im Bewusstsein dessen, dass diese strukturellen Probleme auf Hamburg zukommen, und das halte ich für fahrlässig. Wer so etwas tut, darf nicht sagen: Weil wir in einem Wahljahr sind, tun wir nichts.
Ich will an den gestrigen Haushaltsausschuss erinnern. Dort stellte sich heraus, dass man Haushaltsansätze ganz einfach auf einem niedrigen Niveau eingebracht hat. Nun stellt sich innerhalb weniger Zeit heraus, dass wir für einen bestimmten Bereich eine fast hundertprozentige Erhöhung haben. 9,5 Millionen Euro müssen nachgefordert werden. Die Aussage des Justizsenators von gestern lautet, dass er künftig nicht mehr diese niedrigen Ansätze nehmen wird, sondern realistische.
Das ist aber nur ein Punkt. Wenn wir die Punkte in den Haushaltsberatungen einmal in aller Ruhe durchgehen, werden wir feststellen, dass das keine Legenden sind, sondern Tatsachen. Wenn jetzt seitens des Senats erst einmal in Ruhe und mit Sorgfalt eine Bestandsaufnahme vorgenommen wird, können wir als Fraktion dieses nur begrüßen, um vernünftige Entscheidungen zu treffen.
Ich will meine Rede nicht so lang werden lassen, aber noch eines an Sie, Frau Hajduk, und auch an Herrn Zuckerer, Sie werden sicherlich noch darauf kommen: Das Haushaltsdefizit, die Schwankungen von 1997/1998, also von vor vier Jahren – ich weiß nicht, ob bei mir richtig gerechnet wurde –, betrug nach unseren Berechnungen 2,8 Prozent, heute sind es 7,5 Prozent. Vielleicht können wir uns mal in einer stillen Stunde über meine Tabelle unterhalten und Ihre Tabelle daneben legen; notfalls nehmen wir uns noch einen Sachverständigen hinzu.
Das geht in die PISA-Studie ein; da wir beide aber unsere Bildung vor der PISA-Studie genossen haben, können wir auch noch im Kopf rechnen, das wird prima gehen.
Aber nun ernsthaft, das, was Sie machen, ist eine Legendenbildung. Sie haben 1997/1998 nicht die gleichen, sondern deutlich reduziertere Probleme gehabt. Daher bitte keine Legendenbildung Ihrerseits, wenn Sie sagen, es sollen keine Legenden gebildet werden.
Herr Zuckerer, ich finde es gut, dass Ihre Fraktion hier anbietet, wir wollen gemeinsam in die Zukunft gucken. Lassen Sie es uns auch tun. Lassen Sie uns nicht jammern, sondern gemeinsam einen Ruck durch diese Stadt gehen lassen. Lassen Sie uns gemeinsam Lichter und Zeichen setzen, die Bürger mitnehmen und den Aufbruchwillen zementieren. Je länger dieser Aufbruchwille vorhanden ist, desto mehr wird diese Stadt prosperieren und unsere Haushaltsprobleme minimieren. Kommen Sie bitte mit auf den Weg und lassen Sie die Bürger nicht allein. Sie sind herzlich eingeladen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Zuckerer, ich wollte eigentlich eine ganz sachliche Rede halten, aber nach dem, was Sie da von sich gegeben haben, möchte ich doch etwas ausholen.
Wenn Sie sagen, dass in der Stadt eine Schuldenlegende umläuft, frage ich Sie, ob wir uns diese 20 Milliarden Euro Schulden einbilden oder ob sie tatsächlich vorhanden sind. Was sollen denn derartige Äußerungen über eine bestehende Schuldenlegende? Sie sagen dann, Sie würden helfen, die Probleme zu lösen. Anschließend drohen Sie aber: Wehe, ihr macht etwas im sozialpolitischen oder in sonstigen Bereichen, dann werden wir euch auf die Finger klopfen. Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, dass wir so nicht miteinander umgehen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem Zahlenwerk, das wir nun genug strapaziert haben, geht es jetzt darum, was getan werden muss, um die Stadt finanzpolitisch nicht handlungsunfähig werden zu lassen. Die rund 20 Milliarden Euro Gesamtschulden, die den Hamburger Haushalt jährlich mit 10 Prozent Schuldendienst belasten, und die nachlassende Konjunktur werden weitere Löcher in unseren Haushalt reißen. Wie rasend dieses geht, sieht man daran, dass von der Steuerschätzung im November 2001 bis jetzt schon festgestellt wurde, dass weitere 138 Millionen Euro für das Jahr 2001 fehlen.
Mit Besorgnis muss der zu erwartenden Steuerschätzung im Mai 2002 entgegengesehen werden. Wegen der Kürze der Zeit muss der Haushaltsplan 2002 zu mehr als 98 Prozent von der alten Regierung übernommen werden. Wenn Sie sagen, Herr Zuckerer, dass da keine Sparmaßnahmen drin sind, dann haben Sie zumindest 98 Prozent selbst zu verantworten.
Wegen der Kürze der Zeit konnten nur einige wichtige Schwerpunkte aus dem Koalitionspapier umgesetzt werden, die sich in den Bereichen Innere Sicherheit, Bildung und Verkehr sowie der Konjunkturmaßnahmen niederschlagen.
Ein Schwerpunkt unserer zukunftsweisenden Finanzpolitik wird es sein, dem Bürger zu vermitteln, dass wir uns bei immer weniger Steuereinnahmen viele Dinge nicht mehr leisten können. Es wird nicht ausreichen zu sagen, wer Schuld an dem Schuldenberg in Hamburg hat und dass Deutschland das Schlusslicht bei der Konjunktur in der Europäischen Union ist. Das weiß der Wähler. Der Bürger ist reif genug, um zu verstehen, dass wir bei dieser Finanzlage einige Abstriche vornehmen müssen. Deshalb muss die Politik dem Bürger gegenüber ehrlich auftreten. Entsprechend der Finanzsituation ist der Senat daher gefordert, alle Ausgaben im Personalbereich wie auch bei den Sachausgaben zu überprüfen. Bei der zu erwartenden starken altersbedingten Fluktuation im öffentlichen Dienst ist jede wieder zu besetzende Stelle dahin gehend zu überprüfen, ob durch ihren Wegfall kurz oder langfristig ein
Schaden für die Hansestadt Hamburg entsteht oder ob durch Zusammenlegung von Aufgaben oder Arbeitsverdichtung die Stelle eingespart werden kann. Damit sind nicht nur die Stellen der Pförtner gemeint. Ausgenommen sind davon die Prioritätsbereiche Innere Sicherheit und Bildung.
Auch im Sachhaushalt ist eine prozentuale Sparquote vorzugeben. Die Sparquote ist nur dann nicht anzuwenden, wenn im Einzelfall ein Schaden für die Hansestadt Hamburg nachgewiesen wird. Entsprechend ist auch bei den Zuwendungsempfängern zu verfahren. Diese Maßnahmen machen immerhin 8 Prozent des gesamten Haushaltes aus. Von diesen Sparmaßnahmen sind selbstverständlich die gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtungen ausgenommen. Diese Dinge müssen aber bereits im Haushalt 2003 und in der neu zu erstellenden mittelfristigen Finanzplanung festgelegt werden. Sollte man versuchen, diese Maßnahmen erst in späteren Jahren umzusetzen, habe ich die Befürchtung, dass die Senatoren von den Gralshütern des bestehenden Systems in den Behörden eingefangen werden und sich nichts mehr bewegt.
Genauso wichtig, wenn nicht noch dringender, sind Maßnahmen, damit die Steuereinnahmen in Hamburg steigen. Eine wachsende Konjunktur wäre natürlich das beste, aber dieses lässt sich von Hamburg wenig beeinflussen. Die Politik kann keine steuerbringenden Arbeitsplätze schaffen. Das kann nur die Wirtschaft. Diesen Umstand betrachten wir nicht als notwendiges Übel, sondern wir werden der Wirtschaft jede erdenkliche Hilfe zukommen lassen. Das darf nicht nur für Großunternehmen gelten, denn von denen ist bei der internationalen Verflechtung im Bereich der Vermögensteuer sowieso kaum etwas zu erwarten. Darum sind die positiven Voraussetzungen für den Mittelstand besonders zu fördern; angefangen beim Verkehr und beim Genehmigungsverfahren. Hier ist der Senat gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit ein Zeitrahmen entsprechend den Projekten vorgegeben und überwacht wird.
Ein besonders wichtiges steuerliches Thema ist die Zerlegung der Lohnsteuer. Hamburg muss für jeden Arbeitnehmer, der in Hamburg arbeitet und im Umland wohnt, die Lohnsteuer an das entsprechende Bundesland abführen. Waren es 1970 noch 20 Prozent der gesamten Lohnsteuereinnahmen Hamburgs, sind es im Jahr 2001 bereits 35 Prozent. In einer Summe ausgedrückt sind das 2,7 Milliarden Euro pro Jahr. Wären entsprechende Baugebiete in Hamburg ausgewiesen worden, stünde dem Hamburger Haushalt wenigstens die Hälfte dieser Summe zur Verfügung.
Darum muss in Hamburg unbedingt Wohnraum für Besserverdienende geschaffen werden, damit diese Hamburg nicht weiterhin verlassen. Das bedeutet aber auch, dass nicht nur Bauvorhaben ausgewiesen, sondern auch gleichzeitig entsprechende Wohnvoraussetzungseinrichtungen geschaffen werden. Gerade Eltern mit schulpflichtigen Kindern legen besonderen Wert auf das Wohnumfeld, wobei die Kindergärten und Schulen die wichtigsten Entscheidungsmerkmale dafür sind. Sie sind nicht bereit, ihre Kinder in Schulen zu schicken, in denen 25 Prozent der Schüler keinen Abschluss bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor dem Senat stehen riesige Aufgaben, die von den Vorgängern vernachlässigt wurden. Aber auch das Parlament als Ganzes steht vor dieser Verantwortung. Darum geht auch der Appell zur Zusammenarbeit an die Opposition, hier be
sonders an die SPD, wobei ich nicht sagen will, dass Sie an allem schuld sind. Aber unschuldig an der jetzigen Finanzsituation sind Sie nun wirklich nicht.
Darum fordere ich Sie auf, sich an der Konsolidierung des Haushaltes zu beteiligen und nicht nur darauf zu warten, dass der Senat Maßnahmen ergreift, um diese zu kritisieren. Wir hoffen auf Ihre konstruktive Mitarbeit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator, ich möchte vorab mein Befremden darüber ausdrücken, dass der Bürgermeister zu Beginn dieser Haushaltsdebatte zur Vorstellung der neuen Kultursenatorin eine Pressekonferenz ansetzt. Ich finde, dass es nicht angemessen ist, solch einen Termin zu wählen, wenn der Haushalt in unser Parlament eingebracht wird. Das kann man auch anders terminieren.
Es ist erfreulich und gut, die Kultursenatorin der Öffentlichkeit vorzustellen. Es aber parallel zur Einbringung des Haushalts zu tun, empfinde ich als ein Beispiel von noch nicht so ganz erfahren im Regierungsgeschäft. Dass Sie sich aber von dieser Seite des Hauses darüber aufregen, dass ich das sage, lässt tief in Ihr Selbstbewusstsein als Parlamentarier blicken.
Nein, ich sagte doch, dass es gut ist, dass eine Kultursenatorin gefunden wurde; jetzt akzeptieren Sie doch mal, dass das ein ungünstiger Zeitpunkt ist, Sie müssen es ja nicht so laut sagen wie ich.
Herr Tants, Sie haben in Ihrem Beitrag deutlich gemacht, dass Sie den Hinweis von Herrn Zuckerer, dass die Steuereinnahmen wegbrechen, auf die rotgrüne Bundesregierung zurückführen. Das ist nicht hinreichend kommentiert und diskutiert.
Sie haben sich von der Steuerreformpolitik der rotgrünen Regierung argumentativ abgesetzt; das billige ich Ihnen zu. Aber Sie sind Mitglied einer Partei, die sich auf Bundesebene zur Steuerpolitik äußert und verhält. Dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie das mit ins Gewicht bringen. Festzustellen, dass die Korrekturvorschläge der CDU – im Übrigen auch die der FDP – zur Steuerreform der rotgrünen Bundesregierung weitaus mehr Steuerausfälle für die Länder bedeutet hätten, gehört zu einer Argumentation in diesem Haus dazu.
Die CDU hat zwar die große Entlastung der Großunternehmen angegriffen, aber ich habe keinen Bundesratsinitiativantrag von CDU-regierten Ländern gesehen, in dem
sie gesagt hätten: Herr Zitzelsberger, Sie haben sich geirrt, wir werden diese Veräußerungsgewinne wieder höher besteuern. Darauf warte ich noch. Das könnte man ja aus Länderperspektive machen.
Herr Tants, nehmen Sie für sich doch das in Anspruch, was die CDU in Berlin macht, und lassen Sie dies in Ihrer Hamburger Argumentation nicht ständig weg. Das rühmt Sie auch nicht als Finanzpolitiker.
Was mir aber eigentlich dabei viel wichtiger ist, ist – das hat Herr Zuckerer sehr deutlich herausgearbeitet und Herr Peiner in seinem Finanzbericht und in seiner Rede ernsthaft zum Ausdruck gebracht –, dass das Land Hamburg ein strukturelles Einnahmeproblem hat.
Das betrifft auch andere Länder, aber vor allem die Kommunen und ist eine ganz wichtige Diskussionsgrundlage für zukünftige Haushaltsdebatten. Ich weiß auch – hier will ich die rotgrüne Bundesregierung nicht ausnehmen –, dass die Parteien im Moment immer über Steuersenkungsprogramme reden. Wir müssen in unseren Haushaltsdebatten ernst nehmen, dass diese Diskussion zu strukturellen Mindereinnahmen führt, die unsere Handlungsspielräume sehr stark einschränken. Ich sage das auch insbesondere in Richtung der Kollegen von der FDP, die noch viel weitgehender – gerade auch vor der Hamburger Wahl – davon gesprochen haben, dass es ihr Wahlziel sei, die Steuereinnahmen in Hamburg abzusenken.