Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

(Beifall bei der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Abwarten! Und weitere Zurufe)

Herr Weinberg, Herr Schinnenburg und Sie, Herr Müller, wenn Sie möchten, können Sie nach vorne kommen; Sie können es aber auch lassen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Sozialismus kann man sofort spüren, Ihre Politik nicht!)

Fakt ist, bei guter Planung hätte man mit den mindestens 37 Millionen Euro aus den zwei Nachforderungen einen guten Teil des notwendigen Ausbaus der Kindertagesbetreuung in Hamburg finanzieren können. Das haben Sie allerdings gründlich vergeigt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie versenken dieses gute Geld ohne irgendeinen Betreuungszugewinn für Eltern und Kinder in den selbst gegrabenen Löchern.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wo bleibt das Geld?)

Man könnte zynischerweise sagen, dass die Opposition Freude am Verbleib des Senators im Amt hat. Aber im Interesse der Kinder und Eltern dieser Stadt muss die Frage zum wiederholten Male heißen: Wie lange noch?

(Beifall bei der SPD)

Wie lange muss die Stadt diesen Dilettantismus ertragen? Herr Zweiter Bürgermeister, richten Sie bitte dem Ersten Bürgermeister aus, dass er diesem ein Ende macht. – Danke.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Senator, Sie haben verkündet, dass Sie jetzt den Kampf gegen die Mittelmäßigkeit führen wollen. Nach unten ist bekanntlich viel Platz, wo Sie kämpfen können.

Was jetzt passiert, ist – das konnte man am deutlichsten im Haushaltsausschuss beobachten, wo die verschiedenen Senatoren der Reihe nach ankommen und ihr Tagewerk vortragen, das wir mit Geld belegen sollen oder nicht. Ich habe in dieser Haushaltsrunde keinen so hilflosen Senator sitzen sehen wie Herrn Lange.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Er konnte dem Haushaltsausschuss weder zur ersten noch zur zweiten Lesung sagen, wie hoch die Größenordnung des zu erwartenden Defizits ist.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das ist nicht hilf- los! Das ist korrekt!)

Wenn Herr Schinnenburg dann herzchenhaft sagt, dass der Haushaltsausschuss damit einverstanden gewesen sei, dass noch Informationen nachgeliefert werden, frage ich: Was sollen wir denn tun, wenn der Senator nichts weiß? Wir sagen dann: Beim nächsten Mal erzählen Sie aber etwas.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich verstehe die Engelsgeduld, die bei den Koalitionsparteien angesichts eines solchen Unsicherheitsfaktors in der eigenen Regierung besteht, nicht so richtig.

(Zuruf von Rolf Kruse CDU)

Herr Kruse, Sie sind nicht geduldig. Dann unternehmen Sie einmal etwas.

Es ist doch so, als ob da eine Mine liegt, deren Zündschnur langsam abbrennt. Irgendwann explodiert sie dann in den Haushalt hinein.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Das dauert aber lange! – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Mine und Zünd- schnur, das ist eine ganz neue Konstruktion!)

Ich sehe auf den Gesichtern der Koalitionäre allgemeine Freude und kann mir vorstellen, dass der Senator die Hauptprügel nicht hier, sondern im Senat selbst und in den Koalitionsbesprechungen bekommt.

Noch eine Bemerkung zu den segensreichen Wirkungen des von Ihnen gestrickten Kita-Programms. Sie haben in der Presse – das konnten wir alle lesen – erläutert, in welchen Stadtteilen die Kindertagesstätten weniger nachgefragt worden sind.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Niedriger bewilligt!)

Es sind insbesondere die Stadtteile mit niedrigerem Familieneinkommen, wo die Menschen also ärmer sind und weniger Möglichkeiten haben, Kita-Gutscheine zu bekommen, sodass eine geringere Ausnutzung stattfindet. Das ist völlig selbstverständlich.

Dadurch, dass Sie bei der Bewilligung das Kriterium der Berufstätigkeit der Eltern eingeführt haben, fallen doch die Kinder durch das Rost, deren Eltern arbeitslos sind.

(Rolf Kruse CDU: Und wo Zeit da ist!)

Das sind sehr häufig Familien, in denen das familiäre Funktionieren, obwohl die Zeit dafür vorhanden wäre, besonders schwierig ist und die Kinder besonderen Belastungen ausgesetzt sind.

Hier spielt die öffentliche Unterstützung durch Kindertagesstätten eine ganz besondere Rolle, um den Kindern dennoch eine Zukunft in unserer Gesellschaft zu verschaffen. Wenn Sie ausgerechnet diese Familien schlechter versorgen, dann hat diese Art der Auswahl richtig klassenmäßige Auswirkungen. Es findet nämlich eine Umverteilung von den unteren, ärmeren zu den oberen Schichten der Bevölkerung statt. Sie haben einen Senator, der dies so geschickt macht, dass die Hauptempörung von den Eltern kommt, die davon am ehesten profitieren: Die Eltern aus der Mittelschicht, die günstiger versorgt werden.

Einerseits erzeugen Sie eine Benachteiligung bei den Kindern, die es am meisten nötig haben. Andererseits erzeugen Sie Ärger bei denjenigen, die durch das neue System materiell eher begünstigt werden. Das ist eine satte Regierungsleistung. Das ist Ihr Kampf gegen die Mittelmäßigkeit, und zwar mit allen Ausprägungen, die man sich nur vorstellen kann. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Bleiben Sie bei den Zahlen, das ist besser!)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte die im Bericht des Haushaltsausschusses, Drs. 17/3347, empfohlene Ansatzänderung in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist diese Ansatzänderung in zweiter Lesung beschlossen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das hätten wir früher haben können!)

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 17/3149 an den Jugend- und Sportausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? Die Überweisung wurde mit Mehrheit abgelehnt. Damit stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drs. 17/3149, besprochen worden ist.

Meine Damen und Herren! Mir liegen jetzt die Wahlergebnisse zu den Punkten 4, 5 und 5 a der heutigen Sitzung vor.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Bau und Verkehr sind 104 gültige Stimmen abgegeben worden. Frau Dr. Beate Bund erhielt 74 Ja-Stimmen, 22 Nein-Stimmen und 8 Enthaltungen. Damit ist Frau Dr. Beate Bund gewählt. Herzlichen Glückwunsch!

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Kulturbehörde sind 108 gültige Stimmen abgegeben worden. Herr Manfred Blume-Witte erhielt 66 Ja-Stimmen, 27 NeinStimmen und 15 Enthaltungen. Damit ist Herr Manfred Blume-Witte gewählt. Herzlichen Glückwunsch!

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung sind 104 gültige Stimmen abgegeben worden. Herr Hartmut Wesemann erhielt 65 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen. Damit ist Herr Hartmut Wesemann gewählt. Herzlichen Glückwunsch!

Ich rufe Punkt 71 auf, Drs. 17/3467, Antrag der Koalitionsfraktionen: Kampagne "Wehr Dich!" – eine Initiative zur Stärkung des Selbstbewusstseins junger Menschen.

[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Kampagne "Wehr Dich!" – eine Initiative zur Stärkung des Selbstbewusstseins junger Menschen – Drs. 17/3467 –]

Diesen Antrag möchte die Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive federführend an den Jugend- und Sportausschuss und mitberatend an den Innenausschuss überweisen. Wer begehrt das Wort? – Herr Hesse bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! "Sonst gebe ich dir die Faust!" – So beginnt häufig das, was meist liebevoll in unserer Stadt mit Abziehen bezeichnet wird. Es stellt aber tatsächlich schweren Raub und Erpressung unter Jugendlichen dar. Die Hol-Mentalität – was ich will, das hole ich mir – hat in den letzten Jahren bundesweit zu einem kräftigen Anstieg im Bereich des Raubes unter Jugendlichen geführt.

Der Hamburger Senat hat die Bekämpfung der Jugendkriminalität als einen seiner Schwerpunkte festgelegt. Der Rückgang der Jugendkriminalität um 19 Prozent im letzten Jahr hat gezeigt, dass die Arbeit der zuständigen

Behörden Erfolg hatte. Ich möchte Ihnen in Kürze sagen, was getan wurde.

Bei der Behörde für Soziales und Familie wurden beispielsweise HzE-Mittel in Höhe von 4 Millionen Euro umgeschichtet und eine geschlossene Unterbringung geschaffen, um verbesserte Voraussetzungen zu haben.

(Vizepräsident Farid Müller übernimmt den Vor- sitz.)

Die Behörde für Bildung und Sport optimiert gerade zusammen mit der Behörde für Inneres die Arbeit von REBUS, um sich der Schulschwänzer anzunehmen. Sie haben es vielleicht dem heutigen Pressespiegel entnehmen können, dass sie gerade mit dem "Faustlos"-Projekt an den Grundschulen beginnt.