Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Brinkmann! Ihren Ausführungen kann ich nur zustimmen, möchte es mir aber nicht verkneifen, eines anzumerken: Es ist ein wenig süffisant, wenn Sie die Hamburger Bürgerschaft bitten, auf die Bundesregierung Druck auszuüben, die immerhin von der SPD gestellt wird. Ich glaube, hier bestehen leichtere Möglichkeiten. Wir wollen Ihnen gern bei diesem Problem helfen.
Grundsätzlich ist der Ansatz dieses Antrages richtig. Eine Schiedsstelle, also außergerichtliche und außerstaatliche Regelungen sind ein urliberales Prinzip. Das hat sich im Gesundheitswesen grundsätzlich bewährt, wobei – das wissen Sie – die Auswahl der Vorsitzenden der Schiedsstelle, die einen Stichentscheid haben, nicht immer glücklich war.
Auch die Einrichtung eines Mediators ist nicht nur in diesem Bereich – aber auch hier – eine sehr gute Idee. Deshalb können wir der Tendenz des Antrages zustimmen.
Mir macht allerdings die Frage Kummer, ob dieser Antrag für die Probleme der BKK Hamburg irgendeinen Nutzeffekt bringt. Ich wage die Behauptung: Gerade bei dieser Krankenkasse nützt es überhaupt nichts. Sie macht nämlich nicht das, was in einem Schieds- oder Mediationsverfahren vorausgesetzt wird, dass sich nämlich die Partner einigen wollen. Ich habe die BKK Hamburg im Verdacht, dass sie sich im Grunde genommen nicht einigen will, weil sie schlicht und einfach mit allen Möglichkeiten Geld sparen will. Das gilt eben nicht nur für die Pflegeberufe.
Ich habe fünf Punkte zusammengestellt. Die BKK fordert nach Auskunft des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten völlig unberechtigt Patientendaten an und begründet die Nichtzahlung an die Krankenhäuser damit, dass sie diese nicht bekommt. Sie gibt rechtswidrig unzulässige Provisionsversprechen an Zahnärzte, damit bestimmte Zahnlabors bevorzugt werden. Das ist ein unzulässiger Wettbewerbseingriff. Ebenso unzulässig ist der Wettbewerbseingriff bei TENS-Geräten.
Sie hat versucht, den Pflegeberufen einen Vertrag aufzudrängen, bei dem festgelegt ist, dass ein großer Teil der Pflegeleistungen nicht mehr von qualifiziertem Personal, sondern von angelerntem Hilfspersonal durchgeführt wird, was eine Standardabsenkung bedeutet. Die Liste ist noch wesentlich länger.
Wir wollen doch einmal den gesunden Menschenverstand anwenden. Wenn Herr A mit Herrn B Streit hat, wissen wir nicht ernsthaft, wer Recht hat. Wenn Herr A aber mit Herrn B, Herrn C, Herrn D, Herrn E, Herrn F oder mit noch mehr Menschen Streit hat, diese untereinander aber keinen Streit haben, dann sagt einem doch der gesunde Menschenverstand, dass dies nicht an den Herren B bis F liegt, sondern an Herrn A, in diesem Fall an der BKK der Stadt Hamburg. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/160 an den Sozialausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dies einstimmig so beschlossen.
Ich rufe nunmehr auf den Tagesordnungspunkt 8: Drucksache 17/180 sowie nachrichtlich die Drucksachen 17/127 und 17/181: Anträge des Senats: Haushaltsplan-Entwurf der Freien und Hansestadt Hamburg für das Haushaltsjahr 2002 und Finanzplan 2001 bis 2005: Erneute Einbringung und 1. Ergänzung.
Haushaltsplan 2001: Unterrichtung über das Ergebnis der November-Steuerschätzung 2001 und Änderung des Haushaltsplans 2001.
Vorläufige Haushaltsführung 2002: Erweiterung der Ermächtigung zur Vorläufigen Haushaltsführung („Bepa- ckung“).
[Senatsantrag: Haushaltsplan-Entwurf der Freien und Hansestadt Hamburg für das Haushaltsjahr 2002 und Finanzplan 2001 bis 2005 Erneute Einbringung und 1. Ergänzung – Drucksache 17/180 –]
[Senatsantrag: Haushaltsplan 2001 Unterrichtung über das Ergebnis der NovemberSteuerschätzung 2001 und Änderung des Haushaltsplans 2001 – Drucksache 17/127 –]
[Senatsantrag: Vorläufige Haushaltsführung 2002 Erweiterung der Ermächtigung zur Vorläufigen Haushaltsführung („Bepackung“) – Drucksache 17/181 –]
Alle drei Drucksachen wurden bereits im Vorwege an den Haushaltsausschuss überwiesen. Die Drucksache 17/180 wurde außerdem zu den jeweiligen Einzelplänen an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen.
Zur erneuten Einbringung des Haushaltsplan-Entwurfes mit der 1. Ergänzung spricht zunächst der Senat. Das Wort bekommt Senator Dr. Peiner.
Das hat der Erste Bürgermeister Ole von Beust in seiner Regierungserklärung am 15. November 2001 als strategisches Ziel vorgegeben.
Der Haushaltsplan 2002, den der alte Senat im September 2001 in die Bürgerschaft eingebracht hat, ist der Diskontinuität anheim gefallen. Der heute vom Senat eingebrachte Haushaltsplan 2002 basiert aus Zeitgründen noch auf den technischen Grundlagen des damaligen Entwurfes, er spiegelt aber bereits die strategischen Vorgaben der Regierungserklärung des Bürgermeisters wider.
Mit ihm sichert der Senat die Finanzierung der politischen Schwerpunkte als Voraussetzung für das Wachstum der Stadt: Innere Sicherheit, Bildung und Verkehrsfluss. Zugleich setzt er durch zusätzliche Investitionen und ein aktives Flächenmanagement in diesem Haushalt erste Impulse für das Wachstum in unserer Stadt.
Die neuen Schwerpunkte im Haushalt werden finanziert durch Umschichtungen, also gegenüber dem alten Entwurf findet keine Erhöhung des Gesamtvolumens im Betriebshaushalt statt.
Das Gesamtvolumen des Haushalts beträgt circa 9,7 Milliarden Euro; die Steigerungsraten bei den bereinigten Gesamtausgaben belaufen sich gegenüber dem Vorjahr auf insgesamt 1,8 Prozent und liegen damit noch unterhalb der Empfehlungen des Finanzplanungsrates.
Der Horizont, vor dem der Haushalt realisiert wird, hat sich aber seit September 2001 verdunkelt. Kennzeichnend für das finanzpolitische Umfeld sind dramatisch gesunkene Steuereinnahmen. Schon der Haushalt 2001 musste mit 463 Millionen Euro weniger auskommen als geplant. Der Haushalt 2002 muss nach der Steuerschätzung vom November 2001 nochmals 226 Millionen Euro weniger an Steuereinnahmen verkraften, als noch im Entwurf des alten Senats im September gehofft.
Unser vorgelegter Kassensturz belegt, dass der alte Senat in seiner Schlussbilanz vor der Wahl von der Haushaltslage in der Öffentlichkeit ein in weiten Teilen verzerrtes und auch zu positives Bild gezeichnet hat. Weder steht Hamburg so solide da, wie es dargestellt wurde, noch ist das Ende der Konsolidierung erreicht. Die Ursachen liegen einerseits in der Haushaltspolitik der Vergangenheit, aber auch an den Veränderungen im finanzpolitischen Umfeld aufgrund der Neuordnung der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und der aktuellen konjunkturellen Entwicklung.
Die Veränderung im finanzpolitischen Umfeld sowie die Analyse der Haushaltslage haben es erforderlich gemacht, den Finanzbericht 2002 neu zu erstellen. Dieser neue Finanzbericht erläutert die finanzielle Situation ausführlich und liegt Ihnen allen vor. Ich möchte deshalb auf Einzelheiten verzichten.
Das finanzpolitische Umfeld kann Hamburg allein nicht verändern. Hier sind der Bund und alle Bundesländer gefordert. Alle Parteien fordern als Voraussetzung für mehr Investitionen weniger Unternehmenssteuern und mehr verfügbare Einkommen für die Menschen durch Steuersenkungen. Weniger Steuern bedeuten aber auch weniger Staat, denn wir können nur das ausgeben, was wir von den Bürgern und Betrieben erhalten; es ist ihr Geld. Der Ruf nach weniger Steuern muss deshalb mit der Reduzierung von Ansprüchen an den Staat gekoppelt werden. Dies müssen wir den Bürgern erklären und dieser Aufgabe werden wir uns auch stellen.
Nun zu den Zielen unserer Finanzpolitik. Auch hierzu möchte ich aus der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters zitieren:
„Bei dieser Weiterentwicklung stehen wir vor großen Aufgaben, die neben der Definierung der Ziele auch finanzierbar sein müssen. Sozusagen vor die Klammer gehören dabei nicht nur die uns verbindenden Grundüberzeugungen in der Koalition, sondern selbstverständlich auch die Ziele unserer Finanzpolitik.“
Was sind unsere konkreten Ziele für die kommenden Jahre? Wir wollen bis 2004 den Betriebshaushalt ausgleichen und ab 2003 die Netto-Neuverschuldung schrittweise senken. Wir stärken bereits ab 2002 die Zukunftsinvestitionen mit einem 50-Millionen-Euro-Programm, das Aufträge für die Handwerksbetriebe in Hamburg bringen wird. Wir wollen die öffentlichen Unternehmen in den Dienst der strukturellen Entwicklung unserer Stadt stellen, um Hamburg als Sitz von Unternehmenszentralen zu erhalten.
Wir werden in diesem Jahr ein Konzept für ein aktives Flächenmanagement vorlegen, um neue Wohnungen und
Betriebe zu errichten und damit Steuerkraft, Kaufkraft und Beschäftigung in Hamburg zu sichern und nach Hamburg zu bringen. Wir wollen Finanzpolitik transparent machen und die Menschen beteiligen.
Mit dem Haushalt 2002 steigen wir in die Verwirklichung der Ziele ein. Dazu zitiere ich noch einmal aus der Regierungserklärung:
„Wer glaubt, der Wechsel bei der Schwerpunktsetzung bedeute, es gebe keinen Zwang mehr zur Haushaltskonsolidierung, der täuscht sich. Im Gegenteil: Einnahmeausfälle auf der einen Seite und sich realisierende Ausgaberisiken auf der anderen Seite, verbunden mit notwendigen Mehrausgaben in den politisch gewollten Aufgabenfeldern, verursachen in anderen Politikfeldern die Notwendigkeit von zum Teil drastischen Einschnitten.“
Die Verwirklichung dieser Ziele verlangt also Entscheidungen für Prioritäten und Posterioritäten. Mit dem Haushalt 2002 dokumentiert der Senat seine Entscheidungsfähigkeit und Verantwortung beim Umgang mit dem Geld des Bürgers. Die neuen politischen Schwerpunkte werden ohne Erhöhung des Haushaltsvolumens im Betriebshaushalt finanziert.
Auf dem Weg zur wachsenden Stadt nimmt der Senat die Bürger und Betriebe mit. Die Finanzpolitik stellt Aufgaben, die die Mitgestaltung aller Entscheidungsträger verlangt. Die derzeitige finanzielle Lage verlangt das konstruktive Mitwirken aller Parteien, Verbände, Kammern und Bürger an der Konsolidierung des Haushalts. Transparenz ist die Voraussetzung dafür. Diese Transparenz haben wir mit dem neuen Finanzbericht umfassend und auch nachvollziehbar geschaffen.
Uns ist der Rat der Bürger und der Betriebe wichtig, wenn es um die notwendigen Sparmaßnahmen geht. Deshalb rufe ich alle Bürger und Betriebe auf, Vorschläge für die effiziente Verwendung von Haushaltsmitteln zu machen. Das Geld der Bürger soll nicht für Maßnahmen ausgegeben werden, deren Finanzierung auf andere Weise sichergestellt werden kann und die nicht zu den staatlichen Kernaufgaben gehören. Die Bürger können uns ihre Vorschläge und Ideen sowohl über Fax als auch über E-Mail zusenden.
Wir wollen den Bürgern aber auch die Beteiligung am Vermögen der Stadt anbieten. Deshalb prüfen wir die Errichtung eines Hamburg-Fonds, in den wir vorrangig die von der öffentlichen Verwaltung genutzten Grundstücke und Gebäude einbringen werden. Die Bürger können Anteile daran erwerben; in einem späteren Schritt werden wir die unmittelbare Beteiligung der Hamburger auch an öffentlichen Unternehmen prüfen.
Meine Damen und Herren! Wenn wir über die Neufassung des Haushalts 2002 reden, müssen wir uns noch einmal über die Schlussbilanz des alten Senats unterhalten; diese muss in wichtigen Bereichen korrigiert werden. Exemplarisch nenne ich den Bereich der Schulden und der so genannten Schattenhaushalte.
Ab dem Haushaltsjahr 1994 wurde zunehmend städtisches Vermögen veräußert, um Defizite im Betriebshaus
halt zu finanzieren. Insgesamt 3,5 Milliarden Euro sind so in den Betriebshaushalt geflossen, Standortinteressen wurden Kassengründen geopfert.