Protokoll der Sitzung vom 05.03.2003

Sie hat überhaupt nicht mit Geld rumgeschmissen. Das ist allein ein Problem der Baubehörde und des Bausenators. Dieses sollten Sie schlicht wissen.

(Beifall bei der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU – Michael Neumann SPD: Zugabe!)

Wenn Sie darüber debattieren wollen, bin ich gerne bereit, diese Debatte dann zu führen, wenn es um seinen Etat geht, aber, Herr Christier, das ist schlicht eine andere Baustelle.

Meine Damen und Herren! Der Gipfel war dann, ihr das Drama um Horwitz bei den Kammerspielen in die Schuhe zu schieben. Ich darf mal daran erinnern, wer eigentlich diese Baustelle Kammerspiele aufgemacht hat. Das ist die Dame, von der hier schon zu Recht gesagt wurde, dass sie inzwischen in Berlin völlig abgetaucht ist. Diese Dame hat uns als erste Intendantin nach Ida Ehre Frau Lingen beschert. Das weiß heute gar keiner mehr. Die ist auch weg

wie der Hund vom Haufen und hat sich in das Nirwana davongemacht.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Dann kam als große Erfindung der Dame Weiss ein Herr, der Barbarino heißt. Dieser Barbarino versuchte sich nun als Intendant der Kammerspiele: Ein Flop, wie er im Buche steht.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wären Sie doch Innenpo- litiker geblieben!)

Den hat die uns eingebrockt. Als nun gar nichts mehr ging, kam sie auf die Idee: Jetzt privatisieren wir den Laden. Dann fiel ihr der nächste Flop ein, denn eine Privatisierung mit dem Namen Hunke zu verbinden und zu glauben, der hätte als allererstes im Kopf, Kulturpolitik in Hamburg zu machen, ist eine derart aberwitzige Vorstellung, dass ein vernünftiger Mensch gar nicht darauf kommen kann.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dann müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Christier, dass man diese Privatisierung zwar wollen kann, dass man aber wissen muss, wenn man das gemacht hat, dass man dort anschließend keinen Einfluss mehr hat. Punkt, aus. Das einzige, worauf man noch Einfluss nehmen kann, ist auf die Frage, ob man Projektförderung bei diesem Theater macht. 935 000 Euro sind da im Gespräch. Da kann ich nur sagen, das würde ich mir schon aus Gründen, die die Qualität dieses Theaters betreffen, was die beiden Vorgänger angeht, überlegen, die ja einen bestimmtem Stil und ein bestimmtes Niveau geprägt haben. Wenn man dieses Niveau halten kann, dann bin ich auch bereit, dort diese 935 000 Euro einzusetzen. Das ist nicht das Problem. Ich glaube nur, dass es ganz schwierig werden wird, dass jemand dieses Niveau halten kann, der dadurch, dass er Verträge mit Hunke macht, bewiesen hat, dass er eigentlich ein solches Niveau nicht anstrebt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Goetsch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Apropos Jeff Koons. Herr Ehlers, Sie sprachen von der Baustelle des Herrn Mettbach. Ich würde Frau Horáková als Kultursentorin schon empfehlen, ein Auge auf diese Baustelle zu werfen, um zu gucken, ob solch ein Projekt auch zu Ende gebracht wird, wenn Sie sich einmal in der Kulturszene zu Projekten von Jeff Koons umhören. Ich finde das alles viel zu ernsthaft, um es so ins Lächerliche zu ziehen. Vor allen Dingen fällt mir hier als Nichtkulturpolitikerin, sondern als Kulturkonsumentin, auch ein unheimliches Maß an Unprofessionalität auf. Bei allen Reden heute, denen ich aufmerksam zugehört habe, konnte nicht ausgeräumt werden, dass es die Senatorin geschafft hätte, dieses Ansehen in der gesamten Republik zu verspielen. Ich glaube nicht, dass die schon genannten Zeitungen überregional so falsch geguckt haben. Sie konnten auch nicht ausräumen, dass die Senatorin es nicht geschafft hat, mit den Kulturschaffenden eine gemeinsame Linie zu finden, um dieses Alltagsgeschäft zu bewältigen, von dem Herr Dr. Maier sprach. Sie haben Sie sogar in die Flucht geschlagen. Das konnten Sie auch nicht

ausräumen. Von einer kulturpolitischen Programmatik ganz zu schweigen, die ist mir hier nicht deutlich geworden.

Aber eines hat die Kultursenatorin über dieses Jahr geschafft, dass sich das Hamburger Kulturleben auf eine seichte Eventkultur reduziert hat. Der Bürgermeister ist leider schon wieder weg. Anscheinend haben wir wieder einmal das Problem der Standortfrage. Gerade der Wirtschaftsstandort, den Sie immer so hervorheben, hat damit etwas zu tun. Eine spannende und lebendige Stadt braucht natürlich auch ein exzellentes Kulturangebot für die Menschen in den verschiedensten Sparten. Ich glaube, dass hier nicht nur der Kulturstandort wackelt. Es ist Aschermittwoch, es ist traurig genug, ich glaube, dass hier ganz viel Ernsthaftigkeit fehlt.

(Michael Fuchs CDU: Wenn hier was wackelt, dann wackelt Rotgrün!)

Die Strategie fehlt. Sie haben von Avantgarde gesprochen. Bei Frau Horáková habe ich das Gefühl, das hört dann bei Christo auf, und das ist für eine Senatorin zu wenig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das hat mit Christo angefan- gen!)

Nichts gegen Christo, das ist eine Bereicherung, das fördert auch die Tourismusindustrie, wunderbar, dagegen hat keiner etwas, aber Tourismusförderung ist keine Kulturpolitik.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Martin Woest- meyer FDP: Bleiben Sie bei der Schulpolitik!)

Es geht um hochwertige Qualität, gerade in einer Großstadt. Ich habe große Bedenken um das internationale Ansehen als Wirtschaftsstandort. Sie sprechen von Olympia-Bewerbung, aber es reicht nicht nur, auf dem Rathausmarkt solch eine Kupfersäule aufzustellen. Es geht auch darum, Synergien zwischen Kulturstandort, Wirtschaftsstandort herzustellen. Musicals sind schön und gut, aber ich glaube, sie reichen nicht. Für Tourismus, für Gastronomie wunderbar, aber ich kann heute nicht die Situation ausgeräumt sehen, dass Sie eine katastrophale Stimmung im Kulturbereich in dieser Stadt produziert haben.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Was wollen Sie uns sagen?)

Ich denke, man kann fast sagen, dass Sie eine Politik der Verprellten geschaffen haben.

Herr Ehlers, noch einmal ganz deutlich: Den Konsens haben Sie aufgekündigt und nicht die Opposition.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die so genannten Altlasten sind schon angesprochen worden. Da gab es immerhin eine enge, engagierte und gemeinsame Kulturpolitik – Herr Mares ist zitiert worden – mit Christina Weiss. Das verleugnen Sie an dieser Stelle. Es war ein anderes Niveau. Es ist erschreckend, um welches Niveau es sich im Augenblick dreht.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Da haben Sie Recht! Lesen Sie mal in Ihrer Rede!)

Meine Damen und Herren! Ich finde, dass die Kulturschaffenden in dieser Stadt, egal welcher Couleur, eine hochwertige Kulturpolitik verdient haben und nicht das, was wir uns seit einem Jahr bieten lassen müssen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich zu diesem Thema nicht. Dann rufe ich das zweite Thema auf:

Freiheit und Bürgerrechte schützen – staatliche Folter ächten

Das Wort wünscht und bekommt der Abgeordnete MüllerSönksen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Sönksen. Die Redezeit läuft.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch Hamburger Stimmen haben sich in den vergangenen Wochen an der Diskussion um eine Aufweichung des Folterverbotes beteiligt. Die FDP-Fraktion möchte mit dieser Debatte im Rahmen der Aktuellen Stunde jeden Zweifel an einer unbedingten Rechtsstaatlichkeit beenden. Jede Form der Folter ist und bleibt verboten.

(Vereinzelter Beifall bei allen Fraktionen)

Als Parlament müssen wir uns in dieser Frage zu dem bekennen, was die Grundfesten unseres Handelns ausmacht. Für den liberalen Rechtsstaat gibt es keine Alternative und dazu gehört auch, dass wir das Recht, selbst in seiner Fehlbarkeit, über den Anspruch auf totalen Selbstschutz, auf absolute Kontrolle und lückenlose Gerechtigkeit stellen. Die internationale Konvention gegen Folter der Vereinten Nationen gilt auch in Deutschland. Unsere Verfassung bindet jegliches staatliches Handeln. Artikel 1 Grundgesetz lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Genauso ist dieser Grundgesetzartikel unantastbar.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Vielen Dank. Er unterliegt der so genannten Ewigkeitsgarantie des Artikels 79 Absatz 3 Grundgesetz und entzieht sich damit jedweder Änderung. Das Verbot der Folter ist also ein entscheidender Grundpfeiler unseres Rechtsstaates und kann nicht zur Diskussion gestellt werden. Es ist der liberalen Bürgerschaftsfraktion wichtig festzustellen: Um der Freiheit und der Bürgerrechte willen dient die deutsche Justiz dem gesellschaftlichen Rechtsfrieden über den Einzelfall hinaus.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das hat doch keiner bestritten!)

Allerdings haben auch Politiker verschiedener Parteien ihr grundsätzliches Verständnis für den Einzelfall geäußert. Daran will und kann ich mich nicht beteiligen. Es verbietet sich auch für uns als Parlament, den Einzelfall zu bewerten, denn in der Folge könnte der Eindruck erweckt werden, dass es Spielräume für die legale Anwendung von physischer und psychischer Gewalt durch den Staat in unserem Rechtssystem geben müsse. Das ist ausgeschlossen. Die Tortur kann nicht wieder legitimes Mittel staatlichen Handelns werden. Angesichts der klaren verfassungsrechtlichen Vorgaben sehe ich auch keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Jede Äußerung eines Politikers,

(Christa Goetsch GAL)

die darauf abzielt, kann ich nur scharf zurückweisen. Das wäre nichts als ein rechtsstaatlicher Fehltritt.

(Vereinzelter Beifall bei allen Fraktionen)

Androhung und Anwendung von Folter darf in einem Rechtsstaat niemals ein Instrument von Polizei und Staatsanwaltschaft sein oder werden, auch nicht im Bereich der Gefahrenabwehr. Selbst dort kann und darf der Staat nicht nach dem Prinzip „Der Zweck heiligt die Mittel“ handeln. Der Preis wäre zu hoch, meine Damen und Herren, denn er bedeutete die Selbstaufgabe der Grundwerte, auf denen die Fundamente unseres Rechtsstaats ruhen. Den Strafverfolgungsbehörden stehen heute wirksame Möglichkeiten offen, um Straftäter zu überführen. Staatsanwälte und Gerichte können die Einzelfälle nach der geltenden Rechtslage angemessen und gerecht entscheiden.

Lassen Sie uns also das Vertrauen, das die Bürger in diesen Rechtsstaat setzen, als ein sehr, sehr hohes Gut begreifen. Wir sind angetreten, um den Rechtsstaat zu schützen, zu fördern und zu stärken. Ich hoffe und baue auf den parlamentarischen Konsens in dieser Diskussion. Es ist an uns, in diesem schädlichen Diskurs, den es gegeben hat, auch die Grenzen aufzuzeigen. Indem wir feststellen, dass sich Hamburg nicht an dieser allgemeinen Diskussion beteiligt, ist auch klar, dass es vonseiten Hamburgs keinen Regelungsvorschlag hierfür geben wird. Ich kann das noch einmal unterstreichen: Um der Freiheit und der Bürgerrechte willen dient die deutsche wie die hamburgische Justiz dem gesellschaftlichen Rechtsfrieden über diesen Einzelfall hinaus. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelter Beifall bei allen Fraktionen)