Protokoll der Sitzung vom 28.11.2001

Über diese Handlungsanweisung der Kommission bei der Frage sexueller Belästigung lache ich mich tot. Hinzu kommt noch die Frage des Mobbing.

„Hinsichtlich der Bearbeitung von Mobbingvorwürfen wird empfohlen, die in Bearbeitung befindliche Dienstvereinbarung zwischen den Personalräten und der Behördenleitung der Behörde für Inneres zügig zu einem Abschluss zu bringen.“

Zum Mobbingvorwurf sagt die Kommission: Dann seht mal zu, dass ihr diese Dienstvereinbarung auf die Reihe kriegt.

(Manfred Mahr GAL: Herr Ehlers, Sie haben doch keine Ahnung!)

Herr Mahr, wenn das der Sinn einer solchen Kommission ist, kann ich nur sagen... – ach, Herr Mahr, Sie kleiner Hampelmann!

(Unruhe im ganzen Hause – Glocke – Michael Neumann SPD: Wenn man keine Ahnung hat, schlägt man unter die Gürtellinie!)

Herr Abgeordneter, ich rufe Sie zur Ordnung.

Entschuldigung, Frau Präsidentin, ich habe meinen Eindruck von der Aufführung des Kollegen Mahr hier wiedergegeben. Es tut mir leid.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Sie sind ein Clown!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 17/17 und 17/52 an den Innenausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Enthaltungen gibt es nicht. Der Überweisungsantrag ist abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum SPD-Antrag aus der Drucksache 17/52. Wer ihn annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit größerer Mehrheit abgelehnt worden.

Nun zum Antrag aus der Drucksache 17/17. Wer möchte das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Polizeikommission beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Enthaltungen gibt es nicht. Das Gesetz ist in erster Lesung mit Mehrheit beschlossen worden.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu? –

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Der Senat stimmt zu. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Es gibt Widerspruch aus dem Hause, von zwei Fraktionen. Das ist ausreichend, sodass die zweite Lesung heute nicht stattfinden kann. Sie wird in der nächsten Sitzung erfolgen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 12 und 13 auf, die Drucksachen 17/50 und 17/51, Anträge der GAL-Fraktion zum Welt-Aids-Tag in Hamburg: Wie erreichen wir die Jugend? und Spritzentausch für inhaftierte Drogenabhängige als Beitrag zur Aidsprävention.

[Antrag der Fraktion der GAL: Welt-Aids-Tag 2001 in Hamburg: Wie erreichen wir die Jugend? – Drucksache 17/50 –]

[Antrag der Fraktion der GAL: Welt-Aids-Tag 2001: Spritzentausch für inhaftierte Drogenabhängige als Beitrag zur Aids-Prävention – Drucksache 17/51 –]

Die SPD-Fraktion beantragt, die Drucksache 17/50 an den Schulausschuss und die Drucksache 17/51 an den Rechtsausschuss zu überweisen. Beide Ausschüsse werden am Ende unserer Sitzung eingesetzt. Wer möchte das Wort? – Frau Dr. Freudenberg, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In drei Tagen, am 1. Dezember 2001 ist Welt-Aids-Tag. Das Motto ist auch in diesem Jahr die Prävention, denn das Verhindern neuer Infektionen ist beim Kampf gegen Aids das Wichtigste und, weil immer noch kein Impfstoff vorliegt, auch das einzig Sinnvolle.

Mit den Anti-Aids-Kampagnen sollen vor allem junge Menschen erreicht werden. In der ganzen Welt steigt der Anteil junger Menschen unter den Neuinfizierungen ständig an. Hier in Westeuropa ist die Aidsprävention bislang insgesamt erfolgreich gewesen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Frau Dr. Freudenberg, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren, es gibt jetzt ein bisschen Wechsel, aber ich bitte Sie, mehr Ruhe hier im Hause zu wahren und der Rednerin die Aufmerksamkeit zu schenken. Sie haben das Wort, Frau Dr. Freudenberg.

Die schlimmsten Befürchtungen über die Ausbreitung der Aidserkrankungen haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Doch die Experten warnen: Gerade unter Jugendlichen lässt die Aufmerksamkeit für das Thema offensichtlich nach und die bekannten Safer-Sex-Kampagnen erreichen besonders diese Gruppe nicht mehr.

Eine zentrale Funktion bei der Aidsaufklärung kommt dem schulischen Sexualkundeunterricht zu. Der scheint im Argen zu liegen und in vielen Hamburger Schulen wird er auch gar nicht mehr richtig durchgeführt.

Das liegt wohl in erster Linie daran, dass die Curricula nicht mehr zeitgemäß sind und dass der Schülerschaft in unserer Einwanderungsgesellschaft diese Curricula nicht mehr gerecht werden. Für den Sexualkundeunterricht in allen Schulformen muss dringend etwas getan werden und es geht speziell darum, auch Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien endlich mit der Aufklärung zu erreichen. Konflikte mit der Elternschaft sind dabei vorprogrammiert, die aber gelöst werden müssen.

Von Aids sind in erster Linie homosexuelle Männer und drogenabhängige Menschen betroffen, die einen intravenösen Drogenkonsum betreiben. Letztere infizieren sich – das ist bekannt – über das „Needlesharing“, also das gemeinschaftliche Benutzen infizierter Nadeln. Die Rate der HIV-infizierten Drogenabhängigen ist in Hamburg glücklicherweise vergleichsweise gering und im Unterschied zu anderen Großstädten in den neunziger Jahren auch nicht weiter angestiegen. Ursache für diese günstige Entwicklung ist wohl, dass hier in Hamburg früh mit konsequenten Maßnahmen zum Gesundheitsschutz drogenabhängiger Menschen begonnen wurde. Eine zentrale Funktion haben dabei die Gesundheitsräume und der Spritzentausch. Mittlerweile werden in Hamburg jährlich 2,8 Millionen Spritzen getauscht, die Hälfte davon – also fast 1,5 Millionen – allein im „Drob-Inn“.

Es ist ein großer Erfolg, dass der Spritzentausch so gut angenommen wird, denn es zeigt doch, dass die Gesundheitsaufklärung in Sachen Aids auch bei den Drogenabhängigen ankommt.

Bei der Drogentherapie und der Aidsprävention wurde der Strafvollzug lange Zeit ausgeklammert. Dies änderte sich erst 1994 nach einer Anhörung in Bonn. Dabei ist das Ausmaß der Problematik gerade im Strafvollzug gewaltig.

Bundesweit wird der Anteil der intravenös konsumierenden Drogenabhängigen unter den Strafgefangenen auf 30 Prozent geschätzt. In Hamburg wurde daraufhin nach dieser Bonner Anhörung der Spritzentausch eingeführt, zunächst im offenen Vollzug in Vierlande, später auch zu Beginn des Jahres 2000 in der Anstalt Am Hasenberge und in der Teilanstalt für Frauen Hahnöfersand.

Das Institut für Rechtsmedizin im UKE hat dieses Programm intensiv begleitet und im Jahre 1998 nach einer Untersuchung festgestellt, dass 5,7 Prozent der intravenös konsumierenden Strafgefangenen mit HIV infiziert sind. Der Anteil der mit Hepatitis Infizierten lag deutlich höher, bei Hepatitis C sind es fast 100 Prozent.

Ich kann jetzt leider nicht ausführlich auf die Ergebnisse dieser Kommission eingehen.

(Viviane Spethmann CDU: Das ist auch gut so!)

Zentral ist aber, dass sich keinerlei Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Spitzentauschprogramme ergaben, auch wenn eine effektive Verminderung von Virusneuinfektionen unter den intravenös konsumierenden Inhaftierten nicht nachgewiesen werden konnte. Das ist wichtig, denn oft wird gerade dieses Ergebnis als Gegenargument genannt. Aber angesichts der genannten Fallzahlen ist das nicht besonders aussagekräftig. Es kann also auch nicht als Argument dienen. Die Kommission hat weiterhin festgestellt, dass es ganz besonders wichtig ist, auch im Gefängnis verschiedene Hilfsangebote zu integrieren. Dazu gehört unbedingt der Spritzentausch.

Der Regierungswechsel in diesem Jahr hat uns eine neue Diskussion über den Spritzentausch im Gefängnis beschert. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass keine Spritzen mehr getauscht werden sollen. Das ist kein Wunder, das Thema ist symbolträchtig. Ausstiegsorientierte Hilfen sollen im Gefängnis verstärkt angeboten werden, auch die kontrollierte Substitution. Das begrüßen wir natürlich.

Angestrebt wird nun von der neuen Regierung ein drogenfreier Strafvollzug. Diesem Ziel können wir auch nicht widersprechen, aber ein drogenfreies Gefängnis ist eine Illusion. Sogar in Bayern kann dies trotz aller Repression nicht erreicht werden.

Da ein großer Teil der Strafgefangenen, nämlich 30 Prozent, drogenabhängig ist, lassen sich Drogenszene und Gefängnis nicht trennen. Etwa 20 Prozent der intravenös konsumierenden Drogenabhängigen sind im Gefängnis. Somit ist ein Teil der Szene nun mal in Santa Fu. Dabei kommen Drogenabhängige in den Haftanstalten oft aus der Gruppe, die körperlich, psychisch und sozial besonders stark von ihrer Sucht betroffen sind.

Aus unserer Sicht ist die Abschaffung des Spritzentauschs im Gefängnis nicht zu verantworten. Das Programm sollte vielmehr unbedingt ausgeweitet werden.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Der Spritzentausch ist ein wesentlicher Teil der Gesundheitsfürsorge für Drogenabhängige und hat eine zentrale Funktion bei der Drogentherapie. Es ist nicht verantwortbar und es wäre auch rechtlich gar nicht zulässig, strafgefangene Drogenabhängige in der Gesundheitsfürsorge schlechter zu behandeln als in Freiheit. Was ist das auch für ein Signal für die Menschen, wenn die Safer-Use-Kampagnen im Gefängnis torpediert werden.

Die Bezirksversammlung Nord hat Anfang November mit den Stimmen von GAL, SPD und FDP dem weiteren Spritzentausch in Fuhlsbüttel zugestimmt. Das zeigt, dass in den Regierungsfraktionen trotz des Koalitionsvertrages die ablehnende Position nicht klar ist, und das macht uns einige Hoffnung. – Danke.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Özuguz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aids ist therapierbar, aber nicht heilbar, und dass der Tod die sichere Folge einer Aidsinfektion ist, kann man den Jugendlichen gar nicht deutlich genug vor Augen führen.

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

In den letzten Jahren berichteten viele Medien geradezu euphorisch über neue Kombinationstherapien bei der HIVAids-Behandlung. Aber dabei hat sich leider der Eindruck aufgedrängt: Egal, ob ich mich anstecke oder nicht, ein paar Pillen am Tag und ich werde wieder gesund. Das war ein fataler Irrglaube. Deshalb hat die GAL Recht, wenn sie das Thema Aidsprävention wieder aufgreift. Jede nachwachsende Generation muss von der Gefährlichkeit der Aidserkrankung und der Notwendigkeit der Prävention überzeugt werden.

(Beifall bei der SPD, der GAL und der FDP)

Dieses findet sinnvollerweise auch und besonders in den Schulen statt und dort im Sexualkundeunterricht. Eine gute Grundlage hierfür bieten die Richtlinien für die Sexualerziehung des Amtes für Schule, die vorsehen, das Thema Aidsaufklärung und -prävention in der Sekundarstufe I – also ab der fünften Klasse – zu behandeln.

Auf diesem Gebiet könnte sicherlich noch sehr viel mehr getan werden. Ich denke dabei zum Beispiel an die Elternarbeit. Auch in der Vergangenheit wurde auf Elternabenden Aidsprävention thematisiert. Aber wie viele Eltern sind dabei tatsächlich anwesend, wie viele Eltern haben nach wie vor Hemmungen, mit ihren Kindern darüber zu sprechen, und wie viele interessieren sich schlichtweg gar nicht dafür.