Herr Schulz, wir wollen das nicht alles noch einmal diskutieren, aber ich habe jetzt gelernt, dass man einer Legendenbildung vorbeugen muss. Sie versuchen hier, eine völlig falsche Legende aufzubauen, nämlich die Legende, dass die SPD eine gute Hinterlassenschaft bei den Kitas vorzuweisen habe; genau das ist falsch.
Sie haben willkürlich Zahlen und Zeiträume herausgegriffen und den Zeitraum von 1992 bis 1998 erwähnt. Es stimmt, dass Sie in dieser Zeit mehr Geld ausgegeben haben, aber seitdem haben Sie den Etat drastisch gekürzt
und die Elternbeiträge erhöht. Viel schlimmer ist aber, dass Sie in der Zeit von 1992 bis 1998, mit der Sie sich jetzt brüsten und in der Sie mehr Geld ausgegeben haben, dieses Geld nicht selber erwirtschaftet haben. Schulden, die Sie dadurch verursacht haben, erdrücken uns jetzt und dadurch können wir keinen besseren Ausbau realisieren.
Die Legende ist falsch. Sie haben in finanzieller Hinsicht ein schlechtes Erbe hinterlassen und wollen jetzt, dass wir es, unabhängig vom fehlenden Geld, besser machen. Das ist die Wahrheit, alles andere sind von Ihnen willkürlich herausgesuchte Zahlen, um Legenden zu stricken. Gegen diese Legenden wehren wir uns. – Vielen Dank.
Das Gesetz zur Angebotsentwicklung und Finanzierung der Kindertagesbetreuung in der Freien und Hansestadt Hamburg hat die Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 5. März 2003 mit den vom Jugend- und Sportausschuss empfohlenen Änderungen bereits in erster Lesung beschlossen. Die Koalitionsfraktionen haben mit der Drucksache 17/2518 nun einen Zusatzantrag vorgelegt, in dem weitere Änderungen beantragt werden. Wer stimmt diesen Änderungen zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei vielen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist die Änderung angenommen.
Wer möchte nun das in erster Lesung von der Bürgerschaft am 5. März 2003 beschlossene Gesetz zur Angebotsentwicklung und Finanzierung der Kindertagesbetreuung in der Freien und Hansestadt Hamburg mit den soeben beschlossenen Änderungen in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Gesetz mit einigen Gegenstimmen auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP – Buh- und Pfui-Rufe von der Zuhörertribüne)
Ich rufe Punkt 20 auf, Drucksache 17/2301, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Mehr Ganztagsschulen für Hamburg: Rückenwind aus Berlin – Bundesregierung verhilft Hamburg zu mehr Ganztagsschulen pro Jahr.
[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Mehr Ganztagsschulen für Hamburg: Rückenwind aus Berlin – Bundesregierung verhilft Hamburg zu mehr Ganztagsschulen pro Jahr – Drucksache 17/2301 –]
Die SPD-Fraktion beantragt eine Überweisung dieser Drucksache an den Schulausschuss. Wer wünscht das Wort? – Herr Buss wünscht es und bekommt es.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat nach den PISA-Ergebnissen eines erkannt: Eine Antwort auf die notwendigen Qualitätsverbesserungen des Schulwesens ist die Ganztagsschule, wie sie in fast ganz Europa bereits selbstverständlich ist.
Zugleich schaffen wir dadurch auch eine höhere Betreuungssicherheit für berufstätige Familien. Die rotgrüne Bundesregierung hat den einzelnen Bundesländern großzügige investive Mittel bereitgestellt, um damit neue Ganztagsschulen bauen und einrichten zu können. Natürlich kostet dies weiteres Geld im jeweiligen Landeshaushalt. Aber wenn man, so wie diese Hamburger Regierung behauptet, Bildung zur Priorität machen will, dann ist so etwas einem Schulsenator auch nicht zu teuer. Und weil die Schulpolitiker des Rechtsblocks schon seit Monaten wissen, dass man, wenn dieses Geld aus Berlin kommt, ein Konzept vorlegen muss, hätte man sich rechtzeitig darum kümmern müssen, dieses Konzept aufzustellen. Der Senat hätte anschließend eine entsprechende Senatsmitteilung erstellen müssen, die dann der Bürgerschaft vorzulegen gewesen wäre. So sähe zuverlässige Schulpolitik aus.
Zugleich hat unser Schulsenator in den letzten Monaten überall herausposaunt, Hamburg werde Ende 2002 dieses Konzept erarbeitet haben und vorlegen. Im Januar hat er sogar gesagt, heureka, ich hab’s – dieses Konzept –, und wir haben darauf gewartet, wann es denn kommen wird. Wir kennen ihn ja langsam ein bisschen und haben gedacht, dass er es wenigstens fertig hat, nun können wir diesen Rückenwind aus Berlin nutzen und gemeinsam den Ausbau der Ganztagsschulen in Hamburg angehen.
Als dann aber immer noch nichts kam, haben wir diese Große Anfrage gestellt, um zu hören, wie man denn nun diese Chance, die Berlin bietet, aufgegriffen hat. Wir haben festgestellt, dass der gerade angesprochene Berg der drei schulpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Regierungskoalition, Drews, Freund und Woestmeyer, kreißte und eine Maus gebar, nein, ein Ganztagsschulen-Mäuslein. Jetzt haben wir eine Schule mit Ganztagsangeboten, das ist noch nicht einmal eine Ganztagsschule, sondern sie heißt jetzt Schule mit Ganztagsangebot. Das ist doch nicht mehr als die Verbrämung der Tatsache, dass man hier versuchen will, sich das Geld aus Berlin für den kleinsten gemeinsamen Nenner zu erschleichen, den die KMK Ihnen zugesteht.
Sie schreiben, künftig sei an drei Tagen vormittags und nachmittags Unterricht mit einer einstündigen Mittagspause und einigen Freizeitangeboten. Das soll das ganze Konzept sein? Das ist noch nicht einmal eine Ganztagsschule „light“, denn selbst die KMK verlangt einen konzeptionellen Zusammenhang von vormittäglichem Unterricht mit den Ganztagsangeboten, also eine neue Rhythmisierung, eine klare Abwägung: Mal kommt das eine, mal das andere, nicht immer nur Unterricht und dann wieder etwas ganz anderes.
Aber von konzeptionellen Zusammenhängen ist in dieser Antwort nichts zu lesen. Jedes Mal, wenn wir in dieser ausführlichen Anfrage nach konkreten Aussagen fragen, bleiben Sie diese schuldig. Sie machen doch nichts anderes, als den Gymnasien, die demnächst wegen der zwölf Jahre bis 15 Uhr Unterricht geben müssen, eine aus Berlin finanzierte Mensa hinzustellen und die Schulleitung aufzufordern, einige völlig unverbindliche Arbeitsgemeinschaften einzurichten. Das ist, das sagen Sie selbst, auch gar keine Ganztagsschule. Deswegen nennen Sie das Ganze dann ja eine Schule mit Ganztagsangebot.
Aber es ist kein Konzept oder vielleicht doch eines, nämlich ein Sparkonzept. Das ist es nämlich in Wirklichkeit. Sie
Die Antwort, Herr Woestmeyer, auf unsere Anfrage zeigt erneut, dass wegen Ihrer rückwärtsgewandten Schulpolitik bei Ihnen keine Beschäftigung mit den Zukunftsproblemen der Bildung stattfindet. Wegen der Zerstrittenheit in Ihren eigenen Reihen schaffen Sie es nicht einmal, sich Gedanken über eine konzeptionelle Schulpolitik zu machen.
Meine Damen und Herren! Diese Anfrage und Ihre blamable Antwort darauf zeigen, dass wir von der SPD Dynamik in die Schulpolitik dieser Stadt bringen. Wir stehen zu einem Ausbau verbindlicher Ganztagsschulen, denn nur so gibt es mehr Chancengerechtigkeit nach PISA, nur so gibt es mehr Betreuungssicherheit für Familien und nur so gibt es die Chance, den Lernerfolg zu erhöhen, etwas, das Sie eigentlich auch wollen.
Deswegen kann ich Ihnen jetzt schon ankündigen, dass wir Sie wegen Ihrer Konzeptlosigkeit und dieser Art von mangelhafter Schulpolitik weiterhin genussvoll durch die Stadt treiben werden.
Meine Damen und Herren! Ganz früher gab es ungefähr um diese Zeit Zeugniskonferenzen, da wurden dann Zeugnisformulierungen vorgeschlagen. Ich schlage der heutigen Bürgerschaft einmal in einer scherzhaften Anspielung Folgendes vor: Senator Rudolf Lange hat trotz gegenteiliger Ankündigungen erneut seine Hausaufgaben nicht gemacht. Die Bürgerschaft als Zeugniskonferenz empfiehlt daher die Überweisung dieser Anfrage an den Schulausschuss, Herr Woestmeyer, damit Sie dort alle – gemeinsam mit dem Senator – Ihre Hausaufgaben durch Vorlegen eines echten Ganztagsschulkonzeptes nachholen können. Das bedeutet sozusagen ein Nachsitzen für den Senator.
Deswegen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, meine Bitte an Sie: Wenn Sie sich wirklich für dieses Thema interessieren, dann folgen Sie bitte – wenn Sie es ernst meinen – unserer Aufforderung und überweisen Sie die Große Anfrage an den Schulausschuss, damit diese dort noch einmal ernsthaft beraten werden kann. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Buss, Sie sind für Ihre witzigen Bemerkungen bekannt. Der Spruch mit dem Zeugnis war ein wenig komischer als Ihre Große Anfrage: Große Anfrage, kleiner Inhalt und nichts dahinter.
Sie haben mit der Großen Anfrage – das ist zwar nicht parlamentarisch – das Wasser nicht halten können, denn Sie haben sie viel zu früh gestellt, weil noch kein Konzept vorliegt. Sie wissen ganz genau, dass es noch nicht vorliegen kann.
(Beifall bei Katrin Freund Partei Rechtsstaatlicher Offensive, Klaus-Peter Hesse und Stefan Kraxner, beide CDU)
Warum kann es nicht vorliegen? Weil sich Ihre Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn in dieser Woche immer noch nicht dazu durchringen konnte, den 16 Bundesländern in der Frage der Ganztagsschulproblematik auch nur einen Zentimeter entgegenzukommen.
Frau Ernst, auch wenn Sie den Kopf schütteln, ist es deswegen nicht richtiger. Mir wäre es lieber gewesen, wenn Sie Ihren wirklich wichtigen politischen Einfluss – den Sie zu haben scheinen – in Berlin geltend gemacht hätten, damit wir endlich zu einer abschließenden Regelung kommen.
Herr Buss, bauen Sie keinen Popanz auf, sondern bleiben Sie bei den Fakten. Dazu komme ich gleich noch.
Beim Durchlesen der Großen Anfrage kann ich mich generell nicht des Eindrucks erwehren, dass Sie nicht auf die Inhalte und die Zeitpunkte hinauswollten. Insofern komme ich einfach zu einzelnen Fragen.
Herr Buss, viele der von Ihnen gestellten Fragen – Frau Ernst, das wissen Sie – kann der Senat nicht beantworten, solange die entsprechende Verwaltungsvereinbarung zwischen den Bundesländern und dem Bundesministerium nicht unterzeichnet ist. Sie liegt noch nicht vor, denn sie wurde noch nicht unterzeichnet, weil die Bundesbildungsministerin – auf entsprechende Weisung des Bundeskanzlers – von ihrer entsprechenden Mogelpackung aus der Zeit vor der Bundestagswahl nicht einen Millimeter abrückt. Wir brauchen hier nicht drumherum zu reden: Es ist eine von Berlin gefahrene Verhinderungspolitik, die durchsichtig ist und sich in Hessen, Rheinland-Pfalz, in Berlin und Saarbrücken nicht anders darstellt als in Hamburg. Also, Herr Buss, kommen Sie in die Puschen und schieben Sie Ihre Bildungsministerin an.
(Wilfried Buss SPD: Rheinland-Pfalz hat ein Kon- zept! Da ist die FDP mit in der Regierung und da klappt das komischerweise!)