Protokoll der Sitzung vom 11.02.2004

Insoweit, Herr Zuckerer, waren das noch Zeiten, als Sie noch die finanzpolitischen Vorgaben geleistet haben. Mittlerweile haben Ihre Fraktionskollegen den Boden der Realität im Finanzbereich vollkommen verlassen. Sie haben gesagt – heute zu lesen –, sie würden im Bereich Kita und Schule das Ruder mit Ihrem so genannten Programm herumreißen wollen. Da kann ich nur eines sa

gen: Wenn das in diesem Programm umgesetzt werden sollte, wird nicht das Ruder herumgerissen,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das sind Reißer!)

dann wird diese Stadt auf den Boden eines Finanzloches heruntergerissen und das können wir nicht zulassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie wollen hier einen Schuldenberg aufmachen und erhöhen. Ich kenne übrigens diese Mentalität ganz gut. Ich habe einmal während des Studiums in einem Versandhaus gejobbt und da riefen dann auch Leute an und haben bestellt. Die haben den Katalog der Schönheiten aufgerissen und haben gesagt: Wir wollen noch dies und das, zwar keine 18 000 Kita-Plätze oder 400 Lehrerstellen, aber andere Dinge. Dazu kann ich Ihnen nur eins sagen: Sie können viel bestellen. Der Computer damals hat nur eines als Antwort herausgegeben: Bestellung abgelehnt, Finanzierung nicht gesichert. Tschüss, auf Wiedersehen, nächster Kunde. Das wird Ihnen genauso gehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich komme schon das dritte Mal zu Ihrer Person – ein Appell: Der Ruf der SPD ist nicht der beste. Das wissen wir alle. Aber das, was Sie jetzt gerade in den letzten Tagen veranstaltet haben, trägt nicht gerade dazu bei, den Ruf der großen SPD zu verbessern. Im Gegenteil, der Ruf wird weiter heruntergerissen, weil Sie die Frage der Seriosität auch von finanztechnischen Vorgaben nicht mehr einhalten. Insoweit kann ich nur appellieren: Holen Sie Ihre "Hunde" zurück. Wenn Sie 120 Millionen als Fraktion investieren wollen, kann ich das verstehen, aber doch nicht jeder Abgeordnete. Das geht doch nicht in dieser Form. Dazu kann man nur ehrlich sagen, dass die SPD hier, glaube ich, vieles noch vorweisen muss. Herr Böwer wird dazu sicherlich gleich sprechen. Dann wollen wir einmal hören, Herr Böwer, woher denn das Geld kommt?

Hilfen zur Erziehung, habe ich jetzt gehört, sollen gekürzt oder umgeschichtet werden. Sagen Sie, wie viel? Ich habe jetzt etwas gehört – Herr Dobritz, das wird Sie interessieren, auch Sie werden ja einmal pensioniert –, die Pensionierungswelle soll finanziert werden. Hört, hört. Heute war zu lesen, dass die Träger anscheinend im Personalbereich einsparen sollen. Hört, hört. Sie haben ja gleich noch die Gelegenheit, hier vorne zu erklären, wie Sie 120 Millionen plus X finanzieren wollen.

Dann zur Kampagne "Kita-Chaos" und jetzt "Ganztagsschulchaos". Sie reden Unwetter herbei und versprechen ewigen Sonnenschein. Ich kann Ihnen nur sagen: Das wird nicht aufgehen. Wenn Sie einmal konzentriert abarbeiten, was sich im Kita-Bereich verändert hat, kommen Sie zu folgenden Ergebnissen: Wie war denn das mit den Elternbeiträgen? Sie haben sie erhöht. Wir haben sie in unserer Regierungszeit gesenkt. Das war gut so für die Familien.

(Beifall bei der CDU und bei Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive und Ekkehard Rumpf FDP)

Wie war das mit dem Finanzvolumen? Sie haben 27 Millionen Mark eingespart. Wir haben über

70 Millionen mehr investiert. Das war gut so für die Familien.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP)

Wie war das mit der Transparenz des Systems? Sie haben ein intransparentes System gehabt. Wir haben Vergleichbarkeit und Transparenz geschaffen. Das war gut für die Familien. Wie war das mit der Garantie für Eltern? Wir schaffen morgen die Garantie für Berufstätige im Elementar- und im Hortbereich. Sie haben uns Wartelisten hinterlassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wie war das mit der Sprachförderung? Da steht bei Ihnen ein weißes Tuch.

Insoweit komme ich zu dem Ergebnis, dass wir im KitaBereich noch Mangel haben. Das ist richtig. Aber das, was Sie hier großartig plakatieren, "Kita-Chaos", ist in erster Linie das Ergebnis und die Überbleibsel Ihrer Politik, Frau Dr. Hilgers, nicht unserer Politik. Das war Ihre Politik, die wir als Vorgabe hatten.

(Beifall bei der CDU, bei Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive und Ekkehard Rumpf FDP)

Insoweit haben Sie viel Vertrauen 2001 bei den Menschen verloren und das, was Sie in den letzten Wochen mit dieser Kampagne gestartet haben, ist nicht gerade förderlich, neu Vertrauen zu gewinnen. Ich kann nur appellieren – auch an den Vernunftcharakter der SPD –,

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Ergebnislos!)

sich bei Finanzierungsvorhaben endlich offen zu bekennen, zu sagen, wo man einsparen will, aber hier nicht mehr diese Luftbuchungen zu hinterlassen. Insoweit erwarten wir von Ihnen auch seriöse Aussagen zur Finanzierung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und bei Ekkehard Rumpf FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich nicht melden.

(Walter Zuckerer und Wolfgang Franz, beide SPD: Das wäre auch besser gewesen!)

Nur, wenn man hier immer wieder Herrn Buss als den Mann fürs Grobe hören muss, dann kann das doch nicht ohne Antwort bleiben.

Jetzt wollen wir doch einmal vergleichen, was die einzelnen Seiten sich gegenseitig vorzuwerfen haben. Dieser Seite, von mir aus der FDP und Herrn Soltau, ist vorzuwerfen, dass es eine Verzögerung von sechs oder zwölf Monaten beim Ganztagsschulprogramm gibt. Das ist nicht okay. Das ist der Vorwurf. Aber wenn man alles, was Sie überhaupt nur vorzubringen haben, genau nimmt, wenn man die ganze heiße Luft aus Ihrem Windbeutel herauslässt, ist die einzige Substanz, die übrig bleibt, eine Verzögerung von einigen Monaten.

Jetzt gucken wir uns einmal Ihre Bilanz an. Ich habe vorhin schon gesagt, wie die Ganztagsschulbilanz in Ihren Ländern ist: Katastrophal ist sie da, außer da, wo die FDP mithilft.

(Hoho-Rufe bei der SPD)

Sie haben viel Geld in Hamburger Schulen ausgegeben, das Geld der Steuerzahler, mit zum Teil katastrophalen Ergebnissen. Sie haben es zu verantworten, dass in die erste Grundschulklasse in manchen Stadtteilen Schüler kamen, wo die Hälfte der Klasse nicht andeutungsweise Deutsch konnte. Das ist Ihre Hinterlassenschaft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie haben es zu verantworten, dass in den von Ihnen regierten Ländern im Kita-Bereich ein drastisch viel schlechterer Versorgungsgrad aufzuweisen ist als in Hamburg. Schleswig-Holstein, über die Landesgrenze, bietet ein Viertel der Versorgung verglichen mit hier. Sie haben es zu verantworten, dass, wenn überhaupt eine Förderung stattfand, dann mit der Gießkanne, und zwar nach dem Motto: Der Stadtteil, da wählen viele Leute SPD, also geben wir da einmal ordentlich Kita-Kapazität hin. Das war Ihre Marschrichtung. Wir machen eine gezielte Förderung zur Sprachförderung. Sie haben die Gesamtschule aus ideologischen Gründen bevorzugt und die Privatschulen ebenso aus ideologischen Gründen benachteiligt, meine Damen und Herren. Das ist Ihre Politik. Das ist Ihnen alles vorzuwerfen. Und es ist Ihnen vorzuwerfen, dass, wenn jemand heute mit einem Hamburger Abitur kommt, er tendenziell eine schlechtere Chance hat, weil Hamburg durch Ihre Politik ein schlechteres Image bei den Schulen hat.

Das alles ist Ihnen vorzuwerfen. Im Gegensatz dazu haben Sie nur aufzuweisen, dass ein Ganztagsschulprogramm wenige Monate verzögert ist. Meine Damen und Herren, das ist doch kein Vergleich: geringe Schuld hier, gewaltige Schuld da. Aber das wollen Sie mit enormer Polemik kaschieren. Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive)

Frau Goetsch wollte hier suggerieren, es hätten Menschen jetzt Nachteile, wenn das einige Monate später passiert. Dann gucken wir doch einmal auf die Realität. Welche Nachteile kann es dadurch geben, dass die Ganztagsschule ein halbes oder ein Jahr später kommt? Das können doch nur zwei Nachteile sein. Das ist einmal, die Berufstätigkeit der Eltern wird erschwert, und das Zweite, die Bildung wird verschlechtert. Meine Damen und Herren, liebe Frau Goetsch, lieber Herr Buss, in Ihren Ländern wäre das so. Sie haben keine vernünftigen Hortkapazitäten. Wenn es da keine Ganztagsschulen gibt, dann geht es den Kindern und den Eltern schlecht. Das stimmt so. Aber wir führen doch nun gerade zum 1. April beziehungsweise zum 1. August eine Vollversorgung im Hortbereich ein. Also die Kinder, die nicht in die Ganztagsschule kommen, weil es ein halbes Jahr später losgeht, haben in unserem Land Hamburg, anders als in den von Ihnen regierten Ländern, eine volle Versorgung mit Betreuung und eine volle Versorgung mit Bildung. Mir ist klar, dass Sie an so etwas gar nicht denken können, weil Sie es gar nicht wissen. In Ihren Ländern gibt es das nicht.

Ich möchte trotzdem Ganztagsschulen hier haben wie geplant. Aber der Schaden ist außerordentlich überschaubar. Der Schaden Ihrer Bildungspolitik, der ist grausam und daran tragen wir bis heute. Das ist doch der Unterschied.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive)

Das Wort hat jetzt Herr Böwer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Schinnenburg, irgendwie werde ich Sie ab März in diesem Haus vermissen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Liegt gegen Sie was vor?)

Selten kann jemand so platte Wahrheiten rüberbringen wie Sie.

Herr Weinberg, Sie haben mich persönlich auf die Finanzierung angesprochen. Ich glaube, wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Uralter Spruch!)

Es ist das enorme Pensum der Bildungsbehörde, das der Kollege Drews hier angesprochen hatte, dass Sie im letzten Jahr 80 Millionen Euro dafür ausgegeben haben, dass 20 000 Betreuungsstunden weniger ausgegeben werden.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben insgesamt in den letzten zwölf Monaten 80 Millionen Euro ausgegeben und trotzdem warten etwa 7000 Berufstätige auf einen Kita-Platz und den werden sie, weil sie unsolide finanziert sind, auch ab dem 1. April bei diesem Senat nicht bekommen.

(Beifall bei der SPD und bei Sabine Steffen GAL)

Es ist ein enormes Pensum, um Herrn Drews noch einmal zu zitieren, wenn wir uns den Bereich der Sprachförderung angucken. Es ist enorm, 80 Millionen Euro auszugeben, aber im Bewilligungskriterium Nummer drei, der Sprachförderung, ganze 185 Gutscheine in ganz Hamburg auszugeben.