Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Wieso wundern Sie sich bei den Gewerkschaften überhaupt darüber, dass sie in der Bevölkerung als unbewegliche Betonköpfe wahrgenommen werden.

(Jens Kerstan GAL: Reden Sie doch mal zur Sache!)

Sie nehmen doch Notwendigkeiten absichtlich nicht wahr, um sich von möglicherweise unbequemen Fakten nicht ins Bockshorn jagen zu lassen.

Herr Barth-Völkel, Sie müssen unmittelbar zum Ende kommen. Sie sehen das Licht vor sich schon eine ganze Weile.

(Ingo Egloff SPD: Dem Kollegen ist das Licht noch nicht aufgegangen!)

Meine Damen und Herren! Sie können sicher sein, dass unser wichtigstes Ziel die Sicherung der medizinischen Versorgung der Hamburger Bürger und Bürgerinnen ist, und dieses Ziel werden wir verfolgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat jetzt Frau Dr. Freudenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die GAL-Fraktion unterstützt das Begehren „Gesundheit ist keine Ware“, so wie sie auch im letzten November die Volksinitiative unterstützt hat. Die Forderung, dass bei dem anstehenden Teilverkauf des LBK mindestens 50,1 Prozent der Anteile im Besitz der Hansestadt bleiben müssten, ist nach wie vor richtig.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Tatsachenbehauptung!)

Der Senat betont selbst, dass in einem belastbaren Vertrag mit dem gesuchten strategischen Partner Folgendes geklärt sein müsse: Erstens soll der Vertrag über eine Generation halten, zweitens bleibt Hamburg Hauptsitz des Unternehmens, drittens bleibt die medizinische Versorgung auf hohem Niveau gesichert, viertens investiert der strategische Partner zusätzlich in überregional bedeutende medizinische Schwerpunkte und die Interessen – Herr Barth-Völkel, hören Sie gut zu – der Mitarbeiter werden berücksichtigt.

(Uwe Grund SPD: Ja, berücksichtigt!)

Wie der Senat die Einhaltung dieser verabredeten Ziele, die wir weitgehend teilen, jedoch garantieren möchte, dazu bleibt er jede Antwort schuldig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dass der Senat in der entscheidenden Frage der politischen Steuerung keinen Schritt weitergekommen ist,

(Wolfgang Barth-Völkel Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

sieht man daran, dass die neue Pressemitteilung der Finanzbehörde vom 5. Mai in ihren entscheidenden Passagen wortwörtlich mit dem übereinstimmt, was Herr Finanzsenator Peiner im LBK-Forum – das haben Sie alle bekommen – im November mitgeteilt hat. Der Kernsatz ist:

„Lassen sich diese Aspekte“

die ich eben genannt habe –

„nicht vertraglich fixieren, wird die Stadt 51 Prozent des LBK Hamburg behalten.“

Das finden wir völlig richtig. Herr Barth-Völkel, wenn Sie nun sagen, dieses ganze Volksbegehren sei Panikmache der Gewerkschaft, dann ist das mal wieder völlig daneben. Da ist Ihr Senator sehr viel weiter, denn der Senator hat selbstverständlich, wie er in diesem Artikel dem LBK auch gesagt hat, die Beschäftigten in diese Fragen einbezogen. Selbstverständlich sind sie beteiligt, auch die Personalräte, denn Ihr Senator sagt, dass die Beschäftigten einen Anspruch darauf hätten, dass Entscheidungen ihres Arbeitgebers unter Berücksichtigung ihrer Interessen getroffen werden. Da können Sie gegen die Gewerkschaft wettern, wie Sie wollen, das ist doch einfach völlig blöd.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Was will denn dann die Gewerkschaft?)

Und wenn Sie jetzt noch sagen, die Gewerkschaft lüge, dann frage ich mich, warum die Präsidentin da nicht gebimmelt hat.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Sind Sie in einer Gewerkschaft?)

Nein, aber ich nehme die Interessen der Gewerkschaft ernst. Ich bin nicht in der Gewerkschaft, aber das ist ja hier wohl nicht die Frage.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte noch einmal auf den Satz des Senators zurückkommen. Wenn er diese Aspekte also nicht garantieren kann, dann wird die Stadt 51 Prozent behalten. Aus unserer Sicht sieht es so aus, dass er keine Lösung finden wird und deshalb die Mehrheit bei der Stadt bleiben muss. Die GAL-Fraktion hat im März in einer Kleinen Anfrage nach den Möglichkeiten der politischen Steuerung gefragt, die sich aus unterschiedlichen Konstellationen ergeben würden, also je nach Gesellschaftsform, ob der LBK eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH wird, ob bei der Stadt 51 Prozent oder nur 26 Prozent der Anteile bleiben. Wir haben auf all diese Fragen keine Antwort bekommen und von daher meinen wir, dass der Senat es wirklich nicht weiß. Auch weil diese Fragen schwierig sind und keinerlei Antwort in Sicht ist, halten wir das Volksbegehren für absolut berechtigt,

(Rolf Kruse CDU: Nein, die dürfen das auch!)

denn Gesundheit ist keine Ware. Der Senat muss uns endlich erklären, wie er den Sicherstellungsauftrag wahrnimmt, wie er also auf Dauer die lückenlose und qualitativ hochwertige Versorgung der Hamburger Bevölkerung mit Krankenhausleistungen garantieren möchte. Wie wird der Senat also verhindern, dass sich ein privater Investor von den Versorgungssegmenten trennt, die sich finanziell nicht lohnen? Dass es das gerade bei dem neuen DRG-System gibt, wissen wir. Wir müssen wissen, wie Kinderkliniken weiter finanziert werden, wie eine langfristige Rehabilitation finanziert werden kann, wie die sehr aufwendige Versorgung von Aidskranken finanziert wird und so weiter.

Meine Damen und Herren! Dieses Volksbegehren ist notwendig und wir sind sicher, dass es auch Erfolg haben wird. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Schinnenburg.

(Michael Neumann SPD: Jetzt kommt die reine Lehre!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Grund, sehr geehrte Frau Freudenberg, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar. Sie haben zum soundsovielten Mal vorgeführt, wie gut es ist, dass Sie nicht mehr in dieser Stadt regieren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Wenn Sie weiter regieren würden, würde Wunschdenken weiter Grundlage politischer Entscheidung sein, und das ist unerträglich.

Die Aktion „Gesundheit ist keine Ware“ ist eine bewusst irreführende und unverantwortliche Kampagne.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP und Rolf Kruse CDU: Ja!)

Es fängt schon mit dem Titel an. In Wirklichkeit, vielleicht haben Sie es nicht gemerkt, sollen doch Krankenhäuser verkauft werden und keine Gesundheit; diese Manipulation setzt sich fort.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das ist ja nicht zu fassen!)

Hier ist das Flugblatt der Gewerkschaft; da findet sich folgender Satz:

„Ein gesundes Unternehmen, das schwarze Zahlen schreibt.“

Oder es findet sich der Satz:

„Ein Herzstück... sozialen Hamburg: Hochmodern, völlig gesund und bestens gerüstet für die Zukunft.“

Das ist Ihr Wunschdenken. Tatsache ist, dass der LBK allein im Jahr 2001 zusätzliche Kassenkredite bei der Stadt in Höhe von 150 Millionen Euro aufgenommen hat.

(Rolf Kruse CDU: Hört, hört!)

Tatsache ist, dass der LBK Pensionslasten von fast 500 Millionen Euro zu schultern hat. Tatsache ist, dass beim LBK ein erheblicher Investitionsstau besteht. Von einem gesunden Unternehmen kann keine Rede sein.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die Manipulation geht weiter. Die Gewerkschaften erwecken den Eindruck, es gebe eine Alternative zur Privatisierung; auch dieses ist reines Wunschdenken. Tatsächlich hat der LBK – das wurde bereits gesagt – angesichts seiner finanziellen Lage ohne Hilfe von außen überhaupt keine Zukunft. Tatsächlich kann die Stadt angesichts der Haushaltslage eine größere Finanzhilfe gar nicht leisten. Tatsächlich werden private Investoren nur dann einen ausreichenden Kaufpreis zahlen, wenn sie auch das Sagen haben, also die Mehrheit. Der von der Koalition eingeschlagene Weg ist der einzig mögliche.