Hinsichtlich der Genehmigungsfiktionen ist das sicherlich nur ein einziges Instrument von vielen, das man zur Entbürokratisierung einsetzen könnte. Gucken Sie sich den rechtspolitischen Antrag der GAL-Fraktion vom Dezember ruhig noch einmal an. Da haben wir ein bisschen mehr an Substanz vorgelegt als nur ein einziges Instrument, nämlich die Ausstattung von Genehmigungsfristen mit Genehmigungsfiktionen. Ich glaube auch nicht, dass das wirklich der beste Punkt ist, denn wir haben im Lan
desrecht, gerade was die für die Wirtschaft ärgerlichen Punkte angeht, nämlich Gaststättenrecht, Gewerberecht, schlicht nicht die Kompetenz, solche Genehmigungsfiktionen einzuführen. Von daher müssen wir da noch einmal nacharbeiten.
Einen weiteren Punkt, den ich bei einer breiteren Diskussion, die wir im Ausschuss führen sollten, in den Mittelpunkt stellen möchte, ist die Frage der Rechtsvereinfachung. Es ist nicht so, dass alle Gesetze – auch wenn wir in einigen Fällen zu viele haben – schlicht sinnlos wären. Aber es gibt die Möglichkeit, aus fünf Gesetzen vielleicht eins zu machen, das deutlich schlanker ist. Es gab auf Bundesebene die Diskussion um das Umweltgesetzbuch, was leider gescheitert ist. Hier sollte ein einziges Gesetzbuch mit wenigen Seiten aus ungefähr 50 Gesetzen gemacht werden. Das wären für Hamburg auch Möglichkeiten, wo wir entschlacken könnten, in der Substanz aber politische Steuerungsmöglichkeiten behielten und wo der Wirtschaft trotzdem mit gedient wäre, weil hier einfach der Vorschriftendschungel gelichtet würde.
Mein Vorschlag: Wir reden im Ausschuss darüber, arbeiten noch einmal nach und in der nächsten Legislaturperiode sollte dann ein richtiges, umfassendes Paket geschnürt werden.
Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Vereinfachung von Gesetzen, Abbau von Überregulierungen, Verkürzung von Genehmigungszeiten, begrenzte Gültigkeitszeit von Gesetzen sind Maßnahmen, die die Ronald-SchillFraktion unterstützt. Wer am Montagabend in der ARD die Beispiele der Überregulierung in Deutschland gesehen hat, der weiß, welchen Handlungsbedarf wir haben, und die Beispiele aus ganz Deutschland sind natürlich auch auf Hamburg übertragbar. Ich behaupte sogar, dass es nach 44 Jahren SPD-Herrschaft in Hamburg noch viel schlimmer ist. Die SPD und erst recht Sie von der GAL sind ja bekannt dafür, dass Sie sich an Unmengen von Regeln und Gesetzen erfreuen.
Welche Auswirkung die Regulierungswut auf unsere Wirtschaft gerade bei den kleineren und mittleren Unternehmen hat, ist allseits bekannt.
Weniger Gesetze bedeutet mehr Luft zum Atmen für die Unternehmen. Kürzere Genehmigungszeiten bedeuten mehr Investition und deswegen mehr Chancen auf neue Arbeitsplätze. Wir, die Ronald-Schill-Fraktion, sind der Fürsprecher für weniger Regulierung, weniger Gesetze und schlankere Verwaltung. Wir sind auch der Fürsprecher für die Unterstützung der heimischen Wirtschaft und der Betriebe in der Hansestadt. Wir vergessen aber nicht, dass wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben und den Turbo-Kapitalismus, wie er gerade von der FDP gefördert wird, in Hamburg und Deutschland nicht haben wollen. Der Gesetzgeber muss der Wirtschaft Schranken aufweisen, damit die Rechte der Arbeitnehmer geschützt wer
den. Auch die Umwelt genießt den Schutz der Allgemeinheit und darf nicht unter die Räder einer entfesselten Wirtschaft kommen.
Deswegen unterstützen wir grundsätzlich die Anträge zur Deregulierung. Wir möchten aber in Ruhe über die Konsequenzen der vorgetragenen Vorschläge diskutieren. Da hier Wirtschafts- und Rechtsfragen behandelt werden, halten wir eine Überweisung der beiden Anträge an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss für die richtige weitere Befassung mit dieser Thematik. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat können wir auch im Ausschuss turbomäßig noch einmal darüber reden. Herr Egloff, Sie haben ja Recht, wenn Sie sagen, wir müssten uns selber Gedanken machen, welche Gesetze und Verordnungen wir theoretisch hier vereinfachen oder ändern respektive ganz abschaffen könnten. Zu diesem Zwecke haben wir auch eine Große Anfrage gestellt, weil wir unter anderem einmal eine Auflistung haben wollten, welches denn Umsetzungen von EU-Recht sind, welches Umsetzungen von Bundesrecht sind und welche wir in Hamburg verändern oder abschaffen können. Sobald die Antwort auf die Große Anfrage vorliegt, werden Sie bestimmt noch ein paar nette Anträge von uns bekommen, weil wir das dann in der Tat selber tun werden.
Herr Frühauf schlägt vor, Verordnungen nicht zu überprüfen. Das passiert ja in vielen Fällen. Wir haben einen ganzen Haufen von Verordnungen, insbesondere im Wohnungs- und Baurecht, die eine Laufzeit von fünf Jahren haben und die wir regelmäßig verlängern müssen, damit sie nicht auslaufen, oder es respektive eben nachlassen. Es geht uns aber gerade darum, diese Evaluierungen stattfinden zu lassen, dass in der Tat noch einmal ausdrücklich begründet wird, ob diese Verordnung noch Sinn hat oder nicht, und genau aus diesem Grund haben wir diesen Antrag gestellt. Man könnte beide Anträge, da sie wirklich unproblematisch sind, da gebe ich Ihnen durchaus Recht, im Grunde genommen heute auch abstimmen, weil das, was gemacht werden soll, jetzt gemacht werden kann.
Noch eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Maaß. Es ist schon erstaunlich – ich freue mich immer, wenn wir Verbündete für diese Art des Ansinnens finden –, dass ausgerechnet von den Grünen das Wort der Deregulierung in den Mund genommen wird, wo Sie gerade dabei sind – wir haben den Antrag im Bauausschuss –, Rauchmelder in allen Räumen vorschreiben zu wollen und dann auch noch die Schornsteinfeger nachgucken lassen zu wollen. Das hat nun mit Deregulierung überhaupt nichts zu tun.
(Beifall bei der FDP – Christian Maaß GAL: Es sind Ihre Kollegen in Rheinland-Pfalz, die das mit- beschlossen haben!)
Und wer den Verlauf dieser Debatte verfolgt hat – ich hoffe, dass das einige getan haben –, der möge sich von zwei Dingen verabschieden, erstens davon, dass die Grünen tatsächlich eine neue liberale Kraft in diesem Lande sein könnten
und zweitens auch von der Vorstellung, dass große Koalitionen in irgendeiner Art und Weise segensreich für dieses Land sein könnten. – Danke.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 17/4034 und 17/4035 federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit einstimmig beschlossen.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 57, Antrag der SPD-Fraktion: Tariftreue durch ein Hamburgisches Vergabegesetz absichern.
[Antrag der Fraktion der SPD: Tariftreue durch ein Hamburgisches Vergabegesetz absichern – Drucksache 17/4030 (Neufassung) –]
Diesen Antrag möchte die CDU-Fraktion federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss überweisen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 27. November 2002 haben wir hier schon einmal über das Vergabegesetz zur Sicherung der Tariftreue diskutiert und dann abgestimmt. Die damaligen Koalitionsfraktionen lehnten nicht nur das Gesetz ab, sondern auch eine Überweisung an den Wirtschaftsausschuss. Damals wurde insbesondere von Frau Ahrons die Gesetzesablehnung hier begründet. Ich möchte einmal aus dem Protokoll der damaligen Sitzung zitieren, wo die Ausführungen von Frau Ahrons zusammengefasst waren in dem Satz:
„Alles in allem ist diese Gesetzesinitiative der SPD in höchstem Maße überflüssig, da sie zu keinerlei Vorteilen für die Hamburger Unternehmen führen würde.“
Meine Damen und Herren! Ich staunte nicht schlecht, als ich in der Zeitung „Nordhandwerk“ in der OktoberAusgabe von einer Veranstaltung am 16. September in der Handwerkskammer las. Und da heißt es dann:
„Mit Applaus wurde die Ankündigung der Parlamentarier aufgenommen, die Einbringung eines hamburgischen Tariftreuegesetzes nach schleswig-holsteinischem und niedersächsischem Muster zu prüfen.“
Und nun stellen Sie sich einmal vor, wer für die Koalitionsfraktionen auf dem Podium saß: Frau Ahrons. Herr Müller-Sönksen, Herr Schinnenburg und Herr Frühauf waren auch da, das will ich gar nicht unterdrücken. Sie haben damals auch dagegen gestimmt. Nun scheint es
so zu sein, dass Sie zumindest in Teilen einen Sinneswandel durchgemacht haben, denn ansonsten würde diese Äußerung in der Handwerkskammer ja wohl nicht gefallen sein.
(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Sie waren offen- bar nicht da, Sie mussten es ja in der Zeitung nachlesen!)
Es ist ja auch richtig, was da gesagt worden ist, dass wir in Hamburg zum Beispiel ein Gesetz nach niedersächsischem Muster verabschieden sollten. Deswegen haben wir das am 27. November 2002 hier schon einmal beantragt.
Die Situation im Bauhandwerk und in der Bauwirtschaft in Hamburg hat sich doch nicht verändert, die hat sich doch nicht zum Besseren verkehrt. Über ein Drittel der Bauhandwerker in dieser Stadt sind arbeitslos und da verwundert es natürlich nicht, wenn die Baugewerkschaft sagt, sie möchte so ein Gesetz haben, weil es nämlich darauf ankommt, dass die Hamburger Baufirmen vor unlauterer Konkurrenz geschützt werden, vor Unternehmen aus anderen Teilen, die sich nicht an die Tarifverträge halten.
Wenn wir in diesem Jahr die Osterweiterung der EU bekommen, dann wird die Situation noch prekärer und deswegen ist es erforderlich, jetzt eine Regelung zu beschließen, die das Hamburger Bauhandwerk und die Hamburger Baufirmen schützt.
(Beifall bei der SPD und bei Gunnar Butenschön und Frank-Michael Bauer, beide Partei Rechts- staatlicher Offensive)
Warum sollen denn Firmen in Hamburg bestraft werden, wenn sie sich tariftreu verhalten? Warum wollen wir nicht Gesetz werden lassen, was in Nordrhein-Westfalen, in Bayern, im Saarland, in Niedersachsen und in SchleswigHolstein längst Gesetz ist? Ich weiß nicht, ob die Aufzählung vollständig ist, es kann auch sein, dass es noch mehr Bundesländer gibt, in denen diese Gesetze inzwischen existieren.
Und nicht nur die Baugewerkschaft ist der Auffassung, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist, auch die Handwerkskammer, der wir diesen Gesetzentwurf noch einmal übermittelt haben, schreibt in einem Brief, unterschrieben vom Präses der Handwerkskammer und vom damaligen Hauptgeschäftsführer – ich zitiere –:
„Für die Übersendung des Gesetzentwurfs Ihrer Fraktion für ein Hamburger Vergabegesetz danken wir Ihnen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein erprobte Rechtsnormen könnten so nach Hamburg übertragen werden.“