Protokoll der Sitzung vom 21.05.2003

Meine Damen und Herren, die Hamburger Wasserwerke sind das größte, rein kommunale Wasserunternehmen in Deutschland. Sie gehören der Stadt und damit allen Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Wasserwerke bereits seit Generationen über ihre Gebühren bezahlt haben. Darum darf der Senat die Wasserwerke nicht weggeben und schon gar nicht um eines einmaligen Kassenvorteils willen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Warum haben Sie dann die HEW verkauft?)

- Aus schlechten Erfahrungen wird man klug. Sie brauchen gar nicht so zu brüllen.

Wasser eignet sich aufgrund seiner besonderen Produktions- und Vertriebsbedingungen und aufgrund seiner grundlegenden Bedeutung für unser Leben nicht zum Spekulationsobjekt, Herr Müller-Sönksen, denn Wasser ist zum Durstlöschen da und nicht zum Löschen von Profitgier.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Rüdiger Kruse.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Zuerst einmal einen Schluck Wasser trinken auf die Rede!)

– Die hat mich nicht in der Kehle staubtrocken gemacht.

Herr Präsident, vielen Dank für das Wort. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage einmal Herrn Maaß und Frau Dr. Schaal: Wo haben Sie eigentlich diese profunden Kenntnisse her? Aus diesem Handbuch "Kapitalismus für Anfänger"?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Lachen und Oh-Rufe bei der SPD und der GAL)

Das Schöne ist ja eigentlich, dass ich jetzt nur Versatzstücke aus Ihren beiden Beiträgen nehmen müsste und könnte alles, was Sie gesagt haben, mit Ihren eigenen Worten widerlegen. Sie haben gesagt: Private Investoren, ganz schlimm, gucken ja nur auf den Profit.

Ein bisschen später haben Sie gesagt, diese Wasserwerke seien so profitabel wie kaum ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Das heißt im Umkehrschluss: Jeder institutionelle Anleger, bekäme er denn die Chance, wäre froh, wenn er sein Geld dort unterbringen könnte. Das heißt, der Zustand würde sich gar nicht ändern.

Aber Sie sind ja offensichtlich lernfähig. Sie haben zwei Dinge gelernt. Das eine, was Sie am Schluss gesagt haben, Frau Dr. Schaal: Sie haben – ich hoffe, für Ihre ganze Fraktion – Abbitte geleistet für den ziel- und planlosen Verkauf öffentlicher Unternehmen in der Vergangenheit.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Zuruf von der CDU: Vom HEW-Verkauf! – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Richtig!)

Im Normalfall hätte ich nämlich gesagt, Sie dürften hier gar nicht mitreden nach all dem Bösen, das Sie hier in Hamburg gemacht haben. Aber mit diesem Bekenntnis kann man sagen: okay. Wenn jemand reuig ist, dann soll er auch wieder mitreden dürfen.

Nun reden wir also über ein Thema, das gar nicht zur Debatte steht. Das ist das Zweite, das Sie gelernt haben. Sie haben spätestens aus dem Bundestagswahlkampf und aus früheren Landeswahlkämpfen gelernt, dass, wenn man kurz vor dem Wahltermin irgendetwas Schlimmes ohne Substanz behauptet, man die Chance hat, dass bis 14 Tage nach der Wahl diese Aussage im Raum stehen bleibt. Nur haben Sie sich dummerweise im Datum geirrt, Frau Dr. Schaal. Wir haben noch keine Wahlen, jedenfalls nicht hier und auch nicht in der Umgebung, sodass diese Behauptung nichts nützt.

Der nächste Aspekt: Ich nehme einmal an, dass für Sie Wasser und Gesundheit beides gleichwertig hochrangige Güter sind. Beim Thema "LBK" sagen Sie: Kein Verkauf über 49 Prozent, damit die Steuerung bei der Stadt bleibt. Okay, das ist eine nachvollziehbare Logik. Bei den Wasserwerken sagen Sie: Keine 10 Prozent, keine 5 Prozent.

(Christian Maaß GAL: Das Wasserwerk hat keine Pensionslast!)

- Das Wasserwerk hat keine Pensionslasten. Das ist schön, ja. Und was bedeutet das für die Steuerung des Unternehmens? Gar nichts.

Sie führen eine theoretische Debatte. Wenn wir zu der Überlegung kommen, dass man einem institutionellen Anleger die Möglichkeit gibt, einen Teil der Wasserwerke zu kaufen, ist das für die Versorgungssicherheit der Bürger unproblematisch. Allerdings – das dürfte doch auch klar sein, das haben Sie doch auch gesagt – gibt man solche Anteile von einem solchen Unternehmen nicht leichtfertig aus der Hand. Deswegen steht das bei uns auch nicht als oberster Punkt auf der Tagesordnung.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: An welcher Stelle steht denn das?)

- An welcher Stelle das steht? Nichtbefassung. Es ist nicht drauf.

(Zuruf von Jenspeter Rosenfeldt SPD)

- Nein, das habe ich nicht gesagt.

Die Sache ist doch folgendermaßen: Wir müssen einen Haushalt konsolidieren und es gibt ganz viele Aufgaben. Wenn wir nach einer Prüfung sagen können, dass die Versorgungssicherheit erhalten bleibt und wir freie Mittel bekommen, dann ist das ein denkbarer Weg und da muss man auch niemandem Angst machen. Eine Sache bleibt klar: Ein Mehrheitsverkauf kommt überhaupt nicht infrage. Das ist eine ganz klare Äußerung.

Wir sind anders als Sie. Da haben wir eine gewisse Ähnlichkeit mit den Grünen, wir sind ja wertkonservativ. Für uns ist das Gut Wasser ein sehr hohes Gut. Dementsprechend sind wir auch sehr zufrieden mit der Versorgungssicherheit unserer Bürger. Mit uns wird es keine schnellen Verkäufe öffentlicher Unternehmen geben, nur um schnell Kasse zu machen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und bei Frank-Thorsten Schira CDU)

Das heißt, die Sorgen, die die GAL hat, kann ich verstehen. Die Koalition mit Ihnen muss ja sehr schmerzhaft gewesen sein, weil in der Zeit ja Unternehmen verkauft worden sind, um kurzfristig den Haushalt zu sanieren.

(Dr. Willfried Maier GAL: Ja, Sie leben doch davon!)

- Nein. Ich schon mal gar nicht und unser Senat garantiert auch nicht.

(Dr. Willfried Maier GAL: Sonst können Sie doch überhaupt keinen Etat vorlegen!)

Dieser Senat lebt davon, dass er eine seriöse, nachvollziehbare Politik macht. Darum haben Sie auch die Umfragewerte, die Sie verdienen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Um zum Schluss zu kommen: Ich bin gerne bereit, bei jeder Scheindebatte, die sie anmelden …

(Barbara Duden SPD: Welche Scheindebatte?)

- Es ist eine Scheindebatte, weil es nicht auf der Tagesordnung steht.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Das ist doch billig!)

- Entschuldigen Sie. Wollen Sie alle theoretischen Absichten debattieren? Wann kommt Ihr Antrag gegen Werbung im Parlament? Machen Sie doch einmal einen Presseartikel und sagen Sie: Wir sind dagegen, dass der Finanzsenator an der Bande hier Werbung für AOL machen lässt. Das können wir doch auch einmal durch die Stadt jagen. Das ist doch albern.

Versuchen Sie doch nicht abzulenken. Wir machen hier eine solide Politik und dessen können Sie versichert sein: Sie haben die Umweltministerkonferenz zitiert. Und wer hatte den Vorsitz? Den Vorsitz hatte unser Umweltsenator. Sie wissen ja in etwa, wie so eine Konferenz ausgeht, sonst lassen Sie sich das einmal erklären. Es ist ja so: Wenn man das hohe Bestreben hätte, die Liberalisierung oder Neoliberalisierung des Wassermarktes nach englischem Muster zu machen, dann hätte man sicherlich eine solche Konferenz dafür genutzt. Wir haben es nicht. Bei uns ist das Gut Wasser in guten Händen und da bleibt es auch. – Danke.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort erhält der Abgeordnete Lorkowski.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was haben wir mit dem heutigen Antrag der SPD-Fraktion gelernt? SPD ist nicht gleich SPD. Meine Damen und Herren, wenn ich mir Ihre Berliner Kollegen anschaue, haben Ihre Genossen doch mit Leichtigkeit die Berliner Wasserwerke verkauft und das für richtig befunden. Bei den Berliner Elektrizitätswerken hat man auch nicht lange gezögert.

Und in Hamburg haben Sie doch, meine verehrten Kollegen von der Opposition, auch Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg verkauft, sprich die HEW. Und warum? Nicht, weil Sie verkaufen wollten, sondern weil es die Haushaltskasse erforderte. Nun, wo Sie in der Opposition sitzen, kommt ein Aufschrei, wenn etwas verkauft werden soll. Wieso jetzt dieser Sinneswandel? Aber wenn man in der Opposition sitzt, kann man ja die Show für den Bürger da draußen abziehen.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Wasser ist etwas an- deres als Strom!)

Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie geben mir Recht, dass man über eine wichtige Frage wie den Verkauf oder vielleicht auch nur Teilverkauf der Hamburger Wasserwerke heute nicht abstimmen sollte. Dies ist nicht nur eine umweltpolitische, sondern auch eine haushaltspolitische Frage. Gleichzeitig möchte ich hier klarstellen, dass der Verkauf keine aktuelle Frage ist. Selbst wenn es so wäre, würde die Freie und Hansestadt Hamburg auf jeden Fall die Mehrheit behalten.

Meine Damen und Herren, eine Gesetzesänderung, wie die Grünen es wünschen, kann ich mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen. Das Wasserhaushaltsgesetz der Bundesregierung, in der Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, regieren, sieht eine solche Passage nicht vor und dies ist auch sicherlich im Ansatz von der Bundesregierung nicht gewünscht.

(Christian Maaß GAL: Das dürfte sie auch gar nicht!)

Wir werden uns an die EU-Richtlinien und das neue Wasserhaushaltsgesetz halten und entsprechend den Vorgaben das Gesetz für Hamburg novellieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Herr Abgeordneter Lorkowski, darf ich Ihre Andeutung, dass man nicht abstimmen solle, als einen Geschäftsordnungsantrag deuten?

(Peter Lorkowski Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Nein!)