Betreuung einzurichten. So ist es aus unserer Sicht nur gerecht, dass man die frei werdenden Ressourcen denjenigen zur Verfügung stellt, die ganztätig arbeiten oder allein erziehend sind und diesen Platz dringend benötigen. Das ist Bedarfsgerechtigkeit.
Ich möchte auch noch einmal ansprechen, was immer wieder in dieser Debatte ein wenig durchschimmert. Ich wehre mich gegen eine gewisse Stigmatisierung, dass alle Kinder, deren Eltern von Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfe betroffen sind, in einem solchen Umfeld leben, dass sie der Verelendung nahe sind. Sie verleumden dadurch Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger dahin gehend, dass sie sich nicht um ihre Kinder kümmern können. Denken Sie einmal darüber nach, wenn Sie so etwas behaupten.
Genau genommen ist es so, dass in den Fällen, in denen es wirklich kritisch wird und Amtsauffälligkeit vorliegt, eine Garantie besteht. Wenn Sie diesen Menschen den Eindruck vermitteln, dass sie ein Problem darstellen, dann werden die Menschen das nachher auch noch glauben.
Ich befürchte und der Eindruck verhärtet sich bei mir immer mehr – nicht bei Ihnen, Herr Böwer, Ihnen nehme ich es ab, aber bei den Fraktionen –, dass es Ihnen nicht um die Sache geht, sondern dass es ein politischer Feldzug gegen den Senat ist. Sie sollten erst einmal Ihre Aussagen abgleichen. Während Kollege Schulz dem Senat in den letzten verbliebenen eineinhalb Minuten der Aktuellen Stunde vorwarf, er würde die kleinen Träger am Verhandlungstisch unter Druck setzen und damit sozusagen über den Tisch ziehen, dauerte es nicht lange, dann war in Herrn Böwers Lieblingszeitung, der „taz“, nachzulesen, dass sich genau bei diesen Verhandlungen die Träger die Taschen gefüllt hätten. Wie ist denn das zu verstehen? Das ist ziemlich entlarvend. Stimmen Sie sich ab
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der Tat ausführlich das letzte Mal über das Kita-Gutscheinsystem gesprochen. Deshalb bleibt mir heute an dieser Stelle nur festzustellen – Herr Böwer hatte es schon gesagt –, Sie haben die Zeit zur Nachbesserung nicht genutzt. Dabei ist in manchen Kategorien jeweils ein Monat herausgekommen – ich muss es nicht
wiederholen –, unter anderem, wenn für Arbeitslose eine Verlängerung oder wenn Sprachförderungsbedarf besteht. Aber das war es dann auch schon. Es sind Argumente gekommen. Im Wesentlichen – das war das erste Mal ein Eingeständnis von Herrn Weinberg –: Es ist sozusagen ein Versuch. Es ist klar, dass man mit diesem Systemwechsel beginnt. Dann wird man sehen. Ich finde es fahrlässig, in dieser Weise einen Systemwechsel zu beginnen, obwohl man von vornherein weiß, dass das für bestimmte Eltern und überhaupt für Eltern mit einem Riesenrisiko behaftet ist. Gerade bei fehlenden Plätzen weiß man, dass das System droht, an die Wand gefahren zu werden. Aber gut, das ist die Strategie dieser Regierung, einen Systemwechsel so zu beginnen und dann zu sagen, sehen wir einmal weiter.
Kritikpunkte aufgenommen? Fehlanzeige. Die Elternbeiträge – das ist auch wieder ein finanzieller Aspekt – wurden gesenkt. Sie wissen sehr genau – wir haben das auch in mehreren Ausschusssitzungen erörtert –, wenn man zu wenig Plätze hat, dass die Senkung der Elternbeiträge, so gut sie auch gemeint sind, natürlich auch Plätze kostet. Dieses hat auch Plätze gekostet. Das wird zulasten derjenigen gehen, die sich in die Warteschlange einreihen müssen.
Ich möchte noch ein Beispiel nennen, wie die Zusammenarbeit auch unterschiedlicher Behördenteile des Senats nicht funktioniert, gerade wenn man einen Systemwechsel anstrebt. Herr Böwer hatte das schon im Zusammenhang mit Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld angesprochen. Ich kann das erweitern. Beispielsweise fragt die Behörde für Soziales und Familie, die auch für Sozialhilfeempfänger zuständig und sehr bestrebt ist, alle Sozialhilfeempfänger schnell in Arbeit zu bekommen, wenn man Arbeit sucht: Haben Sie einen Kinderbetreuungsplatz? Gut, wenn Sie den nachweisen können. Geht man dann zum Jugendamt und sagt, man möchte Arbeit aufnehmen, wird das Jugendamt fragen, ob man einen Arbeitsplatz hat. Dann sagt man, nein, aber ich kann einen Arbeitsplatz bekommen, wenn ich einen Kinderbetreuungsplatz habe. Wir kennen dieses Henne-und-Ei-Spiel auch aus anderen Bereichen. Wir haben uns immer bemüht, dagegen an zu arbeiten. Das wird jetzt wieder aufgenommen. Erkundigen Sie sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Behörden. Die sind im Moment dabei, mit der Umsetzung dieses Problems zu kämpfen. Die sind darüber sehr unglücklich, weil nämlich klar ist, dass gerade das Ziel, im Sozialhilfebereich Kosten einzusparen, was von Ihnen auch vorangetrieben wird, mit dieser Regelung im Bereich der Kindertagesbetreuung nicht zu erreichen sein wird, weil sich nämlich die Katze sozusagen wieder in den Schwanz beißt.
Im Übrigen noch ein Wort zur Stigmatisierung von Sozialhilfeempfängern, die Sie uns in die Schuhe schieben wollten, Herr Müller. Ihr erstes Kriterium ist dringender sozialpädagogischer Bedarf.
Wir sind alle weit davon entfernt, Menschen in irgendeiner Art und Weise zu stigmatisieren. Wenn, dann kann es nur sein, dass das als erstes Kriterium genannt wird und man daraufhin einen Kita-Gutschein bekommt und dort vorsprechen muss. Die Zukunft wird zeigen, wie das aussieht.
Ich kann mich für meine Fraktion den Ausführungen von Herrn Böwer anschließen. Wir geben Ihnen eine zweite Nachbereitungszeit.
Die Kritikpunkte sind hier aufgeführt worden. Wir sind gespannt, ob Sie die Stärke und die Größe haben, das aufzunehmen. Es wäre zum Wohle der Eltern.