Protokoll der Sitzung vom 21.05.2003

Eine Sache noch an die SPD-Fraktion, die vielleicht das Kurzzeitgedächtnis betrifft: Bis zum Herbst des vergangenen Jahres hatten Sie einen Bundeswirtschaftsminister namens Müller, der die ganze Liberalisierungs- und Privatisierungsdiskussion erst so richtig ins Rollen gebracht hat. Das ist allseits bekannt.

Was aber bedeutet eine solche Diskussion denn nun konkret für die von Ihnen thematisierte Trinkwasserqualität in Hamburg? Der Betreiber oder sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage hat bestimmte, in der Trinkwasserverordnung definierte Pflichten und Aufgaben zu erfüllen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsform des Inhabers der Wasserversorgung. Meine Behörde überprüft ständig die Qualität des Hamburger Trinkwassers und der Wasserversorgungsanlagen.

Ich fasse zusammen: Wenn ohne genaue Kenntnis der Fakten und offenbar rein vorsorglich dem Senat entgegen gehalten wird, man dürfe die Trinkwasserversorgung der Millionenmetropole Hamburg nicht so ohne weiteres dem freien Markt überantworten, dann sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit, hier zu kurz gesprungen zu sein und unzureichend recherchiert zu haben. Wir sind gerne bereit, diese Diskussion auch in Zukunft weiterzuführen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Herr Grund, Sie hatten eine Frage.

Die Frage ist ganz einfach, Herr Senator. Sind Ihre Einlassungen so zu verstehen, dass der Senat keine Anteile am Wasserwerk verkaufen wird?

Ich habe lang anhaltende Ausführungen zu dem Thema gemacht und ich kann Ihnen dazu antworten, zum jetzigen Zeitpunkt wird nicht daran gedacht, Teile der Hamburger Wasserwerke in irgendeiner Art und Weise zu veräußern. Aber – wie gesagt – die Prüfungen in diesem Gesamtkomplex sind noch nicht abgeschlossen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Jein!)

Wenn dann keine weiteren Fragen mehr sind, danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Rehaag, diese letzte Aussage war jetzt nur bedingt nützlich.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das war Pudding!)

Entweder wollen Sie bis zum Sommer die Prüfung abschließen oder nicht.

Herr Kruse, Sie hatten angekündigt, Sie würden meine Argumente widerlegen. Ich habe darauf leider vergeblich gewartet, denn Sie haben überhaupt nicht argumentiert. Ich habe versucht, zehn Argumente anzuführen, Sie sind nur auf eines zur Hälfte eingegangen. Ebenso hinkt der

Vergleich mit den HEW, der hier mehrfach gemacht wurde. Herr Kruse, der entscheidende Unterschied zwischen Strom und Wasser ist, Strom trinkt man nicht. Das sollten Sie bedenken.

In einer Hinsicht ist der Vergleich mit den HEW doch ganz nützlich. Zuerst fielen die Strompreise nach der Liberalisierung des Strommarktes, jetzt allerdings haben wir in Hamburg mehrfach jedes Jahr erhebliche Strompreiserhöhungen durch die HEW erlebt. Obwohl wir kein Monopol, sondern ein Oligopol haben, steigen die Strompreise. Jetzt kann man sich ungefähr ausdenken, was passiert, wenn man kein Oligopol, sondern ein Monopol hat. Dann wird sich nämlich dieser Effekt, dass die Preise zulasten des Verbrauchers steigen, noch erhöhen. Von daher hinkt der Vergleich mit den HEW zwar auf einem Bein, aber mit dem anderen Bein nehmen wir ihn gerne zur Kenntnis und lassen ihn in unsere Argumentation einfließen, wie ich es soeben getan habe.

Es wurde hier mehrfach behauptet, wir würden hier eine Geisterdebatte führen.

(Zwischenrufe von der CDU)

- Ja, genau!

Ich möchte Ihnen nur zwei Dinge vorhalten. Es war Herr Senator Peiner, der öffentlich erklärt hat, bis zum Sommer werde eine Entscheidung darüber getroffen, ob und welche Unternehmen privatisiert werden, einschließlich der Wasserwerke. Wir haben es jetzt kurz vor dem Sommer. Da können Sie uns doch nicht vorwerfen, dass wir eine so weit reichende Zukunftsentscheidung hier debattieren. Das ist keine Geisterdebatte, sondern eine dringend erforderliche Debatte.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte hier aus der Zeitschrift für Kommunalwirtschaft vom Juli 2002 zitieren. Da wird der Geschäftsführer der HWW zitiert, wonach die HWW Kooperationen mit anderen Wasserunternehmen anstrebe.

"Die Freie und Hansestadt Hamburg steht als Gesellschafter hinter dieser Strategie."

Meine Damen und Herren, wenn Sie uns hier eine Geisterdebatte vorwerfen, sind Sie entweder nicht informiert oder es ist ein schlicht haltloser Vorwurf.

Es sind ja hier auch keine richtigen Dementis, weder vom Senat noch von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen abgegeben worden. Sie haben gesagt, Sie gäben die Wasserwerke nicht leichtfertig aus der Hand,

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Nicht so schnell!)

oder Herr Senator Rehaag sagte: Sie gäben die Wasserwerke nicht aus Finanznot aus der Hand oder Herr Rumpf meinte: Sie gäben sie nicht als erstes aus der Hand. Meine Damen und Herren, darum geht es nicht, Sie sollen sie gar nicht aus der Hand geben, denn die Wasserwerke sollen in der Hand der Stadt bleiben.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dietrich Wersich CDU: Nicht mal Sie können ausschließen, dass Sie eine solche Privatisierung vornehmen würden!)

Dann noch ein Wort zu der abgeschmackten Basarrhetorik und billigen Polemik, die uns hier vorgeworfen wurde. Ich weiß nicht, welche Reden Sie sich angehört

haben, ich konnte die auf Seiten der Oppositionsfraktionen so nicht wahrnehmen. Aber wenn man abgeschmackte Basarrhetorik und billige Polemik auf diejenigen bezieht, die sich hier dagegen wehren, dass das Wasser – und auf den LBK bezog sich das ja auch – in Hamburg privatisiert wird, dann ist das eine Beleidigung von 100 000 Hamburgerinnen und Hamburgern, die die Initiative gegen den LBK unterzeichnet haben, und von mehreren tausend Hamburgern, die die Initiative gegen die Privatisierung der Wasserwerke unterstützen. Solche Beleidigungen dulden wir hier nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben wieder gehört, dass Herr Rehaag zwar mannhaft dafür eintritt, jetzt nicht zu verkaufen und keiner daran denke, man prüfe nur. Aber es steht immer noch die Äußerung des Finanzsenators Herrn Dr. Peiner im Raum, er könne sich vorstellen, einen Teil der Hamburger Wasserwerke zu verkaufen. Das hat er am 6. Februar 2003 in HH 1 erklärt.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wir wissen ja nicht, wann Sie in Berlin zurücktreten!)

Wenn Sie so laut schreien, Herr Müller-Sönksen, bestärken Sie mich noch in meiner Auffassung.

Offensichtlich gibt es im Senat einen massiven Streit über die Position, wie man mit den Hamburger Wasserwerken umgehen soll.

(Glocke)

Nein danke, keine Zwischenfrage.

Frau Abgeordnete, ich darf darauf hinweisen, wenn die Glocke ertönt – das gilt für alle Abgeordneten –, dann ist hier vorne erst einmal die Rede einzustellen. Bitte, fahren Sie fort.

Da hilft doch nur eines, dass der Bürgermeister erklärt, was Sache ist. Denn es ist etwas im Busch. Die aufgeregten Beiträge von Herrn Kruse und erst recht von Herrn Lorkowski zeigen dies doch und beinahe hätte Herr Lorkowski sich auch noch verplappert. Er hat sich richtig auf die Lippen gebissen, das konnte man regelrecht sehen.

(Beifall bei der SPD – Rolf Harlinghausen CDU: Ist doch schön, wenn Sie an seinen Lippen kleben!)

Dann haben wir gehört, wie nach Gründen gesucht wird.

Es wird nicht aus reiner Finanznot verkauft. Wird denn aus ideologischen, ordnungspolitischen oder finanzpolitischen Gründen verkauft? Das muss dann einmal gesagt werden. Ich kann Ihnen nur sagen, die Hamburgerinnen und Hamburger wollen nicht, dass ihre Wasserwerke verscherbelt werden. Insofern haben Sie, Herr Senator Rehaag, wieder Recht, in diesem Thema steckt ein ungeheuerliches Mobilisierungspotenzial

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Missbrauchen Sie es nicht!)

und dieses werden wir auch ausnutzen. Wir werden für die Rechte der Hamburgerinnen und Hamburger kämpfen und gemeinsam dafür eintreten, dass die Wasserwerke nicht verkauft werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Freytag.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon ein erstaunliches Schauspiel, wenn die SPD meint, sich hier an die Spitze der Bewegung stellen zu können. In Ihrer Regierungszeit haben Sie durch Verkäufe von wertvollem Tafelsilber 4 Milliarden Euro von 1991 bis 2001 auf den Kopf gehauen. Diese 4 Milliarden Euro

(Rose-Felicitas Pauly FDP: 5 Milliarden Euro!)