Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

Dabei sollte gerade Ihre Fraktion...

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Sie haben keine Ahnung vom Steuerrecht! Das ist das Problem!)

Nun hören Sie mir doch mal zu. Melden Sie sich doch zu Wort, wenn Sie wollen. Sie können mich auch etwas fragen, aber gerade Ihre Fraktion sollte die Datenschutzrechtsfrage besonders interessieren, weil Sie sich noch im Bundestagswahlprogramm 2002 mit Ihrem Datenschutzprogramm besonders gebrüstet haben. Eigentlich

müssten gerade Sie dafür sein, dass diese Daten besonders geschützt werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Das bezog sich auf Ihre Frage mit der Steuer!)

Quatschen Sie nicht immer dazwischen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Geschenkt!)

Bei dieser Frage bleibt es im schwärzesten Dunkel, was die Behörde mit diesen Vorgaben eigentlich will. Über die wahren Hintergründe gibt es bisher keine Information. Vielleicht kann das gleich einmal jemand der Regierungsfraktionsabgeordneten zum Besten geben.

Mein Anliegen ist es eigentlich, an Sie alle zu appellieren, dem Tun der Behörde in diesen beiden Punkten Einhalt zu gebieten, weil eine sachgerechte und auf dem Boden unserer Gesetze befindliche Frauenhausarbeit sonst zukünftig nicht mehr sichergestellt sein wird. Daran kann keiner und keine in diesem Raum Interesse haben.

Wir haben die parlamentarische Möglichkeit, den bisherigen politischen Konsens – und den gab es in der Tat – wieder aufleben zu lassen und uns dafür zu entscheiden, dass diese fatale Entscheidung zurückgenommen wird. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat Frau Koop.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die persönlichen Schicksale, Frau Dr. Lappe, die sind es natürlich immer, die uns bewegen. Das ist ganz klar. Aber die persönlichen Schicksale, die Einzelschicksale, dürfen nicht den Blick auf das Ganze verstellen.

(Christian Maaß GAL: Die sind es doch gerade!)

Das, was mich immer wieder ärgert, ist, dass Sie reflexartig bei jeder Maßnahme, die von der Behörde kommt, erst einmal ins Horrorszenario eintauchen und die schwärzesten Bilder malen und was wohl dahinter stecken mag. Sie fragen, was die wirklichen Beweggründe sind. Sie machen sich Gedanken, dass es doch nicht angehen könne, dass es nur einfache Verwaltungsmaßnahmen seien. Es müsse doch ein ideologischer Hintergrund dabei sein. Das ärgert mich maßlos.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Es hat einfach nur zum Ziel, alle Beteiligten zu verunsichern und das ist für mich allmählich unredlich.

Wir haben sicherlich einen anderen Blick auf die sozialen Belange. Das ist völlig richtig.

(Dr. Verena Lappe GAL: Datenschutz!)

Wir haben eine ganz bestimmte Vorstellung. Wir wollen weg von der betreuenden, von der versorgenden, von der verantwortungsentlastenden Hilfe und hinführen zu einer Hilfe, die begleitend, unterstützend und eigenverantwortlich ist.

(Jens Kerstan GAL: Es geht hier um Datenschutz, Frau Koop!)

Wenn Ihr gemeinsamer ideologischer Ansatz ist, dass Sie immer wieder sagen, sozial gerecht ist es in dem Moment, wo möglichst viel Geld, Personal und Räumlichkeiten vorhanden sind, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wir arbeiten zielgruppengerecht und wir wollen überprüfbar und effektiv die Gelder einsetzen. Das liegt auch an unserer Finanzlage. Wenn Sie hier den Eindruck erwecken, Sie würden es alles anders machen,

(Christian Maaß GAL: Ach, Sie wollen sparen!)

weil unsere Sparmaßnahmen willkürlich oder gar ideologisch wären, dann ist das unredlich. Sie kennen die Haushaltslage. Sie wissen von den Steuereinbußen, Sie billigen die Maßnahmen der Nachbarländer

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Landesfinanzloch! Selbst gemacht! 50 Millionen Euro!)

und trotzdem geben Sie die Hoffnung nicht auf, dass wir uns hier verrennen und das ist unredlich.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Jede Frau, die Opfer von Gewalt geworden ist, hat Hilfe gefunden und wird auch in Zukunft Hilfe finden. Darüber hinaus sind die Frauenhäuser nicht gefährdet. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass Sie glauben, dass wir 2,2 oder 2,3 Millionen Euro in ein Projekt pumpen, das wir zugrunde gehen lassen wollen. Die Unterstellungen dazu sind unredlich. Natürlich sehen wir ergänzende Möglichkeiten. Dazu gehört auch, dass die Frauen nicht immer nur als Opfer betrachtet werden. Das ist etwas, was mir ganz besonders am Herzen liegt, denn wer Opfer ist, ist nicht nur belastet und fühlt sich mühselig, sondern ist auch gefährdet. Die Frauen gefährden damit natürlich auch sich und ihre Kinder. Wer Opfer bleibt, stärkt die Position des Täters.

Wir könnten in Hamburg zehn weitere Frauenhäuser bereitstellen und sie wären alle voll. Aber es reicht eben nicht, nur die Symptome zu bekämpfen, sondern wir wollen auch die Ursachen der häuslichen Gewalt beseitigen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie waren mal besser, Frau Koop!)

Wir müssen die Frauen dabei auch unterstützen. Der erste Schritt ist das Wegweisungsgesetz. Dieses Wegweisungsgesetz bringt die Frauen in eine aktive, selbstbestimmte Rolle und der Täter wird diskriminiert und das ist auch gut so. Das sollte viel stärker genutzt werden. Mit dem Nutzen zeigen die Frauen auch ihren Kindern, dass Gewalttaten Konsequenzen haben,

(Barbara Duden SPD: Reden Sie doch mal zum Antrag!)

und zwar Konsequenzen für die Täter. Natürlich werden auch weiterhin Frauen im Frauenhaus auflaufen, aber, ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass durch eine wiederholte Nutzung des Frauenhauses auch deutlich wird, dass mehr Hilfe benötigt wird und dass man da auch eine aufsuchende und unterstützende Beratung haben muss. Darin sehe ich die Arbeit des Interventionsteams, das wir eingerichtet haben, dass da im Zusammenspiel sicherlich noch mehr geschehen kann. Ich persönlich tendiere darüber hinaus zu einer Verpflichtung der Täter zu einer Therapie. Ich denke, dass diese Arbeit noch sehr viel intensiver ist. Es gibt noch andere Bereiche, in denen wir

in den Frauenhäusern gute Arbeit leisten, aber nebenbei auch ergänzende Leistungen zu gewährleisten sind.

Zu dem zweiten Teil der Bedenken, die Sie haben, dass man Frauen mit Duldung nicht länger in den Frauenhäusern aufnehmen sollte, muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass ich nicht dafür bin, dass wir ein weiteres Schlupfloch für ein Abtauchen in die Anonymität und aufenthaltsverlängernde Maßnahmen schaffen. Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich weiß gar nicht, warum Sie so entsetzt darüber sind, wenn wir sie beim Verlassen des Frauenhauses namentlich erfassen. Sie sollen ja erst, wenn sie das Haus verlassen, namentlich aufgenommen werden. Ich denke, dass das auch eine Hilfe für sie sein kann. Ich glaube nicht, dass das eine persönlichkeitsgefährdende Maßnahme ist. Wenn Sie Bedenken haben, der Datenschutzbeauftragte Bedenken äußert, wenn er sie entsprechend unterfüttern kann, dann muss man diese Maßnahme fallen lassen. Das ist ganz klar. Aber solange er keine Bedenken äußert, können wir weiter darauf aufbauen. Auch der zweite Teil ist für uns nicht akzeptabel.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren! Offensichtlich haben wir bei dieser Debatte die Reihenfolge der Rednerinnen nicht mehr nach Fraktionsstärke. Deswegen hat jetzt Herr Woestmeyer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht ist es ein Präjudiz für die Änderung der Fraktionsstärke ab der nächsten Wahl, wer weiß?

(Beifall bei der FDP – Petra Brinkmann SPD: An irgendeinem Strohhalm müssen Sie sich ja festhal- ten!)

Aber auch an dieser Stelle der Debatte und nicht erst nachdem Frau Brinkmann geredet hätte, gilt es zu sagen, dass ich es sehr schade finde, dass Sie hier wieder versuchen, uns als Koalition das Schlimmste zu unterstellen. Wenn das Schlimmste gar nicht eintritt, dann sollen Sie wenigstens die sein, die es verhindert haben. Dafür brauchen wir nicht die Opposition. Dafür haben wir die FDP in der Koalition.

(Beifall bei Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaat- licher Offensive – Lachen bei der GAL)

In der Vergangenheit blieb gefährdeten Frauen nur ein Weg, nämlich der in eines der Hamburger Frauenhäuser. Davon gab es bis Anfang der Neunzigerjahre nur vier. Das waren die so genannten autonomen Frauenhäuser. Unter liberaler Führung, damals Anfang der Neunzigerjahre, ist erstmals ein sechstes Frauenhaus gegründet worden. Das fünfte hat man sozusagen im Zuge dieses Kompromisses mitgegründet, aber dieses sechste erwähne ich deshalb, weil es erstmals ein nicht autonomes Frauenhaus gewesen ist. Es wird nämlich vom Diakonischen Werk getragen. Ich habe heute noch mit einer der liberalen Mütter dieses Frauenhauses, meiner Vorvorgängerin als gleichstellungspolitische Sprecherin, mit der ehemaligen Abgeordneten Meta Stölken gesprochen. Wir haben auch über den anderen Weg gesprochen, den von Gewalt bedrohte Frauen heute wählen können und das ist das Gewaltschutzgesetz. Die Zahl von über 600 Wegweisungen pro Jahr

(Petra Brinkmann SPD: Es sind viel mehr, Herr Woestmeyer!)

spricht ja Bände für die Notwendigkeit eines effektiven Schutzes von Frauen in Not. Hier ist einerseits die Gesellschaft gefragt, aber auch der Staat, ist Hamburg als Stadt gefragt, etwas zu tun. Wie kann der Staat nun handeln? Entweder kann der Staat Gesetze machen und diese umsetzen – das haben wir gemacht, Stichwort Gewaltschutzgesetz – oder der Staat kann Geld ausgeben, Stichwort Zuwendungsempfänger. Beides gilt es zu kontrollieren. Ich sage Ihnen ganz frei heraus: Autonom kann nicht bedeuten, dass es keine Rechtfertigung für die Mittelverwendung gibt. Die hierfür nötigen Mittel werden derzeit besprochen. Wir wollen ein effektives Controlling. Die über 2 Millionen Euro, von denen Sie hier gesprochen haben, zum Schutz gefährdeter Frauen sind gut angelegtes Geld. Ob sie aber vor Ort auch gut ausgegeben werden, das muss aus meiner Sicht auch überprüfbar sein.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen, meine Herren! Es kann dabei nötig sein, dass die statistischen Materialien, die auch jetzt schon von den autonomen Frauenhäusern der Behörde geliefert werden, unzureichend sind. Dann benötigen wir tatsächlich auch nach dem Auszug die Namen. Für die FDP möchte ich hier ganz klar unterstreichen, dass der Datenschutz auch Opferschutz ist und eine entsprechende Berücksichtigung für uns unabdingbar ist. Dass hier entsprechende Gespräche geführt werden müssen, begrüße ich deshalb außerordentlich. Soweit zu den Gründen, warum wir Ihren Antrag zwar ablehnen, aber nicht aus den Gründen, die Sie uns unterstellen, sondern weil wir eh daran arbeiten.

(Christa Goetsch GAL: Das ist doch lächerlich!)

Ein anderer Komplex, der zweite Teil Ihres Antrages – und da unterscheiden sich GAL und FDP mal wieder ganz elementar –, berührt das ernste Thema der gefährdeten Frauen, die zur Ausreise verpflichtet sind. Während Sie mit staatlichen Mitteln den Verbleib dieser Opfer häuslicher Gewalt mit einer Art Kirchenasyl oder – krass formuliert – in einem rechtsfreien Raum dulden wollen, ist für uns hier eine Grenze überschritten, Frau Dr. Lappe. Der Staat kann nicht

(Dr. Verena Lappe GAL: Einen rechtsfreien Raum, den gibt es doch nicht, Sie Blödmann!)