Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Böwer, ich bin weder überrascht noch enttäuscht. An sich hatte ich erwartet, dass Sie die 50 Millionen Euro nun endlich auf den Tisch des Hauses legen, die Sie für das brauchen, was Sie uns hier immer vorgaukeln, was Sie tun würden.
Was die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt anbetrifft, Frau Steffens – das gilt für Sie auch, weil Sie die Sache mit der Henne und dem Ei noch einmal zelebriert haben –, genau diesen Kreislauf haben wir unterbrochen, indem wir nachgebessert haben.
Das bisherige System der zentralistischen Angebotsplanung ist im Ergebnis eine institutionelle Förderung, die es mit sich bringt, dass die regionale Verteilung des Angebots konstant bleibt, obwohl sich der kleinräumige Bedarf ständig ändert, und dass die Struktur des Angebots dem Bedarf weithin nicht entspricht. Praktisch heißt das für uns: Wir finanzieren eine Unterauslastung und Unternutzung und das können wir uns angesichts der derzeitigen Finanzlage nicht leisten, denn wie viele es denn nun tatsächlich sind, sei dahingestellt. Die unterschiedlichen Studien geben unterschiedliche Zahlen ab. Aber auf jeden Fall fehlen in Hamburg noch Plätze.
Das wichtigste Element des neuen Systems ist eindeutig und hier auch schon genannt worden. Wir werden in Zukunft die Individuen, das heißt die Kinder, als Empfänger der Leistungen fördern und wir werden statt Plätze in Einrichtungen in Zukunft Leistungen bewilligen. Über den Umfang und die Struktur der regionalen Angebote werden statt bisher die Fachbehörden in Zukunft die Träger der Einrichtungen entscheiden. Als Ergebnis dessen wird sich das Angebot dem Bedarf anpassen. Die Finanzierung von Unterauslastung und Unternutzung wird vermieden. Die Effizienzgewinne dieses neuen Systems werden dazu führen – die Größenordnung ist hier bereits genannt worden –, dass bei gleichem Mittelaufwand einer größeren Zahl von Kindern ein bedarfsgerechtes Angebot gemacht werden kann.
Auch wenn es mit dem Systemwechsel nur zum Teil zusammenhängt, möchte ich betonen, dass das neue KitaGutscheinsystem nicht nur unter quantitativen Aspekten bewertet werden kann, sondern es geht auch darum, die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit sowie die Verbesserung der Angebotsqualität herbeizuführen.
Zweitens geht es darum, die Elternbeiträge zu senken. Auch das ist eine Sache, die Ihnen nicht gelungen ist. Im Gegenteil. Sie kranken heute noch daran, dass Sie die Elternbeiträge erst vor wenigen Jahren massiv erhöht haben.
Angesichts der Tatsache, dass das Kita-Gutscheinsystem einen so tiefgreifenden Wandel und ein Abrücken von vielen Gewohnheiten mit sich bringt, bin ich besonders darüber erfreut, dass trotz der vielen Störversuche am Ende eines langen und gelegentlichen schwierigen Dialogs ein Konsens mit den fachpolitischen Experten hergestellt werden konnte. Die Vereinbarung, die wir mit den Wohlfahrtsverbänden und der „Vereinigung“ geschafft haben, zeigt auf, dass wir gemeinsam neue Wege gehen wollen, die der Kindertagesbetreuung in Hamburg die Chance geben, auf der Basis eines ersten neuen Gesetzes und eines Bündels von Vereinbarungen zwischen den Verbänden und uns zum Wohle der Kinder und ihrer Familien strukturell das System weiterzuentwickeln. Daher bitte ich Sie um Zustimmung.
Herr Zuckerer, Sie hatten sich vorgenommen, eine sachliche Oppositionsarbeit zu leisten. Das begrüße ich.
Heute haben Sie die Gelegenheit, diesen vollmundigen Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen. Das Gleiche gilt für die GAL.
Verkneifen Sie sich doch einmal das kleinkarierte Verhalten, die zweite Lesung aus durchsichtigen Gründen hinauszuzögern, und stimmen Sie der zweiten Lesung heute, spätestens morgen zu. Herr Neumann weiß als guter Soldat, dass man über manche Dinge eine Nacht schlafen muss, dann wird das, was man entscheidet, noch besser.
(Michael Neumann SPD: Das steht Ihnen als Mari- neangehörigem nicht zu, das zu beurteilen. Solda- ten sind nicht nur Befehlsempfänger, sondern auch Denker!)
Geben Sie sich einen Ruck und erweisen Sie damit denjenigen, die Sie immer für sich in Anspruch nehmen, nämlich die Eltern und die Kinder, von denen Sie immer behaupten, es ginge um deren Wohl, einen großen Dienst. Nicht nur ich bitte Sie darum, sondern alle Bezirksamtsleiter haben uns geschrieben. Ich will das gerne einmal vorlesen:
„Im Interesse von betroffenen Eltern und Kindern brauchen wir in den Bezirksämtern eine frühestmögliche Verfahrenssicherheit, damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den KTB-Abteilungen mit klarer Perspektive an der zügigen Umsetzung der Einführung des KitaGutscheinsystems durchführend mitwirken können.“
„Aus diesem Grunde wäre es hilfreich, das Kita-Gesetz in der Doppelsitzung der Bürgerschaft am 5./6. März 2003 sowohl in erster als auch in zweiter Lesung zu
behandeln, damit der Senat noch im März die Möglichkeit hat, die entsprechende Verordnung zu erlassen.“
So viel zu den Bezirksamtsleitern. Last, but not least, Sie hatten es auch schon entdeckt, Herr Böwer, dort oben sitzt Herr Dr. Näther, dem ich an dieser Stelle und von dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen möchte für alles, was er in diesem Zusammenhang geleistet hat.
An dieser Stelle hätten Sie jetzt alle mitklatschen können, aber es ist offensichtlich die Verhärtung schon so weit fortgeschritten, dass nur einige den Mut gehabt haben.
Den Dank an Herrn Dr. Näther haben wir heute, als wir ihn aus dem Kreise der Amtsleiter verabschiedet haben, intern ausgesprochen. Geben Sie sich einen Ruck, seien Sie auch einmal menschlich.
(Oh-Rufe von der SPD und der GAL – Petra Brink- mann SPD: Das war peinlich! – Michael Neumann SPD: Jetzt können wir noch Hammonia singen! – Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechts- staatlicher Offensive)
Sie können das Gesetz nicht mehr aufhalten, das wissen Sie ganz genau. Frau Steffen ist ja am Ende Ihrer Rede richtig eingeknickt nach dem Motto: Da wird sich doch nichts ändern. Lassen Sie im Beisein von Herrn Dr. Näther sein Baby das parlamentarische Licht der Welt erblicken. Ansonsten wissen Sie, ändern wird sich nichts, denn eines ist klar und die erste Hälfte des Spruchs kennen Sie auch:
Herr Senator Lange! Einer sofortigen zweiten Lesung könnte man dann zustimmen, wenn Sie ein besseres Gesetz gemacht hätten.
Herr Weinberg hatte die SPD-Initiative angesprochen. So wird es sein, dass Sie im April ein Übergangsgesetz beschließen, dessen Verfallsdatum jetzt feststeht. Es ist der 31. Juli 2004. Ich weiß nicht, mit welchen Eltern Sie geredet haben.
Wir haben welche getroffen, da war es ziemlich kalt, es waren 22 600. Sie alle kennen das Verfahren der Volksgesetzgebung. Wir werden uns also im Herbst bei einem Volksbegehren noch einmal wiedersehen und das Gesetz am Tage der Europawahlen entsprechend abspecken.
Das ist gut so, denn es gibt wesentliche Unterschiede zwischen Ihrem Gesetzentwurf und dem, was Familien dringend brauchen. Sie brauchen eine Hamburger Rechtsgarantie bei Berufstätigkeit. Da beißt die Maus keinen Faden ab und davor haben Sie gekniffen.
Sie haben gerade die Elternbeiträge angesprochen, Herr Senator Lange. Sie wissen auch, dass man mit einem Nettoeinkommen von bis zu 1100 Euro und als Doppelverdiener, wenn der Verdienst über 2600 Euro liegt, ebenfalls nicht in den Genuss der Nichtanrechenbarkeit des Kindergeldes kommt. So ist die Realität.