Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute bin ich einmal ganz dankbar, dass mir als Letztem nicht mehr allzu viel übrig bleibt. Herr Kruse hat das schon gesagt: Wir führen die Debatte zum völlig falschen Zeitpunkt. Wenn es irgendeine Ansage gegeben hätte, wir würden dieses oder jenes machen, dann könnte man ja darüber debattieren. Aber Sie werfen hier Nebelkerzen und setzen Gerüchte in die Welt, um diese Gerüchte dann hier in der Bürgerschaft der Bürgerkoalition zu unterstellen und sie dann zu debattieren. Das ist wirklich lächerlich. Ihnen fällt wahrscheinlich wegen der guten Politik dieses Senates kein ernsthaftes Thema ein, das Sie hier debattieren könnten.
Wir sind ja als Liberale immer diejenigen, die eine Liberalisierung, eine Privatisierung von öffentlichen Unternehmen im Schilde tragen, in wirklich größerer Manier als jede andere Partei in Deutschland, aber erstens niemals aus fiskalischen, sondern immer nur aus ordnungspolitischen Gründen,
und zweitens begegnen gerade diese ordnungspolitischen Gründe bei der Wasserversorgung in der Tat ebenfalls ordnungspolitischen Bedenken. Da fallen mir hier in Hamburg 400 andere Staatsbetriebe ein, die man zuerst privatisieren können sollte, bevor man auf die Wasserwerke kommt, denn der Vergleich mit Elektrizität oder Telefon hinkt weiß Gott. Wir haben in der Tat das Problem, dass ein unseriöser Betreiber bei der Wasserversorgung wesentlich größeren Schaden anrichten kann. Bei der Elektrizitätsversorgung bindet der Ihnen irgendeinen Bären auf, von wegen dass aus Ihrer Dose nur Ökostrom komme oder so. Jeder, der das Stromeinspeisungsgesetz kennt, lacht sich tot. Aber alle anderen denken das und kaufen das dann. Das ist unseriös, aber der Strom ist derselbe und nicht verschmutzt. Bei Wasser sähe das in der Tat etwas anders aus.
Das ist alles wahr und das ist alles richtig. Aber wenn man diese ganzen Argumente nimmt, die hier genannt worden sind: Was spricht denn dagegen, ein gesundes Unternehmen wie die Hamburger Wasserwerke durch privates Kapital zu verstärken, wenn die Ordnung und die Bestimmung bei der Freien und Hansestadt Hamburg bleiben, um dann eventuell mit fresh money Beteiligungen an anderen Versorgungsunternehmen zu erwerben? Es gibt überhaupt keine ordnungspolitischen Gründe, die dagegen sprächen.
Von daher ist der SPD-Antrag nur die bestehende Position dieses Senates und schlichtweg überflüssig. Der GAL-Antrag ist meines Erachtens eine unglücklich formulierte gesetzliche Manifestierung, die wir uns vor dem Hintergrund anstehender EU-Reglungen erst einmal ersparen sollten. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sollten zur Sachpolitik zurückkommen und uns nicht in plumper Symbolik verlieren. Wasser ist keine Ware. Gesundheit ist keine Ware. Wer in diesen Tagen in unserer Stadt etwas auf sich hält, der missbraucht offenbar die Diskussion,
um die Zukunft der großen öffentlichen Unternehmen in geradezu stereotyper Weise für eine abgeschmackte Basar- und Ausverkaufsrhetorik zu nutzen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, hören Sie endlich mit dieser billigen Polemik auf, diffuse Ängste in unserer Hamburger Bevölkerung zu schüren.
Wir alle wissen doch, welch enormes gesellschaftliches Mobilisierungspotenzial in den großen, unsere Lebens- und Versorgungsgrundlagen betreffenden Themen wie Wasser, Gesundheit, Energie und Natur liegt. Lassen Sie uns gerade deshalb in der politischen Diskussion hiermit besonders verantwortlich umgehen und eine auf Slogans reduzierte Schwarzweiß-Debatte bitte vermeiden.
Meine Damen und Herren, beim Wasser geht es um nichts weniger als den Stoff, aus dem das Leben ist, oder, wie in der EG-Wasserrahmenrichtline formuliert, um ein gemeinsames Erbe, das es zu schützen und zu bewahren gilt.
Zwei wichtige Umstände zeichnen die Wasserversorgung aus. Das Erste ist das Denken und Handeln in langen Zeiträumen. Wasserversorgung ist bekanntlich kein Tagesgeschäft, sondern ein Auftrag, der über Generationen hinwegreichend zu begreifen ist. Der zweite Umstand betrifft das Streben nach stetiger Qualitätsverbesserung. Die in der allgemeinen Diskussion über die Liberalisierung der Märkte anerkannte Sonderstellung der Wasserversorgung ist deshalb nicht nur in der Technik, sondern auch in den natürlichen Eigenschaften des Wassers selbst begründet. Die langfristige Sicherung der Ressourcen sowie eine umfassende Gewässergütepolitik, die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips bei der Einhaltung der Gebote und Standards der Trinkwasserverordnung und nicht zuletzt die Substanzsicherung der Anlagen machen die Wasserversorgung zu einer herausragenden gesellschaftlichen Aufgabe. Das wird keiner bestreiten.
Wir haben hier in Hamburg gutes Wasser – das wurde vorher hier mehrmals betont – zu vernünftigen Preisen und die Hamburger Wasserwerke sind ein Unternehmen, das sehr effizient privatwirtschaftlich organisiert ist und sich dem Leitbild der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt. Ich möchte hier einige Eckpunkte nennen.
Das Unternehmen liefert naturbelassenes Wasser in bester Qualität und hält dabei die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung nicht nur ein, sondern schöpft diese Werte bei weitem nicht aus. Das Unternehmen hat in sein modernes Leitungssystem so gut investiert, dass die Leitungsverluste mit rund 5 Prozent seit nunmehr
20 Jahren im überregionalen und internationalen Vergleich im absolut unteren Bereich liegen. Dieses Unternehmen hat die Preise seit nunmehr sieben Jahren stabil gehalten. Wir alle zahlen für einen Liter Wasser, der es mit jedem Mineralwasser aufnehmen kann, beziehungsweise besser ist als jedes Mineralwasser, nicht einmal 0,15 Cent. Dieses Unternehmen liefert wichtige Beiträge zur Ressourcenschonung, indem es wassersparende Maßnahmen umsetzt.
Meine Damen und Herren, woran lässt sich nun die ganze Aufregung der Oppositionsfraktionen konkret festmachen? Die im Antrag der GAL postulierte Vorgabe des EU-Rechts besteht in Wahrheit nicht. Das, Herr Maaß, wissen Sie meines Erachtens ganz genau.
Mit der Aussage im ersten Erwägungsgrund der Wasserrahmenrichtlinie ist der besondere Schutz des für die Trinkwassergewinnung verwendeten Rohwassers – also Grundwassers oder Oberflächenwassers – angesprochen, nicht aber die Frage, ob die Trinkwasserversorgung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert sein muss. Auch sonst enthält das EU-Recht zu der hier in Rede stehenden Frage keine Vorgaben.
Es bleibt also dem hamburgischen Gesetzgeber freigestellt, ob eine Verpflichtung der Trinkwasserversorgung in öffentlich-rechtlicher Organisationsform in Hamburg vorgeschrieben werden soll. Das Hamburgische Wasserversorgungsgesetz enthält bisher keine Aussage zur Wasserversorgung.
Es ist üblich und zur Sicherung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit geradezu geboten, dass die HWW durch ihre Unternehmensleitung Gespräche am Markt führen. Es ist nichts Verwerfliches, sich ständig über die aktuelle Marktentwicklung zu informieren und gleichzeitig auch zu positionieren. In diesem Rahmen ist es naheliegend und im Übrigen auch gar nicht zu verhindern, dass auch Verbindungen zu und mit anderen Wasserversorgern von der Öffentlichkeit und den Medien aufgegriffen werden. Muss denn ein so gut aufgestelltes Unternehmen wie die HWW Spekulationen über eine Privatisierung oder Teilprivatisierung überhaupt fürchten? Oder ist es in Wahrheit ein Gebot politischer Klugheit,
sich mit allen in Betracht kommenden seriösen Optionen zur strukturellen Weiterentwicklung des Unternehmens rechtzeitig zu befassen?
Im vierten Beteiligungsbericht der Finanzbehörde – der Fortschreibung 2001/2002 – ist klar festgelegt, welche Kriterien der Senat bei der Neuausrichtung der hamburgischen Beteiligungspolitik zugrunde legt. Danach wird die FHH öffentliche Unternehmen nicht aus Finanznot verkaufen, vielmehr sind für die im Beteiligungsbericht angekündigte Überprüfung der Aufgabenerfüllung öffentlicher Unternehmen und einer hierauf bezogenen Privatisierungsentscheidung bestimmte Kategorien gebildet worden, die eine strukturierte Zuordnung als Grundlage für Senatsentscheidungen ermöglichen sollen. Es handelt sich um strukturelle, strategische, standortpolitische und fachspezifische Gesichtspunkte. An diese Überprüfung werden sich dann
weitergehende Überlegungen zu einer Privatisierung oder Teilprivatisierung anschließen. Dieser Gesamtprozess ist noch nicht abgeschlossen. Es gibt daher gegenwärtig in diesem Zusammenhang weder zum An- noch zum Verkauf von Unternehmensanteilen konkrete Planungen oder Entscheidungen des Senats. Das gilt insbesondere für die Hamburger Wasserwerke. Gemäß dem Petitum des bürgerschaftlichen Ersuchens 17/2894 vom 3. Dezember 2002 zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen wird der Senat hierüber die Bürgerschaft weiter unterrichten.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen an dieser Stelle versichern, dass es sich im vorliegenden Fall um eine ziemlich virtuelle Debatte handelt. In der konkreten Realität in Hamburg ist das dem Senat unterstellte Experimentieren mit der Marktfähigkeit des Lebensgutes Wasser in keiner Weise beabsichtigt.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU, der FDP und bei Jenspeter Rosenfeldt SPD)
Für operative Hektik besteht deshalb kein Anlass. Wir werden hierüber etwa auch mit dem neuen Regierungsbündnis in Niedersachsen sprechen, weil man sich in der dortigen Koalitionsvereinbarung dafür ausspricht, die Möglichkeiten zur Privatisierung der Wasserversorgung und Wasserentsorgung zu verbessern.
Lassen Sie uns zunächst einmal klären und sich uns eingehender damit befassen, was die an Hamburg angrenzenden Länderkollegen mit solchen programmatischen Ansätzen konkret verbinden. International wird in der Diskussion immer wieder auf die Situation in England und Wales verwiesen. Das haben wir heute auch immer wieder gehört. Und in der Tat sind dort seit der vollständigen Privatisierung im Jahre 1989 kontraproduktive Effekte eingetreten. Es wurde von Herrn Maaß genannt, dass die Preise dort deutlich um mehr als 40 Prozent gestiegen, Leitungsverluste mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland – bezogen auf Hamburg ist es sogar das Vier- und Fünffache – und die Probleme mit Pestiziden im Grund- und Oberflächenwasser enorm seien. Ob dies allerdings – auch das darf ich hier einmal sagen – ursächlich auf die Privatisierung zurückzuführen ist oder nicht doch zu einem guten Teil an den Versäumnissen der Zeit vor 1989 liegt, lässt sich nicht abschließend verifizieren.
Generell festzuhalten ist aber, dass sich die Rahmen- und Ausgangsbedingungen, die seinerzeit in England und Wales herrschten, überhaupt nicht mit dem vergleichen lassen, was wir heute in Hamburg vorfinden. Insofern dürfen wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Wir müssen genau analysieren, wie ein Unternehmen aufgestellt sein muss, damit es die Aufgabe unter sich verändernden Rahmenbedingungen auch in den kommenden Jahr
zehnten so vorbildlich erfüllen kann, wie die Hamburger Wasserwerke dies in der Vergangenheit getan haben.
Eine Sache noch an die SPD-Fraktion, die vielleicht das Kurzzeitgedächtnis betrifft: Bis zum Herbst des vergangenen Jahres hatten Sie einen Bundeswirtschaftsminister namens Müller, der die ganze Liberalisierungs- und Privatisierungsdiskussion erst so richtig ins Rollen gebracht hat. Das ist allseits bekannt.