Protokoll der Sitzung vom 25.02.2004

Es kommt noch etwas hinzu. Ein Senator sollte seine ganze Arbeitskraft dem Amt widmen und es muss der Anschein einer Vermischung von öffentlichem und privatem Interesse vermieden werden. Die vorhandenen parlamentarischen Instrumente haben sich als zu stumpf erwiesen, diesem Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen. (Dr. Michael Freytag CDU: Wie haben wir bloß 44 Jahre SPD überstanden!)

Gut, solche Fälle hatten wir aber nicht.

Ich halte es einfach für eine Frage der politischen Hygiene, dass vorgängige Nebenbeschäftigungen von Senatoren, auch unentgeltliche, von vornherein veröffentlicht werden und damit auch hinterfragbar werden. Ob der jetzt auf dem Tisch liegende Vorschlag der FDP ausreicht, müsste man gründlich diskutieren. Dazu ist hier nicht der Ort und auch nicht die Zeit.

Senator Peiner hätte übrigens nach dem, was heute vorgelegt wurde, auch angeben müssen, dass er dem Aufsichtsrat der pleite gegangenen Berliner Bankgesellschaft angehört hat. Das hat er auch verschwiegen. Es wäre für die politische Hygiene ganz gut gewesen, wenn es rechtzeitig herausgekommen wäre.

Um wenigstens ein Stück Verfassungstheorie und Verfassungswirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen, wird die SPD-Fraktion dem von der FDP modifizierten GALAntrag, also dem Änderungsantrag der FDP, zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Lüdemann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit den vorgelegten Anträgen, auch dem der FDP, soll der Senat ersucht werden, Verhaltensregeln für Senatsmitglieder zu erarbeiten. Im Grundsatz sollen das wohl die gleichen Offenlegungspflichten sein, wie bei den Abgeordneten.

Diesen Antrag präsentieren Sie heute vier Tage vor der Wahl. Da frage ich doch, ehrlich gesagt, die GALFraktion, ob sie eigentlich fest davon ausgehen, ab Montag in der Opposition zu sein. Ansonsten hätten Sie nicht

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beantragt, der Senat solle das machen, sondern einfach gesagt, wir machen es ab Montag so.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Genau das Gleiche gilt für die SPD.

(Thomas Böwer SPD: Ach, Herr Lüdemann! Sol- che Argumentation gab's ja schon im PUA!)

Genau, die SPD sieht sich auch in der Opposition und sagt, wir machen als erste in der Opposition einen PUA. Insofern geht Rotgrün eigentlich schon davon aus, dass sie ab Montag weiter in der Opposition sitzen werden; das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU – Dr. Willfried Maier GAL: Selbst als Regierungsfraktion werden wir Anträge an den Senat stellen!)

Die Offenlegung ist grundsätzlich zu begrüßen. Wir sind inhaltlich vollkommen Ihrer Meinung. Es spricht nichts dagegen, das bringt Transparenz, verhindert Interessenkollisionen und wir haben die Gleichstellung mit den Abgeordneten. Sie wissen, dass wir offen legen müssen, das sollten die Senatoren genauso machen. Wir ersparen uns dann in Zukunft auch diese leidlichen Debatten, die wir in dieser Legislaturperiode hatten. Bei den von Frau Dr. Schaal schon angesprochenen Fällen hätte man viel vermeiden können, wenn man von vornherein alles offen gelegt hätte.

Es ist auch schon angesprochen worden, dass keine andere Landesregierung diese Offenlegungspflicht hat. Das ist aber kein Gegenargument, denn schließlich muss irgendeine Landesregierung damit anfangen, und warum soll es nicht Hamburg machen.

Nun ist aber der Antrag von GAL und FDP nicht so gefasst, dass man dem heute sofort ohne eine Beratung im Ausschuss zustimmen könnte, denn Frau Dr. Schaal hat auch schon dargelegt, was es alles zu erörtern gibt, wie man es sehen kann, was man offen legen muss, sodass eine solche Sache nicht einfach übers Knie gebrochen werden sollte, sondern man schon ein bisschen ausführlicher im Ausschuss darüber reden sollte.

Es geht um eine Beteiligung ab 25 Prozent oder ob jede Beteiligung offen gelegt werden sollte, also schon ab 1 Prozent oder ab 5 Prozent oder 10 Prozent. Darüber müsste man sich einmal unterhalten und eine abschließende Meinung bilden, indem man vielleicht auch ein paar Experten anhört.

Der Antrag ist auch in einigen Punkten unpräzise, wo es zum Beispiel um den zuletzt ausgeübten Beruf geht. Im Abgeordnetengesetz heißt es „der gegenwärtig ausgeübte Beruf“. Was heißt also zuletzt? Ist das die letzte Woche, sind damit die letzten Jahre gemeint, wie weit soll denn überhaupt der zuletzt ausgeübte Beruf zurückgehen?

(Thomas Böwer SPD: Ein Schöngeist der deut- schen Sprache! – Gegenruf von Burkhardt Müller- Sönksen FDP: Passen Sie auf, Herr Lüdemann, ein Kompliment von Herrn Böwer könnte vergiftet sein!)

Danke, Herr Böwer, das Kompliment von Ihnen nehme ich doch immer wieder gern auf.

Es gibt da noch viele Sachen, die man klären muss. Und so, wie ich eben auch die beiden Vorredner verstanden

habe, gibt es viele Punkte, die man erörtern kann, sodass es im Prinzip eine sehr gute Sache ist, darüber etwas ausführlicher im Ausschuss zu sprechen. Wir sind für die Offenlegung, wir sind für die Transparenz, wir müssen uns darüber einigen, was wir offen legen wollen und deswegen stimmen wir der beantragten Überweisung an den Ausschuss zu.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt bekommt das Wort der Abgeordnete Müller-Sönksen.

(Zuruf von Thomas Böwer SPD)

– Herr Böwer, damit ich Ihnen jetzt noch einen Gefallen tue: Es spricht Herr Müller soundso.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP hat im Grunde genommen nichts gegen den Antrag der GAL einzuwenden, dennoch stellen wir einen fundierten Zusatzantrag. Dieser nimmt, ebenso wie der Antrag der GAL, das Abgeordnetengesetz zum Vorbild. Herr Kollege Lüdemann hat schon gesagt, dass von daher auch Ihre Anleihe stammt, wobei es mich schon verwundert, dass erst jetzt darauf gekommen wird. Das ist ein fast durchsichtiger Wahlkampf, denn wenn Sie so toll von 1997 bis 2001 regiert hätten, dann hätten Sie auch schon früher darauf kommen können.

(Dr. Willfried Maier GAL: Wir hatten keine Beteili- gung! Da gab's keine Notwendigkeit!)

Jetzt wollen Sie aus vergangenen Verfehlungen noch Kapital schlagen, das ist Geschmackssache, aber davon hat die GAL nicht so viel. Gut gemeinte Politik ist eben nur für den – das darf ich jetzt hier nicht ausdrücken –, aber es gibt so ein Plakat mit Herrn Müller und da kann sich jetzt jeder seinen Teil denken.

Man sollte selbst eine Bitte an den Senat gewissenhaft durchdenken und formulieren. Da bleibt die GAL leider mit ihrem selbst erklärten Anspruch zurück. Im Spannungsfeld zwischen selbstverständlicher Transparenz unserer Regierungsmitglieder, der Vermeidung von Korruption und Filz einerseits und dem Szenario vom gläsernen Menschen oder Abgeordneten andererseits, gilt es mit Bedacht vorzugehen. Jeder Selbstständige oder jeder Unternehmer wird so abgeschreckt, ein öffentliches Amt wahrzunehmen. Völlig hanebüchen sind Ihre Vorstellungen, wenn Sie zwischen Offenlegungspflichten und gesetzlichen Schweigepflichten nicht differenzieren und da überhaupt keine Problemstellung erkennen wollen. Das konnte man leider bei Ihnen auch in der Diskussion über Senator Rehaag sehen, den Sie seinerzeit in unverantwortlicher und gesetzeswidriger Weise aufgefordert haben, seine anwaltlichen gesetzlichen Pflichten zu brechen, Herr Neumann. Werden Sie erst einmal selbstständig und überlegen sich, was Sie da sagen.

(Michael Neumann SPD: Das haben Sie bei Herrn Wellinghausen auch bis zum Schluss gesagt! – Dr. Willfried Maier GAL: Werden Sie erst mal erwachsen, Herr Müller-Sönksen!)

Deshalb bitte ich Sie, bei Ziffer fünf unserem rechtsstaatlichen liberalen Vorschlag zu folgen.

Selbst Transparency International hätte diesen, mit heißer Nadel gestrickten Antrag besser formuliert. Es ist ja

wert, darüber nachzudenken, aber nicht so, sondern solide, und das machen wir dann mit Ihnen gerne in der nächsten Legislaturperiode. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Antje Möller GAL: Sind Sie der Fraktionsvorsitzende?)

Jetzt erhält der Abgeordnete Stephan Müller aber wirklich das Wort, den ich vorhin versehentlich überschlagen habe und ihm vor Schreck darüber gleich 50 Redeminuten zugeteilt habe. Die habe ich ihm aber wieder weggenommen.

– Schade eigentlich, aber so viel gibt es dazu auch nicht zu sagen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gar keine Frage: Was der Bürgerschaft recht ist, muss dem Senat billig sein. Ich denke, das ist auch Tenor hier im Hause und alles, was der Transparenz dient, wird hier immer wohlwollend beschlossen.

In der Begründung der GAL weisen Sie auf Konsequenzen aus der Vergangenheit hin. Leider haben Sie den Zeitraum der Vergangenheit nicht genau eingegrenzt und deswegen nahmen wir an, dass Sie möglicherweise aus Ihrer eigenen Vergangenheit gelernt haben und jetzt Buße tun wollen. Aber wir hätten uns natürlich auch denken können, dass Sie solche Anträge erst dann bringen, wenn Sie nicht den Senat stellen.

Leider hat es schon in der Vergangenheit Irritationen gegeben.

(Thomas Böwer SPD: Für eine Abschiedsrede bit- te etwas mehr Pathos!)

Ich habe diese Kleinen Anfragen mitgebracht, Herr Böwer. Ich weiß, dass Sie lauthals protestieren, aber umso gewisser bin ich mir, dass ich Sie treffe. Da ging es zum Beispiel bei Herrn Olaf Scholz im Jahre 2001 um eine gewisse Geschäftsführertätigkeit und, noch weiter zurückliegend, um den ehemaligen Senator Gobrecht, der ebenfalls Gesellschafteranteile hatte et cetera. Deswegen nahmen wir an, Sie meinten diese Fälle, denn das andere – das wurde von Herrn Burkhardt Müller-Sönksen schon erwähnt – war ein rechtswidriges Vorgehen von Herrn Neumann, nicht zum ersten Mal, aber wir gewöhnen uns langsam daran.

Andererseits sagen wir uns, warum sollen wir das nicht heute schon beschließen. Wir wollen es alle und es jetzt an den Ausschuss zu überweisen bedeutet im Grunde genommen, machen wir uns nichts vor, es erster Klasse zu begraben. Wir haben heute als gesamtes Parlament die Chance, einen Antrag mit einer großen Glaubwürdigkeit zu beschließen, denn keiner von uns weiß, wie der nächste Senat aussieht, jedenfalls noch nicht mit Gewissheit.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Insofern neigt unsere Fraktion dazu, einer Ausschussüberweisung nicht stattzugeben, dem Zusatzantrag der FDP allerdings zuzustimmen und dann im Paket mit der GAL dieses letztendlich abzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor, dann kommen wir zur Abstimmung.