Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Das ist einfach ein Verfassungsanspruch, den wir übrigens auch bei Richterwahlen immer wieder betonen, weswegen wir uns jetzt eben bei der Richterwahl enthalten haben, weil Sie diesen Verfassungsanspruch regelmäßig übergehen.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Niemand darf wegen seines Geschlechts benachteiligt werden, Artikel 3!)

Genau so ist es! Aber Sie und Ihre Männertruppe schließen gezielt aus. Da muss man sich doch wundern. Die Professorenschaft besteht zu etwa 14 Prozent aus Frauen. Die FDP, konnte man kürzlich lesen, besteht zu 23 Prozent aus Frauen und Frau Pieper schlägt jetzt Alarm, weil sie von 24 auf 23 Prozent runtergesackt ist, und Sie sehen für den Fall der Hochschulen, bei denen die Quote noch geringer als in Ihrer Partei ist, keinen Anlass zur Beunruhigung. Es ist dann sehr problematisch zu sagen, eine solche Geschichte solle in die Selbstverwaltung der Hochschulen übergeben werden,

(Dr. Barbara Brüning SPD: Das ist doch bescheu- ert!)

bei der 86 Prozent der Hochschullehrer Männer sind, die etwa so entscheiden werden, wie Sie hier entscheiden. Das ist wirklich eine gute Idee!

(Beifall bei der GAL – Christian Brandes Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das habe ich nicht gesagt!)

Schließlich zum anderen der Punkt Studierendenschaft. In der gültigen Fassung des Gesetzes heißt es, die Studierendenschaft soll im Rahmen ihrer Aufgabenstellung die politischen Belange der Studierenden wahrnehmen, sie kann sich in diesem Rahmen auch mit allen Fragen befassen, die die Grundrechte, die gesellschaftliche Aufgabenstellung der Hochschulen und das Hochschulwesen berühren und die erkennbar an hochschulpolitische Themen anknüpfen. Jetzt sollen sie sich nur noch mit hochschulpolitischen Themen befassen dürfen. Sie erklären es damit, dass man zwar den Studierenden, aber nicht der Studierendenschaft politische Rechte zubillige. Das ausgerechnet aus dem Mund dieser Koalition zu hören, die sich gegenüber der Handelskammer nur auf Knien bewegt, gegenüber einem Gremium, das aus Zwangsmitgliedern

(Zuruf aus dem Hause)

ja, Sie können es aufheben – besteht, Zwangsgebühren erhebt und das sich zu jeder Frage in der Welt im Namen all seiner Mitglieder äußert – vom Irak-Krieg bis zur Schulorganisation – und dem Sie dann noch die Berufsschulen hinterhertragen, nachdem Sie die duale Ausbildung, die in den Betrieben stattfindet, heute auch schon im Wesentlichen mit öffentlichen Mittel finanzieren.

(Beifall bei der GAL und der SPD und vereinzelt bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das ist sozusagen politische Bewegung auf den Knien, während Sie den Studierenden Rechte wegnehmen. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

(Dr. Willfried Maier GAL)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat, Herr Maier, Sie haben Recht. Dieses Gesetz stellt wirklich einen großen Einschnitt in der hochschulpolitischen Landschaft dar. Das ist so gewollt gewesen.

Ihr rotgrünes Reformgesetz, das Sie angesprochen haben, war aus unserer Sicht – das hat unser hochschulpolitischer Sprecher, Herr Salchow, damals, als wir darüber diskutiert haben, auch gesagt – ein Reförmchen. Es war zu kurz gesprungen. Deshalb ändern wir jetzt dieses Gesetz grundlegend, weil wir schon damals große Bedenken angemeldet und gesagt haben, dass dieses Gesetz nicht mehr den Zeichen der Zeit entspreche.

(Dr. Barbara Brüning: Ja, Maulkorb für Studenten!)

Sie haben den Komplex Frauen und Verfassung angesprochen und dass dieses verfassungsrechtlich geregelt sei. Auch die Hamburger Hochschulen unterliegen dieser Verfassung und ich verspreche Ihnen, dass ich über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die wir als Bürgerschaft auch zu kontrollieren und zu beschließen haben... Ich warte jetzt einmal einen Moment.

(Unruhe im Hause)

Möchten Sie, dass ich einschreite, weil Sie sonst nicht verstanden werden? Ich höre Sie sehr gut.

Es ist unheimlich anstrengend, gegen dieses Volksgemurmel anzusprechen.

(Beifall bei allen Fraktionen – Ekkehard Rumpf FDP: Genau!)

Damit meine ich auch die Kollegen meiner eigenen Fraktion.

Also ich verspreche Ihnen, dass wir über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen sehr genau hingucken werden, ob die Hochschulen dort diesen Frauenanteil einhalten werden oder nicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Herr Beuß, was hat es für einen Sinn, wenn Sie die Frauenförderung in die Ziel- und Leistungsvereinbarungen setzen wollen, aber ein Gesetz, das Orientierung gibt und das die Gleichstellung der Geschlechter als Orientierung geben könnte, dann verweigern?

Liebe Frau Brüning, für uns ist das so selbstverständlich,

(Lachen bei der SPD und der GAL und Beifall von Ekkehard Rumpf FDP)

dass wir sagen, wir brauchen das nicht mehr im Gesetz, sondern wir werden dieses über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen einfordern.

Ich komme zum politischen Mandat, das hier eben angesprochen worden ist. Herr Maier, ist Ihnen eigentlich bekannt, dass es ein höchstrichterliches Urteil vom 4. Februar 1992 gibt, in dem steht, dass die Studierendenschaft kein allgemein politisches Mandat besitze, welches sie zu über den hochschulbezogenen und studentischen Bereich hinausgehende Äußerungen berechtigen würde? Dieses höchstrichterliche Urteil haben wir zur Grundlage gemacht, um hier endlich das in Hamburg zu vollziehen, was schon lange hätte vollzogen werden müssen.

(Beifall bei Christian Brandes und Horst Zwengel, beide Partei Rechtsstaatlicher Offensive, und bei Ekkehard Rumpf FDP)

Frau Brüning, Sie haben sich noch einmal sehr kritisch mit der Zusammensetzung des Hochschulrats auseinander gesetzt. Ich bin froh, dass wir es erreicht haben, dass der Hochschulrat nicht so zusammengesetzt wird, wie es ursprünglich vorgesehen war. Jetzt wird ein Dialog angestoßen, bei dem geschaut werden muss, wie sich dieses Gremium in der Praxis bewähren wird. Mit den entsprechenden Personen – keine Dessousverkäufer –, werden hierfür die geeigneten Leute gefunden, die in diesen Gremien vertreten sein werden. – Ich muss das einmal so sagen, weil Frau Brüning in den Diskussionen immer gesagt hat, dann sitze da auf einmal ein Dessousverkäufer als Unternehmer drin. – Da seien Sie sicher, das werden wir mit einer vernünftigen Zusammensetzung richten und regeln.

Das mit den Studiengebühren, die Sie angesprochen und als unsozial dargestellt haben, sehe ich nicht so. Ich sehe vielmehr, dass wir in Zukunft mit dem, was wir hier anstoßen, national und auch europäisch einen Markstein setzen werden. Wir setzen – und das haben wir auch in einer zweiten Stufe mit dem Dohnanyi-Konzept angestoßen – auf eine sehr gute Beratung innerhalb des Grundstudiums bis zum Bachelor. Dann würden Studenten auch gar nicht mehr in den Hängematten liegen, wie dieses einige immer wieder behaupten. Wir haben aus Baden-Württemberg gelernt, dass mit der Einführung dieser Langzeitstudiengebühren die Karteien durchgeforstet wurden und sich plötzlich eine ganz andere Zahlenlage ergab, weil sich die Studierenden einfach nicht mehr zurückgemeldet haben.

Ich kann Ihre Haltung zur zweiten Lesung verstehen, ich hätte es in der Opposition auch nicht anders gemacht. Der Kollege Brandes hat dies auch schon angesprochen. Es wäre schön gewesen, wenn wir das heute verabschiedet hätten, zumal wir beim letzten Mal dies nicht hinbekommen haben. Aber ich bin jetzt guter Dinge, dass wir es in 14 Tagen verabschieden werden.

Lassen Sie mich noch einige grundsätzliche Punkte aus Sicht der CDU zu diesem Gesetz sagen. Wir hatten große Probleme in den letzten Jahren im Hochschulfinanzierungsbereich und dort eine Sparquote von 15 Prozent. Das Resultat war, dass es keine richtigen Schwerpunkte und eine immer schlechtere Ausstattung gab. Es gab und gibt eine mangelhafte Bausubstanz und wir müssen konstatieren, dass wir im Ranking der Hochschulvergleiche mit den Hamburger Hochschulen im Mittelfeld liegen. Darüber haben wir hier häufig genug gesprochen.

Dieses Gesetz ist ein Gesetz für die Zukunft. Wer ist hier jetzt eigentlich konservativ, Frau Brüning? Eigentlich doch Rotgrün, indem Sie dieses Alte bewahren wollen und nicht mutig sind, neue Dinge optimistisch und zielorientiert anzugehen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Barbara Brüning SPD: Wir haben Vorschläge gemacht!)

Wissen Sie, Frau Brüning, ich schätze Sie sehr, aber mit rückwärtsgelenktem Blick verpasst Mann und auch Frau die Chance auf Zukunftsfähigkeit im nationalen, europäischen und insbesondere internationalen Wettbewerb. Das wollen wir mit unserem Gesetz ändern.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Männergesetz!)

Die Hauptgesichtspunkte für meine Fraktion sind die Stärkung der Autonomie und die Verschlankung der Gremien. Insbesondere wollen wir versuchen, die Binnenstrukturen und auch die informellen Strukturen aufzubrechen

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Die Männerbünde! – Dr. Barbara Brüning SPD: An der Uni sind das dann Männer!)

es gibt auch andere Kungelrunden, nicht nur Männerkungelrunden – und deswegen die Universität für die Gesellschaft zu öffnen, wozu auch der Hochschulrat beitragen wird. Er ist eine wirkliche Bereicherung, indem er vom Leben draußen die Erfahrungen in die Hochschulen hineinträgt. Dies wird sich auf die Strukturänderungen, die Hochschulen ganz dringend brauchen, auswirken.

Wissenschaftsrelevante Fragen werden auch weiterhin, liebe Kollegen von Rotgrün, in den hochschulinternen Gremien beraten. Die gehören nicht in den Hochschulrat. Dort gehören rein strategische Aufgaben hinein.

Mit diesem Gesetz werden wir auch den internationalen Ansprüchen gerecht, insbesondere durch die Bachelorund Master-Abschlüsse und die Juniorprofessuren. Es ist uns mit diesem Gesetz auch gelungen, die Leitungen der Hochschulen zu stärken, insbesondere den Präsidenten, aber auch die Dekane, die – das rechne ich uns als Regierungsfraktion auch an, denn wir haben da noch etwas geändert – jetzt eine so genannte doppelte Legitimation benötigen, das heißt, es geht nicht ohne Fachbereich und Präsidenten, die sich einigen müssen. Das wird bei geeigneten Kandidaten auch gelingen. Wir schaffen durch diesen Modus letztendlich die Abhängigkeitsgeschichten ab, die es immer wieder gegeben hat: Wenn du wieder gewählt werden willst, musst du für mich das tun. Das waren ungesunde Strukturen, die durch die doppelte Legitimation an den Hochschulen beendet werden.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz stärkt Wissenschaft, Lehre und Forschung. Die SPD-Haltung zum Gesetz dokumentiert eine gewisse Leistungsfeindlichkeit, denn die Gebühren werden als ein Drangsal dargestellt. Wiederholen Sie bitte nicht die Fehler, die Sie schon in der Schulpolitik gemacht haben, indem Sie Leistung dort zu einem Reizwort erklärt haben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Um das Bild rund zu machen, überziehe ich jetzt bewusst: Wir brauchen keine Kuschelecken auf dem Campus,

(Luisa Fiedler SPD: Gerade da! – Ingo Egloff SPD: Da doch erst recht!)